Loe raamatut: «Vegane Ernährung», lehekülg 8

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2.4.1 Nährstoffe

Energie: Im ersten Lebensjahr ist der Energiebedarf hoch. Der Säugling kann dabei in der Regel intuitiv selbst die Menge der notwendigen Nahrungsaufnahme und somit der benötigten Energie steuern. Bei Bedarf kann die Beikost mit Pflanzenfetten, Avocado, Nussmusen und Pflanzenölen (Rapsöl, Leinöl, Walnussöl) angereichert werden, um die benötigte Energiezufuhr zu sichern (VAN WINCKEL et al. 2011).

Kohlenhydrate: Im ersten Lebensjahr sind verträgliche Obst-, Gemüse- und Getreideprodukte mit geringem bis moderatem Ballaststoffgehalt für den [83] Übergang zur Familienkost zu empfehlen. Zum einen sind Verdauungstrakt und Darmflora des Säuglings noch nicht imstande, komplexe Kohlenhydrate und Ballaststoffe zu verarbeiten. Zum anderen kann der Energiegehalt der Beikost durch einen verminderten Ballaststoffgehalt optimiert werden.

Fett: Eine gute Versorgung mit der ω-3-Fettsäure DHA kann zur Entwicklung der Sehschärfe und der Gehirnfunktion des Säuglings beitragen (ADA 2009a). Die Muttermilch vegan ernährter Frauen enthält mehr als doppelt so viel der essenziellen Fettsäuren Linol (LA)- und α-Linolensäure (ALA) wie die Muttermilch von Mischköstlerinnen. Dagegen enthält sie weniger als die Hälfte der semi-essenziellen DHA (DAVIS und KRIS-ETHERTON 2003). Eine Supplementation des Säuglings mit ALA erzielt keine Verbesserung des DHA-Status, da die körpereigene Synthese in diesem Alter noch unzureichend ist. Hier bietet sich z. B. DHA-reiches Mikroalgenöl, angereicherte Muttermilchersatznahrung oder eine Anreicherung der frühkindlichen Babynahrung mit DHA an (KOLETZKO et al. 2008). Eine hochkalorische Fettzufuhr unterstützt zusätzlich den Energiebedarf des schnell wachsenden Säuglings.

Proteine: Eltern, die ihre Kinder vegan ernähren möchten, sollten hochwertige pflanzliche Proteinquellen und Kombinationen aus verschiedenen Getreidesorten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen wählen, um die Zufuhr aller essenziellen Aminosäuren sicherzustellen. Dazu eignet sich z. B. ein Esslöffel pürierte rote bzw. gelbe Linsen oder Kichererbsenmehl als Breizugabe zu Kartoffeln oder Haferbrei. Größere Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte sollten im ersten Lebensjahr in pürierter Form angeboten werden, da sie beim Schlucken leicht in die Luftröhre gelangen können.

Vitamin B12: Von Geburt an haben Säuglinge einen geringen Speicher an Vitamin B12. Die Konzentration des Vitamins B12 in der Muttermilch ist zudem so gering, dass damit lediglich der Tagesbedarf des Säuglings gedeckt werden kann. Eine Erhöhung des vorhandenen Speichervolumens ist nicht möglich (VAN WINKEL et. al 2011). Der B12-Gehalt der Muttermilch ist stark vom Vitamin-B12-Status der Mutter abhängig. Ein niedriger Vitamin-B12-Status der Mutter kann bei voll gestillten Säuglingen Mangelsymptome hervorrufen. Mehrere Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen einem Vitamin-B12-Mangel im Säuglingsalter und einem verringerten kognitiven Leistungsvermögen im Kindesalter hin (PEPPER und BLACK 2011). Um schwere irreversible neurologische Störungen des Säuglings zu vermeiden, empfehlen internationale Organisationen [84] wie die ADA, ESPGHAN und DGKJ stillenden Veganerinnen oder gestillten Säuglingen von Veganerinnen übereinstimmend die Supplementation mit Vitamin B12 (vgl. BÜHRER et al. 2014a, S. 536; ADA 2009a; AGOSTONI et al. 2009). Die Einnahme eines Vitamin-B12-Supplements kann z. B. in Tropfenform erfolgen. Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 0,5 μg/Tag bis zum 4. Lebensmonat; 1,4 μg/Tag ab dem 4. Lebensmonat.

Vitamin D: Die Muttermilch enthält unabhängig von der Ernährungsweise der stillenden Mutter unzureichende Mengen an Vitamin D. Ihr Gehalt unterliegt, zum Teil bedingt durch die in Mitteleuropa niedrigere Eigensynthese in der Haut, starken Schwankungen (vgl. GAHR und SPEER 2013, S. 61). Einer direkten Sonneneinstrahlung kann der Säugling nicht ausgesetzt werden, da körpereigene Schutzmechanismen noch nicht voll entwickelt sind (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 741). Vitamin D wird üblicherweise bei allen Säuglingen in Deutschland prophylaktisch supplementiert, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten, dem Risiko einer Rachitis vorzubeugen und die Mineralisation des im ersten Lebensjahr stark wachsenden Skeletts zu ermöglichen (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 741). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 10 µg/Tag.

Eisen: Während der Schwangerschaft legt der Fötus einen Eisenspeicher an, der etwa bis zum 4. Lebensmonat einen ausreichenden Eisenstatus gewährleistet (BÜHRER et al. 2014a). Bei Einführung der Beikost sollte deshalb auf eine adäquate Eisenzufuhr geachtet werden. Das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) empfiehlt dafür im ersten Brei eine Fleischkomponente als Eisenquelle (vgl. FKE 2013, S. 43). Als vegane Alternative wird ein eisenhaltiges Getreide wie (gekeimter) Hafer oder Hirse und Vitamin-C-haltiges Gemüse als Komponente des Breis empfohlen (vgl. FKE 2013, S. 43). Auch Vitamin C aus Früchten kann die Resorption des pflanzlichen Eisens erhöhen. Dazu kann der Brei mit 2–3 Esslöffeln Vitamin-C-reichem Obstsaft/-brei angereichert werden oder nach dem Essen kleine Mengen Saft oder Obstpüree verabreicht werden (BÜHRER et al. 2014a). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 8 mg/Tag ab dem 4. Lebensmonat.

Calcium: Eine optimale Bedarfsdeckung mit Calcium ist für die Entwicklung eines stabilen Knochengerüstes und eines gesunden Wachstums von Bedeutung. Der gestillte Säugling ist durch die Muttermilch optimal mit Calcium versorgt. Nach Einführung der Beikost und einer Reduktion der aufgenommenen [85] Muttermilch nimmt die Bedeutung der Calciumzufuhr über Lebensmittel entsprechend zu. Bei einer veganen Beikost müssen calciumreiche bzw. calciumangereicherte Lebensmittel verwendet werden. Dazu zählen Sojaprodukte, Sesammus, Gemüsesorten wie Spinat, Brennnessel und Broccoli sowie Hülsenfrüchte wie gegarte Kichererbsen und gelbe bzw. rote Linsen. Hierbei ist zu beachten, dass Hülsenfrüchte aufgrund des hohen Ballaststoffgehalts von Säuglingen noch nicht gut vertragen werden. Eine gute Bioverfügbarkeit von Calcium wird gewährleistet, indem ein hoher Gehalt an Oxalsäure durch geeignete Küchentechniken wie Kochen, Dämpfen, Keimen oder Blanchieren vermieden wird (WEISS 2009). Phytinsäure, die mit Calcium ebenfalls unlösliche Komplexe bildet, kann durch Erhitzen, Einweichen und Keimen reduziert werden. Als gute vegane Calciumquelle mit einer Bioverfügbarkeit, vergleichbar mit jener aus Kuhmilch, eignet sich calciumreiches Mineralwasser (> 150 mg Ca/l) (HEANEY 2006). Dies gilt auch für calciumangereicherte Sojadrinks, die laut der American Dietetic Association (ADA) erst nach dem ersten Lebensjahr als Nahrungsmittel eingesetzt werden sollten (ADA 2009a). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 220 mg/Tag bis zum 4. Lebensmonat; 330 mg/Tag ab dem 4. Lebensmonat.

Jod: Der Jodgehalt in der Muttermilch hängt von der Jodversorgung der Mutter ab. Veganerinnen können ihren Jodbedarf durch angereicherte Lebensmittel und Supplemente decken. Industriell hergestellte Babybreie haben durch eine entsprechende Anreicherung einen zur Bedarfsdeckung ausreichenden Jodgehalt. Da selbst hergestellte Breie gänzlich ohne (Jod-)Salz zubereitet werden sollten, liefern sie kein bzw. zu wenig Jod. Es wird entsprechend empfohlen, selbst zubereitete Breie mit 50 µg Jod anzureichern (BÜHRER et al. 2014a). Dafür eignen sich jodhaltiges Mineralwasser (vgl. Lebensmitteltabellen im Anhang), kleine Mengen Norialge mit definiertem Jodgehalt sowie Algentabletten bzw. -präparate mit definiertem Jodgehalt. Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 40 μg/Tag bis zum 4. Lebensmonat; 80 µg/Tag ab dem 4. Lebensmonat.

[86] Bewertung veganer Kostformen in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindesalter

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE 2016) hält

«eine rein pflanzliche Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit sowie im gesamten Kindesalter für nicht geeignet, um eine adäquate Nährstoffversorgung und die Gesundheit des Kindes sicherzustellen».

Sie widerspricht damit einem Positionspapier der Academy of Nutrition and Dietetics (A.N.D.) (früher American Dietetic Association, ADA) und der DIETITIANS OF CANADA (2009):

«Gut geplante vegetarische Ernährungsformen sind für alle Lebensphasen geeignet, einschließlich der Schwangerschaft.»

Zu beachten ist, dass sich die Angaben auf Nordamerika beziehen, wo ein Großteil der Lebensmittel mit kritischen Nährstoffen wie Vitamin B12 angereichert ist.

Die DGE beruft sich bei ihren Empfehlungen unter anderem auf bereits 1989 und 1990 durchgeführte Untersuchungen an makrobiotisch ernährten Babys und Kleinkindern (DAGNELIE et al. 1989c; DAGNELIE 1990). Die teilnehmenden Kinder waren für ihr Alter zu leicht und körperlich weniger gut entwickelt als mit Mischkost ernährte Kinder. Ursache war eine zu geringe Nahrungsenergie- und Proteinzufuhr durch die Muttermilch und vor allem durch die Beikost sowie durch Defizite bei den Vitaminen B2, B12 und D sowie bei Eisen und Calcium. Eine makrobiotische Kost ist allerdings nicht gleichzusetzen mit einer veganen Kost, da sie den Verzehr einer Vielzahl von Gemüsen sowie von Kartoffeln untersagt und einen hohen Getreideanteil enthält. Bei Aufnahme eines hohen Anteils an Vollkorn können einige Nährstoffe von kleinen Kindern jedoch möglicherweise nicht optimal genutzt werden. Zudem fehlen Kartoffeln als ergänzendes Lebensmittel zur Verbesserung der biologischen Wertigkeit pflanzlicher Eiweißquellen. Eine vegane Ernährung ist vielseitiger als eine makrobiotische Ernährung und kann bei entsprechendem Wissen der Eltern optimal zusammengestellt werden. Kinder, die eine optimal zusammengestellte vegane Kost erhielten, waren in Studien zwar leichter und kleiner, aber ihre Werte lagen im Normbereich der nationalen Referenzstandards für die entsprechenden Altersgruppen (HEBBELINCK und CLARYS 2001, S. 186). Die aktuell laufende VECHI-Studie (Vegetarian and Vegan Children Study) untersucht den Ernährungs- und Gesundheitsstatus von vegetarisch und vegan lebenden Kindern im Alter von einem bis drei Jahren.

Vorläufige Ergebnisse der Studie weisen auf eine im Vergleich mit Mischköstlern und vegetarisch ernährten Kindern normale Entwicklung von Körpergewicht und Körpergröße hin (Vegetarische und vegane Kinderernährung, Pressemitteilung 04/2018).

2.5 Vegane Ernährung bei Kindern und Jugendlichen

[87] Hintergrund: Eine gesunde Kinderernährung hat das Ziel, ausreichend Energie zu liefern, die Versorgung mit essenziellen Nährstoffen sicherzustellen und vor möglichen ernährungsbedingten Krankheiten zu schützen. Ernährungsmuster in der Kindheit haben Einfluss auf das Ernährungsverhalten im Erwachsenenalter. Individuelle Geschmacksvorlieben und -abneigungen, das Speisenangebot, z. B. durch Außer-Haus-Verpflegung, der kulturelle Hintergrund und die Entwicklung des Hunger- und Sättigungsgefühls spielen eine wichtige Rolle bei der Prägung des Essverhaltens. Bis zum zehnten Lebensjahr verlaufen das Wachstum und die Zunahme des Gewichts relativ gleichmäßig. Aufgrund des pubertären Wachstumsschubs ändert sich dies etwa ab dem 14. Lebensjahr, wodurch sich der Energie- und Proteinbedarf erheblich erhöht. Neben dem Bedarf an Makronährstoffen steigt auch der einiger Mikronährstoffe an (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 344). In Tab. 2-34 sind die aktuellen Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr für Kinder und Jugendliche, und damit auch für vegan ernährte Kinder und Jugendliche aufgeführt. Sie werden im Folgenden erläutert. Dabei werden die Nährstoffe aufgeführt, denen im Rahmen einer veganen Ernährung besondere Bedeutung zukommt.

Tab. 2-34: Zufuhrempfehlungen ausgewählter Nährstoffe für Kinder (1–12 Jahre) und Jugendliche (13–19 Jahre). 1 Schätzwert; 2FÄ = Folat-Äquivalent (DGE, ÖGE und SGE 2018).



2.5.1 Nährstoffe

[88] Energie: Aufgrund des Wachstums ist besonders die Energieaufnahme für Kinder und Jugendliche von großer Bedeutung. Einer bereits etwas älteren prospektiven Beobachtungsstudie zufolge gibt es Hinweise darauf, dass vegan ernährte Kinder normales Wachstum und normale Entwicklung aufweisen. Die Studie umfasste 20 vegan ernährte Kinder im Alter von 5–13 Jahren. Die Energiezufuhr entsprach den Durchschnittswerten der Altersgruppe, während die Ballaststoffzufuhr deutlich darüber lag. Die vegan ernährten Kinder waren leichter und dünner als die Gleichaltrigen, lagen jedoch nicht im Bereich des klinisch relevanten Untergewichts. Eine verringerte Energieausnutzung aufgrund der hohen Ballaststoffzufuhr scheint dabei einen Einfluss auf Gewicht und Körpergröße gehabt zu haben (SANDERS 1992). Eine ältere Beobachtungsstudie aus den USA erhob Gewicht und Größe von 295 vegan ernährten Kindern zwischen 4 Monaten und 10 Jahren (O’CONNELL et al. 1989). Im Durchschnitt entsprach die Entwicklung der Kinder derjenigen von Gleichaltrigen; die unter 5-Jährigen waren jedoch signifikant kleiner (0,24–2,06 cm) und auch das Gewicht der 9- und 10-Jährigen lag unter dem Altersdurchschnitt (–1,11 kg). Mehreren Fallberichten zufolge hatten Kinder, die sich vegan ernährten, Schwierigkeiten, die Energiezufuhr adäquat zu decken, jedoch lag auch hier kein klinisch relevantes Untergewicht vor (HEBBELINCK und CLARYS 2001, S. 186). Zusammenfassend ist bisher nicht eindeutig geklärt, ob eine vegane Ernährungsweise den Energiebedarf von Kindern adäquat decken kann. Vegan ernährten Kindern und Jugendlichen sollten Lebensmittel mit einer hohen Energie- und Nährstoffdichte angeboten werden, um einer unzureichenden Energieversorgung vorzubeugen. Besonders ballaststoffreiche, voluminöse und sehr sättigende Speisen mit einer niedrigen Energiedichte können die Energieaufnahme reduzieren.

[89] Essenzielle Fettsäuren: ω-3-Fettsäuren fördern die kognitive Entwicklung (PORTILLO-REYES et al. 2014). Durch eine vegane Ernährung kann die Zufuhr der essenziellen Fettsäuren ALA und LA weitgehend ausreichend erfolgen. Die Aufnahme der semiessenziellen Fettsäuren DHA und EPA kann jedoch kritisch sein. Die Fähigkeit der Eigensynthese von DHA durch Umwandlung von ALA nimmt während der Wachstumsphase stetig zu. Da die körpereigene Synthese bzw. Umwandlungsrate aus LA und ALA limitiert ist, sollte sie durch eine zu hohe Zufuhr von ω-6-Fettsäuren nicht weiter beeinträchtigt werden (AMIT et al. 2010). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 0,5 Energieprozent ALA/Tag.

Proteine: Proteine aus pflanzlichen Quellen können zu ca. 85 % verdaut werden und haben mit Ausnahme von Soja eine im Durchschnitt niedrigere biologische Wertigkeit als tierisches Eiweiß. Die Proteinzufuhr sollte aufgrund dessen für vegan ernährte Kinder und Jugendliche erhöht werden. Kinder sollten 20–30 % und Jugendliche 15–20 % mehr Protein aufnehmen als Mischköstler und auf eine möglichst gute Kombinationen verschiedener Eiweißquellen achten (MESSINA und MANGELS 2001). Bei einer ausreichenden Energiezufuhr sowie einer vielfältigen Lebensmittelauswahl kann der Proteinbedarf von Kindern und Jugendlichen im Wachstum gedeckt werden (ADA 2009a). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 0,8–1 g Protein/kg KG/Tag.

Folat: Die Zellneubildungsrate ist in der Wachstumsphase erhöht, und das Blutvolumen steigt. Während der Pubertät sollte die Folatversorgung adäquat sein, um optimale Voraussetzungen für eine Schwangerschaft im jungen Erwachsenenalter zu schaffen (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 185). Das Risiko eines Spinalrohrdefekts beim Embryo, besonders bei einer ungeplanten Schwangerschaft, kann dadurch gesenkt werden. Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 120–300 µg/Tag.

Vitamin B12: Vitamin B12 ist auch bei vegan ernährten Kindern und Jugendlichen ein kritischer Nährstoff. Ein Mangel an Vitamin B12 im Kindesalter gefährdet eine normale kognitive und motorische Entwicklung (PEPPER und BLACK 2011). Die Canadian Paediatric Society (CPS) und ADA empfehlen den Verzehr von mit Vitamin B12 angereicherten Lebensmitteln oder eine entsprechende Supplementation (AMIT 2010; ADA 2009a). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 1,5–4 µg/Tag.

[90] Vitamin D: Vitamin D ist neben Calcium besonders während der Wachstumsphase wichtig für den Aufbau der Knochensubstanz. Die Versorgung über Lebensmittel spielt durch das hohe Potenzial der Eigensynthese in der Haut eine untergeordnete Rolle. Durch Lebensmittel können bei Kindern lediglich 1–2 µg/Tag Vitamin D und bei Jugendlichen 2–4 µg/Tag Vitamin D zugeführt werden (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018). Somit kommt der Eigensynthese durch regelmäßige Aufenthalte im Freien und einer Sonnenexposition der Haut eine besondere Bedeutung zu. Trotzdem wird insbesondere vegan ernährten Kindern und Jugendlichen empfohlen, vor allem in den Wintermonaten auf angereicherte Lebensmittel oder auf Supplemente zurückzugreifen. Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 20 µg/Tag.

Eisen: Besonders bei Jugendlichen ist eine ausreichende Eisenzufuhr aufgrund des gesteigerten Blutvolumens während des Wachstums und der bei den Mädchen einsetzenden Menstruation von Bedeutung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018). Ein Eisenmangel ist unabhängig von der Ernährungsweise im Kindesalter weit verbreitet. Einem Übersichtsartikel von MESSINA und MANGELS zufolge wiesen fünf Studien mit vegan ernährten Kindern einen Eisenstatus oberhalb der Referenzwerte auf. Das Risiko einer Anämie durch eine vegane Ernährungsweise bei Kindern scheint aufgrund eines Eisenmangels also nicht höher zu sein als bei einer Mischkosternährung (MESSINA und MANGELS 2001). Während einer intensiven Wachstumsphase kann eine Supplementation dennoch sinnvoll sein. Sie sollte von einem Kinderarzt dosiert und beobachtet werden (AMIT 2010). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 8–15 mg/Tag.

Calcium: Die Calciumzufuhr bei Kindern wird mit ca. 600–900 mg/Tag angegeben. Jugendliche haben, bedingt durch das intensive Wachstum, einen höheren Bedarf, der zeitweise über dem von Erwachsenen liegt (1200 mg/Tag) (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018). Calcium ist essenziell für das Wachstum und die Festigkeit der Knochen. Die Knochenmineraldichte erreicht zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr ihren Höchstwert. Eine optimale Versorgung mit Calcium in Verbindung mit Vitamin D im Kindes- und Jugendalter ist Voraussetzung für eine gute Knochengesundheit und beugt Osteoporose im Erwachsenenalter vor. Bewegung und Sport tragen ebenfalls zu einer gesunden Knochendichte bei (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 739). Nach Ergebnissen der Beobachtungsstudie von LARSSON und JOHANSSON (2002) lag die Calciumzufuhr von 30 vegan ernährten Jugendlichen (14–17 Jahre) signifikant unter den [91] Empfehlungen (158–538 mg) (LARSSON und JOHANSSON 2002). Zufuhrempfehlung (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 600–1200 mg/Tag.

Ernährungsverhalten Jugendlicher

Eine plötzliche Umstellung Jugendlicher von der Familienernährung zur veganen Ernährung ist oftmals psychosozial motiviert. Wird durch die pflanzliche Ernährung ein Gewichtsverlust angestrebt und besteht nur unzureichendes Wissen über die benötigte Nährstoffzusammensetzung und die Lebensmittelauswahl, besteht ein erhöhtes Risiko für Mangelzustände und Wachstumsdefizite. Durch eine Erhebung der Nährstoffaufnahme und Fragen zur Motivation einer Ernährungsumstellung des/der Jugendlichen können Hinweise auf eine Essstörung erhoben werden (ZLOTKIN 2002). Das soziale Umfeld kann Ernährungsgewohnheiten, die zu einer Essstörung führen, forcieren und stabilisieren (MARTINS et al. 1999). In jedem Fall sollte eine plötzliche Ernährungsumstellung die Wahrnehmung der Eltern für die Ernährungsgewohnheiten ihres Kindes schärfen. Ein sensibler und offener Umgang mit dem Thema kann die Beziehung zum Jugendlichen stärken und Missverständnisse vermeiden.

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