Begriffe der Psychologie

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Begriffe der Psychologie
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Der Autor

Prof. Dr. Rainer Maderthaner

lehrt an der Universität Wien und an der Fachhochschule Wiener Neustadt

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr, eine Haftung des Autors oder des Verlages ist ausgeschlossen.

1. Auflage

Copyright © 2021 Facultas Verlags- und Buchhandels AG

facultas, Universitätsverlag, Stolberggasse 26, 1050 Wien, Österreich

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung, sind vorbehalten.

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Umschlagfoto: © Dr. After123 – iStock

Lektorat: Katharina Schindl, Wien

Satz: Ekke Wolf, typic.at, Wien

Druck: Friedrich Pustet, Regensburg

Printed in Germany

utb-Nummer 5715

ISBN 978-3-8252-5715-6 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8385-5715-1 (Online-Leserecht)

ISBN 978-3-8463-5715-6 (E-PUB)

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de.

Vorwort

Dieses Buch stellt eine Ergänzung zum UTB basics »Psychologie« dar. Die dortigen Kernbegriffe sind jeweils mit ihren Definitionen aufbereitet und ermöglichen dadurch ein rasches Nachschlagen und Lernen der zentralen Begriffe der Psychologie.

Die Begriffe sind in alphabetischer Reihenfolge angeführt und anhand der Begriffsdefinitionen im Buch erläutert. Sämtliche Verweise auf das Buch beziehen sich bereits auf die aktuelle, 3. überarbeitete und aktualisierte Auflage von Maderthaners »Psychologie« (2021).

In diesem Nachschlagewerk werden die Kernbegriffe der Psychologie von A wie »abhängige Variablen« bis Z wie »Zwei-Komponenten-Theorie« anschaulich erklärt und definiert. Die Themen reichen von Methoden der Psychologie über Wahrnehmung, Lernen, Gedächtnis, Intelligenz, Emotion, Motivation bis hin zu Sexualität, Gesundheit und Krankheit. Die Ausgangsbasis für dieses Buch stellt das UTB »Psychologie« dar – Pflichtliteratur zum Aufnahmeverfahren Psychologie der Universitäten Wien, Salzburg, Innsbruck und Graz.

Die »Begriffe der Psychologie« sollen ein rasches Auffinden zentraler Begriffsdefinitionen ermöglichen und sind somit eine wichtige Lernhilfe zum Buch, können aber auch unabhängig davon als Nachschlagewerk verwendet werden.

Wien, Februar 2021 Rainer Maderthaner

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Begriffe der Psychologie

A

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

Y

Z

Literaturverzeichnis

A

Begriffe im Überblick

abhängige Variablen • Abhängigkeit • Abruf von Wissen • Abrufmodus-Effekt • Abrufstörung • Abweichungsquotient • additive Farbmischung • Adipositas • Adrenalin • Affekt • Aggression • Agoraphobie • Ähnlichkeitsurteil • akademische Psychologie • Akkomodation • Akquisition • Akteur-Beobachter-Verzerrung • Aktivationstheorie • Aktivierung • Aktivierungsmanagement • Aktivierungssystem • aktuelles Wohlbefinden • akustische Wahrnehmung • Alkohol • Alternativhypothesen • altgriechische Seelenlehre • Amnesie • Amygdala • Analogietendenz • analytisch • ängstlich-ambivalenter Bindungsstil • Angststörungen • Ankerheuristik • Annäherung • Anpassungsheuristik • Anreize • Anstrengung • Anthropomorphisierung • Antidepressiva • Antipsychotika • Aposteriori-Wahrscheinlichkeit • Apriori-Wahrscheinlichkeit • Arbeitsgedächtnis • Arbeitsmotivation • Aristoteles • Arousal-Effekt • Artefakte • Artefakte bei Befragungen • Attraktivität • Attributionen • Audiogramm • Audiometrie • Auffälligkeit • Aufmerksamkeit • Aufnahme von Wissen • Augenbewegungen • Ausführung • Ausgangszustand • Ausprägungen • Autogenes Training • Automatisierungsphase • Autorität • Autoritätsgläubigkeit

abhängige Variablen (AV) siehe S. 62

Faktoren, welche die Auswirkungen des Einflusses symbolisieren, werden als abhängige Variablen (AV) bezeichnet, während Faktoren, denen innerhalb von Phänomenen ein Einfluss zugeschrieben wird, in den empirischen Sozialwissenschaften unabhängige Variablen (UV) heißen. Hypothetische Wirkungen werden in empirischen Untersuchungen mittels AVs charakterisiert, hypothetische Ursachen mittels → unabhängiger Variablen (UV).

Abhängigkeit siehe S. 119

Meint hier die psychische oder physiologische Abhängigkeit (»craving«) als Folge des Drogenkonsums. Die Abhängigkeit von Drogen oder anderen psychoaktiven Substanzen erklärt man sich durch ihre starke »Belohnungswirkung« auf das Gehirn sowie durch eine »Bestrafungswirkung« in Form von Entzugserscheinungen, wenn sie nicht mehr konsumiert werden.

Abruf von Wissen siehe S. 237

Die Wiedergewinnung des gespeicherten Wissens wird von mehreren Aspekten beeinflusst: dem → Abrufmodus-Effekt, dem → Retrieval-Cue-Effekt und dem → Schematisierungseffekt.

Abrufmodus-Effekt siehe S. 237

Effekt, der den → Abruf von Wissen beeinflusst. Hierbei handelt es sich um die Art, wie die gespeicherten Inhalte abgefragt bzw. angewendet werden; sie entscheidet über die zu erwartenden Gedächtnisleistungen. Dabei wird zwischen impliziter und expliziter Gedächtnisleistung unterschieden. Eine implizite Testung von Wissen bedeutet dessen Nutzung in der Wahrnehmung (z. B. durch Musterergänzen), im Denken (z. B. durch assoziatives Priming) oder im Verhalten (z. B. beim Signallernen, Fertigkeiten), womit also im weitesten Sinne seine Verhaltensumsetzung gemeint ist (z. B. Schachspielen, Gutachten erstellen, Sprechen einer Fremdsprache). Die explizite Testung von Wissen kann einerseits durch Wiedererkennen (»recognition«) erfolgen oder durch Wiedergabe (»recall«, Mandler, 1980). Es fällt leichter zu entscheiden, ob der Speicherinhalt einer Erfahrung auf eine neue Erfahrung zutrifft, als die Speicherung selbst zu reproduzieren (Bruce & Cofer, 1967): Bei bloßem Wiedererkennen von Speicherobjekten sind also im Allgemeinen höhere Leistungen zu erwarten als bei aktiver Wiedergabe, bei Letzterer kann ohne (»free recall«) oder mit (»cued recall«) leistungsverbessernden Erinnerungshilfen gearbeitet werden.

Abrufstörung siehe S. 215

Ursache für Vergessensprozesse: Auch wenn Wissensinhalte optimal aufgenommen und gut gefestigt sind, können sie oft nicht wiedergegeben werden. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen Abrufinhalten (z. B. der Art der Fragen) und gespeicherten Wissensinhalten keine passenden assoziativen Verknüpfungen vorhanden sind. Ein gutes Beispiel dafür ist das »Tip-of-the-tongue« Phänomen, bei dem einem ein Wort »auf der Zunge liegt«. Am leichtesten gelingt der Abruf aus dem Gedächtnis dann, wenn der Kontexteffekt stark ist, das heißt, wenn zwischen der Situation des Einprägens und jener der Prüfung eine möglichst große Übereinstimmung der psychischen und physischen Merkmale gegeben ist.

 

Abweichungsquotient siehe S. 281

Ein altersrelativierter Abweichungsquotient wurde bereits von Lewis Terman (1877–1956) in seinem 1916 publizierten »Stanford-Binet-Test« eingeführt. Dieser bis heute gültige Quotient bezieht die Abweichung der individuellen Testleistung vom Mittelwert auf die Streuung aller Testleistungen der altersentsprechenden Bevölkerung:


Der Quotient wurde eingeführt, nachdem festgestellt worden war, dass ab dem frühen Erwachsenenalter bestimmte Intelligenzleistungen wieder abnehmen (z. B. analytisches Denken, »reasoning«, fluide Intelligenz) und daher der → Intelligenzquotient durch ein anderes Maß ersetzt werden musste.

additive Farbmischung siehe S. 153

Wird rotes, grünes und blaues Licht mit jeweils unterschiedlicher Intensität übereinander geblendet, lassen sich daraus alle Farbnuancen erzeugen, was man als additive Farbmischung bezeichnet.

Adipositas siehe S. 315

Von Adipositas (Fettleibigkeit) spricht man bei einem BMI (»Body-Mass-Index«) von mehr als 30.

Adrenalin siehe S. 299, 415

Stresshormon; wird vom Körper ausgeschüttet, wenn ein Lebewesen mit Stressreizen konfrontiert wird.

Affekt siehe S. 296

Eine kurzfristige, eher undifferenzierte Emotion wird als Affekt (»affect«) bezeichnet, eine langfristige, aber schwach ausgeprägte Emotion dagegen als → Stimmung (»mood«).

Aggression siehe S. 317, 385

Als Aggression bezeichnet man jene Motivation, die sich gegen Individuen oder Objekte richtet, um sie zu schädigen, während → Dominanz das Bedürfnis kennzeichnet, das Verhalten anderer Menschen zu beeinflussen.

Agoraphobie siehe S. 407

Agoraphobien sind multiple Situationsängste wie Klaustrophobie, Höhen-, Reise- und Flugängste, Angst vor Menschenansammlungen. Agoraphobien gehen oft Panikanfälle voraus, die auch zu einer → Panikstörung chronifizieren können.

Ähnlichkeitsurteil siehe S. 269

Das Zustandekommen eines Ähnlichkeitsurteils ist nur scheinbar auf eine einfache Übereinstimmung in den Merkmalsausprägungen der Vergleichsobjekte zurückzuführen. Tversky (1977) konnte nachweisen, dass bei unterschiedlicher Gruppierung von Objekten diese als unterschiedlich ähnlich erlebt werden. Ebenso konnte er zeigen, dass man beim Ähnlichkeitsurteil stärker die Gemeinsamkeiten von Objekten beachtet, während beim → Unähnlichkeitsurteil die Unterschiede stärker gewichtet werden. Allgemein nimmt das Ähnlichkeitsurteil für zwei Objekte in dem Ausmaß zu, in dem ihnen gleiche Merkmale zugeschrieben werden und es ihnen an verschiedenartigen Merkmalen mangelt, wobei allerdings die Auffälligkeit und subjektive Gewichtung der Merkmale eine Rolle spielt (z. B. Intensität, Bekanntheit, Prototypikalität, Informationsgehalt).

akademische Psychologie siehe S. 22

Die Entwicklung der akademischen Psychologie begann vor etwa 150 Jahren und erfuhr in den letzten Jahrzehnten eine rasante Ausweitung in Forschung und Praxis.

Akkomodation siehe S. 139

Akkomodation ist die Scharfstellung des Netzhautbildes durch Kontraktion der Augenlinse, die bis zu einer Distanz von ca. drei Metern als Entfernungsindikator wirksam wird.

Akquisition siehe S. 227

Meint hier die Aufnahme von Wissen, eine Phase der Gedächtnisbildung. Entscheidend für die Gedächtnisleistung sind die Form, in welcher Informationen dem Gedächtnis zugeführt werden (z. B. als Melodien, sprachliche Inhalte, Vorstellungen, Gedanken usw.), und die Bedingungen, unter denen dies geschieht (z. B. Aufmerksamkeit, Bedürfnislage, Kontext, Gliederung der Inhalte, Reihenfolge der Einprägung usw.). Jeder Enkodierung von Speicherinformation geht bereits eine Filterung voraus, die durch Gestaltbildung, Aufmerksamkeitsausrichtung und Begriffskategorisierung zustande kommt, wobei auch irrelevant wirkende Details Einfluss ausüben, wie etwa die jeweilige Stimmung, der räumliche Kontext, verbale Kommentare oder Ähnliches. Für die Aufnahme von Gedächtnismaterial in das Langzeitgedächtnis können zumindest folgende relevante Effekte unterschieden werden: → Arousal-Effekt, → Distinctiveness-Effekt, → Positionseffekt, → Gliederungseffekt, → Elaborationseffekt und → Imagery-Effekt.

Akteur-Beobachter-Verzerrung siehe S. 337

Die Akteur-Beobachter-Verzerrung besteht darin, dass Personen, die aktiv in einen sozialen Prozess (z. B. eine Diskussion) eingebunden sind, ihr eigenes Verhalten eher durch Situationseinflüsse erklären, während Beobachter des gleichen Prozesses diesen eher durch Dispositionseinflüsse (Persönlichkeit, Einstellung, Motivation) verursacht sehen (Storms, 1973). Aus der Perspektive der Mitarbeiter (Akteure) werden somit eher Situationsinformationen (z. B. Arbeitsbedingungen) zur Interpretation von Misserfolgen herangezogen, aus der Perspektive des Vorgesetzten (Beobachters) hingegen eher Dispositionsinformationen (z. B. Unfähigkeit). Die Akteur-Beobachter-Verzerrung bewirkt auch Diskrepanzen in der Einschätzung der Handlungsfreiheit, indem etwa die Beobachter stärker als die Akteure vermuten, dass Letztere sich in Zukunft ebenso verhalten werden wie bisher (Nisbett et al., 1973), oder indem Vorgesetzte ihren eigenen Freiheitsspielraum wesentlich eingeschränkter sehen als ihre Untergebenen (Gurwitz & Panciera, 1975). Aus Kulturvergleichen kann der Schluss gezogen werden, dass zumindest zwischen Ost und West (»Kollektivismus« – »Individualismus«) ebenfalls unterschiedliche Tendenzen in der Ursachenzuschreibung existieren.

Aktivationstheorie siehe S. 300

Eine Emotionstheorie, die der Formatio reticularis im Hirnstamm eine emotionssteuernde Rolle zuschrieb.

Aktivierung siehe S. 170

Hier ist der Grad der Aktivierung des zentralen Nervensystems gemeint (engl. »arousal«). Wenn organismusinterne oder -externe Reize auftreten, die vermutlich oder tatsächlich Lebensrelevanz besitzen (z. B. Umweltveränderungen, Anblick von Nahrung, Schmerzen, Bedrohungen), erhöht sich das Niveau der allgemeinen Aktivierung im Zentralnervensystem und damit einhergehend die Intensität der neuronalen Informationsverarbeitung. Einen experimentellen Hinweis auf die lernfördernde Wirkung eines erhöhten neuronalen Aktivierungsniveaus liefert das »Brain-Trigger-Design« (Guttmann & Bauer, 1984), mittels dessen die Vorgabe von Lernmaterialien in Phasen erhöhter neuronaler Aktivierung um 25 % bessere Merkleistungen nachweisbar waren. Bei den meisten höher entwickelten Lebewesen befindet sich im Stammhirn ein entsprechendes → Aktivierungssystem, welches sowohl auf Veränderungen in der Umwelt (Wahrnehmungssituation) als auch auf Änderungen im Organismus

(Bedürfnislage) anspricht und eine Steigerung der Aktivierungslage im Zentralnervensystem auslöst (»Orientierungsreaktion«).

Aktivierungsmanagement siehe S. 109

Einem sinnvollen »Aktivierungsmanagement« für den Alltag kommt große Bedeutung zu, da die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen entscheidend von der Bewusstseinslage abhängt.

»Aktivierungsmanagement« | Maßnahmen gegen Müdigkeit:

Stark wirksam:

1. Koffeinhaltige Genussmittel (Kaffee, Tee, Softdrinks, Schokolade, Wirkung von 15 Minuten bis 5 Stunden)

2. Kurzschlafphasen (»Schläfchen«, die 10–15 Minuten, maximal aber 45 Minuten dauern sollten)

3. Kernschlaf (mindestens 4 Stunden Schlaf stabilisiert den Biorhythmus und fördert die geistige und körperliche Regeneration)

Begrenzt wirksam:

1. Nikotin (schnelle Aktivierungswirkung, je nach Dosis eventuell bis 30 Minuten; reduziert Schlafqualität)

2. Temperaturreduktion und Ventilation (nur bei Sauerstoffmangel effektiv)

3. Bewegungsübungen (maximal 30 Minuten wirksam)

4. Hintergrundmusik, Konversation u.Ä. (reduziert kurzfristig vorhandene Monotonie)

(Ergebnisse einer Untersuchung des U.S. Department of Transportation an Beschäftigen im Transportwesen; McCallum et al., 2003)

Aktivierungssystem siehe S. 171

Bei den meisten höher entwickelten Lebewesen befindet sich im Stammhirn ein entsprechendes Aktivierungssystem (engl. »activating system«), welches sowohl auf Veränderungen in der Umwelt (Wahrnehmungssituation) als auch auf Änderungen im Organismus (Bedürfnislage) anspricht und eine Steigerung der Aktivierungslage im Zentralnervensystem auslöst (»Orientierungsreaktion«). Eine elektrische Stimulation dieses Aktivierungszentrums bewirkt eine Verschärfung der Wahrnehmung, Steigerung der Aufmerksamkeit, Beschleunigung der Informationsverarbeitung und eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit, während eine Schädigung (z. B. als Folge von Encephalitis lethargica) oder Zerstörung (z. B. durch Verletzung) befristete bzw. dauerhafte Schlafzustände auslöst (Guttmann, 1972).

aktuelles Wohlbefinden siehe S. 375, 391

Gesundheit hat viel mit Wohlbefinden zu tun. Die subjektive Befindlichkeit des Menschen spiegelt jedoch nicht nur seinen physischen und psychischen Zustand, sondern auch seine soziale und ökologische Lebensumwelt wider. Während sich in Äußerungen zum aktuellen Wohlbefinden eher die momentan vorherrschenden Emotionen der Person niederschlagen, ist das → habituelle Wohlbefinden als Bewertung des Befindens über einen längeren Zeitraum hinweg, zumeist von kognitiven Einschätzungen der eigenen Lebenslage bestimmt (Abele & Becker, 1991).

akustische Wahrnehmung siehe S. 154

Wie die visuelle Wahrnehmung zählt auch die akustische Wahrnehmung zu den »Fernsinnen«, das heißt, sie vermittelt Informationen über körperferne Umweltbereiche. Sie dient somit einer frühzeitigen Orientierung und bahnt sehr effektiv (oft reflexartig) die Aufmerksamkeit durch »Richtungshören«.

Alkohol siehe S. 410

Die legale Droge Alkohol ist nicht zu unterschätzen, und zwar auch in ihren Folgewirkungen, wie Verkehrsunfällen, Arbeitsunfällen, Ehekonflikten oder Gewaltakten. Von Schädigungen dieser Art sollen etwa 10 bis 20 % der deutschen Bevölkerung betroffen sein. Bis eine bereits alkoholabhängige Person einer effektiven Therapie zugeführt wird, vergehen durchschnittlich sechs bis zehn Jahre. Die Sterberate ist bei Alkoholkranken verglichen mit der Normalbevölkerung um das Zweibis Fünffache erhöht (ebenso die Selbstmordrate).

Alternativhypothesen siehe S. 80

Da die praktische Bedeutsamkeit eines signifikanten Ergebnisses auch von dessen → Effektstärke abhängt, müssen abgesehen von der → Nullhypothese auch Alternativhypothesen statistisch getestet werden. Der Vorteil einer solchen Vorgangsweise besteht vor allem darin, dass man nicht nur vage auf »Überoder Unterzufälligkeit« von statistischen Ergebnissen schließt, sondern sogar die Wahrscheinlichkeit bestimmen kann, mit der die Daten für die Alternativhypothese sprechen.

altgriechische Seelenlehre siehe S. 17

• Zu einem Körper gehört nur eine Seele (die Seele kann den Körper kurzzeitig verlassen: Schlaf, Ekstase).

• Eine Seele kann nacheinander verschiedenen Körpern angehören – Seelenwanderung.

• Die Seele existiert nach dem Tode (des Körpers) weiter – Unsterblichkeit.

• Seelen können auch ohne Körper leben (z. B. auf der »Insel der Seligen«). Rohde, E. (1898/1980; zit. aus Schönpflug, 2000, 52)

Amnesie siehe S. 213

Gedächtnisverlust, der durch Verletzung, Krankheit, Drogenmissbrauch oder andere Gehirnbeeinträchtigungen hervorgerufen werden kann.

Amygdala siehe S. 301 f.

Diese paarigen Kerne des Zwischenhirns verarbeiten Informationen sowohl aus dem Körperinneren, aus der Umwelt als auch aus den Speichersystemen des Gehirns und sind daher für eine bewertende Istwert-Sollwert-Analyse von Erlebnissituationen besonders prädestiniert. Als Resultat dieser Analyse bewirken sie durch ihren Output an den Kortex (bewusst erlebte) positive oder negative Gefühlsregungen sowie bedürfnisgerechte Handlungsimpulse, außerdem sorgen ihre Verbindungen mit dem Hypothalamus und dem Hirnstamm für schnelle motorische, vegetative und hormonale Affektreaktionen.

 

Analogietendenz siehe S. 257 f.

Wenn sich für einen Aufgabentyp eine Lösung bereits bewährt hat, dann tendieren wir dazu, in ähnlichen Situationen wieder die gleiche Strategie zu verwenden. Dies oft sogar dann, wenn sich kein Erfolg damit einstellt oder wenn es einfachere erfolgreiche Vorgangsweisen gibt. Diese funktionale Gebundenheit an einen bestimmten Lösungsvorgang ergibt sich durch die Gebundenheit an eine spezielle Sichtweise der Problemsituation, bei der sich bestimmte Lösungsmethoden entweder sichtbar anbieten oder als bewährte Lösungsmethoden automatisiert sind. So beeindruckend manche Denkfehler auch sein mögen, die aus dieser Analogietendenz resultieren, so erspart doch immerhin die Bevorzugung bereits bewährter Problemlösestrategien unnötigen Aufwand und entspricht somit dem psychischen Ökonomieprinzip.

analytisch siehe S. 47

Hier ist die analytische Methode gemeint, bei der zur Aufklärung psychischer Phänomene diese in Einzelheiten zerlegt werden dürfen (z. B. Wahrnehmungen, Vorstellungen, Einstellungen, Emotionen, Motive). Es ist kaum zu bestreiten, dass mit dieser Methode in der Physik, Chemie, Biologie, aber auch in der Biologischen Psychologie, Wahrnehmungspsychologie, Lernpsychologie und Denkpsychologie bahnbrechende Leistungen erzielt wurden (s. etwa Anderson, 1996). Eine zergliedernde Forschungsmethodik scheint sich in der Psychologie immer dann zu bewähren, wenn Systeme untersucht werden, die in weitgehend autonome Untersysteme unterteilbar sind, welche miteinander entweder parallel oder seriell interagieren.

ängstlich-ambivalenter Bindungsstil siehe S. 421

Frühkindlicher Bindungsstil. In einer Labor-Testsituation nach Ende des ersten Lebensjahres – die Mutter verlässt für maximal drei Minuten den Raum, sobald eine fremde Person eintritt – wird das Verhalten des Kindes beobachtet und drei »Grundmustern« zugeordnet (Ainsworth et al., 1978). Ein Kind mit ängstlich-ambivalentem Bindungsstil (»insecure-anxious/ambivalent«) ist während der Trennung sehr verängstigt und wechselt nach Rückkehr der Mutter zwischen aggressiver Ablehnung und der Suche nach Nähe. Das Kind ist nach der Trennung ganz mit der Beziehung beschäftigt und unfrei für andere Aktivitäten (→ sicherer Bindungsstil, → vermeidender Bindungsstil).

Angststörungen siehe S. 407

Eine Angst ist dann unangemessen, wenn sie nicht situationsadäquat ist, überlange anhält, durch die betroffene Person nicht beeinflussbar ist und zu einer schweren Lebensbeeinträchtigung führt. Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Störungen, wobei etwa 50 % auf → Agoraphobien entfallen (multiple Situationsängste wie Klaustrophobie, Höhen-, Reise- und Flugängste, Angst vor Menschenansammlungen) und etwa 25 % auf → Sozialphobien (soziale Ängste, wie Angst vor bewertender Beobachtung, Konfliktoder Kontaktangst).

Ankerheuristik siehe S. 272

Heuristiken sind notwendige Instrumente unserer Denkökonomie, weil im Alltag kaum genug Information und Zeit für streng logische Urteile zur Verfügung steht. Eine viel verwendete und automatisierte Urteilsheuristik ist die Ankeroder Anpassungsheuristik (»anchoring«, »adjustment«). Wie aus der Bezeichnung hervorgeht, führt sie zu einer Anpassung von Urteilen an vorhandene Orientierungsrichtlinien. Dies mag zwar die Einschätzungsprozesse oft beschleunigen, stellt aber umgekehrt wieder eine Quelle für »kognitive Täuschungen« dar (z. B. Hell, Fiedler & Gigerenzer, 1993). Eine ankerbedingte Verfälschung von Urteilen kann mittels einer einfachen Multiplikationsrechnung demonstriert werden, sobald die Probanden nur fünf Sekunden Rechenzeit haben und ihnen nur eine grobe Schätzung des Ergebnisses möglich ist. Im diesbezüglichen Experiment von Tversky und Kahneman (1974) kamen die Versuchspersonen bei der Vorgabe von

8 × 7 × 6 × 5 × 4 × 3 × 2 × 1

auf ein mittleres Produkt von 2250 (»Median«), bei der Vorgabe der gleichen Zahlen, jedoch in ansteigender Reihenfolge

1 × 2 × 3 × 4 × 5 × 6 × 7 × 8

im Mittel nur mehr auf 512. In der ersten Bedingung bilden die Produkte der ersten Zahlen einen wesentlich größeren Anker (z. B. 8 × 7 = 56, 56 × 6 = 336 usw.) als in der zweiten Bedingung (z. B. 1 × 2 = 2, 2 × 3 = 6 usw.). Die erhebliche Unterschätzung des richtigen Ergebnisses, nämlich 40320, zeigt außerdem, dass arithmetische Reihen ähnlich wie exponentielle Funktionen in ihrer Entwicklung schlecht vorhergesagt werden können.

Annäherung siehe S. 302

Bei Panksepp (1998) steht die allgemeine emotionsbewirkte Verhaltensadaptation im Vordergrund (»Erwartungssystem«), die grundsätzlich entweder in einer Annäherung (»approach«) oder in einer Vermeidung (»avoidance«) von Umweltreizen besteht.

Anpassungsheuristik siehe S. 272

Siehe → Ankerheuristik.

Anreize siehe S. 312

Jene Signale, die auf Ziele oder Bedingungen hinweisen, die in der Umwelt angestrebt oder vermieden werden, nennt man auch positive oder negative Anreize. Wie stark sich ein Anreiz motivierend auswirkt und sich im Verhalten niederschlägt, hängt davon ab, welche Bedeutung dem angestrebten Zielzustand zugeschrieben und für wie wahrscheinlich sein Auftreten eingeschätzt wird.

Anstrengung siehe S. 323

Der Erfolg oder Misserfolg von Leistungen kann entweder personeninternen (Fähigkeit, Anstrengung) oder personenexternen Ursachen (Aufgabenschwierigkeit, Zufall) zugeschrieben werden (→ internale oder → externale Attribution).

Anthropomorphisierung siehe S. 17

Die Anthropomorphisierung bezeichnet eine Weltsicht, bei der hinter Naturereignissen Götter, Dämonen oder Geister mit menschlichen Eigenschaften vermutet werden. Sie dürfte Ängste reduziert und eine subjektive Handlungssicherheit geschaffen haben. Die Möglichkeit, sich in Götter, Geister oder auch Dämonen einzufühlen und mit ihnen auf diese Weise irgendwie zu kommunizieren, bot offenbar subjektive Chancen, ihre Unterstützung zu erflehen oder sie zu besänftigen.

Antidepressiva siehe S. 118

Antidepressiva sind Depressionsheilmittel (z. B. Lithiumcarbonat, Reboxitin, Imipramin, Fluoxetin).

Antipsychotika siehe S. 119

Antipsychotika sind Psychoseheilmittel (Neuroleptika, z. B. Chlorpromazin, Haloperidol, Phenothiazine, Clozapin).

Aposteriori-Wahrscheinlichkeit siehe S. 274

Die Wahrscheinlichkeit für eine Hypothese nach deren Revision aufgrund neuer Erfahrungen nennt man Aposteriori-Wahrscheinlichkeit p(H/D).

Apriori-Wahrscheinlichkeit siehe S. 274

Die Apriori-Wahrscheinlichkeit (Grundrate, p(H)) ist die Auftrittswahrscheinlichkeit der postulierten Gesetzmäßigkeit allgemein (z. B., dass eine Person überhaupt ein Lügner ist).

Arbeitsgedächtnis siehe S. 220 f.

In neuerer Zeit wird anstelle des Begriffs Kurzzeitgedächtnis eher das weitere Konzept Arbeitsgedächtnis (Computermetapher: Arbeitsspeicher) bevorzugt, in dem Informationen aus den Bereichen Wahrnehmung, Erinnerung, Emotion und Motivation zusammenfließen und entsprechend den aktuellen Handlungsanforderungen integrativ verarbeitet werden. Baddeley (1986) formulierte drei Komponenten des Arbeitsgedächtnisses, nämlich eine sogenannte zentrale Exekutive, die für die Kontrolle der Aufmerksamkeit (d. h. der selektiven Aktivierung bestimmter Bewusstseinsinhalte) verantwortlich ist, eine phonologische Schleife und einen visuell-räumlichen Notizblock, die Funktionen des akustischen bzw. visuellen Memorierens erfüllen (d. h. der absichtlichen Aufrechterhaltung von Bewusstseinsinhalten im Arbeitsgedächtnis).

Arbeitsmotivation siehe S. 322, 325 ff.

Die Arbeitsmotivation ist eine spezielle Form der → Leistungsmotivation und wird von Latham und Pinder (2005) als Ergebnis der Interaktion zwischen arbeitendem Individuum und seiner Arbeitsumwelt gesehen, und zwar abhängig von vielen verschiedenen Bedingungen. Um gute Prognosen für die Arbeitsmotivation von Personen erstellen zu können, müssen gleichzeitig persönliche (z. B. Bedürfnisse, Autonomie), soziale (z. B. Feedback) und physische Faktoren (z. B. Aufgabenart, Arbeitsplatz) einbezogen werden.

Aristoteles siehe S. 16

Einer der bedeutendsten Philosophen des Altertums, von dem wichtige Denkanregungen für die Analyse geistiger und emotionaler Prozesse ausgingen. Seine Schrift »De Anima« handelt von der Seele. Für die meisten frühen Kulturen und Naturreligionen bedeutete → Seele die Lebenskraft schlechthin, welche zum Zeitpunkt des Todes den menschlichen Körper verlässt. Seit Aristoteles wird dieses Lebensprinzip in den Lebewesen auch als »Entelechie« bezeichnet.

Arousal-Effekt siehe S. 227

Relevanter Effekt für die Aufnahme von Gedächtnismaterial in das Langzeitgedächtnis. Lern- und Einprägungsprozesse werden sowohl durch ein mittleres (tonisches) Aktivierungsniveau als auch durch Aktivierungsschwankungen bei der Informationsaufnahme gefördert (phasische Aktivierung). Insbesondere steigt die Wahrscheinlichkeit für die Speicherung von Bewusstseinsinhalten, wenn sie eine psychische Stimulation oder Aktivierung auslösen (Interesse, Aufmerksamkeit, Emotion, Motivation; Storbeck & Clore, 2008; McGaugh, 2018) und danach positive Konsequenzen (Aha-Erlebnis, Entspannung, Verstärkung, Lernpause) im Sinne einer zentralnervösen Desaktivierung nachfolgen (Kleinsmith & Kaplan, 1964). Dass manchmal bei aktivierenden Merkinhalten unmittelbar nach dem Lernen schlechtere Merkleistungen zustande kommen, wird mit dem Andauern eines intensiven Konsolidierungsprozesses erklärt, der offenbar einen sofortigen Zugriff auf die Speicherinhalte erschwert (»perseverative consolidation«).

Artefakte siehe S. 32, 84, 96

In Psychologie und Nachrichtentechnik steht dieser Ausdruck für verfälschte Ergebnisse.

Artefakte bei Befragungen siehe S. 32

•Unklarheiten in der Formulierung von Fragen (z. B. Mehrdeutigkeit, zu komplizierte Sätze)

•Fehlinterpretationen von Anweisungen (»Instruktionen«)

•Sequenzeffekte (Ermüdung, »Trainingseffekte«)

•Hawthorne-Effekt (sich beobachtet oder analysiert zu fühlen, erhöht zumeist die Leistungsbereitschaft)

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