Loe raamatut: «Handbuch Deutsche Kreditmarkt-Standards», lehekülg 7

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IX. Weitere aktuelle Verbraucherschutzgesetze
1. Gesetz für faire Verbraucherverträge

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Das Gesetz wurde am 25.6.2021 beschlossen und tritt am 1.1.2022 in Kraft.62 Das Gesetz für faire Verbraucherverträge sieht Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch vor, um Bürgerinnen und Bürger besser vor telefonisch aufgedrängten Verträgen, überlangen Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen zu schützen. Dabei geht es z.B. um Verträge mit Fitnessstudios, Online-Partnerbörsen, Gas- und Stromlieferanten oder Zeitungs-Abos. Verträge müssen nach Ablauf der Mindestlaufzeit monatlich kündbar sein. Eine stillschweigende Vertragsverlängerung ist künftig nur noch dann erlaubt, wenn sie auf unbestimmte Zeit erfolgt und eine Kündigung jederzeit mit Monatsfrist möglich ist. Die Kündigungsfrist, um eine automatische Verlängerung eines befristeten Vertrags zu verhindern, wird von derzeit drei Monaten auf einen Monat verkürzt. Verträge, die über eine Website abgeschlossen wurden, sind künftig auch online kündbar – über eine sogenannte Kündigungsschaltfläche, die leicht zugänglich und gut sichtbar auf der Internetseite des Vertragspartners platziert sein muss. Die neuen Kündigungsregeln mit Kündigungsbutton gelten allerdings erst zum 1.7.2022.

2. Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt (Legal-Tech-Gesetz)

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Das Gesetz wurde ebenfalls am 25.6.2021 beschlossen und tritt zum 1.10.2022 in Kraft.63 Mit dem Gesetz zum Legal Tech-Inkasso soll Anwältinnen und Anwälten das Erfolgshonorar vor allem dort erlaubt werden, wo sie auch Inkassodienstleistungen anbieten dürfen. Außerdem wird es für (pfändbare) Geldforderungen bis 2.000 Euro zugelassen. Das Verbot der Prozessfinanzierung wird allein beim außergerichtlichen Inkasso und im gerichtlichen Mahnverfahren der Verfahrensfinanzierung zulässig. Zugleich definierte der Gesetzgeber, was zukünftig noch als Inkasso gilt. So werden die Anforderungen an die Registrierung von Legal Tech-Unternehmen erhöht. Neue Informationspflichten für Legal Tech-Portale samt Regeln für Fremdgelder und Vergütungsvereinbarungen sollen zudem Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen.

62 BGBl. I 2021, 2123. 63 BGBl. I 2021, 3415.

X. Ausblick

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Auf europäischer Ebene ist der erste Entwurf einer überarbeiteten Verbraucherkreditrichtlinie der Europäischen Kommission zu erwähnen, der den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt wurde. Der Entwurf enthält eine starke Angleichung der Verbraucherkreditrichtlinie an die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (2014/17/EU), sodass hinsichtlich der verbraucherschützenden Anforderungen an den Vertrieb und die Kreditvergabe kein wesentlicher Unterschied zwischen den Richtlinien mehr zu erkennen sein wird. Darüber hinaus erweitert der Richtliniengeber den Anwendungsbereich, führt neue Wohlverhaltensregeln auch im Zusammenhang mit den Konsumentenratenkrediten ein und verschärft die Regeln für die Kreditwürdigkeitsprüfung. Des Weiteren hält die Europäische Kommission – entgegen aller Kritik – an dem Informationsmodell fest und fügt den vorvertraglichen Informationen eine einseitige neue Information über die wesentlichen Konditionen des angebotenen Kredits hinzu, die zusammen mit den bisherigen vorvertraglichen Informationen dem Kunden, rechtzeitig bevor der Verbraucher an seine Vertragserklärung gebunden ist, zur Verfügung gestellt werden muss.

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Darüber hinaus hat die Europäische Kommission mit der Evaluation der Fernabsatzrichtlinie für Finanzdienstleistungen begonnen und die Evaluation der Wohnimmobilienkreditrichtlinie angekündigt.

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Wie unter Randnummer 17 bereits ausgeführt, hat der EuGH am 9.9.2021 über die Vorabentscheidungsfragen des LG Ravensburg (Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20) verhandelt und entschieden. Dabei ist das Gericht der Stellungnahme des Generalanwalts weitgehend gefolgt und hat darüber hinaus weitere Fragen des LG Ravensburg behandelt, so die Fragen, welche Angaben zu den Kündigungen zu machen sind und wie detailliert die Beschreibung der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu sein hat. Hinsichtlich der Angaben zu den Kündigungsmöglichkeiten bestätigt der EuGH wohl die Auffassung des BGH (BGH v. 5.11.2019 – XI ZR 650/18, WM 2019, 2353 Rn. 26), dass nur das Kündigungsrecht nach Art. 13 der Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) Gegenstand der Pflichtangabe ist. Dagegen legt der EuGH Art. 10 Abs. 2 Buchstabe r Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) dahingehend aus, dass im Kreditvertrag die Methode für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung „in einer konkreten und für einen Durchschnittsverbraucher leicht nachvollziehbaren Weise“ anzugeben ist, die den Verbraucher in die Lage versetzt, die Höhe der von ihm zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung anhand der erteilten Informationen selbst zu bestimmen. Angesichts des in Deutschland geltenden Rechts, dass die Vorfälligkeitsentschädigung nach den von der Rechtsprechung entwickelten Methoden (Aktiv-Aktiv oder Aktiv-Passiv) zu berechnen ist, stellt diese Forderung eine Herausforderung für die Kreditpraxis, aber auch für die Gerichte dar, deren weitere Entwicklung noch nicht absehbar ist.

Kapitel 4 StaRUG als neue Sanierungsoption – ausgewählte Aspekte

Restrukturierungsplan und Sanierungsvergleich

I. Der Restrukturierungsplan als Herzstück des StaRUG

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Am 1. Januar 2021 ist das neue Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) in Kraft getreten. Mit dem StaRUG hat man einen „Werkzeugkasten“ für Unternehmen geschaffen, mittels dessen eigenständig Sanierungen angestoßen werden können und durch das Gericht nur subsidiär unterstützt werden.1 Dreh- und Angelpunkt des StaRUG ist der in den §§ 2ff. StaRUG normierte Restrukturierungsplan, für den es noch keinen „Standard“ gibt und auch keine abschließende Meinung zur erforderlichen Form und zum Umfang der einzureichenden Unterlagen.

1. Anforderungen an den Restrukturierungsplan

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Die allgemeinen Vorschriften zu den inhaltlichen Anforderungen des Restrukturierungsplans und zur Planabstimmung befinden sich in den §§ 2 bis 28 StaRUG und sind damit den Regelungen zu möglichen gerichtlichen Verfahrenshilfen vorgelagert. Im StaRUG nicht geregelt ist eine Kontrolle auf inhaltliche Richtigkeit der eingereichten Unterlagen. Aus dem Verweis in § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG – Versagung der Bestätigung – auf die Vorschriften des § 14 StaRUG zum Inhalt des Plans und darauf, dass im Rahmen der Bestätigungsprüfung auch die wirtschaftlichen Annahmen des Plans zu prüfen sind und somit auch die gem. § 14 StaRUG geforderten Erklärungen, wird nur auf eine Schlüssigkeitsprüfung abzustellen sein.2

a) Aufbau und Inhalt des Restrukturierungsplans

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Der Restrukturierungsplan gliedert sich gem. § 5 StaRUG in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil sowie in die nach den §§ 14 und 15 StaRUG erforderlichen Anlagen. In der Praxis wird das Unternehmen, das ein StaRUG-Verfahren anstrebt, sich bereits seit einem gewissen Zeitraum in Restrukturierungsverhandlungen befinden, sodass in der Regel bereits ein Sanierungskonzept (gem. IDW S 6/BGH-Rechtsprechung) vorliegen wird, das die Basis des Restrukturierungsplans bietet. Im Restrukturierungsplan ist zu plausibilisieren, inwieweit das Unternehmen während und nach dem Verfahren durchfinanziert ist und, ob das Unternehmen nachhaltig sanierungsfähig ist. Wie im Sanierungskonzept sollte eine integrierte Planung erstellt werden, die die Ertrags-, Bilanz- und Liquiditätsrechnung mit der Möglichkeit von Szenarien abbildet.3

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Der darstellende Teil des Restrukturierungsplans dient der Information der Planbetroffenen und des Restrukturierungsgerichts. Er muss alle für die Entscheidung der Planbetroffenen und für die Bestätigungsentscheidung des Gerichts erforderlichen Informationen enthalten. Die Planangaben gem. § 5 S. 2 StaRUG ergeben sich aus einer separaten Anlage zum StaRUG. Ferner sind die Erklärungen der §§ 14, 15 StaRUG beizufügen. Die Planung muss zeigen, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit beseitigt und die Bestandsfähigkeit des Schuldners wiederhergestellt werden. Es wird vertreten, dass die Bestandsfähigkeit sich dem Erfordernis einer Sanierungsfähigkeit mit dem Ziel der „Renditefähigkeit“ annähern sollte.4 Möglicherweise kann hier auf ein vorliegendes Sanierungskonzept Bezug genommen werden. Der Restrukturierungsplan beschreibt zunächst den Status quo im Sinne einer Bestandsaufnahme, zeigt anschließend das Restrukturierungsziel und zuletzt die zur Umsetzung des Restrukturierungsziels notwendigerweise zu ergreifenden Maßnahmen auf. Der darstellende Teil beschreibt und erläutert das Restrukturierungskonzept, das auf Grundlage des Plans verwirklicht werden soll. Insbesondere sollen die zu ergreifenden Maßnahmen, ihre Auswirkungen und die Folgen, die sich voraussichtlich einstellen, wenn der Plan nicht angenommen wird, dargestellt werden. Daneben müssen auch Maßnahmen, die nicht über die Gestaltungswirkungen des Plans herbeigeführt werden können, sondern auf anderem Wege umzusetzen sind, aufgezeigt werden. Hierunter fallen insbesondere Maßnahmen der personalwirtschaftlichen und operativen Restrukturierung, die sich nicht im Wege des Restrukturierungsverfahrens realisieren lassen.5

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Gem. § 6 Abs. 2 StaRUG muss der darstellende Teil zudem zwingend eine Vergleichsrechnung – „Best Interests“ – enthalten, die die Auswirkungen des Plans auf die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen aufzeigt. Nur auf Grundlage dieser Vergleichsrechnung lässt sich, im Falle einer Planbestätigung gegen den Willen einzelner Gläubiger, nachweisen, dass diese durch den Plan nicht schlechter gestellt werden als ohne Plan. Die Vergleichsrechnung stellt dem Ergebnis, das gemäß dem Plan zu erwarten ist (Bezugsgröße), das Ergebnis, das ohne Durchführung des Plans zu erwarten wäre (Vergleichsgröße), gegenüber.6 Sie basiert auf einer Prognose, die die wahrscheinlichste Alternative und das nächstbeste Szenario abbilden soll.7 Solange eine Fortführung des Unternehmens angestrebt wird, sind der Vergleichsrechnung gem. Absatz 2 Satz 2 stets Fortführungswerte zugrunde zu legen. Es wäre kaum zu rechtfertigen, dass in einem Verfahren, das explizit auf die Fortführung des Unternehmens gerichtet ist, überstimmte Gläubiger bzw. Gläubigergruppen auf den Liquidationswert verweisen.8 Bei einem Investorenszenario stellt sich die Frage, ob – wie im Insolvenzplanverfahren anerkannt – auf Dual-Track-Basis vorgegangen werden kann. Dies kann, unter Berücksichtigung der Nichtöffentlichkeit des StaRUG-Verfahrens, nicht zielführend sein. Nachdem mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts die Anforderungen an die Vergleichsrechnung gem. § 6 Abs. 2 StaRUG und § 220 Abs. 2 InsO n.F. konkretisiert wurden, nimmt die Diskussion zu, ob man durch eine Szenarien- Betrachtung inkl. darauf aufbauender Unternehmensbewertung den Wert eines Unternehmens ermitteln kann oder, ob sich der wahre Wert eines Unternehmens nur am Markt zeigt und deshalb ein Dual-Track-M&A-Prozess unausweichlich ist. Der Gesetzgeber stellt in der Gesetzesbegründung auf eine „fundierte Begründung“ ab, sodass anstelle eines Dual-Track-Verfahrens auf eine Unternehmensbewertung nach IDW S 8 – Fairness Opinion abzustellen ist.9 Liquidationswerte dürfen nur angenommen werden, wenn eine Fortführung aussichtslos oder ein Verkauf des Unternehmens nicht möglich ist. Dadurch werden Restrukturierungspläne, die die Planbetroffenen ohne eine gute Begründung vor eine „Alles oder Nichts“-Wahl stellen, in der Praxis nur schwer möglich sein.10 Grundsätzlich muss die Vergleichsrechnung alle denkbaren Szenarien, die einer Befriedigung der Planbetroffenen dienen würden, darstellen.11 Neben der Vergleichsrechnung müssen gem. § 6 Abs. 3 StaRUG auch die Verhältnisse von Tochterunternehmen, in deren Drittsicherheiten eingegriffen werden soll, im darstellenden Teil aufgezeigt werden.

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Während der darstellende Teil der Information der Planbetroffenen und des Gerichts dient, hat der gestaltende Teil die Rechtswirkungen des Restrukturierungsplans festzulegen.12 In ihm muss gem. § 7 StaRUG festgelegt werden, wie die Rechtsstellung der Planbetroffenen durch den Plan geändert werden soll (Absatz 1), in welcher Form Restrukturierungsforderungen, Absonderungsanwartschaften oder Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten gestaltet werden sollen (Absatz 2), wie vertragliche Nebenbestimmungen oder Vereinbarungen geändert werden sollen (Absatz 3) und ob in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen eingegriffen wird oder gesellschaftsrechtliche Maßnahmen durchgeführt werden (Absatz 4). Nach § 7 Abs. 4 S. 1 StaRUG besteht die Möglichkeit, Restrukturierungsforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte umzuwandeln, jedoch ist ein Debt to Equity-Swap gegen den Willen eines Gläubigers nicht möglich.13

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Im gestaltenden Teil können darüber hinaus Regelungen zur Finanzierung des Restrukturierungsvorhabens und der Besicherung der sog. neuen Finanzierung aufgenommen werden, die dadurch vor einer späteren Anfechtung geschützt werden (§ 12 StaRUG). Die Erforderlichkeit der neuen Finanzierung ist in diesem Fall zudem im darstellenden Teil des Plans zu begründen und zu erläutern (Nr. 8 der Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG). Der Begriff der neuen Finanzierung ist gem. Erwgr. 66 Restrukturierungs-RL weit auszulegen und schließt alle Darlehen oder sonstigen Kredite, die zur Finanzierung der Restrukturierung auf der Grundlage des Plans erforderlich sind, inkl. Waren, Vorräte, Rohstoffe oder Versorgungsdienstleistungen mit ein. Nicht von § 12 StaRUG erfasst werden hingegen reine Zwischenfinanzierungen, im Sinne von finanziellen Hilfen, die unverzüglich notwendig sind, um zumindest bis zum Abschluss der Verhandlungen um den Restrukturierungsplan eine Unternehmensfortführung bzw. den Erhalt des Unternehmenswertes zu ermöglichen. Solche Zwischenfinanzierungen werden bereits durch § 89 StaRUG anfechtungsrechtlich privilegiert und müssen nicht zwangsläufig in den Restrukturierungsplan aufgenommen und gerichtlich bestätigt werden. Gleiches gilt für Prolongationen und Stundungen bestehender Kreditverhältnisse. Auch diese sind während der Verhandlung des Restrukturierungsplans über § 89 StaRUG und zudem bei einer Laufzeit über die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache hinaus über § 2 Abs. 2 i.V.m. § 90 StaRUG geschützt.14

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Des Weiteren können gem. § 13 StaRUG auch Rechte an Gegenständen im Restrukturierungsplan begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben werden. Die erforderlichen Willenserklärungen der Beteiligten sind ebenfalls in den gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans aufzunehmen.

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Dem Restrukturierungsplan ist gem. § 14 StaRUG eine begründete Erklärung über die Sanierungseignung des Schuldners sowie eine integrierte Planungsrechnung beizufügen, aus der hervorgeht, dass dessen drohende Zahlungsunfähigkeit durch den Plan beseitigt wird und die Bestandsfähigkeit des Schuldners sicher- oder wiederhergestellt wird.

b) Gestaltung von Rechtsverhältnissen

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Regelungsgegenstand des Restrukturierungsplans können gem. § 2 StaRUG grundsätzlich alle Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften sein (Absatz 1). Hierunter fallen gem. § 3 Abs. 1 StaRUG auch Restrukturierungsforderungen, die bedingt oder noch nicht fällig sind. Es sind somit sämtliche Eingriffe in Forderungsrechte, wie Stundungen, Forderungsverzichte, Rangrücktritte etc., denkbar. Restrukturierungsforderungen aus gegenseitigen Verträgen sind nur dann gestaltbar, wenn der andere Teil die ihm obliegende Leistung erbracht hat.

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Darüber hinaus können auch vertragliche Nebenbestimmungen neugestaltet werden (Absatz 2), sofern diese auf einem mehrseitigen Rechtsverhältnis, sprich Sicherheitenpools oder konsortial-strukturierten Finanzierungen, beruhen. Damit können zukünftig Bedingungen in Inter-Creditor Agreements wie Covenants, Events of Defaults, Undertakings usw. neu definiert werden und damit kann auch in Fälligkeiten eingegriffen werden. Insofern eröffnet das Gesetz ein gewisses „Cherry Picking“ durch den Schuldner, „das infolge des ebenfalls ausgreifenden Cramdown nicht wirksam eingeengt werden können dürfte, da eine Schlechterstellung des betroffenen Finanzgläubigers durch Streichung von Kennzahlen im Plan schwierig zu bejahen sein dürfte.“15 Letztlich werden über die vorgenannten Mechanismen, die in der außergerichtlichen Sanierungspraxis üblichen „Amend and Extend-Lösungen“ einer gerichtlichen Lösungsmöglichkeit zugeführt.16

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Des Weiteren können auch Anteils- und Mitgliedschaftsrechte (Absatz 3) durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden. Den Anteilseignern steht in einer außergerichtlichen Sanierungsphase ein erhebliches Obstruktionspotenzial zu. Rein wirtschaftlich betrachtet sollten Anteilseigner, deren Beteiligung wertlos ist, nicht in der Lage sein, einen Sanierungsversuch – den die Gläubiger unterstützen – zu obstruieren. Es sollten vielmehr Eingriffe in das Beteiligungsrecht gegen deren Willen möglich sein, denn in diesen Fallgestaltungen sind die Fremdkapitalgeber die wirtschaftlichen Eigentümer des Unternehmens. In LBO-Restrukturierungen ist es bereits anerkannte Praxis, dass in Fällen, in denen die Gesellschafter „aus dem Geld sind“, die Finanzierer nur bereit sind, wirtschaftliche Zugeständnisse zum Zwecke der Sanierung zu machen, wenn die Anteilseigner einen Beitrag leisten oder ihre Anteile zur Verfügung stellen.

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Die logische Folge ist daher, dass Anteils- und Mitgliedschaftsrechte durch den Restrukturierungsplan gestaltbar sein müssen. Der Plan kann gesellschaftsrechtliche Beschlüsse wie beispielsweise Kapitalherabsetzungen und -erhöhungen oder den Ausschluss von Bezugsrechten ersetzen, sodass jede gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung möglich ist.

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Auch ein Eingriff in gruppeninterne Drittsicherheiten ist gem. § 2 Abs. 4 StaRUG möglich. Damit sind Up-, Down- oder Cross-stream Sicherheiten erfasst. Da Finanzverbindlichkeiten in der Praxis regelmäßig durch Garantien und Sicherheiten aller wesentlichen Gruppengesellschaften gesichert werden, müssen die Sicherheiten stellenden Gesellschaften in den Restrukturierungsplan einbezogen werden können.

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Forderungen von Arbeitnehmern, einschließlich der Forderungen aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung, sowie Forderungen aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen und Geldstrafen können gem. § 4 StaRUG hingegen nicht in den Restrukturierungsplan einbezogen werden.

c) Planbetroffene und Gruppenbildung

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Unter dem Begriff Planbetroffene werden per Legaldefinition in § 7 Abs. 1 StaRUG alle Inhaber von Restrukturierungsforderungen, Absonderungsanwartschaften, gruppeninternen Drittsicherheiten sowie Mitglieds- und Anteilsrechten, die von den Regelungen des gestaltenden Teils des Restrukturierungsplans betroffenen sind, zusammengefasst. Bei der Auswahl der Planbetroffenen steht dem Schuldner ein Ermessensspielraum zu. Die Auswahl muss jedoch gem. § 8 Abs. 1 StaRUG nach sachgerechten Kriterien erfolgen und steht nicht im freien Ermessen des Schuldners. Die Kriterien zur Abgrenzung der einbezogenen und nicht einbezogenen Gläubiger müssen im Plan erläutert und begründet werden. Absatz 2 konkretisiert, wann die Auswahl der Planbetroffenen als angemessen gewertet werden kann. Demnach liegt eine angemessene Auswahl in jedem Fall immer dann vor, wenn die nicht einbezogenen Gläubiger auch in einem Insolvenzverfahren volle Befriedigung erwarten dürften und, wenn außer den von Gesetzes wegen nicht einbeziehungsfähigen Gläubigern, alle Gläubiger in den Plan einbezogen wurden. Eine weitere Auswahl der Gläubiger ist sachgerecht, wenn sie zur Bewältigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten angemessen erscheint. Hierunter fallen insbesondere Restrukturierungspläne, die sich nur auf die Gestaltung von Finanzverbindlichkeiten beschränken und Restrukturierungspläne, die Verbraucher, Klein- und Kleinstunternehmen oder mittlere Unternehmen von den Planwirkungen ausnehmen, da von solchen Gläubigern oftmals ohnehin keine nennenswerten Sanierungsbeiträge erwartet werden können.17

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In der Praxis kommt der Auswahl der Gläubiger, die in den Restrukturierungsplan einbezogen werden sollen, eine wichtige strategische Bedeutung zu, da diese unmittelbare Auswirkung darauf hat, welche Gläubiger in das Sanierungsgeschehen des Unternehmens eingreifen können. In den meisten Fällen werden sich die Eingriffe des Restrukturierungsplans vermutlich auf die Rechte von Finanzgläubigern (Banken und alternative Finanzierungspartner) fokussieren, um das Planziel mittels Verschiebung von Fälligkeiten oder einem Haircut zu erreichen. Aber der StaRUG-Fall des AG Hamburg diente der Lösung eines Gesellschafterstreites.18

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Eingriffe in Rechte von Geschäftspartnern und Gläubiger, die für den operativen Geschäftsbetrieb von Bedeutung sind, sind weitestgehend außen vor zu lassen. Ein Verstoß gegen die Regelungen zur sachgerechten Auswahl der Planbetroffenen führt trotz der großen, praktischen Bedeutung nicht zu einer Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG und ist zudem nicht rechtsmittelfähig. In Betracht käme in einem solchen Fall lediglich eine Anordnung der Mängelbeseitigung gem. § 51 Abs. 1 S. 3 StaRUG.19

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Zur Abstimmung über den Restrukturierungsplan sind die Planbetroffenen gem. § 9 StaRUG in Gruppen einzuteilen. Unterschieden werden grundsätzlich Gläubiger mit Sicherungsrechten (Nr. 1), unbesicherte Gläubiger (Nr. 2), Gläubiger mit Forderungen, die in einem Insolvenzverfahren nachrangig wären (Nr. 3) und Anteils- und Mitgliedschaftsinhaber (Nr. 4). Des Weiteren ist auch im Restrukturierungsplan die Bildung von Untergruppen möglich, die jedoch sachgerecht voneinander abgrenzt werden müssen. Dabei sind insbesondere unterschiedliche wirtschaftliche Interessen maßgeblich. Planbetroffene innerhalb derselben Gruppe sind im Restrukturierungsplan gem. § 10 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich gleich zu behandeln, es sei denn ein Planbetroffener erklärt sich mit einer ungünstigeren Behandlung einverstanden. Die entsprechende Zustimmungserklärung ist dem Restrukturierungsplan beizufügen.

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