Zweckel, Zwurzel und das Dingsda

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Zweckel, Zwurzel und das Dingsda
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Roman Fessler

Zweckel, Zwurzel und das Dingsda

Aufregende Abenteuer der Wichte mit dem Zweilöcherrund

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Das Dingsda

Die Reise beginnt

Angitor

Der Abstieg

Die Höhle

Die Feldwichtel

Die Heimkehr

Die Hochzeitsvorbereitungen

Der Wespot

Impressum neobooks

Vorwort

Fantasy – Zweckel, Zwurzel und das Dingsda

Autor: Roman Fessler

Fotos: Fotolia

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Das Dingsda

Alles fing damit an, dass Zweckel eines Tages ein Dingsda gefunden hatte! Zu Anfang wusste er jedoch gar nicht, dass es ein Dingsda war. Für Zweckel war es der heiß ersehnte, letzte Gegenstand für seine neueste Erfindung, für sein Zweckelmobil, nach dem er schon so lange gesucht hatte.

Stolz betrachtete er seinen Fund! „Ach, wie fein! Ja, du wirst ein schönes viertes Rad abgeben. Nun kann ich mein Zweckelmobil endlich fertigstellen. Hach! Was werden die anderen für Augen machen!“ Vor Freude hüpfte Zweckel auf und ab. Stolz trug er seinen Fund heim.

Zweckel ist ein kleiner Wicht, mit feuerrotem Haar, das unter seiner kunterbunten Mütze wirr hervor lugt. Zwischen den einzelnen Haarsträhnen blitzen zwei meerblaue Augen hervor. Er wohnt in einem kleinen grünen Haus am Rande von Zwiebeltun und ist weit über die Grenzen seines Dorfes bekannt. Zweckel ist ein famoser Erfinder. Also zumindest in seinen Augen! Für seine Mitbewohner ist er ein Erfinder von famosem, unnützen Zeugs.

Früher hatte er inmitten des Dorfes gewohnt. Jedoch wurde es den anderen Bewohnern mit der Zeit doch etwas zu gefährlich. Jeden zweiten Tag musste die Feuerwehr ausrücken, oder aber es stank sooo fürchterlich, dass man nicht auf die Straße gehen konnte.

Und jetzt auch noch dieses, dieses Zweckelmobil, das nur stinkt und raucht, noch nicht einmal vier Räder hat und viel Lärm macht!

Es dämmerte schon, als Zweckel fröhlich vor sich hinpfeifend mit dem gefundenen Gegenstand die Dorfstraße hinauf kam. Triumphierend schaute er sich um, aber kein Wicht weit und breit war zu sehen. Hmmm, wo waren denn alle? Na, wenn man sie mal brauchte, war natürlich keiner auf der Straße zu sehen. Aber wehe, einer von Zweckels Erfindungen gab mal wieder ihren Geist auf, hah, dann war grundsätzlich auf den Straßen so viel los wie zum alljährlichen Jahrmarkt.

„Nun gut, pah, mir doch egal! Behalte ich meinen grandiosen Fund halt für mich!“ dachte Zweckel etwas beleidigt und ging weiter den Weg hinauf.

Da bog auf einmal Zwurzel um die Ecke und wäre beinahe mit Zweckel zusammengestoßen. „Huch! Ja Zweckel, du musst schon aufpassen!! Und überhaupt, was trägst du denn da bei dir?“ Neugierig guckte sich Zwurzel den Gegenstand an.

„Hah! Da staunst du nicht schlecht, was Zwurzel? Hier ist das fehlende Rad für mein Zweckelmobil. Nun kann es bald losgehen, und ihr alle werdet euch noch wundern! Jawohl!“

„Ich verstehe. Nur, verzeih mir die Frage, aber WAS ist das?“

Jetzt erst schaute Zweckel sich den Gegenstand einmal genauer an. Er drückte es Zwurzel in die Hand, ging ein paar Schritte zurück, betrachtete ihn aus der Ferne. Ging zurück zu seinem Freund, drehte den Gegenstand um, ging wieder ein paar Schritte zurück und schaute das Dingsda konzentriert an.

Hmmm, warum war ihm das vorher gar nicht aufgefallen? „Zwurzel, du hast recht! Was in drei Zwieblisbergen ist das?“ Zweckel hatte am Anfang nur sein Zweckelmobil im Kopf gehabt, und wie schön sich dieses Dingsda als viertes Rad machen würde. Jedoch, richtig betrachtet hatte er dieses eigentlich noch gar nicht. „Hast du schon einmal so ein Dingsda gesehen?“ fragte er Zwurzel. „Nein! Natürlich nicht!“ antwortete ihm dieser, „hätte ich dich sonst gefragt?“ „Na, da hast du wiederum recht. Wer könnte denn so etwas schon einmal gesehen haben?“ überlegte Zweckel laut. „Oh, ich weiß, wen wir fragen könnten! Ja, der alte Wicht könnte etwas darüber wissen. Zwickalum hat doch schon so viel gesehen und ist schon weit herumgekommen“. Komm, wir fragen Zwickalum!“ Und schnurstracks ging er auf das Haus des alten Zwickalum zu, dicht gefolgt von seinem Freund Zwurzel, der jetzt auch neugierig geworden war.

Zwickalum war einer der ältesten Wichte im Dorf, wenn nicht sogar der Älteste! Keiner konnte genau sagen, wie alt er war, und der alte Wicht hüllte sich darüber in Schweigen. Er war schon weit herumgereist und hatte viele tolle Geschichten erlebt, die er immer wieder gerne bei einem gemütlichen Tee am offenen Kamin erzählte. Fast jeder Wicht war mit diesen Erzählungen groß geworden.

Schon von weiten rief Zweckel laut: „Opa Zwickalum (so nannte ihn ein jeder im Dorf)! Komm schnell heraus, und sieh dir an, was ich gefunden habe!“ Es dauert eine Weile, da vernahmen die Zwei scharrende Geräusche und langsam öffnete sich die Tür des Hauses. Ein winzig kleiner Wicht, krumm vom Alter, schlurfte langsam auf sie zu. „Wer macht denn hier draußen so ein lautes Palaver? Ach, Zweckel, wer denn sonst! Du schon wieder! Was ist es denn dieses Mal? Eine deiner neuesten Erfindungen? Hach, ob ich es wohl jemals erleben werde, dass du einmal, wirklich nur ein einziges Mal, eine sinnvolle und vor allem langlebige Erfindung machst?“ „Nein, und ja!“ Zweckel fuchtelte aufgeregt mit den Armen und hüpfte auf und ab, „also es geht nur indirekt um meine neue Erfindung, also eigentlich war sie der Grund, dass ich dieses, ja dieses Etwas hier, weil mir doch noch ein viertes Rad fehlte, und da hab ich, da lag dann und ich konnte....“ „Stopp!“ rief der alte Zwickalum dazwischen, „man versteht kein bisschen von deinem Kauderwelsch! Jetzt atme einmal tief durch, und fange von vorne an. Aber dieses Mal etwas langsamer!“

„Also, ich lief so meines Weges, den Blick auf den Boden gerichtet, um irgendein geeignetes Etwas für mein Zweckelmobil zu finden, damit ich dieses endlich zu Ende bauen kann!

Auf einmal, dapauderblitznochmal, liegt dieses Dingsda mitten auf dem Weg, und es ist rund, und es hat die genaue Größe, um als viertes Rad für mein Mobil verwendet werden zu können. Und ich nehme es mit! Und stelle mir schon vor, wie schön es sich doch machen wird, an meinem nigelnagelneuen Zweckelmobil. Aber da kommt Zwurzel um die Ecke und stellt mir doch tatsächlich die Frage, was dieses Etwas denn überhaupt sei. Na, und da schau ich es mir genauer an, und was soll ich sagen, ich kann es gar nicht beantworten. Und deshalb sind wir hier! Du weißt doch bestimmt, was das ist? Denn wenn nicht du, wer dann?“. Und mit diesen Worten hielt Zweckel dem alten Wicht den Gegenstand hin.

Zwickalum betrachtete sich den Gegenstand von allen Seiten, ab und an hielt er inne, setzte zum Sprechen an, aber verstummte sofort wieder. Zweckel und Zwurzel schauten ihn erwartungsvoll an. „Und? Und? Sag doch! Was ist es?“ platzte es ungeduldig aus Zweckel raus.

„Hmm, nun. Also...,“ Zwickalum wiegte seinen Kopf hin und her. „ Also, ich hatte tatsächlich schon einmal etwas Ähnliches gesehen, nur war es viel dünner, so wie eine Scheibe, hatte nicht solche Löcher in der Mitte jedoch glitzerte es so schön in der Sonne. Aber dieses hier habe ich leider noch nie gesehen. Es tut mir leid, ich kann dir nicht sagen, was das ist!“

„Oh wie schade!“ sagte Zweckel enttäuscht. „Hmm, wo könnte ich denn mehr über diesen Gegenstand erfahren?“ überlegte Zweckel laut, „Oder aber, ich könnte mir doch auch einfach einen neuen Namen für dieses Dingsda ausdenken! Ja! Ich bin doch ein Erfinder, dann erfinde ich einfach einen Namen. Und mit dieser Namenserfindung kann ich dann meine tollste Erfindung fertig bauen! Juhuuu! So mache ich das!“. Mit ernster Miene schaute er den fremden Gegenstand an, und sagte „hiermit taufe ich dich auf den Namen Zweilöcherrund! Von nun an sollst du Zweilöcherrund heißen! So, und da dieses nun geklärt ist, kann ich endlich mein Zweckelmobil fertig bauen!“

Zufrieden mit sich und der Welt wollte Zweckel gerade das Zweilöcherrund an sich nehmen, als Zwurzel laut aufschrie. „Stooooooopppp! Haaaaalllt! Nein, Zweckel! Du kannst es nicht einbauen, solange du nicht weißt, was es ist. Nachher ist es etwas totaaaal Gefährliches. Oder ein verzauberter Gegenstand, ein Unglücksbringer! Vielleicht hat ein jemand dieses Teufelsding extra weggeworfen.“ Zwurzel sprang aufgeregt vor Zweckel hin und her. „Nein, nein, nein! Zweckel, erst musst du herausfinden, was das ist!“ „Zweckel guckte seinen Freund verwundert an. Obwohl, vielleicht hatte er gar nicht so unrecht. „Nun gut, du hast recht. Ich sollte erst herausfinden, was ich da gefunden habe. Nicht, dass es mir nachher mein Mobil zerstört, das wäre doch zu schade. Aber wen könnte ich fragen? Wo soll ich bloß suchen?“

 

„Wo genau hast du diesen Gegenstand denn gefunden?“ fragte Zwickalum. „Vielleicht solltest du da mit deiner Suche beginnen? Oder frage doch auch einmal in den umliegenden Dörfern nach!“ Was Zwickalum da vorschlug, hörte sich sehr plausibel an. „Dieses Dingsda habe ich weit außerhalb gefunden. Noch hinter Angelnau! Ich hörte ein lautes ‚Plopp’ und da lag es dann mitten auf dem Weg“, antwortete Zweckel. Angelnau war eines der äußersten Dörfer im Wichtland. „Nun, dann solltest du den Weg einfach zurückgehen. Und die umliegenden Dörfer aufsuchen und nachfragen!“ schlug Zwickalum vor. „Ja, so wird’s gemacht! Oh, wie fein, ich rieche ein Abenteuer. Wie aufregend. „Nur, „ plötzlich verstummte Zweckel, „so ganz alleine ein Abenteuer zu bestreiten, ist nicht wirklich so schön. Mit niemandem all die spannenden Erlebnisse zu teilen. Ach, ich weiß nicht, das hört sich nicht wirklich nach Spaß an.“

Die drei Wichte schwiegen eine Weile, bis plötzlich ein breites Strahlen über Zwurzels Gesicht lief. „Zweckel! Ich hab’s! Wie wäre es denn, wenn ich dein Begleiter wäre? Schließlich bin ich ja auch schuld daran, dass du jetzt dieses Abenteuer erleben wirst. Also, hier steht dein Freund für Spannung und Abenteuer vor dir! Auf, auf! Lass uns zu neuen Heldentaten aufbrechen! Abenteuer erleben, gegen Wind und Wetter kämpfen! Seite an Seite.“ Zwurzels Abenteuerlust war gar nicht mehr zu bändigen.

Zweckel lachte laut auf. „Also dann, lass uns einige Sachen zusammenpacken, denn wer weiß, wie lange es braucht, diesem Dingsda seinen richtigen Namen zuzufügen.“ Anerkennend klopfte Zwickalum den beiden auf die Schultern. „Das lob ich mir! Wenn ich doch nur jünger wär, ich würde euch sofort begleiten! So dann, bevor ihr morgen aufbrecht, kommt noch einmal bei mir vorbei! Vielleicht habe ich noch etwas Nützliches für eure Reise.“ „Oh wie fein! Das werden wir!“ erwiderte Zweckel, „und nun, Zwurzel, lass uns unsere Reise bei einem warmen Tee in meinem Hause besprechen.“ Gemeinsam gingen die beiden jungen Wichte zum Hause von Zweckel, zwischen sich das Dingsda tragend.

Die Reise beginnt

Nach einer viel zu kurzen Nacht sprang Zweckel voller Tatendrang aus seinem Bett, wusch sich schnell, schnitt sich eine Scheibe vom frischen Laib Brot ab und setzte sich damit vor sein Haus. Oh, er musste sich gründlichst überlegen, was er denn alles mitnehmen wollte. Und wie sollten sie das Dingsda denn überhaupt transportieren? Auf die Dauer wäre es wohl doch etwas zu anstrengend, es immer zu tragen und auch viel zu umständlich. Da kam aber auch schon Zwurzel mit einem Rucksack den Weg hinauf. „Guten Morgen, Zweckel! Du bist ja noch gar nicht fertig! Wollten wir nicht direkt nach Sonnenaufgang aufbrechen?“ „Ja, du hast recht, jedoch musste ich mir etwas ausdenken, wie wir das Dingsda am besten transportieren können. Und ich hab eine Idee! Ich bau mir schnell ein Gestell, was ich auf dem Rücken tragen kann. Und der Rucksack, ja der Rucksack wird einfach ein Brustsack! Hahaaa!“ Zweckel sprang von der Bank auf und lief in seine Scheune. Zwurzel schaute ihm verwundert nach. Es dauerte nicht lange und aus der Scheune erklang ein Gehämmer, ein Gesäge und ein Gepfeife. Nach einiger Zeit kam Zweckel mit einem Gestell aus der Scheune, holte sich verschiedene Lederriemen aus dem Haus, und legte alles vor Zwurzel nieder. „Taraa! Und hier ist die Lösung! Warte, ich eile und packe geschwind meine Sachen.“ Und schon war er wieder weg.

Nach viel lautem Gerumpel und Getöse kam Zwurzel mit einem Rucksack, jedoch auf dem Bauch getragen, wieder hinaus. Schnell band er die Lederriemen an das Gestell, schnürte das Dingsda fest und schnallte sich das ganze Gestell auf den Rücken. „So! Auf geht’s! Was schaust du denn so? Los, los! Die Sonne ist schon längst wach! Wollten wir nicht nach Sonnenaufgang starten? Eine neue Geschichte wartet dort draußen auf uns!“ Lachend schlug Zweckel dem Zwurzel auf die Schulter und marschierte los. Immer den Weg entlang runter durchs Dorf.

Am Haus von Zwickalum machten sie kurz Halt. Der alte Wicht wartete schon auf sie. „Hier, ich gebe dir meine Aufzeichnungen über meine Wanderwege Richtung Süden mit. Wer weiß, vielleicht können sie euch behilflich sein. Karten habe ich auch gezeichnet.“ Mit diesen Worten übereichte er Zweckel ein kleines Notizbuch. „Und dazu noch einen Kompass. Der hat mir immer gute Dienste erwiesen und soll auch euch gesund und sicher nach Hause geleiten.“ Den Kompass drückte er Zwurzel in die Hand. „Und dann noch für euch beiden jeweils einen guten robusten Wanderstab. Sehr hilfreich, da ihr euch mit Hilfe eurer Umhänge sehr schnell einen Unterschlupf bauen könnt, falls es einmal regnen sollte. So! Nun seht ihr wirklich wie zwei Abenteurer aus! Ich wünsche euch viel Zwiebliglück und kommt recht bald wieder! Ach, und Zweckel, wenn dich der Weg weiter als meine Aufzeichnungen führen sollte, dann sei doch so gut und vervollständige die Aufzeichnungen. Hier, ich gebe dir meinen heiligen Wanderstift mit. Und nun, auf auf!“ Die beiden jungen Wichte bedankten sich freudestrahlend beim alten Zwickalum, und Zweckel versprach, die Aufzeichnung in Ehren zu halten, und sie gegebenenfalls auch fortzuführen. Und so gingen die beiden Wandersfreunde fröhlich pfeifend den Weg aus dem Dorf hinaus.

Einige Zeit später kamen sie an dem Dorf Hörmichtal vorbei. Dort trafen sie auf dem Dorfplatz einige Dorfbewohner, die sie vom letzten Sommerfest her kannten. Zweckel schnallte seine Trage ab und packte das Dingsda aus. Sie zeigten es allen Wichten, jedoch konnte ihnen keiner etwas über dieses Dingsda sagen. Also zogen die Zwei weiter.

Als es Mittag wurde, und die Sonne am höchsten Punkt stand, kamen sie zu einer kleinen Lichtung. „Lass uns hier Rast machen!“ schlug Zweckel vor. Langsam wurde die Trage auf dem Rücken doch etwas schwer. Sie setzten sich auf die Wiese. Während sie genüsslich am frischen Brot knabberten, holte Zweckel das Buch des alten Wichtes hervor. „Lass uns mal schaun, was Zwickalum so alles erlebt hat.“ Ehrfurchtsvoll schlug er das Buch auf, und klappte eine große Karte aus.

„Booah! Schau dir das an, Zwurzel! Der alte Zwickalum hat eine wunderschöne Karte gezeichnet.“ „Kannst du erkennen, wo wir gerade sind ?“ fragte Zwurzel. „Lass mich überlegen. Ah, siehst du die kleine Lichtung? Ja, genau da sind wir.“ Zweckel zeigte auf einen kleinen grünen Fleck auf der Karte. Zwickalum hatte die Landkarte wirklich mit Liebe zum Detail gezeichnet. Alles war erkennbar, jeder größere Baum, sogar die Dornenhecke am Waldesrand war vermerkt. Es war ein sehr schönes Meisterwerk und eine große Aufgabe, dieses weiterzuführen. Aber vielleicht brauchte Zweckel ja gar nicht weiterzeichnen. Er hoffte inständig nur bis zum gestrigen Punkt gehen zu müssen, und dort vielleicht die Antwort zu finden.

Da sprang Zwurzel plötzlich auf. „Autsch! Ah! Liiih!“ Er sprang wie ein Verrückter vor Zweckel hin und her und klopfte sich dabei auf den Hosenboden. „Verzwiebeliteinsnochmal! Was zwickt und zwackt mich denn da bloß? Und wie das piekst. Mein Popo! Auaaa!“ Schnell fiel Zweckels Blick auf den Platz neben ihn, und da tummelten sich tausende von klitzekleinen Brennmeinselen.

Brennmeinselen sind winzige Insekten, die alles piksen, was ihnen im Weg steht. Sie haben kleine Hörner an ihren Nasen und versuchen alles aufzuspießen, was ihnen im Weg ist. Egal wie schwer oder wie groß. So hingen viele dieser Brennmeinselen mit ihrer Nase an Zwurzels Po fest. „Halt still! Bleib stehen, sonst kann ich dir doch nicht helfen.“ Versuchte Zweckel zwischen seinen Lachanfällen Zwurzel zu beruhigen.

Endlich blieb der Gestochene vor Zweckel stehen, und dieser zupfte dem armen Freund die kleinen Brennmeinselen vom Po. Zwurzel hatte sich genau inmitten einer Brennmeinselen Arbeitstruppe gesetzt. Die klitzekleinen Brennmeinselnenarbeitsgruppe waren unterwegs zu ihrer Baustelle. Und der Po vom Zwurzel saß ihnen im Weg. Also wurde er aufgepikst. Von dem Ersten, dem Zweiten, dem Dritten und bis fast alle sich angepikst hatten. Somit hatte Zweckel mächtig viele rauszuziehen.

Als der letzte der kleinen Pikser rausgezogen war, rannte Zwurzel schnell zu einem kleinen Bach, der am Waldesrand floss, und kühlte seinen gepiksten Po im kalten Flusswasser ab. Ein wohliges „Oh!“ kam über seine Lippen. Und Zweckel? Dem rannen die Tränen vor Lachen über die Wangen. Es war aber auch ein zu lustiges Bild gewesen, der hüpfende Zwackelpopo!

Nachdem sich alles wieder beruhigt hatte, schnallten die Zwei ihr Gepäck wieder auf und machten sich weiter auf den Weg. Aber auch im nächsten Ort wusste keiner etwas über dieses Dingsda zu sagen. Und auf dem Weg fanden sie auch keinerlei Hinweise. So kamen sie etwas müde und leicht enttäuscht in Angelnau an.

Angelnau war ja bekanntlich eines der letzten Dörfer im Wichtland. Und sehr viel weiter im südlichen Gebiet war bis dahin noch nie ein Wicht gewandert. Komische Geschichten machten sich über die äußersten Randdörfer breit. Und das Ende von Wichtland war für die Wichte einfach auch das Ende ihrer Welt. Denn Wichte verlassen in der Regel nicht gerne für längere Zeit ihr Zuhause. Sie gehen nur, wenn es unvermeidlich ist, auf Wanderschaft! Nur ganz, ganz wenige, so wie der alte Zwickalum, oder jetzt unsere beiden Freunde Zweckel und Zwurzel, hatten die nötige Neugier und Abenteuerlust, ein wenig auf unbekannten Wegen zu wandern und Neues zu entdecken! Daher gab es auch nur sehr, sehr wenige Überlieferungen darüber, was sich außerhalb von Wichtenland befand.

Eigentlich gab es nur eine einzige Überlieferung, und die lautete:

Tiefer Abgrund! Mehr nicht. Nur diese zwei Wörter: Tiefer Abgrund!

Und diese Worte waren schon älter als der alte Zwickalum. Keiner wusste so genau, wer sie in das große Buch des Dorfes auf die erste Seite hingeschrieben hatte. Aber dort standen sie als Antwort auf die Frage: ‚Was erwartet uns außerhalb Wichtenland?’ ‚Tiefer Abgrund!’

Daher war bis heute kein Wicht mehr bis ans äußerste Ende des Wichtenlandes vorgedrungen. Sogar der alte Zwickalum nicht. Er erzählte einst, dass er wohl von Weitem ein Blick auf den Abgrund erhascht hätte, aber Zweckel fragte sich immer wieder, wie er denn einen Abgrund sehen konnte, wenn er nicht hinuntergeschaut hat. Naja, laut Zwickalum sah er damals einfach einen Weg ins Nichts verschwinden, so wie auch die nebenliegende Wiese. Es schien wohl so, als hätte man sie abgeschnitten. Weggewischt, ausradiert, wischiwaschweg. Zweckel wollte schon seit dem ersten Mal, als er von diesem tiefen Abgrund gehört hatte, diesen mit seinen eigenen Augen sehen.

Angefacht von der neu erweckten Entdeckerlust, wurden Zweckels Schritte direkt größer. Die Nachmittagssonne schien auf den Marktplatz. Einige Angelnauer liefen geschäftig umher. Zwurzel fragte: „Und nun? Kennst du hier einen der Ältesten? Wo sollen wir hin? Und außerdem, ich weiß zwar nicht, wie es dir geht, aber ich hab Hunger, und könnte eine warme Mahlzeit vertragen!“ „Ja, das ist eine gute Idee, lass uns da vorne in die Schänke gehen. Dort erfahren wir vielleicht auch, wer uns am ehesten etwas über dieses Dingsda verraten kann.“ So marschierten die beiden Wichte zur Schänke. Draußen schnallten sie ihr Gepäck ab, und lehnten es zu den anderen Gepäckstücken an die Wand.

In ganz Wichtenland war es üblich, Gepäck draußen vor der Schänke zu lassen. So nahm es drinnen keinen Platz weg, oder wurde gar zur Stolperfalle. Und Angst davor, dass es abhanden, bzw. gestohlen werden könnte, hatte in Wichtenland auch niemand. Es wurde einfach nicht gestohlen. Wenn überhaupt, dann wurde nur etwas ausgeliehen, oder getauscht. Man hinterließ einen kleinen Zettel mit einer Nachricht, wo der mitgenommene oder getauschte Gegenstand sich jetzt befand.

Manchmal ließen die Wichte einen Ersatz da. Wenn der frühere Besitzer mit dem Tausch nicht einverstanden war, konnte er sich seinen Gegenstand wieder zurückholen. Oder ein Wicht sah vielleicht eine Axt an einer Häuserwand lehnen, die er gerade benötigte. Er nahm sie mit, hinterließ einfach einen Zettel, auf dem dann stand, wann er den Gegenstand wieder zurückbringen würde, zusätzlich aber auch, wo er sich gerade befand. Dieses war eine Lebensweise, mit der ein jeder Wicht aufgewachsen war. Er kannte es nicht anders. Und in der Regel verliefen diese Tausch-/Ausleihaktionen auch für alle zufriedenstellend ab. Natürlich gab es manchmal ein paar kleine Streitereien, aber solche Fälle wurden direkt in einer Schlichtungsstelle geklärt.

 

Zweckel und Zwurzel betraten die Schänke. Viele Wichte hatten sich schon zu einem gemütlichen warmen Tee eingefunden. Zweckel ging an die Theke und sprach den Wichtenwirt an. „Seid gegrüßt, Herr Wirt! Mein Freund und ich hier haben einen großen Hunger. Könnt ihr uns etwas Warmes bringen?“ „So dänne, Herr Wicht! Erst einmal sagt mir doch, woher ihr kommt und wer ihr seid! Wir in Angelnau schätzen eine gute Geschichte doch sehr. Hier unten im tiefsten Süden von Wichtenland bekommen wir nur selten Fremde zu Gesicht. Und wenn uns gefällt, was ihr zu erzählen habt, dann wollen wir euch auch großzügig bewirten. Also, einen Grog zum Anstoßen. Hier! Meine neuen Freunde, ich bin Angetom! Und heiße euch herzlichst in Angelnau willkommen!“ Mit diesen Worten verteilte er Grogbecher an die zwei Freunde.

„Ja, das ist doch einmal ein famoses Angebot, welches wir dankend annehmen, Herr Angetom. Nicht wahr, Zwurzel?“ drehte er sich fragend zu seinem Freund um. „Ah, wie unhöflich von mir. Das hier ist mein Freund Zwurzel, und ich bin der Zweckel. Wir kommen aus dem Dorf Zwiebeltun. Einen halben Tagesmarsch von hier entfernt. Und nun erst einmal ein Powosit, Herr Angetom! Und dann wollen wir erzählen, warum wir überhaupt unterwegs sind. Powosit!“ mit diesen Worten erhob Zweckel seinen Becher. Ein lautes ‚Powosit’ kam von allen Seiten zurück.

„Oh, welch ein feines Gebräu ihr da habt Herr Angetom! Aber nun zu unserer Geschichte.“, und so fing Zweckel an zu erzählen, wo er das Dingsda gefunden und Zwurzel ihn nach dem Namen gefragt hatte. Ihre vergebene Mühe im Dorf etwas darüber zu erfahren und wie der Weg sie nach Angelnau geführt hatte. Am Ende angelangt, forderte Zweckel alle auf: „Und nun, meine neuen Freunde, bitte ich euch, kommt mit hinaus, und schaut euch das Dingsda an! Vielleicht fällt euch ja etwas dazu ein.“ Alle Wichte aus der Schänke folgten den zwei jungen Wichten nach draußen. Zweckel packte das Dingsda aus und präsentierte es voller Stolz. Ein lautes Gemurmel war zu hören. Jeder hatte etwas dazu zu sagen, jedoch wusste keiner wirklich, was mit diesem Dingsda anzufangen. „Ich habe eine Idee! Geht doch einmal zu dem kauzigen Angitor vorbei. Er wohnt ganz am Ende hinter dem Fluss. Ein komischer Kauz, der recht zurückgezogen lebt. Wir im Dorf bekommen ihn nicht häufig zu sehen. Er ist schon ziemlich alt. Und ist auch schon weit umhergereist. Manche behaupten sogar, er hätte schon einmal in die Tiefe des Abgrundes geblickt!“ Diesen letzten Satz flüsterte Angetom nur noch. Das Gemurmel um sie herum war verstummt. Alle hielten den Atem an. Tiefer Abgrund!

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