Loe raamatut: «Die Augen des Professors»
Die Augen des Professors
Wilhelm Conrad Röntgen – eine Kurzbiografie
Deutsches Röntgen-Museum
Ulrich Mödder / Uwe Busch (Hg.)
Die Augen des
Professors
Wilhelm Conrad Röntgen Eine Kurzbiografie
Impressum
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-940621-02-3, 978-3-864080-58-6 (epub)
Herausgeber:
Prof. Dr. med. Ulrich Mödder,
1. Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde und Förderer des
Deutschen Röntgen-Museums in Remscheid-Lennep e. V.
Dr. rer. biol. hum. Uwe Busch,
Stv. Museumsdirektor des Deutschen Röntgen-Museums
Text: Alexander Schug, M.A.
Redaktion: Dr. Uwe Busch
Bild-Redaktion: Christina Falkenberg, Deutsches Röntgen-Museum Lektorat: Katrin Strauß
Grafisches Gesamtkonzept, Titelgestaltung, Satz und Layout:
Stefan Berndt – www.fototypo.de
© Copyright: Vergangenheitsverlag, Berlin
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.
Bildnachweis: Archiv Deutsches Röntgen-Museum
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
Einleitung
Der Nobelpreis
Die Krönung des Wissenschaftlers
Vor der Show
Der Fall X – Entstehung der Röntgenstrahlung
Stationen auf dem Weg zur Entdeckung der Röntgenstrahlen
Die Röntgendosis
Ehre, wem Ehre gebührt – Auszeichnungen und Preise für Wilhelm Conrad Röntgen
Jahrmarkt der Wissenschaften
Quellen der Inspiration
»… mit meiner alten geliebten Schrotflinte« – die Jagd
Wie ein glücklicher Traum – die Naturerlebnisse
Querfeldein – das Klettern
Reisen und Knipsen – das Fotografieren
Röntgen im Fokus
Bekanntschaft mit der Physik
Röntgen dandylike: Mit Zweispänner und weißem Anzug
Bis dass der Tod euch scheidet … – der Ehemann Röntgen
In Kundts Labor
Poesie des Natürlichen – Röntgens Lesegeschmack
Treue Freundschaften eines Einzelgängers
»An die Kulturwelt« – der Aufruf der 93
Spuren des Antisemitismus
Wo sind die Millionen?
Einsamkeit und Tod
Mehr als nur X-Strahlen …
Der junge Wissenschaftler
Der Geist von Wissenschaft und Forschung
Vielseitigkeit als Markenzeichen
Forschung um der Forschung willen
Präzisionsphysik
Der photoakustische Effekt
Der dielektrische Verschiebungsstrom
Tiefgründiger Denker
Im Rausch der Erkenntnis
Wissenschaftlicher Ehrgeiz der »verspäteten Nation«
Auge in Auge mit Herrn Röntgen
Die mysteriöse Zinkkiste ein Interview von 1896
Röntgens berühmter Aufsatz »Ueber eine neue Art von Strahlen« (Originaltext)
Anhang
Röntgens Leben in Zahlen
Veröffentlichungen von Röntgen
Literatur
Einleitung
Wer war Wilhelm Conrad Röntgen? Und welche Botschaft hat sein Leben für uns heute? Ältere Biografien über den 1845 in Remscheid-Lennep im Bergischen Land geborenen Physiker waren sich einig: Röntgen muss ein Genie gewesen sein, eine Ausnahmeerscheinung, weit abgehoben von uns allen. Hagiografien nennt man das, Heldengeschichten, die einem überkommenen Pathos und einem fragwürdigen Verständnis von Geschichte huldigen. Geschichte wird von großen Männern gemacht, so der Ansatz. Diese Heldengeschichten sind jedoch maßlos übertrieben – und letztlich zu einfach gestrickt. Mythen und Illusionen werden da kaum hinterfragt.
Röntgen ist ein solcher Mythos. Er war es bereits zu seinen Lebzeiten – entgegen seinem eigenen Willen. Der Superstar der Wissenschaft zu sein, war dem vornehmzurückhaltenden Professor geradezu unangenehm.
Diese Kurzbiografie will den Mythos Röntgen erklären und Sie gleichzeitig zu den wichtigsten Stationen seines Lebens und seiner Karriere mitnehmen. Sie werden am Ende sehen: Röntgen war ein sehr fähiger Wissenschaftler, aber auch ein normaler Mensch. Seine Entdeckungen waren herausragend – aber keinen übermenschlichen Fähigkeiten geschuldet, sondern Ergebnisse exakter Beobachtung und disziplinierten Forschens. Noch während seiner Studienzeit hätte keiner seiner Kommilitonen gedacht, dass Röntgen einmal so berühmt werden könnte und den Weg zur modernen Atomphysik ebnen würde. Er war unauffällig, sogar schüchtern, besaß allerdings zwei hervorragende Eigenschaften: Er war neugierig und ausdauernd. Er war vor allem neugierig darauf, die Phänomene der Natur und die darin wirksamen Kräfte genau zu beobachten, Zusammenhänge herzustellen und zu erklären. Für ihn war die Welt voller Rätsel. Einem seiner größten Rätsel begegnete er im Herbst 1895, als er eine vollkommen neue Art von Strahlen entdeckte, die feste Körper durchdrangen und mit lichtempfindlichem Papier sichtbar gemacht werden konnten. Ihm war zu diesem Zeitpunkt selbst nicht klar, was passiert war. Er brauchte Wochen, um das mit den eigenen Augen beobachtete Phänomen zu erklären. X-Strahlen nannte er die sonderbaren Strahlen, die auch menschliches Gewebe durchleuchteten und den Blick in den lebenden Menschen ermöglichten. Das X stand für eine Leerstelle, etwas noch Unbekanntes und vor allem: für etwas leidenschaftlich zu Ergründendes. Die große Lust, zu forschen, zeichnete Röntgen aus. Darin liegt eine Eigenschaft, die uns als Botschaft dienen kann: Tun Sie es Röntgen gleich! Ergründen auch Sie diese Welt mit Leidenschaft. Denn jede(r) kann neugierig die Welt erforschen.
Begleiten Sie uns zunächst nach Stockholm ins Jahr 1900. Hier bahnte sich an, was zum Höhepunkt von Röntgens Karriere werden sollte…
Der Nobelpreis
Kristallisationspunkt von Röntgens Karriere
Wer sollte ihn bekommen? Im September 1900 machte sich das Komitee der Akademie der Wissenschaften in Stockholm erstmals daran, Vorschläge für die Vergabe des Physiknobelpreises einzuholen. Der Preis war von dem inzwischen verstorbenen schwedischen Industriellen Alfred Nobel gestiftet worden. Der kinderlose Wissenschaftler hatte verfügt, von seinem Vermögen eine Stiftung zu gründen. Deren wichtigste Aufgabe, die Verleihung der Nobelpreise, bewegt bis heute die Welt. Seit 1901 fiebert die Öffentlichkeit alljährlich der Bekanntgabe der bedeutendsten Ehrung für Literaten, Chemiker, Physiker, Mediziner und Friedensaktivisten entgegen. Der erste Physiker, der diesen Preis erhielt, war Wilhelm Conrad Röntgen.
Die von ihm entdeckten X-Strahlen können als ein Wendepunkt der Wissenschaftsgeschichte bezeichnet werden. Seine Entdeckung war nicht nur für die Physik wichtig, sondern eroberte sich bald in angrenzenden Bereichen wie der Medizin und damit im Alltag von Millionen Menschen ihren Platz. Damit entsprach die Entdeckung Röntgens exakt den Vergabekriterien der Stiftung, die wissenschaftlichen Fortschritt im Sinne des Humanismus honorierte. Die Nobelpreisverleihung war einer der Kristallisationspunkte im Leben des damals 56-jährigen Physikers. Röntgen war auf dem Olymp der Wissenschaft angekommen. Gleichzeitig wurde mit der Preisverleihung die Fähigkeit der Menschen zu ständigem Fortschritt gefeiert. Röntgens X-Strahlen waren für diese optimistische Weltsicht eine direkte Übersetzung mit Symbolwirkung: Die Strahlen erlaubten sprichwörtlich Einsicht in bislang Verborgenes. Der Blick in den Menschen war dabei der spektakulärste Anwendungsbereich, der sich mit den Strahlen auftat. Denn bis zur Entdeckung der Röntgenstrahlen blieb der Blick in den lebenden Körper fast unmöglich. Es gab nur wenige diagnostische Geräte, wie z. B. das Endoskop, mit dem seit Beginn des 19. Jahrhunderts der Magen-Darm-Trakt durch die Körperöffnungen »gespiegelt« werden konnte. Schon dadurch verlor die Vorstellung von der Abgeschlossenheit des Körpers mehr und mehr an Bedeutung. Mit den X-Strahlen wurde die Körperoberfläche schließlich durchsichtig, das Körperinnere öffentlich.
Wilhelm Conrad Röntgen, ca. 1914
Dass die Entdeckung der Strahlen, für die Röntgen berühmt wurde, auf Vorarbeiten anderer beruhte und zu einem Teil Zufall waren, ließ seine Kritiker immer wieder laut werden. Allen voran der Physiker Philipp Lenard (1862–1947), der Röntgens Ruhm Zeit seines Lebens für sich beanspruchte und seiner Umgebung sogar verbot, das Wort »Röntgenstrahlen« auch nur auszusprechen. So verfolgte ihn der Streit um die Erstentdeckung der Strahlen bis ins hohe Alter. Da die Röntgenstrahlen schon immer existiert hatten, Röntgen sie also nur als Erster wahrgenommen und untersucht hatte, erhoben einige Forscherkollegen ebenfalls Anspruch auf die Entdeckung. Deshalb war die Nominierung Röntgens für den Nobelpreis nicht unumstritten. Die Nominierungsgeschichte zeigt deutlich: Die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts fand bereits nicht mehr im geheimen Kämmerlein einzelner genialer Wissenschaftler statt. Wissenschaft war vielmehr ein komplexes, aufeinander aufbauendes Kommunikationssystem mit vielen Akteuren.
»Ihr Kommen dringend erwünscht« – Telegramm an Röntgen anlässlich der bevorstehenden Nobelpreisverleihung in Stockholm 1901
Auch das Nobelkomitee mutmaßte in der Begründung seiner Entscheidung offen darüber, ob Lenard die X-Strahlen nicht schon vor Röntgen entdeckt haben könnte. Diese Diskussion barg Sprengstoff in sich. Die Akademie in Stockholm setzte sich schließlich über die Empfehlung des Preiskomitees hinweg, auch Lenard den Nobelpreis zuzusprechen. Es gab am Ende nur einen Preisträger für Physik: Wilhelm Conrad Röntgen.
Die Nobelpreis-Zeremonie in Stockholm 1901, Röntgen ganz rechts im Bild, Illustration aus dem Svenska Dagbladet vom 11.12.1901
Große Ehrung: Wilhelm Conrad Röntgen erhält 1901 als erster Physiker den neu gestifteten Nobelpreis für Physik, Illustration aus dem Svenska Dagbladet vom 11.12.1901
Die Krönung des Wissenschaftlers
Das winterlich verschneite Stockholm empfing Wilhelm Conrad Röntgen und die anderen Nobelpreisträger am 10. Dezember 1901 feierlich. Der Große Saal der Musikakademie war vom bekannten Hofarchitekten Agi Lindegren reich dekoriert worden. Die Halle füllte sich am Abend mit Gästen in Frack und Abendkleidern. Darunter waren Repräsentanten der Akademien und Universitäten, Diplomaten, Vertreter des Adels und sonstige Spitzen der Gesellschaft. Schließlich traten die Preisträger ein. Allen voran ging Röntgen. Danach begann das Orchester mit einer pompösen Festival-Ouvertüre. Es folgten Reden und Rezitationen von Gedichten, bevor die Preisverleihung aus der Hand von Kronprinz Gustav begann. Den Abschluss der Zeremonie bildete ein Marsch des Komponisten Johann August Södermann. Im nahe gelegenen Grand Hotel gingen die Feierlichkeiten weiter.
Entgegen seiner Gewohnheit ergriff Röntgen beim Bankett vor den Gästen das Wort. Das war eine Seltenheit. Es gibt nur wenige Nachweise darüber, dass Röntgen außerhalb seiner eigenen Lehrveranstaltungen an der Universität öffentlich sprach. Es folgte eine brillante Ansprache. Darin beschrieb er die Preisverleihung als ein »skandinavisches Abenteuer«, das für ihn wie ein Traum sei. Das Publikum dankte mit anhaltendem Applaus. Dennoch, im Mittelpunkt der großen Aufmerksamkeit zu stehen, hatte ihm nicht gefallen: »Da die Feier sich auf drei oder eigentlich vier Leute verteilte und ich nur 1 ½ Tage mitmachte, ließ sich das Gefeiert werden noch aushalten«, schrieb Röntgen an seine Frau Bertha. Am nächsten Tag reiste Röntgen wieder ab. Allerdings blieb er zeit seines Lebens der Nobelstiftung etwas schuldig: Den nach den Statuten geforderten Vortrag hat er nie gehalten und fand immer wieder neue Ausreden. Er hatte »Lampenfieber«, wie er in einem Brief zugab. Ihm muss aber spätestens zu diesem Zeitpunkt klar geworden sein, dass gerade durch ihn Wissenschaft und Öffentlichkeit zu einem neuen Verhältnis gefunden hatten. Röntgen hatte Lampenfieber – dieses Eingeständnis unterstrich nur ein weiteres Mal, wie sehr der Naturwissenschaftler auf einer Bühne stand, auf die das Publikum erwartungsvoll blickte und huldvoll applaudierte. Röntgen machte das Schauspiel um seine Person allerdings nur wider Willen mit.
Die Nobelpreisurkunde von Wilhelm Conrad Röntgen, 1901
Vor der Show
Röntgens Entdeckung und Berthas Hand
Im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit zu stehen, ist nie das Ziel des Würzburger Professors gewesen. Die öffentlichen Huldigungen standen im krassen Gegensatz zu seinem Lebensstil. Nicht der eigene Bekanntheitsgrad in der breiten Öffentlichkeit zählte für ihn, sondern die fachliche Reputation und wissenschaftlicher Fortschritt an sich. Die kommerzielle Verwertung eigener Forschungsergebnisse stand weit im Hintergrund. Öffentlichkeit bedeutete für Röntgen wie für den deutschen Durchschnittsprofessor der damaligen Zeit: die Studentenschaft in den Vorlesungen, die Leser der einschlägigen wissenschaftlichen Zeitschriften und Besucher akademischer Konferenzen, auf denen man seinesgleichen regelmäßig zum Wissensaustausch traf. Innerhalb dieser akademischen Öffentlichkeit spielte sich Forschung und Lehre ab. Röntgens Weg zum Medienstar hatte jedoch eine eigene Geschichte, bei der nach damaligen Maßstäben die Normalität des akademischen Getriebes mächtig durcheinandergebracht wurde. Folgen wir den Spuren, die uns nach Würzburg in den 1890er Jahren führen, zum Arbeitsplatz von Röntgen. An der Würzburger Universität hatte Röntgen nach Stationen in Hohenheim, Straßburg und Gießen endlich eine seinen Vorstellungen entsprechende Arbeitsstätte gefunden. Er befasste sich intensiv mit Fragen, die auch viele andere Physiker beschäftigten.
Entdeckung hinter verschlossener Tür: Die Labortür des Würzburger Instituts, Aufnahme von Röntgen …
… und die geröntgte Labortür mit Bleifällungen
Mit diesem Versuchsaufbau entdeckte Röntgen 1895 die Strahlen: Funkeninduktor, Deprez-Unterbrecher mit Röhre und Vakuumpumpe, 1896
Ende des 19. Jahrhunderts fragten sie sich, inwieweit Gase elektrischen Strom leiten könnten. Eine Frage, die es experimentell zu untersuchen galt. Unterschiedliche Versuchsaufbauten kamen zur Anwendung. Viele – wie auch Röntgen – verwendeten einen Glaskolben, in den zwei Elektroden eingeschmolzen waren. Man füllte den Glaskolben mit einem Gas und legte an die beiden dort eingeschmolzenen Elektroden eine Spannung an. Oberhalb einer gewissen Spannung entlud sich ein Strom über die Elektroden durch das Gas. Mit dieser Versuchsanordnung konnte die Leitfähigkeit von verschiedenen Gasen bewiesen werden. Man nannte die verwendeten Glaskolben daher auch Gasentladungsröhren. Die Entladung erfolgte über einen Strahl aus Elektronen, der als Kathodenstrahl bezeichnet wurde. Gasentladungen sind meist mit faszinierenden Leuchterscheinungen verbunden. Heute finden sie u.a. Anwendung in Leuchtstoffröhren, Glimmlampen und Hochdrucklampen.
Auch Röntgen experimentierte mit Gasentladungsröhren. Seinem Freund und Kollegen Ludwig Zehnder teilte er 1894 mit, »dass ich die Kathodenstrahlen in Luft und in Wasserstoff […] gesehen habe, und von dem schönen Versuch ganz begeistert bin.« Röntgen experimentierte weiter. So auch im Herbst 1895, dem Jahr, das ihm den späteren Weltruhm einbrachte. Über die genauen Umstände in der Entdeckungsnacht vom 8. November 1895 herrscht bis heute Unklarheit. Fest steht: Röntgens Entdeckung war nicht das Ergebnis zielstrebiger Untersuchungen. »Ich dachte nicht, ich untersuchte« – nichts ist bezeichnender als dieser von Röntgen geäußerte Kommentar.
Aber was passierte in der Nacht der Entdeckung? Zur Rekonstruktion der Ereignisse ist detektivische Kleinarbeit notwendig. Wahrscheinlich ist, dass Röntgen beim Experimentieren mit Kathodenstrahlen zufällig das rätselhafte Leuchten eines mit einem lichtempfindlichen, fluoreszierenden Stoff (Bariumplatinzyanür) beschichteten Papiers sah. Es befand sich in einiger Entfernung von einer Gasentladungsröhre, mit der er gerade arbeitete. Selbst nachdem Röntgen die Röhre mit Karton abgeschirmt hatte, endete das fluoreszierende Leuchten nicht. Der Forscher erkannte, dass er hier auf etwas völlig Neues gestoßen war. Zunächst registrierte er die bloßen Phänomene: Anders als Lichtstrahlen durchdrangen die neuen Strahlen andere Körper und wurden nicht komplett absorbiert. Das lichtempfindliche Papier reagierte auf die Strahlen und war der Beweis für das Durchdringungsvermögens der Strahlen.
In den Tagen und Nächten nach seiner Entdeckung erforschte Röntgen penibel die Eigenschaften dieser Strahlen. Röntgen untersuchte sie sieben Wochen lang, Tag und Nacht. Er hinterfragte und prüfte seine Versuchsergebnisse so genau, wie es die damaligen Standards zuließen. Um sich ganz dieser Arbeit widmen zu können, ließ er sich Bett und Essen ins Labor bringen.
Er untersuchte sie so genau, dass seine Ergebnisse erst 17 Jahre später um weitere wesentliche Erkenntnisse ergänzt wurden. Zu den grundsätzlichen Feststellungen gehörte, dass die Strahlen nahezu alles durchdringen können – auch die Hand seiner Frau Bertha, nicht aber deren Knochen. Sie hinterließen auf einer fotoempfindlichen Platte einen Schatten. Bertha war die erste Versuchsperson ihres Mannes.
Berthas Hand: Aufnahme Röntgens von der Hand seiner Frau, angefertigt am 22. Dezember 1895. Berthas Hand ist eine der ersten Röntgenaufnahmen überhaupt
Röntgen beschrieb seine Forschungsergebnisse in der elfseitigen Veröffentlichung »Über eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mitteilung« vom 28. Dezember 1895. Darin notierte Röntgen bereits die wesentlichen Eigenschaften der neuen Strahlen. Dass sie den Eintritt in eine neue Zeit und Weltsicht sowie einen ersten Schritt zur Atomphysik signalisierten, war ihm jedoch selbst nicht klar.
Tasuta katkend on lõppenud.