Spirituelle Essays

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Spirituelle Essays
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Inhalt

Geistige Gesetze

Die Über-Seele

Vorbemerkung

Die Über-Seele

Impressum

Danke!

Anmerkungen

Ralph Waldo Emerson

Geistige Gesetze

Freie Übertragung von Thora Weigand

Wenn unser Geist sich der Betrachtung hingibt, wenn wir uns selbst im Lichte des Gedankens besehen, so entdecken wir, dass unser Leben in Schönheit eingehüllt ist. Alle Dinge, die wir im Schreiten hinter uns lassen, nehmen gefällige Formen an wie ferne Wolkenzüge. Und nicht die vertrauten und altgewohnten Dinge allein, sondern die tragischen und schrecklichen sogar, erscheinen uns anmutsvoll, wenn sie sich in die Bilder der Erinnerung reihen. Der Ufersand, das Unkraut am Wasserrande, das alte Haus, die komische Person – wie sehr wir sie einst auch übersahen – gewinnen einen Reiz in der Vergangenheit. Selbst die Leiche, die in den Zimmern lag, hat dem Hause einen feierlichen Schmuck verliehen. Die Seele will weder Hässliches noch Schmerzen kennen; wenn wir in den Stunden klarer Vernunft die strengste Wahrheit äußern wollten, so müssten wir gestehen, dass wir nie ein Opfer brachten. In solchen Stunden erscheint der Geist so groß, dass es ist, als ob uns nichts Wesentliches genommen werden könne. Aller Verlust, aller Schmerz ist ein solcher nur vom Teilstandpunkt betrachtet; das Weltall bleibt dem Herzen unverletzt. Weder Ärgernisse noch Ungemach können unser Vertrauen zerstören. Kein Mensch hat je seinen Kummer so leichthin behandelt, als er sollte. Selbst der geduldigste und abgehetzteste Klepper, der je getrieben ward, übertreibt; denn es ist nur das Endliche, das gekämpft und gelitten hat, das Unendliche liegt in lächelnder Ruhe da.

Das geistige Leben kann rein und gesund erhalten werden, wenn der Mensch das Leben der Natur lebt und seinem Geiste keine Lasten auferlegt, die ihm nicht zugehören. Kein Mensch sollte in seinen Spekulationen verwirrt werden. Lasst ihn nichts tun und sagen, was ihm nicht zugehört, und, sei er noch so bücherungelehrt, so wird seine Natur ihm doch keine geistigen Hemmnisse und Zweifel entgegenstellen. Unsere Jugend krankt an den theologischen Problemen der Erbsünde: Ursprung des Bösen, Vorherbestimmung und ähnlichem.

All dies bot dem Menschen niemals eine praktische Schwierigkeit, verdunkelte nie einem Menschen den Pfad, der nicht von seinem Weg abwich, es zu suchen. Dies sind die Kinderkrankheiten der Seele, und die sie nicht durchgemacht haben, können ihre Gesundheit nicht schildern oder das Heilmittel verschreiben. Ein schlichter Geist wird diese Feinde niemals kennen lernen. Eine ganz andere Sache ist es, wenn er seinen Glauben rechtfertigen und einem anderen die Theorie seiner inneren Einheit und Freiheit entwickeln soll. Dies fordert seltene Gaben; doch mag auch ohne diese Selbsterkenntnis eine frische Kraft und Ganzheit in dem sein, was er ist. „Ein paar starke Instinkte und ein paar klare Regeln“ genügen uns.

Mein Wille gab den Vorstellungen in meinem Geiste nie den Rang, den sie nun einnehmen. Der regelrechte Studienlauf, die Jahre akademischer und beruflicher Erziehung haben mir keine besseren Tatsachen überliefert, als einst manch müßiges Buch unter der Bank der Lateinschule. Was wir nicht Erziehung nennen, ist kostbarer als das, was wir so nennen. Während ein Gedanke uns überkommt, können wir den verhältnismäßigen Wert desselben nicht ermessen. Und die Erziehung verschwendet ihre Mühen oftmals in Versuchen, diesem natürlichen Magnetismus, der das ihm Zugehörige mit Sicherheit wählt, Widerstand zu leisten und ihn zu umgehen.

Gleicherweise wird auch unsere sittliche Natur durch jede Einmischung des Willens geschädigt. Die Menschen stellen die Tugend als einen Kampf dar und tun sich groß mit ihren Siegen; und wenn von einer edlen Natur die Rede ist, wird stets die Frage hin und her gewendet, ob der Mensch nicht mehr zu loben sei, der mit der Versuchung ringt. Darin jedoch liegt kein großes Verdienst. Entweder ist Gott gegenwärtig oder er ist es nicht. Wir lieben die Naturen im Verhältnis zu ihrer Impulsivität und Spontaneität. Je weniger der Mensch über seine Tugend denkt oder weiß, umso lieber ist er uns. Timoleons Siege sind die besten Siege, die gleich homerischen Versen einhereilten und strömten, wie Plutarch sagt. Wenn wir einer Seele begegnen, deren Handlungen alle königlich, gefällig und lieblich wie die Rosen sind, so müssen wir Gott danken, dass solches sein kann und ist und uns nicht mürrisch gegen den Engel kehren und sagen: „Maier mit seinem knurrenden Widerstand gegen sein eingeborenes Teufelstum ist der bessere Mensch.“

Nicht weniger augenfällig ist das Übergewicht der Natur über den Willen im ganzen praktischen Leben. Es geht weniger Absicht durch die Geschichte, als wir ihr zuschreiben. Wir dichten Cäsar und Napoleon tiefgegründete weitsichtige Pläne an, doch das Beste ihrer Kraft lag in der Natur, nicht in ihnen. Menschen von außerordentlichem Erfolg haben in ihren ehrlichen Momenten stets gesungen: „Nicht unser Tun, nicht unser Tun!“ Gemäß dem Glauben ihrer Zeit haben sie der Fortuna oder dem Schicksal oder dem Hl. Julian Altäre gebaut. Ihr Erfolg lag in ihrer Übereinstimmung mit dem Gange der Idee, die in ihnen freien Durchzug fand; und die Wunder, deren sichtbare Leiter sie waren, erschienen dem Auge als ihre Tat. Haben die Drähte den Galvanismus geschaffen? Es ist in Wahrheit weniger Reflexion in ihnen, als in anderen; so wie die Tugend einer Pfeife in ihrer Glätte und Hohlheit besteht. Was äußerlich Wille und Unerschütterlichkeit schien, war Hingabe und Selbstopferung. Könnte Shakespeare eine theoretische Erklärung Shakespeares geben? Konnte je ein Mensch von wunderbarem mathematischen Genie Anderen Einblick in seine Schaffensweise gewähren? Wenn er dies Geheimnis mitzuteilen fähig wäre, so würde es augenblicklich seinen übertriebenen Wert verlieren, es würde eins werden mit der Tageshelle, der Lebenskraft, der Kunst zu stehen oder zu gehen.

Durch solche Beobachtungen werden wir gewaltsam gelehrt, dass unser Leben viel leichter und einfacher sein könnte, als wir es gestalten, dass die Welt eine glücklichere Stätte sein könnte, als sie es ist; dass die Kämpfe, Zuckungen und Verzweiflungen, das Händeringen und Zähneknirschen nicht vonnöten sind; dass wir die Missgestalt unseres eigenen Elends schaffen. Wir treten störend dem Optimismus der Natur entgegen; denn, wenn immer wir jenen vorteilhaften Standpunkt finden, den wir der Vergangenheit gegenüber einnehmen, oder eines weiseren Geistes in der Gegenwart teilhaftig werden, so gewahren wir, dass wir von Gesetzen umgeben sind, die sich selbst erfüllen.

Der Anblick der äußeren Natur gibt uns die gleiche Lehre. Die Natur will nicht, dass wir weinen und toben. Aus unserer guten Gesinnung und unserer Bildung macht sie sich ebenso wenig, als aus unserem Trug und unseren Fehden. Wenn wir aus dem Rat oder der Bank oder der Protestversammlung gegen die Sklaverei, aus dem Mäßigkeitsverein oder dem philosophischen Klub in die Felder und Wälder treten, ruft sie uns zu: „So heiß, mein Kleiner?“

Es ist eine Fülle mechanischer Aktion in uns. Wir aber müssen uns natürlicherweise einmischen und nach unserem Kopfe handeln, bis die Opfer und Tugenden der Gesellschaft widerlich erscheinen. Liebe sollte Freude erzeugen; unser Wohltun ist aber ein missglücktes. Unsere Sonntagsschulen und Kirchen und Armenvereine sind nur ein Joch auf unserem Nacken. Wir plagen uns keinem zur Freude. Es gibt natürliche Wege zu ähnlichen Zielen zu gelangen, die auf jene Weise angestrebt, aber nicht erreicht werden. Warum sollen sich alle Tugenden auf ein und dieselbe Weise äußern? Warum sollen Alle Dollars geben? Uns Landleuten passt dies sehr schlecht und wir erhoffen uns davon nichts Gutes. Wir besitzen keine Dollars. Die Kaufleute, die sie haben, mögen sie verschenken. Der Landwirt wird Korn geben, die Dichter werden singen, die Frauen nähen, die Arbeiter ihre Hände leihen und die Kinder ihre Blumen bringen. Und wozu die tote Last der Sonntagsschule durch die ganze Christenheit schleppen? Es ist natürlich und schön, dass die Kindheit frage und das Alter lehre; aber es ist Zeit genug, erst zu antworten, wenn sie fragt. Schließt die Jugend nicht gegen ihren Willen in Bänke ein und zwingt die Kinder, sei es auch nur für eine Stunde, nicht zu Fragen, die sie nicht fragen wollen.

Wenn wir weiter ausschauen, sind alle Dinge gleich. Gesetze und Schriften und Glaube und Lebensweise erscheinen als Travestie der Wahrheit. Unsere Gesellschaft ist von einem gewaltigen Mechanismus beschwert, der den endlosen Aquädukten gleicht, welche die Römer über Hügel und Täler bauten, und die alsdann durch die Entdeckung des Gesetzes verdrängt wurden, dass das Wasser zur Höhenfläche seines Ursprungs steigt. Sie ist wie eine chinesische Mauer, die jeder flinke Tatar zu überspringen vermag. Sie ist wie ein stehendes Heer, nicht so gut als der Friede. Sie ist ein rangweis gegliedertes, betiteltes, mit reichen Gehalten ausgestattetes Kaisertum, das überflüssig wird, wenn Bürgerversammlungen sich als ebenso tunlich erwiesen haben.

Lasst uns von der Natur belehren, die stets auf den kürzesten Wegen schafft. Die Frucht fällt, wenn sie reif ist. Wenn sich die Frucht gelöst hat, fällt das Laub. Die Kreisbewegung der Gewässer ist ein bloßes Fallen. Der Gang des Menschen und aller Tiere ist ein Vorwärtsfallen. All unser Handwerk und unsere Kraftleistungen, wie stemmen, spalten, graben, rudern u. s. w. vollziehen sich durch ein ständiges Fallen, und die Kugel, Erde, Mond, Komet, Sonne und Sterne fallen immer und ewig.

 

Die Einfachheit des Weltalls ist sehr verschieden von der Einfachheit einer Maschine. Wer die geistige Natur völlig durchschaut und gründlich weiß, wie Wissen erworben und Charaktere gebildet werden, ist ein Pedant. Die Einfachheit der Natur ist nicht von der Art, die leicht ergründet wird, sondern ist unerschöpflich. Die letzte Analyse bleibt uns in jeder Weise benommen. Wir beurteilen eines Menschen Weisheit nach seiner Hoffnung, denn wir wissen, dass die Erkenntnis des Unerschöpflichen in der Natur ewige Jugend verleiht. Die wilde Fruchtbarkeit der Natur wird fühlbar, wenn wir unsere steifen Worte und Würden mit unserem flutenden Bewusstsein vergleichen. Wir stellen in dieser Welt Sekten und Schulen, Gelehrsamkeit und Frömmigkeit dar und sind mittlerweile nur geistlose Kinder. Man sieht sehr gut, wie der Pyrrhonismus entstand. Ein Jeder sieht, dass er jener Mittelpunkt ist, von dem aus alle Dinge mit gleichem Recht bejaht und verneint werden können. Er ist alt, er ist jung, er ist sehr weise, er ist ganz und gar unwissend. Er hört und fühlt, was von dem Seraphim und was vom Hausierer gesagt wird. Es gibt keinen dauernd Weisen, ausgenommen in der Erdichtung der Stoiker. Während wir lesen oder malen, stellen wir uns auf die Seite des Helden gegen den Feigling und Räuber; aber wir selbst waren dieser Feigling und Räuber und werden es wieder sein; nicht im niederen Sinne, sondern im Vergleich zu der erreichbaren Hoheit der Seele.

Ein wenig Betrachtung dessen, was täglich sich um uns abspielt, würde uns lehren, dass ein höheres Gesetz als unser Wille, die Ereignisse regelt; dass unsere mühevolle Arbeit unnötig und fruchtlos ist; dass wir nur in unserem freien, schlichten und unmittelbaren Tun stark sind und göttlich werden, wenn wir uns voll Gehorsam hingeben. Glaube und Liebe – eine gläubige Liebe wird uns von schwerer Sorgenlast erlösen. O meine Brüder, Gott ist. Eine Seele lebt im Mittelpunkte der Natur und wacht über dem Willen der Menschen, sodass deren keiner dem Weltall Schaden bringen kann. Sie hat der Natur ihren starken Zauber so sehr eingeflößt, dass wir gedeihen, wenn wir ihrem Rate folgen; und wenn wir ihre Geschöpfe zu verwunden suchen, sind unsere Hände wie gebunden, oder sie martern unsere eigene Brust. Der ganze Lauf der Dinge lehrt uns Glauben. Wir brauchen nur zu gehorchen. Einem jeden von uns ist ein Führer beigegeben, und wenn wir demütig lauschen, werden wir das rechte Wort vernehmen. Warum müsst ihr so mühsam eure Stellung und Tätigkeit und Genossen, die Art des Handelns und der Unterhaltung wählen? Sicherlich gibt es ein mögliches Recht für euch, das die Notwendigkeit des Schwankens und der eigenmächtigen Wahl ausschließt. Es gibt eine Wahrheit für euch, eine rechte Stellung und angemessene Pflichten. Stellet euch in die Mitte des Stroms von Kraft und Weisheit, der alle, die er aus seiner Flut trägt, belebt, und ihr werdet ohne Mühen der Wahrheit, dem Rechten und einer vollkommenen Zufriedenheit zugetrieben. Dann setzt ihr alle euere Widersacher ins Unrecht. Dann seid ihr die Welt, das Maß des Rechten, der Wahrheit, der Schönheit. Wenn wir mit unserer elenden Einmischung nicht Störenfriede wären, würden Arbeit, Geselligkeit, Schriften, Künste, Wissenschaft und die Religionen der Menschheit viel besser als jetzt gedeihen, und der von Anbeginn der Welt verheißene Himmel, den uns der Grund unseres Herzens immer noch verheißt, würde sich gestalten, wie jetzt die Rose, die Luft und die Sonne.

Ich sage: wählet nicht; doch ist das eine Redensart, mit der ich unterscheiden möchte, was für gewöhnlich bei den Menschen Wahl heißt und eine Teiltat bedeutet, so wie die Wahl der Hände, der Augen, des Hungers und nicht eine ganze Tat des Menschen. Was ich aber recht und gut nenne, ist die Wahl meines Wesens; und was ich Himmel nenne und innerlich erstrebe, ist der von meinem Wesen ersehnte Zustand; und die Tat, die ich alle die Jahre lang zu tun begehre, ist das Werk meiner Fähigkeiten. Wir müssen einen Menschen für die Wahl seines täglichen Gewerbes oder Berufes verantwortlich halten; es bleibt keine dauernde Entschuldigung seiner Handlungen, dass sie zu den Sitten seines Gewerbes gehören. Was hat er mit einem schlechten Handel zu schaffen? Liegt nicht in seinem Charakter sein Beruf?

Jeder Mensch hat seinen eigenen Beruf. Das Talent ist der Beruf. Es gibt eine Richtung, nach der hin der ganze Raum ihm offen liegt. Es sind Fähigkeiten in ihm, welche ihn schweigend zu endloser Betätigung einladen. Er ist wie ein Schiff auf dem Flusse: er rennt gegen Hindernisse auf allen Seiten, nur auf der einen nicht, da ist aller Widerstand hinweggenommen, und ruhig gleitet es über einen immer tieferen Kanal in ein unendliches Meer hinaus. Dieses Talent und dieser Beruf hängen von seiner inneren Beschaffenheit ab, oder von der Art, wie die Allseele sich in ihm verkörpert. Es treibt ihn, das zu tun, was ihm leicht fällt und in der Vollendung als gut erscheint, das aber kein anderer zu tun vermag. Ihm erwächst kein Nebenbuhler; denn je ernstlicher er seine eigene Kraft prüft, umso mehr wird sein Werk sich von dem Werke anderer unterscheiden. Sein Ehrgeiz ist seinen Kräften genau angemessen. Die Höhe des Turmes wird durch die Breite der Basis bestimmt. Ein jeder hat diese Mission der Kraft, etwas in seiner Art einziges zu tun, in sich, und keiner hat einem anderen Rufe zu gehorchen. Der Vorwand, er habe einem anderen Rufe zu folgen, – einem Namensaufruf, einer persönlichen Erwählung und äußeren Zeichen, die ihn als ungewöhnlich und über die Menge ragend hinstellen, – ist Fanatismus und verrät Unfähigkeit zu begreifen, dass ein Geist durch alle Individuen geht, ohne Achtung der Persönlichkeiten.

Indem er sein Werk vollbringt, zeigt er die Lücke, die er ausfüllt und schafft selbst den Geschmack, mit dem er genossen wird. Indem er sein eigenes Werk vollbringt, entfaltet er sich selbst. Es ist der Fehler unserer öffentlichen Redeweise, dass sie kein Sichselbstgehenlassen kennt. Irgendwann sollte nicht allein jeder Redner, sondern jedermann die Zügel schießen lassen; sollte er den herzlichen und freien Ausdruck dessen finden oder geben, was an Kraft und Überzeugung in ihm lebt. Die häufigste Erfahrung ist die, dass der Mensch sich, so gut es eben geht, an die üblichen Einzelheiten der Arbeit oder des Gewerbes, denen er verfällt, anpasst und ihrer wartet, wie der dressierte Hund des Bratspießes wartet. Dann ist er ein Teil der Maschine, die er bewegt; der Mensch aber ist verloren. Solange er sich nicht in seiner wahren Gestalt und Bedeutung anderen mitteilen kann, ist er seinem Beruf noch immer fern. Er muss darin eine freie Bahn für seinen Charakter finden, sodass er sein Tun vor ihren Augen rechtfertige. Wenn die Arbeit niedrig ist, lasst sie ihn durch Denkweise und Charakter veredeln. Alles, was er denkt und weiß, alles, was er als der Arbeit wert hält, das lasst ihn mitteilen, damit er seinem Werte nach geschätzt und erkannt werde. Wie töricht, wenn ihr die Niedrigkeit und den Schein eures Tuns in den Vordergrund zieht, statt es in die gehorsamen Atemzüge eures Charakters und eurer Ziele umzuwandeln.

Wir schätzen nur die Taten, die seit langem schon von den Menschen gepriesen wurden und erkennen nicht, dass alles, was der Mensch tut, auf göttliche Weise geschehen kann. Wir glauben die Größe an gewisse Stellen und Pflichten, an bestimmte Ämter oder Angelegenheiten gebunden und sehen nicht, dass Paganini einer Darmseite, Eulenstein einer Maultrommel und ein fingergewandter Knabe aus Papierschnitzeln mit seiner Schere, Landseer aus einem Schweine und der Held aus der ärmlichsten Behausung und Gesellschaft, in der er verborgen war, Entzückungen gewinnen kann. Was wir dürftige Zustände oder niedere Gesellschaft nennen, sind jene Zustände und Gesellschaft, deren Poesie noch nicht besungen ist, die aber alsobald wie jede andere beneidet und viel genannt werden könnte. Lasst uns in unserer Schätzung von den Königen lernen. Die Gaben der Gastfreundschaft, die Familienverbindungen, den tiefen Eindruck des Todes und tausend andere Dinge verwertet das Königstum auf seine eigene Weise, und ein königlicher Geist desgleichen. Immer und überall alles neu zu werten – das ist Erhebung.

Was ein Mensch tut, das ist sein: Was hat er mit Hoffnung oder Furcht zu tun? In ihm selbst liegt seine Macht. Lasst ihn als sicheres Gut nur das betrachten, was in seiner Natur liegt und aus ihm wachsen muss, solange er lebt. Die Güter des Glücks mögen kommen und vergehen wie Sommerlaub; lasst sie ihn bei jedem Windstoß verstreuen, als die vergänglichen Zeichen seiner unendlichen Schaffenskraft.

Jeder kann wirkliches Eigentum erwerben. Des Menschen Anlage, die Eigenschaft, die ihn von jedem anderen unterscheidet, die Empfänglichkeit für bestimmte Einflüsse, die Auswahl des ihm Zusagenden, das Abstoßen des Untauglichen entscheiden für ihn den Charakter des Weltalls. Ein Mensch ist eine Methode, eine aufsteigende Ordnung, ein Prinzip der Auswahl, der ihm Verwandtes anzieht, wohin er sich wendet. Er nimmt nur das ihm Zugehörige aus der Fülle, die um ihn treibt und kreist. Er gleicht jenen Querbalken, die man vom Ufer der Flüsse ausgesetzt hat, um Kleinholz zu fangen, oder magnetischem Eisenerz unter Stahlspänen. Jene Tatsachen, Worte, Persönlichkeiten, die in seiner Erinnerung wohnen, ohne dass er sich des Grundes bewusst ist, bleiben haften, weil sie ihm Verwandtes in sich tragen, das, ob auch noch unbegriffen, nicht weniger wirklich ist. Sie sind Wertsymbole für ihn, indem sie Teile seines Bewusstseins wiedergeben, die er vergebens in den konventionellen Bildern und Büchern anderer Geister suchen würde. Was meine Aufmerksamkeit erregt, gehört ihr zu; sowie ich dem Manne, der an meine Türe klopft, entgegenkomme, indessen Tausende gleichen Wertes unbeachtet von mir an ihr vorübergehen. Es genügt, dass diese Einzelheiten zu mir sprechen. Ein paar Anekdoten, ein paar Charakterzüge, Manieren, Gesichter und ein paar Vorfälle nehmen in euerem Gedächtnis eine Bedeutung an, die vom gewöhnlichen Standpunkte aus in keinem Verhältnis zu ihrer anscheinenden Wichtigkeit steht. Sie sind eueren Gaben verwandt. Lasst ihnen ihr Gewicht und stoßet sie nicht ab, um gebräuchlicheren Erläuterungen und Tatsachen in der Literatur nachzuspüren. Was deinem Herzen groß erscheint, ist groß. Die Emphase der Seele trifft immer das Rechte.

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?

Teised selle autori raamatud