Loe raamatut: «Historische Translationskulturen», lehekülg 34

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Das Berufsbild von TranslatorInnen im türkischsprachigen Raum:

Translationskulturelle Aspekte

Sevil Çelik Tsonev

1 Einleitung

In diesem Artikel werden translationskulturelle Aspekte im Kontext translationsgeschichtlicher Entwicklungen untersucht. Nach Anthony Pym (1998) kann es mehrere Gründe geben, sich heute mit der geschichtlichen Entwicklung von Translation zu befassen. So biete die Auseinandersetzung mit „translation history“ etwa Zugang zu Informationen und Ideen, die für die Entwicklung einer Zukunftspolitik der Translation nützlich und entscheidend sein könnten (vgl. Pym 1998: 16f.). Auch Tahir-Gürçağlar (2005: 31) erklärt, dass die Gründe ihres Interesses an der Translationsgeschichte in der heutigen Zeit verankert seien: Ihr Ziel ist, durch den Blick in die Vergangenheit die heutige Lage der Translation zu verändern (ibid.).

Insbesondere in Bezug auf die Entwicklung des Berufsbilds von TranslatorInnen im türkischsprachigen Kulturraum kann die Auseinandersetzung mit dessen Geschichte wertvolle Aufschlüsse liefern. Tatsächlich waren bereits vor der Gründung des Osmanischen Reichs im 13. Jahrhundert in dem entsprechenden geografischen Gebiet unterschiedliche Sprachvermittler bzw. Dolmetscher und Übersetzer tätig, die zu jener Zeit als „tercüman“1 (vom arabischen Wort „tarjaman“, seinerseits abgeleitet vom aramäischen Terminus „targmana“) bezeichnet wurden (vgl. Paker 2009). Mit der Gründung des Osmanischen Staates bekamen diese Übersetzer und Dolmetscher Schutz seitens des Staates2; sie wurden gezielt in den staatlichen Institutionen als Vermittler angestellt und später zum Teil vom Sultan mit wichtigen Aufgaben betraut (vgl. Paker 2009; Eruz 2010). Die Entwicklung des Berufsbilds von Übersetzern und Dolmetschern verlief dabei parallel zu jener der Staatsform des Osmanischen Reichs bis hin zur Gründung der Republik.

Ziel dieser Arbeit ist es daher, anhand der einschlägigen Literatur einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, um ein besseres Verständnis des aktuellen Berufsbilds von TranslatorInnen in der Türkei vor seinem historischen Hintergrund zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, inwieweit die Gründe für die heutigen Erwartungen an die Weiterentwicklung des Berufsbilds in der Geschichte des Osmanischen Reichs zu finden sind. Um sich dieser Frage zu nähern, soll in diesem Artikel ein geschichtlicher Überblick über die Stellung und die (Nicht-)Sichtbarkeit von TranslatorInnen im Laufe der (osmanisch-)türkischen Kulturgeschichte gegeben und anhand wichtiger Ereignisse ein entsprechendes Entwicklungsbild skizziert werden. Dabei lassen sich unterschiedliche Stadien insbesondere der Institutionalisierung von Translation beobachten. Diese Stadien stellen auch die Grundlage der Entstehung der Translationskultur dar; daher ist hier zu betonen, dass Institutionalisierung generell als ein wichtiges Element bei der Herausbildung einer Translationskultur ist.

In Bezug auf die türkische Translationskultur ist es dabei eventuell sinnvoller, von mehreren Translationskulturen zu sprechen, die auch als historische Etappen auf dem Weg zur heutigen Translationskultur bezeichnet werden können und vom jeweiligen geografischen Kontext abhängig waren. Die Entwicklung des Berufsbilds steht dabei in der türkischen Kulturgeschichte in enger Berührung mit jener der Translationskulturen und kann als Teil derselben verstanden und beschrieben werden. So nennt Prunč im Zusammenhang mit dem Begriff Translationskultur unter anderem die „Differenzierung zwischen Übersetzen und Dolmetschen“ und die „Gestaltung relevanter Berufsbilder“ als Elemente derselben (2008: 20). Darüber hinaus weist er darauf hin, dass „sich einerseits innerhalb desselben Sprachraumes unterschiedliche Translationskulturen herausbilden und andererseits Translationskulturen über den jeweiligen Sprachraum hinausreichen können“ (ibid.: 25).

Im Zusammenhang mit dem Begriff Translationskulturen ist darüber hinaus die enge Beziehung zwischen Sprache und Kultur zu betonen. Durch die Sprache werden kulturelle und historische Gegebenheiten beschrieben, die ihrerseits wiederum die Entwicklung der Sprache beeinflussen. So wurde etwa bei der Gründung des neuen türkischen Staates Anfang des 20. Jahrhunderts ein neues Alphabet eingeführt (1928) und das ehemalige, dem Türkischen in seiner phonetischen Struktur schwer anzupassende arabische Alphabet abgeschafft (vgl. Eruz 2010: 157ff.). Fasst man den Begriff Translation im weiten Sinne, kann auch dieser Wechsel des Alphabets als eine Art Transfer bezeichnet werden. Diese anfängliche Parallelexistenz unterschiedlicher Schriftkulturen kann als weiterer Hinweis auf die Parallelexistenz mehrerer Translationskulturen interpretiert werden.

Der Wechsel zu dem neuen Paradigma war dabei nicht unumstritten und erfolgte nicht ohne Widerstand. Mustafa Kemal Atatürk und seine Anhänger setzten ihn auf radikale Weise um, weshalb die Reform in türkischsprachigen Texten häufig auch als „Sprachrevolution“ (dil devrimi) bezeichnet wird. Wie jede Revolution hatte auch diese ihre Befürworter und Gegner. Nach Meriç stellte sie etwa einen Bruch mit der religiösen Tradition und der osmanischen Kultur dar (vgl. Meriç 1992: 301f.; Meriç 2004: 86) und auch Doğan kritisiert die Revolution der Schriftkultur als kulturellen Bruch (Doğan 2014). Heute werden die Reformen des Gründers Atatürk von den Enkeln der damaligen oppositionellen Gesellschaftsschicht verstärkt diskutiert. Ein Beispiel für diese Entwicklung sind etwa die neuen Vorgaben des Bildungsministeriums in den Schulen, mit denen das Osmanisch-Türkische 2016 ab der 10. Klasse als Wahl- bzw. Pflichtfach wiedereingeführt wurde (Ülkar 2017).

Dieser neuerliche Druck des herrschenden Systems auf etablierte Translationskulturen bringt in gewissem Sinn auch erneut eine Parallelexistenz unterschiedlicher Kulturen mit sich. Gleichzeitig dokumentiert auch der Wandel des Berufsbilds im Laufe der (osmanisch)-türkischen Kulturgeschichte einen Wandel der Translationskultur. Im folgenden Abschnitt werden daher die unterschiedlichen Berufsbilder in ihrem jeweiligen historischen Kontext beschrieben. Im Anschluss daran erfolgt eine umfassende Darstellung der schrittweisen Institutionalisierung von Translation im türkischsprachigen Kulturraum.

2 Das Berufsbild als ein Teil der Translationskultur(en)

Im Laufe der osmanisch-türkischen Kulturgeschichte vom 13. bis ins 20. Jahrhundert hat sich das Berufsbild von Translatoren immer wieder gewandelt. Diese Änderungen standen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Loyalität der Translatoren zum Staat (vgl. Eruz 2016: 33ff.). Sie konnten das Fehlen dieser Loyalität bei der Ausübung ihrer Dolmetschdienste mit ihrem Leben bezahlen. Die Loyalität der Sprachknaben galt nicht dem Osmanischen Staat, sondern den einzelnen Ländern. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass in die Gründung der Republik Türkei auch nicht-staatliche Übersetzer involviert waren (vgl. Tahir Gürçağlar 2008: 142ff.). Nach Tahir Gürçağlar ist der Markt für übersetzte Bücher auf der einen Seite vom Staat geschaffen und organisiert worden, auf der anderen Seite spielten hier aber auch nicht-staatliche Übersetzer eine große Rolle.

Die diplomatischen Beziehungen und der Handelsverkehr zwischen den einzelnen Staaten, wie die Republik Venedig, das Habsburgerreich und Frankreich, die mit dem Osmanischen Reich in Handelskontakt standen, hatten entscheidenden Einfluss auf die Beurteilung der jeweiligen Translationsleistungen als „wertvoll“ oder auch „wertlos“. Zum Teil erhielten Translatoren innerhalb der Staatsorganisation sehr wichtige Posten, wie etwa den des Dolmetschers des Kadı (des höchsten Richters) oder eines Botschafters, und in einigen Fällen wurden sie sogar selbst als Botschafter der Moldau oder Walachei bestellt. Dennoch schützte sie ihre hohe Position nicht vor einer möglichen Hinrichtung, wenn ihre Loyalität zu den Herrschern als mangelhaft beurteilt wurde. Es gab aber auch Beispiele für Fälle, in denen die Dolmetscher für ihre Loyalität und Leistungen entsprechende Anerkennung erfuhren. So konnte der Dolmetscher etwa auch dann seinen Dienst weiterführen, wenn der Pascha, unter dem er angestellt war, auf Befehl des Sultans hingerichtet wurde (vgl. Kreutel 1955; Eruz 2010: 68). In vielen Fällen waren infolge der Mehrsprachigkeit der Familie letztlich mehrere Generationen als Dolmetscher tätig. Die „Fähigkeit“ zum Dolmetschen wurde praktisch auf die Kinder und Enkeln „übertragen“ (vgl. Eruz 2011: 291; Bilim 2015: 38, Fußnote 42).

Wie im Folgenden gezeigt wird, blieb das Berufsbild der Translatoren auch innerhalb der (osmanisch)-türkischen Kulturgeschichte sehr wandelbar. Diese Dynamik war wesentlich von der wechselnden Sichtbarkeit und Nicht-Sichtbarkeit der Translatoren im Rahmen ihrer Translationsleistungen geprägt. Im nächsten Abschnitt soll näher auf die entsprechenden Entwicklungen im Osmanischen Reich eingegangen werden.

2.1 Translatoren im Osmanischen Reich

Das über 600 Jahre bestehende Osmanische Reich war ein mehrsprachiger Kulturraum, in dem über 30 verschiedene Sprachen und zahlreiche Dialekte gesprochen wurden. Neben dem Osmanisch-Türkischen (das sich aus einer Kombination des Arabischen, Persischen und Türkischen entwickelt hatte) sind hier auch viele andere Sprachen zu nennen. Lewis (2008: 30) beschreibt dabei die Position des Italienischen bis zum 19. Jahrhundert als die einer Lingua franca, da Vertragstexte zuerst über das Italienische in die anderen Sprachen übersetzt wurden, insbesondere auch ins Osmanisch-Türkische, das eine zentrale Rolle als offizielle Sprache des Staates innerhalb des Osmanischen Reichs spielte. Diese Vielfalt der Sprachen spiegelte zugleich das Kulturenmosaik innerhalb des Osmanischen Reichs wider. Auch die Mehrheit der Sultane war in einem polyglotten Familienkreis aufgewachsen. Die Literatur- und Wissenschaftssprache des Seldschukischen Reichs (1037–1194) und später auch des Sultanats der Rum-Seldschuken (1075–1308) war Persisch; Osmanisch-Türkisch hingegen war die Sprache der Dynastie und des Heeres (vgl. Köymen 1957). Im Osmanischen Reich, in der Zeit ab Sultan (Fatih) Mehmet II (15. Jahrhundert) bis Beyazid II (16. Jahrhundert), wurde später ein Großteil der literarischen und wissenschaftlichen Klassiker der islamischen Welt aus dem Persischen ins Osmanisch-Türkische übersetzt (vgl. Ülken 1997: 184). Im 15. Jahrhundert erstreckte sich das Osmanische Reich auf drei Kontinente, umfasste die wichtigsten Hafenstädte in (Klein-)Asien sowie Afrika und verkehrte mit zahlreichen Staaten der damaligen Zeit. In Folge entstanden innerhalb des Osmanischen Reichs, je nach Bedarf an Translationsleistungen, auch neue staatsinterne und -externe Einrichtungen, in denen Translatoren beschäftigt wurden. Diese gehörten meist der intellektuellen Elite des Osmanischen Reichs an.

2.1.1 Typologie der Translatoren nach Translationsleistungen

Eruz (2010: 64) beschreibt in diesem Zusammenhang fünf verschiedene Typen. Als erste nennt sie jene Gruppe von Translatoren, die bis zum 18./19. Jahrhundert als Dolmetscher tätig waren und vorwiegend aus griechischen, armenischen und jüdischen Familien stammten. So etwa die griechischen Phanarioten, die in Istanbul lebten und später in Moldau und in der Walachei als Fürsten des Osmanischen Reichs regierten. Auch der Oberdolmetscher, Baştercüman der Regierung des Osmanischen Reichs, der Bâb-ı Âli (Hohe Pforte), Yahya Naci Efendi1, war von phanariotischer Herkunft und gründete 1821 die Dolmetsch-Kammer (Tercüme Odası2). Eine zweite Gruppe bilden jene Dolmetscher, die zum Islam konvertierten und von denen einige später als Botschafter des Osmanischen Staates dienten. Die dritte Gruppe umfasst die versklavten und später frei gelassenen, zum Islam konvertierten Dolmetscher, wie Ibrahim Müteferrika (1674–1745) und Ali Ufki Bey (1610–1675)3. In der vierten Gruppe finden wir jene Dolmetscher, die von den mit dem Osmanischen Reich in Handelsverkehr stehenden westlichen Staaten ausgebildet worden waren. Insbesondere die Italiener, Habsburger, Franzosen4 und Niederländer gründeten in Europa neue Institutionen, um ihre eigenen Dolmetscher auszubilden (vgl. Eruz 2010; Wolf 2012: 181ff.; Diriker 2015). So entstanden in Europa die einzelnen Schuleinrichtungen für die Sprachknaben. Ein Großteil dieser Sprachknaben wirkte auch bei den Gründungen der Orientalischen Akademien in den verschiedenen Ländern Europas mit (Hitzel 1995: 9; Pöchhacker 2007: 18; Wolf 2012: 179ff.). Ein Beispiel dafür ist etwa der ehemalige Sprachknabe und spätere Hofdolmetscher sowie einer der wichtigsten Orientalisten, Joseph von Hammer-Purgstall, der in der Habsburger Monarchie bei der Gründung der Österreichischen Orientalischen Akademie im Jahre 1847 mitwirkte. Er wurde der erste Präsident der Akademie, der er bis 1849 vorstand. Als fünfte Gruppe werden schließlich die im 19. Jahrhundert seitens des Osmanischen Reichs ausgebildeten Dolmetscher genannt. Diese waren in der im Jahr 1821/22 gegründeten Dolmetsch-Kammer tätig, aus denen auch bedeutende Wissenschaftler ihrer Zeit hervorgingen, wie etwa Ahmet Vefik Pascha5.

2.1.2 Kompetenzen und Positionen der Dolmetscher nach einzelnen Funktionsbereichen

Auch in den Hafenstädten, an den Grenzen und beim Zoll wurden Dolmetscher beschäftigt. Parallel zur Entwicklung der innerstaatlichen Organisationsstrukturen des Osmanischen Reichs verbesserte sich im Laufe der Jahre so auch die Position der Dolmetscher, deren Beruf ab dem 16. Jahrhundert immer stärker institutionalisiert wurde und immer mehr Privilegien mit sich brachte. Mehmet II. (1432–1481) legte die Kompetenzen und die jeweilige Position der Dolmetscher in den einzelnen Einrichtungen fest (Paker 2009: 550). Kayaoğlu (1998: 22) und Paker (2009) nennen in diesem Zusammenhang vier Funktionsbereiche.

Als erste Gruppe werden die Divan-ı Humayun Tercümanları, die Dolmetscher in der Staatsverwaltung und -regierung, genannt. Die Translationsleistung dieser Dolmetscher bestand nicht nur im Übersetzen von Dokumenten, sie spielten auch eine wichtige Rolle in der Abwicklung und Gestaltung der diplomatischen Kommunikation und der internationalen Beziehungen des Osmanischen Reichs. Es handelte sich damit um eine in kulturellen und politischen Kreisen privilegierte Gruppe (vgl. Aydın 2007: 42). Aydın klassifiziert die Dolmetscher nach ihren Glaubensrichtungen und Nationalitäten in nicht-muslimische Dolmetscher, konvertierte Dolmetscher, Dolmetscher phanariotischer Herkunft und ausgebildete muslimische Dolmetscher der Dolmetsch-Kammer (vgl. ibid.: 41). Die zweite Gruppe bildeten die Eyalet Tercümanları, die Dolmetscher in den Regionsverwaltungen; diese Dolmetscher unterstützten die Staatsdolmetscher. Sie übersetzten die Korrespondenz zwischen dem Staat und der nicht türkischsprachigen einheimischen Bevölkerung. Sie erledigten alle möglichen Arten von Translationsarbeiten, die in den Beziehungen zwischen den Einwohnern und der regionalen Verwaltung anfielen. Sie waren unter anderem bei den Konsulaten in den Hafenstädten wie Thessaloniki und Izmir und auch in der heute syrischen Stadt Aleppo beschäftigt (Balcı 2006; Philliou 2001; 2009). Als dritte Gruppe werden die Askeri ve Eğitim Müesseselerinde Kullanılan Tercümanlar, die Dolmetscher in den Militär- und Bildungsinstituten (18. Jahrhundert) beschrieben. Aufgabe der an den Schulen für Militärtechnik und Schiffbautechnik tätigen Dolmetscher war es, ausländische Lehrkräfte ohne Türkischkenntnisse bei der Wissensvermittlung zu unterstützen. Die Dolmetscher der Marine waren außerdem zusätzlich für die Einhebung der Steuern der nicht-muslimischen Inseln im Mittelmeer und im Ägäischen Meer zuständig (vgl. Paker 2009: 551). Diese Kompetenz wurde durch den Tanzimat (die Reformen zur Modernisierung des Osmanischen Reichs) im Jahr 1839 jedoch später beschränkt. Als vierte und letzte Gruppe werden die Yabancı Elçilik ve Konsolosluk Tercümanları, die Dolmetscher bei ausländischen Botschaften und Konsulaten genannt. Diese Dolmetscher wurden im 18. Jahrhundert anfänglich aus dem Kreise der nicht-muslimischen Gesellschaft gewählt. Paker (2009: 551) beschreibt das Bild der Dolmetscher zur Zeit des Mahmut II. wie folgt: „At the time of Mahmut II (1785–1839) there were 218 consular dragomans, twenty four with special warrants, most of whom were Greeks and some wealthy enough to purchase the position“. Später bildeten viele Länder ihre eigenen Dolmetscher direkt in den Einrichtungen ihrer Botschaften aus. Die Institutionen der Franzosen, Niederländer und Venezianer sowie die Habsburgische Botschaft in Istanbul verfügten damit über ihre eigenen Dolmetscher, um mit dem Osmanischen Reich und seiner Handelselite zu verkehren (vgl. de Groot 2007; Rothman 2009; 2012).

Die Kommunikation im Rahmen dieser internationalen Beziehungen erfolgte somit über eigene Dolmetscher. Paker (2009: 551) beschreibt die gesellschaftliche Stellung dieser Dolmetscher mit ausführlichen Beispielen, an denen sich die privilegierte Position der Dolmetscher zur damaligen Zeit erkennen lässt. Auch später noch waren Dolmetscher unter anderem an ihrer Kleidung zu erkennen, sogar ihre genaue hierarchische Position ließ sich daran ablesen (siehe dazu noch Ortaylı 1997; Marics 2016). Eruz (2011) hält in diesem Zusammenhang fest, dass die Hohe Pforte eine kleine Gruppe von Dolmetschern und Übersetzern beschäftigte und dass alle „hochangesehene Persönlichkeiten“ waren. „Bis zu den Aufständen in Griechenland 1821 dienten diese polyglotten Übersetzer und Dolmetscher, die später von den Sultanen zu Prinzen der Wallachei [sic] ernannt wurden, als Übersetzer und Dolmetscher“ (Eruz 2011: 290).

2.1.3 Implementierung der Dolmetschinstitutionen im Osmanischen Reich

Ab dem 19. Jahrhundert begann der Osmanische Staat in einer privilegierten Einrichtung, der Bâb-ı Âli Tercüme Odası, der Dolmetsch-Kammer der Hohen Pforte (1821), seine eigenen Dolmetscher auszubilden. Um die Sprach- und Kulturausbildung zu beschleunigen und zu intensivieren, wurden diese nach Zentraleuropa und Frankreich geschickt (vgl. Eruz 2011: 290).

Das Jahr 1833 markierte hier einen Wendepunkt, denn bis dahin hatte die Dolmetsch-Kammer ausschließlich fremdsprachliche Kompetenzen vermittelt (vgl. Bilim 2015: 35). Im Jahr 1871 wurde die Dolmetsch-Kammer schließlich in eine Einrichtung des Auswärtigen Amts des Osmanischen Staates umgewandelt und blieb als solche bis zum Untergang des Reichs bestehen (vgl. ibid.: 42). Bereits im Jahr 1823 hatte die Dolmetsch-Kammer begonnen, Türken und Nicht-Muslime als Staatsdolmetscher auszubilden. Ähnliche Einrichtungen wurden in Folge auch in den anderen Regierungsinstitutionen im Osmanischen Reich eingerichtet. Paker (2009: 552) beschreibt die wichtige Funktion der Dolmetsch-Kammer im Kontext des Tanzimat1. So gingen aus dieser Dolmetsch-Kammer auch wichtige Intellektuelle und Vorreiter der türkischen Kulturgeschichte wie etwa Namık Kemal2 hervor. Im Zuge der Neuorganisation des Staates, d.h. der allgemeinen Verwestlichung, die im Jahre 1839 begann und 1876 endete, wurde 1851 außerdem die Encümen-i Daniş (Wissenschaftliche Akademie) gegründet, die vermutlich bis 1862 als höchste Instanz wirkte (vgl. Kayaoğlu 1996: 17–55; Demez 2007). Diese Einrichtung förderte im Rahmen der Bildungsreformen die Übersetzung von zahlreichen wissenschaftlichen und literarischen Werken, Rechtstexten und Texten aus dem Bereich des Handels (für die verschiedenen Arbeitsbereiche siehe Kurultay 1998: 20). Auch Hammer-Purgstall war Mitglied der „Wissenschaftlichen Akademie“ (vgl. Kayaoğlu 1996: 32ff.; Eruz 2010: 90).

Eine weitere neue Einrichtung war die „Gesellschaft der Wissenschaften des Osmanischen Staates“, die Cemiyet-i Ilmiye-i Osmaniye (1861–1867). Deren Ziel war es, die Lücken der Encümen-i Daniş im Bereich der Naturwissenschaften abzudecken. Diese Institution wurde von Münif Pascha geleitet (vgl. Yazıcı 2005: 54ff.; Paker 2009: 556; Eruz 2010: 120). Parallel zur „Gesellschaft der Wissenschaften des Osmanischen Staates“ wurde im Jahr 1865 unter der Dachorganisation des damaligen Bildungsministeriums, des Maarif Nezareti, eine Gesellschaft für Leistungen im Zusammenhang mit Urheberrechten, Originalwerken und Übersetzungen, die Telif ve Tercüme Cemiyeti gegründet. Auch diese Einrichtung stand unter der Leitung von Münif Pascha. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, Originalwerke und Übersetzungen für das allgemeine Lesepublikum zu publizieren, nachdem sich die „Wissenschaftliche Akademie“ ausschließlich auf Veröffentlichungen von und für Intellektuelle und Wissenschaftler konzentriert hatte (vgl. Yazıcı 2005: 56). Doch auch die Telif ve Tercüme Cemiyeti hatte nicht lange Bestand und wurde wenig später in eine andere Einrichtung umgewandelt. Kurz darauf, im Jahr 1870, wurde im Ministerium unter der Leitung von Ahmet Midhat das sogenannte „Wissenschaftliche Amt“, Daireyi İlmiye, gegründet. Dessen Ziel war es, akademische Beziehungen zu den Universitäten in Europa herzustellen. Für eine Anstellung in dieser Einrichtung waren Kenntnisse im Lateinischen und Griechischen erforderlich. Eine weitere Aufgabe des Amts bestand in der Ausarbeitung einer umfassenden Ordnung zur Regelung der Urheberrechte und Übersetzungsleistungen. Damit wurden hier zugleich die Grundlagen für das spätere Urheberrechts- und Verlagswesen gelegt (vgl. Kayaoğlu 1998: 135ff.).

Die für Urheberrecht und Übersetzung zuständige Behörde Telif ve Tercüme Dairesi wurde 1914 im Rahmen der Umstrukturierung der internen Behörden des Bildungsministeriums gegründet. Ihre Aufgabe war die Förderung, Koordination, Auswahl und Veröffentlichung von Übersetzungen für die Gesellschaft und die Schulen. Hier konzentrierte man sich vor allem auf die Themenbereiche Landwirtschaft, Veterinärwesen, Rechtswesen und Wirtschaft, die bis dahin inhaltlich und wissenschaftlich vernachlässigt worden waren (vgl. Kayaoğlu 1996: 85; Yazıcı 2005: 56). Außerdem befasste sich die Behörde explizit auch mit Übersetzungen für Frauen und Kinder (vgl. Yazıcı 2005: 57). Dies war die letzte translatorische Einrichtung, die während der Zeit des Osmanischen Reichs tätig war; sie wurde 1919 aufgelöst (vgl. Kayaoğlu 1996: 96f.).

Im Zuge der bereits diskutierten allgemeinen Verwestlichung des Osmanischen Reichs entwickelte sich schließlich eine eigenständige osmanisch-türkische Translationskultur. Diese führte in Folge, durch Übersetzungen westlicher Literatur der europäischen Aufklärungsepoche, auch zu einer westlich orientierten türkischen „Aufklärung“. Deren Ideen beeinflussten gleichsam die Haltung der Gründer der neuen Republik Türkei, die daraufhin westlich orientierte Reformen durchführten. Auch Atatürk selbst beherrschte mehrere Sprachen. Neben Persisch und Arabisch, den Sprachen des damaligen Bildungssystems, sprach er zudem Französisch, Englisch, Russisch, Deutsch sowie Bulgarisch und fertigte in einigen dieser Sprachen auch Übersetzungen militärischer Texte an (vgl. Coşar 1973). Die erkennbar westlich orientierte Translationskultur hatte damit großen Einfluss auf die türkische Staatsbildung. Translatoren kam in diesem Zusammenhang eine „sichtbare“ Rolle zu. Tatsächlich waren viele von ihnen wichtige Persönlichkeiten ihrer Zeit und ermöglichten durch ihre Übersetzungen einen aktiven Wissenstransfer.