Mord bei Vollmond

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Mord bei Vollmond
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Silke May

Mord bei Vollmond

München - Krimi

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Impressum neobooks

Kapitel 1

Montagmorgen 1 Uhr: Eine sternenklare Vollmondnacht lag über dem Münchner Süden. Im Polizeirevier war es nach den gewöhnlichen Einsätzen, wegen Ruhestörung und häuslichen Streitschlichtungen, wieder ruhig geworden.

Die Polizisten schrieben ihre Berichte und unterhielten sich nebenbei. Evi Kramer, eine feingliedrige junge Polizistin mit kurzen schwarzen Haaren, ist die jüngste im Revier.

Sie stand auf, ging zum Fenster und sah hinaus.

»Mei ist das eine schöne Vollmondnacht, der Mond schaut echt toll aus. Heute werden viele Babys auf die Welt kommen.«

»Solch ein Schmarrn!«, brummte Ludwig Meier, ein großer schlanker Polizist, mit dunkelbraunem welligen Haar, vor sich hin.

»Das stimmt, die Evi hat Recht. Es ist bewiesen, dass in den Vollmondnächten die meisten Geburten sind«, gab auch Rudi Moser, ein großer muskulöser Typ, mit blonden lockigen Haaren, seinen Senf dazu. Ludwigs Gesicht nahm leicht gestresste Züge an.

»Macht den Ludwig nicht nervös, seine Frau ist bestimmt noch nicht soweit – oder?«, fragte Bernd Rau, er ist von großer Statur, sehr muskulös und hat eine Vollglatze, genannt Popeye.

»In zwei Wochen ist der Termin«, gab Ludwig leicht verunsichert von sich. »Ich weiß, dass mein Papa bei Vollmond besonders aufpasst, falls bei einem unserer Viecher die Trächtigkeit dem Ende zugeht. Schließlich haben schon welche vorzeitig bei Vollmond ihre Jungen bekommen«, erklärte Evi.

»Ludwig lass dich nicht von deinen reizenden Kollegen fertig machen. Sie möchten dich nur ein bisserl verunsichern«, sagte Alois Gruber. Er ist eine kleine hagere Person mit lichtem Haar, ist ihr Revierleiter, der soeben die Wachstube betreten hatte und noch ein bisschen von dem Gespräch mitbekommen hatte. Während Ludwigs Gesicht sich zu entspannen begann, schmunzelten seine Kollegen vor sich hin und sahen fragend ihren Revierleiter an.

»Ludwig hast du dein Handy im Streifenwagen vergessen?« Ludwig griff automatisch in seine Hosentasche.

»Nein … nur nicht eingeschaltet«, stellte er nach einem Blick auf das Display vom Handy fest.

»Warum?«

»Ruf bei deiner Frau an, sie hat bei mir im Büro angerufen.«

In diesem Moment fiel Ludwig die Kinnlade hinunter.

»Na, was hab ich gsagt?«, gab Evi von sich und schmunzelte.

Ludwig rief umgehend bei seiner Frau an. Indessen spiegelte sich Nervosität und Hektik in seinem Gesicht wider. Er beendete sein Gespräch und stand auf.

»Ich muss los, das Baby kommt.«

»Soll ich dich begleiten?«, fragte Popeye sofort. Unsicher sah Ludwig seinen Chef an.

»Natürlich …, fahr du Popeye, nicht das er noch einen Unfall baut. Nehmt den Streifenwagen, zur Not kommt ihr mit Blaulicht schneller vorwärts. Lieferst seine Frau und ihn im Krankenhaus ab, anschließend kommst du gleich wieder her«, wies Alois Gruber unmissverständlich an.

Die Männer verließen sogleich das Revier, um Ludwigs Frau abzuholen. Sie hielten vor dem großen Wohnblock und sahen seine hochschwangere Frau Claudia bereits vor dem Hauseingang stehen. Ludwig sprang sofort aus dem Auto und lief auf sie zu. Er packte die am Boden stehende große Tasche und umfasste seine Frau stützend um die Taille.

»Seit wann stehst du schon hier?«

»Ich bin gerade heraus gekommen.« Ludwig verstaute die Tasche im Kofferraum und half seiner Frau beim Einsteigen.

Mit Ruhe und Gelassenheit lenkte Popeye den Wagen durch die Straßen, während Ludwig nervös mit seinen Fingern spielend, neben ihm saß.

Je mehr sie sich der Klinik näherten, umso nervöser wurde Ludwig, was Popeye nicht entging.

»Beruhige dich, man könnte direkt meinen, dass du das Kind kriegst.« »Krieg ich auch«, gab Ludwig flüsternd zurück.

»Er ist bei der Geburt dabei«, bestätigte Ludwigs Frau leidend, nach einer kurzen Wehe.

»Aha …, deshalb«, gab Popeye verstehend von sich.

»Halt mal kurz an, mir ist schlecht!«, stöhnte Ludwig.

»Das auch noch«, sprach Popeye und lenkte den Wagen an den Fahrbahnrand. Ludwig öffnete das Seitenfenster.

»Halt! Mach die Tür auf, oder glaubst du vielleicht ich putze hernach die Autotür?«

»Ich kann sowieso nicht mehr«, stellte Ludwig fest und schloss wieder das Fenster. Der Wagen setzte sich wieder in Bewegung und bei Claudia setzten erneut die Wehen ein. Sie stöhnte und röchelte vor Schmerzen. Ludwig hielt ihre Hand und streichelte sie ununterbrochen.

»Gleich haben wir es geschafft, Sie müssen nur noch wenige Minuten aushalten«, versuchte Popeye beruhigend auf die schwangere Frau einzuwirken.

»Anhalten, ich glaub jetzt kommt‘s!«, rief Ludwig. »Was? Das Kind?«, fragte Popeye geschockt.

»Nein ich …«, weiter kam Ludwig nicht, denn Popeye legte eine Vollbremsung hin und Ludwig riss eilends die Tür auf.

»Wenn das so weiter geht, dann krieg ich mein Kind noch im Streifenwagen!« Rief Claudia bereits genervt aus.

»Ludwig, wenn‘s dich so mitnimmt, dann musst du ned bei der Geburt dabei sein. Das kann ich ned brauchen, dass sich die Schwestern und die Hebamme hernach, um dich kümmern müssen.«

»Meinst du das ernst?«, fragte Ludwig skeptisch. Seine Frau nickte und gab ihn einen andeutenden Boxer ans Kinn. Sie versuchte ihn anzulächeln, was ihr anhand der Schmerzen nicht besonders gut gelang.

»Natürlich und jetzt mach schon, damit wir weiter können. Meine Wehen haben an Heftigkeit bereits zugenommen.« Ludwig schloss die Autotür. »Fahr los!«

»Was ist jetzt … musst du nicht mehr?«

»Nein!« Popeye murmelte etwas vor sich hin und fuhr los. Endlich kamen sie beim Krankenhaus an. Popeye lenkte den Streifenwagen direkt vor den Eingang und Ludwig stieg eilig aus.

»Bleib sitzen, ich bin gleich wieder da.« Bereits nach kurzer Zeit kamen zwei Krankenpfleger mit einem Rollstuhl an den Wagen gefahren. Sie halfen Claudia beim Aussteigen und setzten sie in den Rollstuhl und schoben sie in die Klinik.

»Du bleibst ja trotzdem hier … oder?«, fragte Popeye.

»Klar, ich bleib bei ihr, bis es los geht, damit sie nicht allein ist. Ich weiß ned wie lang es dauert.«

»Das ist mir schon klar, ich fahr dann mal los. Wir sehen uns dann spätestens Morgen Abend in der Spätschicht wieder. Alles Gute, Tschüss.« »Danke fürs herfahren. Du sagst dem Chef Bescheid … gell?«

»Logisch … halt die Ohren steif Kumpel, deine Frau braucht dich jetzt dringend!«

Ludwig nickte und lief ins Gebäude, während Popeye zurück zum Revier fuhr.

Zwischenzeitlich: Die schmale Olympiastraße neben der Autobahn Garmisch, wurde schemenhaft vom Vollmond erhellt. Alles war ruhig, es fuhren weder ein Auto auf dieser Straße, noch auf der Autobahn. Hin und wieder hörte man ein Rascheln im Gehölz, von umherstreifendem Wild.

Es war eine schöne Vollmondnacht, als Klaus mit seinem Mountainbike nach Mitternacht, diese alte Bundesstraße entlang fuhr. Klaus war nach einem Besuch bei seinem Freund in Forstenried, auf dem Heimweg nach Percha unterwegs.

Es war für ihn ein gelungener Abend, mit den letzten Schachzügen hatte er seinen Freund Schachmatt gesetzt. Ein Blick auf die Leuchtzeiger seiner Armbanduhr verriet ihm, dass es schon weit nach Mitternacht war. Fröhlich vor sich hinsummend radelte er zügig die Straße entlang.

Ein schnell näherkommendes Motorengeräusch unterbrach die Stille. Der Lichtkegel des herannahenden Fahrzeugs das hinter Klaus fuhr, erhellte bereits dessen Fahrbahn.

Klaus hielt sich jetzt aus Sicherheitsgründen ziemlich weit rechts am Fahrbahnrand. Als der dunkle PKW sich ihm näherte, drosselte dieser plötzlich seine Geschwindigkeit.

Auf gleicher Höhe fahrend, fuhr er kurze Zeit neben ihm und Klaus erkannte an der Kopfstellung des Fahrers, dass er ihn ansah. Plötzlich heulte der Motor des Wagens auf und seine Reifen quietschten. Der PKW raste über die Bundesstraße voraus.

»Du bist wohl besoffen? Vollidiot!«, schrie Klaus ihm nach.

 

»Dieser Blödmann, der hat sie doch nicht mehr alle beisammen – und so einer hat den Führerschein«, schimpfte er laut vor sich hin. Das Auto war bereits weit von ihm entfernt, soweit, dass Klaus nur noch die Schlusslichter sehen konnte. Am Aufleuchten der Bremslichter erkannte Klaus, dass der Fahrer sein Fahrzeug stoppte. Die hellen Rücklichter des Wagens leuchteten auf und der Wagen kam in schneller Geschwindigkeit rückwärtsfahrend zurück. Mehrere Meter vor Klaus stoppte der Wagen. Klaus war eigentlich kein ängstlicher Typ, aber diese Reaktion ließ ihn besonders aufmerksam werden. Mit den Augen tastete er schnell den Waldrand ab, ob er mit dem Rad in einen schmalen Waldweg flüchten könnte. In Sekunden kam die Ernüchterung, dass eine Flucht mit dem Rad unmöglich war. Nichts als hohes Gras und dichtes Gestrüpp, es bliebe ihm also nur zu Fuß die Möglichkeit einer Flucht. Klaus hielt an und beobachtete gespannt die Autotür des Autos.

Mit einem Fuß bereits am Boden stehend und gedanklich bereits auf dem Sprung, stand er da. Sein Herz klopfte schneller und seine Atmung hatte sich erhöht. Was wollte der oder die Fremde im Wagen von ihm? Ihn Ausrauben? Ihn kennenlernen oder Sex?

Weiter kam Klaus nicht zum überlegen, denn plötzlich fuhr der Wagen schnell rückwärts und steuerte direkt auf ihn zu. Klaus sprang vom Rad und wollte in den Wald fliehen, doch es war zu spät.

Ein schmerzhafter Schlag streckte ihn zu Boden. Der am Boden liegende verspürte weiterhin unsagbare Schmerzen, welche ihm die Räder verursachten, als sie über ihn hinweg rollten und ihn dann in Dunkelheit versinken ließen.

Die Fahrertür öffnete sich und eine dunkel gekleidete Person ging auf den am Boden liegenden Radfahrer zu. Sie prüfte mit den Fingern, ob noch Leben in ihm sei. Schnell stellte die dunkle Gestallt fest, dass der Radfahrer tot war.

»Jetzt bist du da, wo du hingehörst«, murmelte eine kehlige Männerstimme, packte den Toten an den Armen und schleifte ihn ins Gestrüpp, um ihn hinter einem Holzstoß abzulegen.

Während der Täter das Rad verschwinden lassen wollte, näherte sich auf der Autobahn, mit nicht sehr hoher Geschwindigkeit, ein in Richtung Garmisch fahrendes Auto.

Der Verbrecher begriff sehr schnell, dass die Stelle wo er sich befand von der Autobahn sehr gut einzusehen war und reagierte unwillkürlich. Das Rad liegen lassend, rannte er zu seinem Wagen und brauste damit auf der Bundesstraße weiter.

Die Beifahrerin des PKW‘s auf der rechten Fahrspur der Autobahn, sah hinüber zur Bundesstraße und sah dort das Fahrrad auf der Straße liegen. »Heinz, da liegt ein Fahrrad auf der Straße, ob da was passiert ist?« Heinz drosselte sofort seine Geschwindigkeit und versuchte einen Blick zur Straße hinüber zu riskieren.

»Ich kann nichts sehen, wir sind noch zu schnell unterwegs. Wir fahren kurz vor Wangen auf den Parkplatz, von dort führt eine Zufahrt auf diese Straße.«

»Was ist, wenn da was passiert ist, soll ich nicht schon einmal vorab die Polizei anrufen?« Heinz schüttelte den Kopf.

»Nein, hernach hat da irgendeiner nur sein Fahrrad von der Halterung seines Autos verloren.«

Sie verließen die Autobahn und fuhren auf den Parkplatz und von dort auf dieser Straße neben der Autobahn zurück, wieder in Richtung München. Im weiten Lichtkegel ihrer Scheinwerfer erkannten sie das Fahrrad auf der Straße liegend. Sie näherten sich und sahen, dass dieses Mountainbike beschädigt war.

»Hier hat es einen Unfall gegeben«, stellte Heinz entsetzt fest und stoppte seinen Wagen so, dass der Lichtkegel seiner Scheinwerfer die Unfallstelle erhellte. Er schaltete die Warnblinkanlage ein und schaltete den Motor ab. »Komm!«, sagte er und warf seiner Frau einen kurzen Blick zu.

»Nein geh du allein, wer weiß wie der Radfahrer aussieht. Ich ruf inzwischen die Polizei und die Rettung an.«

»Wart noch ein bisserl, mit dem Anrufen … ich schau erst einmal nach.« Seine Frau Barbara nickte.

»Okay.«

Heinz stieg aus und näherte sich mit gemischten Gefühlen dem vermeintlichen Unfallort. Nur noch wenig Schritte davon entfernt, erkannte er, dass der Radfahrer fehlte. Aufatmend ging er zu dem auf der Straße liegenden verbeulten Mountainbike.

»Es ist anscheinend jemanden während der Fahrt vom Auto gefallen«, murmelte er erleichtert vor sich hin. Wie er jedoch näher kam, sah er eine Blutlache auf dem Boden und eine blutverschmierte Schleifspur, die ins Gebüsch führte.

Heinz folgte der Spur und sah hinter dem Holzstoß den Radfahrer liegen. Mit zitternden Händen fasste er zaghaft dem im Gehölz liegenden Mann an den Hals und stellte fest, dass der Körper noch warm war, jedoch dieser keinen Pulsschlag mehr hatte.

Heinz rannte zurück zu seinem Wagen.

»Ruf die Polizei an, es gibt einen Toten!« Barbara sah ihn entsetzt an. »Hast du einen Toten gesagt?« Ihr Mann nickte.

»Ja …, er wurde zusammengefahren und hinter einen Holzstapel abgelegt. Mit einem toten Tier geht man nicht einmal so um. Der verschwundene Autofahrer ist ein Mörder«, gab Heinz wütend und zugleich entsetzt von sich.

»Warum hat er dann nicht das Rad verschwinden lassen?«

»Wahrscheinlich wurde er gestört, von einem auf der Autobahn herannahenden PKW … Womöglich sogar von uns, denn der Tote ist noch warm.«

»Du meinst, wir haben ihn gestört? Warum haben wir ihn dann nicht gesehen?« Heinz zuckte mit den Schultern.

»Ich bin so aufgeregt. Ruf du an, ich kann nicht.« Barbara hielt ihrem Mann das Handy entgegen und dieser tippte die Nummer der Polizei ein. Hinterher warteten sie auf das Eintreffen der Polizei am Unfallort.

Später im Revier: »Uaah …«, lautes Gähnen ertönte im Raum. Evi Kramer sah zu ihrem Kollegen Rudi Moser, der am Nebentisch saß und die Arme hoch streckte und gähnte.

»Geht‘s nicht noch ein bisserl lauter?«, fragte sie ihn Kopfschüttelnd. »Nein, warum?«

»Ich mein halt nur, dass du mich ziemlich erschrocken hast.«

»Du hast geschlafen? Entschuldige … ich wollt dich ned wecken.«

»Nein hab ich nicht!«, empörte sie sich und Rudi lachte laut auf.

»Klar hast du gepennt«, antwortete Rudi. Im Nebenzimmer klingelte das Telefon von ihrem Revierleiter.

»Wetten das es wieder irgendwo eine Ruhestörung gibt?«

»Wahrscheinlich und diesmal müssen wir los, weil Popeye und Ludwig ned da sind«, stellte Evi fest. In diesem Moment, betrat Revierleiter Gruber den Raum.

»Es gibt einen Einsatz, ihr müsst zur alten Starnberger Straße, dort liegt ein kaputtes Rad auf der Straße?«

Evi und Rudi sahen ihren Vorgesetzten fragend an. »Ich glaub ich hör ned richtig! Nur weil so ein Depp ein kaputtes Radl auf die Straße schmeißt, müssen wir es wegräumen!«, gab Rudi energisch von sich.

»Mensch, lass mich ausreden …! Natürlich nicht nur wegen des kaputten Radls, es gibt auch einen Toten. Mit Fahrerflucht des Unfallverursachers.« Rudi und Evi standen in Sekunden neben ihren Schreibtischen.

»Also wir fahren los. Zur Olympiastraße … und auf welcher Höhe ungefähr?«

»Ihr werdet vom Anrufer an der Unfallstelle erwartet, er hat alles abgesichert. Den Unfallort könnt ihr sicher schon von weitem sehen. Schaut euch am Unfallort genau um, ich verlass mich auf euch!«

»Klar Chef, du kannst dich auf uns verlassen«, bestätigte Evi und schob Rudi zur Tür.

Die nächtliche frische Luft einatmend, blieben sie kurz neben ihrem Wagen stehen.

»Kannst du mir mal sagen, warum manche Typen mitten in der Nacht mit dem Radl auf der Straße unterwegs sein müssen? Um diese Zeit fährt doch kein normaler Mensch mit dem Radl. Noch dazu in so einer einsamen Gegend?«, fragte Rudi. Evi grinste ihn an.

»Warum grinst du?«

»Weil ich auch schon oft mit dem Radl von der Nachtschicht heimgefahren bin.«

»Du gehörst auch zu diesen leichtsinnigen Typen, die es damit förmlich drauf anlegen, dass mal etwas passiert!«

»Schmarrn, was soll denn schon passieren?«

»Was glaubst du, warum wir jetzt unterwegs sind?« Sie stiegen in ihren Streifenwagen und fuhren los. Schon von weitem sahen sie die Lichter eines Autos, das die Fahrbahn der Unfallstelle gut sichtbar erhellte. Sie näherten sich dem Unfallort zeitgleich, mit einem von Starnberg herkommenden Notarztwagen.

»Hast du schon einmal einen Radfahrer gesehen der durch einen PKW getötet wurde?«, fragte Evi. Rudi schüttelte den Kopf.

»Verletzt ja, aber noch nie getötet. Auf jeden Fall können wir uns schon einmal auf einen schlimmen Anblick vorbereiten.« Evi seufzte verhalten. Sie hielten kurz vor der Unfallstelle an und stiegen aus. Heinz der PKW Fahrer ging sogleich auf die Polizisten zu. Aufgeregt fing er sofort zu erzählen an.

»Meine Frau hat von der Autobahn aus, das Rad auf der Straße liegen sehen und dann haben wir bei der Ausfahrt nach Wangen die Autobahn verlassen und fuhren das Stück bis hierher zurück. Ich dachte zuerst, dass jemand das Rad vom PKW gefallen wäre, bis ich dann die blutige Schleifspur sah.

»Wo liegt der Tote?«, fragte Rudi. Heinz deutete zum Gebüsch am Waldrand.

»Dort … hinter einem Holzstoß liegt er.«

Rudi entging nicht, dass die Hand von Heinz stark zitterte und machte einen der Notärzte darauf aufmerksam.

»Kümmert’s euch bitte um den Mann, vielleicht braucht er etwas zur Beruhigung.«

»Okay, aber erst schaun wir mal, ob der Verunfallte auch wirklich tot ist«, antwortete dieser leise.

Rudis Taschenlampe erhellte den mit Blut überströmten Körper. Mehrere offene Wunden am Kopf und Brustbereich klafften weit auseinander. Rudi hielt Evi zurück als sie sich nähern wollte.

»Bleib weg, das schaut bös aus. Es reicht, wenn ich es anschaun muss. Kümmere du dich bitte um die Aussagen der Zeugen.«

Rudi machte mit seinem Handy Aufnahmen vom Toten, um es später besser protokollieren zu können. Der Notarzt hatte sich zu dem Verletzten gebückt und untersuchte ihn.

»Stimmt … der Mann ist tot, da kann man nix mehr machen. Ich kümmere mich jetzt um den Mann der den Toten entdeckt hat, womöglich hat er einen Schock erlitten.«

Rudi sah noch einmal zum Toten und nahm sein Handy zur Hand und telefonierte mit dem Revierleiter. Gruber informierte anschließend sofort die Spurensicherung und den Gerichtsmediziner und ordnete an, dass sie beide Vorort bleiben sollten, bis die Mannschaft angekommen war.

Evi hatte inzwischen die Aussagen des Ehepaares aufgenommen, als Rudi sich näherte.

»Geht’s ihnen gut?«, fragte er den Mann, dieser nickte. »Können Sie heute noch zu uns aufs Revier kommen? Wir brauchen ihre Aussage mit Unterschrift.«

»Ja, wir unterbrechen unsere Urlaubsfahrt und fahren erst morgen Mittag in den Urlaub. Wir fahren wieder heim, wir wohnen ja nicht weit von hier.«

»Ist in Ordnung, dann können‘s jetzt heim fahren, wenn meine Kollegin alles aufgenommen hat. Danke.«

»Ich hab alles, aber darf er überhaupt ans Steuer?« Der Arzt schüttelte verneinend den Kopf.

»Ich fahre!«, bestätigte seine Frau.

»Kommen Sie gut heim«, sagte Rudi und ging auf den Arzt zu.

»Und wie schaut‘s aus, war er gleich tot?«

»Den Verletzungen nach zu urteilen, ist es auf jeden Fall sehr schnell gegangen. Wir sind dann fertig, wie lang habt ihr noch Dienst?«

»Noch zwei Stunden, dann sind wir auch fertig – wenn nicht noch ein Einsatz reinkommt der alles wieder verzögert.« Der Doktor klopfte Rudi auf die Schulter.

»Ich heb euch die Daumen, dass keiner kommt. Wir sind besser dran, unsere Ablösung dürfte schon anwesend sein, wenn wir bei der Station ankommen. Servus und noch eine ruhige Restzeit.«

Rudi und Evi warteten auf die Ankunft des Leichenwagens der Spurensicherung und des Gerichtsmediziners.

Rudi fotografierte mit seinem Handy das am Boden liegende kaputte Mountainbike und suchte die Straße vergeblich nach Bremsspuren ab. »Wieso fotografierst du das?«

»Weißt Evi, hernach wenn ich meinen Bericht schreibe, dann tu ich mich einfach leichter mit den Erklärungen.«

»Schau jetzt kommen Autos, vielleicht ist das schon die Spurensicherung, dann könnten wir zum Revier zurück fahren.«

Die Lichtkegel des herannahenden Fahrzeugs wurden immer größer und als sie nah genug waren, erkannten sie, dass es ihre Kollegen von der Spurensicherung waren.

»Hallo …, schön dass ihr schon da seid«, begrüßte sie Rudi. Der Leiter der Spurensicherung öffnete seine Autotür.

»Servus …, ist der Notarzt schon weg, oder war er noch nicht da?«, fragte einer der Männer.

 

»Was glaubt‘s ihr denn, dass wir den Notarzt erst anrufen nachdem ihr da seid?«

»Stimmt, das war jetzt blöd von mir. Habt’s ihr einen Bericht von ihm bekommen? Wo liegt der Tote?«

Rudi hielt ihm die Durchschrift des Formulars vom Notarzt hin.

»Kommt keiner von der Kripo?«, fragte Evi.

»Nö … nur bei Mord und das scheint ja wohl eher ein Unfall mit fatalen Folgen zu sein. Die kriegen dann nur von euch und uns einen ausführlichen Bericht inklusive das Schreiben vom Notarzt.

Also Herrschaften, schreibt‘s einen schönen, langen und ausführlichen Bericht …«

»Komm‘s mit … ich zeig‘s euch«, unterbrach Rudi den Leiter der Spurensicherung, der inzwischen wie seine Kollegen aus dem Auto gestiegen war.

»Der Verursacher ist natürlich verschwunden, der Dreckskerl«, gab der Leiter der Truppe von sich.

»So ist es. Braucht‘s ihr uns noch oder können wir ins Revier fahren?«

»Ihr könnt‘s schon fahren. Den Leichenwagen habt’s ja bestellt oder?« »Klar, der wird auch gleich hier sein.«

»Okay, bis wir fertig sind, dauert’s ja noch eine Weile, da wird er schon in der Zwischenzeit kommen.«

Beide Polizisten gingen zu ihrem Streifenwagen.

»Lasst mich fahrn?«, fragte Evi.

»Gerne, wenn du willst«, antwortete Rudi und ging auf die Beifahrerseite, um einzusteigen.

»Hat er schlimm ausgeschaut?«, fragte Evi.

»Mir hat’s auf jeden Fall gereicht.« Evi sah auf die Uhr.

»Jetzt ist sowieso bald Feierabend, schau es ist ja schon vier Uhr vorbei. In knapp zwei Stunden ist unser Dienst beendet. Dann kannst du dich erholen und abschalten.«

»Ich werde es versuchen, aber das Bild seiner Verletzungen wird wahrscheinlich noch im Hirn bleiben.«

»Das klappt schon, du musst nur deine Gedanken auf etwas anderes lenken.«

»Habt’s alles erledigt?«, begrüßte sie Alois Gruber ihr Revierleiter.

»Klar wie immer, ich hab sogar Bilder gemacht vom Toten und dem Unfallort. Übrigens die Zeugen kommen heut noch vorbei, um das Protokoll zu unterschreiben.«

»Gut, dann schaut’s dass ihr es fertig habt’s bevor euer Dienst beendet ist.«

Gruber ging zurück in sein Büro und Rudi setzte sich an seinen Schreibtisch. Evi war in Begriff den Raum zu verlassen, als Rudi bereits seine Vorbereitungen zum Schreiben traf.

»Wo gehst du hin?«, fragte er neugierig.

»Ich mach uns einen Kaffee und außerdem muss ich mal.«

»Kannst mir was zum Knabbern mitbringen?«

»Haben wir überhaupt noch was da?«

»Ich denke im Kühlschrank muss noch was sein.« Evi lachte laut auf. »Den Weg zum Kühlschrank kann ich mir sparen, da war kurz bevor Ludwigs Frau anrief, der Popeye dran, der hat bestimmt den letzten Rest verputzt.«

»Das mach ich nicht! Ich esse nichts von einem Kollegen, bevor ich ihn gefragt habe«, protestierte Popeye, der soeben von draußen hereinkam. »Ha …, dass ich nicht lache. Was war denn mit meinen Wienerwürstl‘n?«, fragte Evi.

»Ähm … meinst du die Wienerwürstchen?«

»Hier in Bayern heißen‘s Würstl, wann wirst du endlich heimisch?«, fragte Evi.

»Hallo geht’s noch? Ich kann mich nicht auf meinen Bericht konzentrieren, wenn ihr hier wegen so einem saudummen Würstl diskutiert’s«, unterbrach Rudi seine Kollegin.

Plötzlich herrschte Ruhe im Revier.

Evi holte Kaffee für sich und Rudi und setzte sich dann an ihren Schreibtisch, ihm gegenüber.

»Hast den Ludwig mit seiner Frau in der Klinik gut abgeliefert?«, fragte sie Popeye.

»Klar, was denkst du denn?«

»Geht’s seiner Frau gut, hatte sie Angst?«

»Nö … sie war cool, aber Ludwig war ziemlich gestresst.«

»War bei euch inzwischen was los?«

»Hmm, das kann man wohl sagen, auf der schmalen Straße neben der Autobahn Garmisch, hat‘s einen Mountainbiker tödlich erwischt. Der Mistkerl von Autofahrer ist natürlich abgedampft.«

»Du meinst verschwunden?«

»Ned schon wieder! Logisch was denn sonst? Sag mal wie lang bist du jetzt bei uns in Bayern?«, fragte sie. »In Bayern sieben Jahre und davon drei Jahre bei euch hier im Revier.«

»Glaubst ned, dass es dann langsam Zeit wird sich mit unserer Sprache zu beschäftigen?«

»Jetzt hört mit dem Schmarrn auf, es gibt Wichtigeres als euer Geplänkel!«, sagte Rudi endgültig genervt.

»Sag mal Rudi, hast du das Radl auf Lackspuren untersucht?«, fragte Evi. »Ja …, da waren keine Lackspuren.«

»Das gibt’s ned! Sofern das Auto übers Radl gfahrn ist, dann hinterlässt es doch Lackspuren? Das stimmt doch, gell Popeye?« Popeye nickte.

»Nicht immer … wenn‘s ein großer Wagen war, dann kommt er womöglich nur mit der Stoßstange an«, stellte Rudi fest.

»Tja, schaun wir mal was die Spurensicherung dazu meint«, sagte Evi. »Wollt ihr heute keinen Feierabend machen? Die Morgenschicht ist soeben am Parkplatz eingetroffen«, fragte Alois Gruber der Revierleiter der soeben den Raum betreten hatte.

Evi sah auf die Uhr an der Wand neben dem Eingang.

»Es ist ja schon sechs Uhr! Rudi komm, lass uns gehn!«

»Gleich … ich muss nur noch den Satz zu Ende schreiben.«

»Mei bist du noch ned fertig?«, stöhnte Evi.

»Hättet ihr ned die ganze Zeit wegen der dämlichen Wurst diskutiert, dann hätte ich mich besser konzentrieren können und wäre jetzt fertig!« »Sorry … ich wusste nicht, dass dir eine Wurst die Konzentration rauben kann«, sagte Popeye und lachte verschmitzt. Alle im Raum fingen zu lachen an und Rudi stimmte mit ein.

Rudi und Evi standen auf und verließen das Revier.

»Soll ich dich heimfahren?«

»Nein danke, ich bin mit dem Radl da.« Rudi sah seine Kollegin an und schüttelte den Kopf. Evi zuckte nur kurz mit den Schultern.

»Ich weiß … aber es dämmert ja schon.«

»Du hast Glück, weil schönes wolkenloses Wetter ist, ansonsten wär es noch ganz schön dunkel. Warum fährst du denn ned mit dem Auto?«

»Das braucht mein Papa.«

»Aha … ein sogenanntes Familienauto.« Evi nickte.

»Wobei mein Vater die größeren Rechte drauf hat, er hat es schließlich bezahlt.«

»Okay … Evi komm gut heim und schlaf dich aus, damit du heut Abend wieder fit bist. Servus.«

»Servus Rudi, du auch und komm gut heim.«

»Servus Popeye«, sagten beide wie aus einem Mund.

»Tschüss ihr beiden, bis abends.«

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