Constanze Manziarly

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Constanze Manziarly
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Stefan Dietrich

Constanze Manziarly

Hitlers letzte Diätköchin


IMPRESSUM

Dietrich, Stefan:

Constanze Manziarly –

Hitlers letzte Diätköchin

1. Auflage — Berlin: Berlin Story Verlag 2021

ISBN 978-3-95723-154-3

eISBN 978-3-95723-713-2

© Berlin Story Verlag GmbH

Leuschnerdamm 7, 10999 Berlin

Tel.: (030) 20 91 17 80

Fax: (030) 69 20 40 059

UStID: DE276017878

AG Berlin (Charlottenburg) HRB 132839 B

www.BerlinStory.de, E-Mail: Service@BerlinStory.de

Umschlag und Satz: Norman Bösch

WWW.BERLINSTORY.DE

INHALT

Vorwort

Die Vorgeschichte

Constanze wird Hitlers Diätköchin

Auf dem Berghof

In der Wolfsschanze

Reichskanzlei und Adlerhorst

Im Führerbunker

Das Ende

Nach dem Verschwinden

Anhang

Literatur

Bildnachweis

Briefe


Kuvert eines Briefes von Constanze Manziarly an ihre Schwester in Innsbruck vom Dezember 1944

VORWORT

Noch ein Buch über Hitlers Hofstaat? Was ist interessant an Constanze Manziarly, Adolf Hitlers Diätköchin, und ihren Erlebnissen im Führerhauptquartier? Aufgrund der Briefe, die sie vom Obersalzberg, aus der Wolfsschanze und aus Berlin an ihre Familie geschrieben hat, wird man die Geschichte des Dritten Reichs nicht umschreiben müssen. Trotzdem sind sie eine außergewöhnliche und aufschlussreiche Quelle. Was diese Aufzeichnungen aus der Flut der Erinnerungsberichte über das Leben in Hitlers Macht- und Herrschaftszentrum abhebt, ist vor allem, dass sie Quellen im eigentlichen Sinn des Wortes sind. Es handelt sich eben nicht um Memoiren, die rückblickend, mit dem Wissen über den Ausgang der Ereignisse, geschrieben wurden und verzerrt sind vom Hang zur Rechtfertigung, von nachträglichen Interpretationen und Deutungen. Constanze Manziarly schrieb ihre Briefe für den Augenblick und nicht für die Nachwelt. So überrascht es nicht, dass ihr Blick im Vergleich zu den bekannten Erinnerungswerken oft nüchtern ist und keine theatralischen Enthüllungen bietet, wohl aber in scheinbar nebensächlichem Ton manches überraschende und bemerkenswerte Detail vermittelt. Was sie beobachtete und was sie bewegte, besticht mitunter gerade durch seine Schlichtheit und vermeintliche Banalität. Constanze Manziarlys authentische, zeitnahe und unsentimentale Innensicht vermittelt eine Ahnung von der Stimmung, der Atmosphäre und den Lebensbedingungen im Umfeld des Diktators, dessen Charakter seine ehemaligen engsten Mitarbeiter in ihren rückblickenden Schilderungen oftmals als eine Mischung von dämonisch und väterlich-fürsorglich dargestellt haben.

Ihr tragischer Tod, den sie mit größter Wahrscheinlichkeit am 2. Mai 1945, zwei Tage nach ihrem „Chef“, im umkämpften Berlin erlitt, nahm Constanze Manziarly die Möglichkeit, ihre Erinnerungen um und neu zu deuten und zu interpretieren. So sind ihre Briefe und die wenigen sonstigen Informationsbruchstücke, die auf anderem Weg, etwa telefonisch, zu ihrer Familie gelangten, in sich abgeschlossene, für sich stehende Quellen und enthüllen eine ebenso spannende wie tragische Geschichte. Dass Constanze Manziarly durch seltsam anmutende Zufälle und gegen ihren Willen für einige Monate zu einer „Nebendarstellerin der Weltgeschichte“ wurde, ist aber nur ein Teil dieser Geschichte. Ihr Leben steht in vieler Hinsicht exemplarisch für ihre Generation, für viele junge Menschen, die damals in den Strudel der dramatischen Ereignisse gerieten – manchmal unfreiwillig, oft genug aber auch willig, ja begeistert; und noch häufiger wohl, ohne sich allzu viele und in die Tiefe gehende Gedanken darüber zu machen, was um sie herum vorging und was mit ihnen und anderen geschah.

Constanze Manziarly, Jahrgang 1920, wurde von den Zeitereignissen wie viele ihrer Altersgenossen rücksichtslos aus ihren gewohnten Lebenszusammenhängen gerissen, ihre persönliche Lebensplanung war über Nacht hinfällig. Und wie viele Gleichaltrige bezahlte auch sie den Machthunger und Größenwahn Adolf Hitlers mit dem Leben. Sie gehörte einer Generation an, die einerseits zum Opfer wurde, der man andererseits aber kritische Fragen nicht ersparen kann. Einer Generation, die fanatische junge SS-Männer ebenso hervorbrachte wie Hans und Sophie Scholl – und Constanze Manziarly, die Diätköchin des „Führers“.

Anstoß, mich mit dem Leben der jungen Tirolerin zu beschäftigen, gaben die Erinnerungen einer anderen jungen Frau, die fast gleich alt war wie Constanze, eine rangmäßig ähnliche Position in Hitlers Gefolge einnahm und wohl auch vom Denken und Fühlen her als so etwas wie Constanzes Alter Ego betrachtet werden kann: Hitler-Sekretärin Traudl Junge erwähnt in ihren Erinnerungen das „Fräulein Manziarly“ als „die junge Innsbrucker Diätköchin, die eigentlich Lehrerin werden wollte und nur vorübergehend bei Hitler in Dienst getreten war“.1 Es weckte mein Interesse, hier von einer Frau zu lesen, die im Führerhauptquartier tätig gewesen war und aus derselben Gegend stammte wie ich. Ich wollte mehr über sie erfahren. Allerdings erwies sich das als schwieriger als gedacht. In der Literatur fand ich jeweils nur kurze Erwähnungen, wenige verstreute Bruchstücke über die Tirolerin in Hitlers Diensten; Bruchstücke, die noch dazu oft nicht recht zusammenpassten. Auch bei Traudl Junge, die Constanze mehrfach erwähnt, bleiben ihre Konturen als Person undeutlich, ja fast phantomhaft. Der Gedanke, in ihrer Heimatstadt Innsbruck vielleicht noch Spuren finden zu können, ließ mich nicht mehr los.

Ich begann die Recherche zögerlich, hatte dann aber unerwartet großes Glück, als es mir nicht nur gelang, Constanzes Schwester Susanne Schiessl (1918-2014) ausfindig zu machen, sondern auch das Vertrauen dieser beeindruckenden und bemerkenswert klar und kritisch denkenden alten Dame zu gewinnen. Sie stand mir trotz ihres hohen Alters nicht nur für mehrere Gespräche zur Verfügung, sondern gab mir auch Einblick in verschiedene Dokumente, darunter auch 18 Briefe, die Constanze aus Berchtesgaden bzw. aus den diversen Führerhauptquartieren an die Familie in Innsbruck geschrieben hat.2 Auch zahlreiche Fotos wurden mir zur Verfügung gestellt. So war es möglich, ein Lebensbild von Constanze Manziarly zu zeichnen, das zwar nicht lückenlos ist, aber doch so interessant, dass es wert ist, ausführlich dargestellt zu werden.

Nach dem Tod von Susanne Schiessl fand ich bei ihrer Tochter Susanne Pasnocht, Constanzes Nichte, dasselbe Interesse und viel wohlwollende Unterstützung. Herzlichen Dank dafür.

Stefan Dietrich,

Mai 2020

1Junge/Müller, S. 164

2Die Originale der Briefe und Dokumente, aus denen im Folgenden immer wieder zitiert wird, befinden sich im Besitz der Familie, Reproduktionen davon in der Sammlung des Autors.

DIE VORGESCHICHTE

Im Film Der Untergang von Bernd Eichinger aus dem Jahr 2004, der sich mit dem Ende Adolf Hitlers und des Dritten Reichs im Berliner Führerbunker beschäftigt, hat Constanze Manziarly, die Diätköchin des Diktators, ein halbes Dutzend kurzer Auftritte. Dargestellt von der Tiroler Schauspielerin Bettina Redlich, begegnen wir einer drallen, resoluten, manchmal mürrischen, manchmal verängstigten jungen Frau, die an eine Kellnerin des Münchner Oktoberfests erinnert: hausbacken und mit leicht vulgären Zügen. Man erkennt das Klischeebild der Tirolerin. Dem gegenübergestellt werden kann eine kurze authentische Szene aus dem Film, den Eva Braun am 3. Juni 1944 bei der Hochzeit ihrer Schwester Gretl mit dem SS-General Hermann Fegelein drehte. Die Sequenz, die wohl in der Küche des Kehlsteinhauses auf dem Obersalzberg entstand, zeigt die reale Constanze Manziarly – es sind die einzigen bewegten Bilder, die von ihr bekannt sind. In der kaum vier Sekunden langen Szene tritt uns eine völlig andere Person entgegen: eine hübsche, zierliche, freundlich lächelnde junge Frau, die trotz ihrer Küchenkleidung Eleganz ausstrahlt.

 

Constanze Manziarly im Film „Der Untergang“, dargestellt von Bettina Redlich

Dasselbe gilt für das letzte von ihr aufgenommene Foto, das sich im Besitz der Familie befindet. Dieses Bild, auf dem man die junge Frau aus dem Film Eva Brauns mühelos wiedererkennt, wurde laut ihrer Schwester Susanne 1943 in einem Fotoatelier in Berchtesgaden gemacht, als Constanze als Praktikantin im Kurheim Zabel arbeitete. Dieses Foto unterscheidet sich deutlich von einem von Hitlers Leibfotografen Heinrich Hoffmann aufgenommenen Bild, das bisher als Abbildung Constanze Manziarlys kursierte und nach wie vor im Internet zu finden ist. Zu sehen ist darauf eine junge Frau zusammen mit Arthur Kannenberg, dem Hausintendanten der Berliner Reichskanzlei. Schon die Datierung des Hoffmann-Bildes auf April 1943 lässt vermuten, dass hier ein Zuordnungsfehler vorliegt, denn zu diesem Zeitpunkt arbeitete Constanze noch als Hilfslehrerin in Innsbruck. Möglicherweise stellt das Foto Marlene von Exner dar, Constanzes Vorgängerin, von der noch die Rede sein wird. Diese Verwirrung ist nur eine von vielen Unklarheiten um die Innsbrucker Diätköchin und ebenso symptomatisch wie der geschilderte Gegensatz zwischen der realen Constanze und ihrer späteren Darstellung im Film. Beides begründet sich vor allem im bisherigen Mangel an zuverlässigen Quellen, die bis dato aus bruchstückhaften, zum Teil fehlerhaften Erwähnungen in der Erinnerungsliteratur bestanden, in der oft sogar ihr Name falsch geschrieben wird. Die Quellen, die diesem Buch zugrunde liegen, vor allem eine Sammlung von Briefen, zeichnen ein anderes Bild. Constanze Manziarly war kein tollpatschiges Mädchen vom Lande, sondern eine gebildete junge Frau aus bürgerlichem Milieu, eine talentierte Pianistin, sprach Englisch und Französisch und gehörte vermutlich zu den kultiviertesten Mitgliedern von Hitlers (bekanntlich nicht besonders intellektueller) Entourage.

So sah Constanze tatsächlich aus: Standbild aus einem Film von Eva Braun vom Juni 1944 (oben) und ein Porträtfoto von 1943.


Constanzes familiärer Hintergrund ist durchaus bemerkenswert. Allein das Leben ihrer Großmutter väterlicherseits könnte Stoff für Filmdrehbücher liefern. Die Mutter ihres Vaters, Anna Schönpflug, Freiin von Gamsenberg (1852-1937), stammte aus dem Landadel Österreich-Ungarns und dürfte im Wien des späten 19. Jahrhunderts als selbstbewusste junge Frau mit einnehmender Persönlichkeit und Ausstrahlung aufgefallen sein. Sie lernte einen rumänischen Fürsten kennen und folgte diesem in seine Heimat, das erst 1877 vom osmanischen Reich unabhängig gewordene Königreich Rumänien. Nach offizieller Familienchronik wurde sie dort seine Frau. Jüngere Familienmitglieder haben allerdings kein Problem damit, auch über die „inoffizielle“ Überlieferung zu dieser ungewöhnlichen Verbindung zu berichten: Demnach war Anna die Geliebte des (möglicherweise verheirateten) Fürsten, wurde aber, um standesgemäß in den höheren Kreisen verkehren zu können, mit einem befreundeten Großgrundbesitzer, Konstantin Manziarly, verheiratet.


Constanzes Großmutter väterlicherseits, Anna Manziarly, geb. Schönpflug, Freiin von Gamsenberg (1852-1937)

In den 1880er-Jahren lebte Anna Manziarly in Craiova in Rumänien und brachte drei Söhne des Fürsten zur Welt: Andreas (Constanzes Vater), Konstantin und Alexander. Die Kinder wurden nach griechischorthodoxem Ritus getauft und trugen den Familiennamen Manziarly. Die Herkunft dieses Namens konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden. In österreichischen Zeitungen des 19. Jahrhunderts scheint er mehrfach in Wien und Umgebung sowie in Ungarn auf, dürfte aber weder ungarisch noch rumänisch sein. Denkbar sind Wurzeln im griechisch-byzantinischen Kulturkreis.


Constanzes Vater Andrä Manziarly (Mitte) mit seinen Brüdern Konstantin und Alexander, Fotografie aus den 1890er-Jahren

In den 1890er-Jahren verließ Anna Rumänien und kehrte mit ihren Söhnen nach Wien zurück, wo sie – offenbar mit den nötigen Mitteln dafür ausgestattet – ein Leben in gehobenen gesellschaftlichen Verhältnissen führte. Laut Familienüberlieferung kam Annas Ehemann Konstantin Manziarly 1907 bei Bauernaufständen in Rumänien ums Leben, angeblich ertrank er auf der Flucht in einem Fluss.

Die Söhne wuchsen in Wien heran, studierten und wurden, wie damals in der gehobenen Gesellschaft üblich, Reserveoffiziere der k. u. k. Armee. Dass sie der griechisch-orthodoxen Kirche angehörten, spielte in der multikulturellen Metropole des Vielvölkerstaats Österreich-Ungarn zweifellos keine Rolle. Der 1886 geborene Andreas (Andrä), der Vater Constanzes, studierte an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, schloss das Studium mit dem Ingenieurtitel ab und wurde als Agrarfachmann in den Staatsdienst übernommen. 1911 heiratete er die Lehrertochter und Konzertpianistin Anna Hummel aus Baden bei Wien. Im Jahr 1913 übersiedelte das Ehepaar nach Innsbruck, wo Andrä Manziarly eine Stelle bei der Agrarbehörde des Landes Tirol antrat. Der Erste Weltkrieg griff dramatisch ins Leben der Familie ein: Bereits 1914 fielen Alexander und Konstantin Manziarly bei Kämpfen gegen die russische Armee in Galizien. Wahrscheinlich war der Verlust zweier Söhne der Familie der Grund, warum Andrä, obwohl ebenfalls Reserveoffizier, nicht zum Frontdienst eingezogen wurde. Er verbrachte offenbar den Großteil der Kriegsjahre in seiner Stellung als Beamter in Innsbruck. Im Jahr 1917 wurden Andrä und Anna Manziarly Eltern eines Sohnes, der jedoch nach wenigen Tagen starb. 1918 wurde die Tochter Susanne geboren, am 15. April 1920 kam Constanze zur Welt.

Als Musikliebhaber gaben die Eltern ihren Töchtern Namen von Frauenfiguren aus Mozart-Opern: Für Susanne stand Die Hochzeit des Figaro Pate, für Constanze Die Entführung aus dem Serail, vielleicht auch Mozarts Ehefrau. Constanzes Vorname soll angeblich Hitler, der sich für einen Musikkenner hielt, beeindruckt haben. In ihren Erinnerungen erwähnt die Sekretärin Christa Schröder, dass ihr „Chef“ einmal schwärmte: „Ich habe eine Köchin mit einem Mozartnamen!“3


Andrä Manziarly mit seinen Töchtern Constanze (l.) und Susanne, ca. 1930

Beide Töchter werden nach orthodoxem Ritus getauft. Dass Constanze der griechisch-orthodoxen Kirche angehört, dürfte zu der irrtümlichen Behauptung geführt haben, sie sei die Tochter „eines Griechen und einer Tirolerin“. Diese falsche Behauptung zieht sich durch nahezu die gesamte Führerbunker-Literatur. Vielleicht kam irgendwann im Kollegenkreis ihre Konfession zur Sprache und das führte, zusammen mit dem exotisch klingenden Namen, zu der falschen Assoziation, ihr Vater sei Grieche. Tatsächlich waren beide Eltern österreichische Staatsbürger, der Vater in Wien aufgewachsen, die Mutter stammte aus Baden bei Wien.

Die Frauenoberschule bei den Ursulinen in Innsbruck, die Constanze und ihre Schwester besuchten

Im provinziellen Innsbruck der Nachkriegszeit führte die Familie ein beschauliches bürgerliches Leben. Die Auflösung der k. u. k. Monarchie, der Sturz des Kaisers und die Reduzierung Österreichs auf einen Kleinstaat mit republikanischer Staatsform und erheblichen wirtschaftlichen Problemen dürften zwar auch an den Manziarlys nicht spurlos vorübergegangen sein, doch lebte die Familie in materiell gesicherten Verhältnissen. Im Krisenjahr 1929 kaufte der Vater in der Tiroler Hauptstadt sogar eine ansehnliche Villa, die zum Familiensitz wurde. Von den Obstbäumen im großen Garten und den Problemen bei der Obsternte ist später in den Briefen Constanzes mehrfach die Rede.

Man legte Wert auf eine gediegene Ausbildung der Töchter. Beide besuchten nach der Volksschule die Frauenoberschule bei den Ursulinen in Innsbruck. Bei Constanze entdeckte man eine besondere musikalische Begabung, die die Eltern – die Mutter war Pianistin – nach Kräften förderten. Der Vater wird als streng und autoritär, mitunter despotisch beschrieben, wurde aber von seinen Töchtern, um deren Wohlergehen und Fortkommen er sichtlich besorgt war, sehr geliebt. Das beweisen nicht zuletzt auch Constanzes herzliche Briefe. Seine politische Haltung war laut der Aussage von Verwandten, seinem Milieu entsprechend, konservativ-monarchistisch.

Die einstige „Höheren Staatslehranstalt für hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenberufe“ in Innsbruck (Heute: Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe)

Nach der Unterstufe der Frauenoberschule besuchte Constanze ab 1934 die Hauswirtschaftsschule an der Höheren Staatslehranstalt für hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenberufe (die sogenannte „Ferrarischule“) in Innsbruck. Zudem nahm sie Musikunterricht am Konservatorium der Stadt Innsbruck.4

Klassenraum der „Höheren Staatslehranstalt für hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenberufe“ in Innsbruck, 1939

1937 starb die Mutter Anna Manziarly fünzigjährig an Krebs. Nun kümmerten sich die Töchter um den Haushalt in der elterlichen Villa. Auch die Haushaltsführung ist ein Thema, das später in den Briefen immer wieder eine Rolle spielt.

Im März 1938 kam es zum „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland, der auch in Innsbruck völlig neue Verhältnisse schuf. Wie ein Schreiben der NS-Frauenschaft des Innsbrucker Stadtteils Wilten-Ost belegt, wurde Constanze Manziarly nach dem Machtwechsel Mitglied im Bund deutscher Mädel (BDM) und dann in die Jugendgruppe der NS-Frauenschaft „überstellt“. Ihr Eintritt in den BDM ist nicht überraschend, herrschte doch seit 1936 Mitgliedspflicht in dieser NS-Jugendorganisation. Angesichts ihres ausgeprägten politischen Desinteresses, von dem noch die Rede sein wird, und des Fehlens jedes weiteren Hinweises auf eine aktive Betätigung in NS-Organisationen wird man wohl annehmen dürfen, dass es sich dabei nicht um den Ausdruck überzeugter Anhängerschaft handelte, sondern eher um eine Loyalitätsgeste gegenüber dem herrschenden Regime – eine Mitgliedschaft, die man wählte, um in Ruhe gelassen und im Fortkommen nicht behindert zu werden. Im eben „angeschlossenen“ Österreich fanden damals viele Menschen – auch jene, die keine fanatischen Anhänger der neuen Obrigkeit waren – rasch Wege, sich mit dieser zu arrangieren. Doch schon bald griffen die neuen Machthaber nachdrücklich in das Leben der inzwischen 19-jährigen Constanze ein. 1939 wurde sie zum Reichsarbeitsdienst einberufen. Diese vom Regime für alle jungen Erwachsenen eingeführte Dienstverpflichtung absolvierte sie vom Juli 1939 bis zum März 1940 auf einem Bauernhof im vierzig Kilometer von Innsbruck entfernten Barwies, einem Ortsteil der Landgemeinde Mieming. Dass dieser Einsatz für die klavierspielende und gebildete „höhere Tochter“ aus dem städtischen Bildungsbürgertum nicht ganz einfach war, illustriert eine Begebenheit, die ihre Schwester Susanne erzählte: Als der Vater Constanze eines Tages in Barwies besuchte, traf er sie dabei an, wie sie sich abmühte, ein Ochsengespann samt Fuhrwerk über ein Feld zu führen. Nach der Unterbrechung durch den Reichsarbeitsdienst ging Constanze daran, ihre Ausbildung abzuschließen und hatte dabei ein klares Berufsziel vor Augen: Sie wollte Hauswirtschaftslehrerin werden. Dabei galt ihr besonderes Interesse der Ernährungslehre. Um diesen Berufswunsch zu verwirklichen, besuchte sie ab September 1940 die Staatliche Bildungsanstalt für Hauswirtschaftslehrerinnen in Innsbruck und schloss diese im Juni 1942 mit der Reifeprüfung ab, die sie mit Auszeichnung bestand. Der theoretischen Ausbildung folgte ein Jahr als Lehramtsanwärterin an der Innsbrucker Höheren Staatslehranstalt für hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenberufe, Abteilung Hauswirtschaftsschule – der „Ferrarischule“, an der sie wenige Jahre zuvor selbst Schülerin gewesen war. Bereits in der zweiten Hälfte des Probejahres wurde Constanze, wohl auch wegen des kriegsbedingten Lehrkräftemangels, als Hilfslehrerin angestellt. Ein Schreiben der Direktion bestätigt, dass die Junglehrerin in diesem zweiten Halbjahr mit „Fleiß und Pflichtbewußtsein“ und „teilweise selbständig“ unterrichtet habe. Sogar das durchaus beachtliche Unterrichtspensum ist nachzulesen. Es bestand aus zwanzig Wochenstunden im Fach Kochen, weiter vier Stunden Hauswirtschaftliche Übung, drei Stunden Gesundheitslehre sowie je eine Stunde Haushaltungskunde, Ernährungslehre und Hauswirtschaftslehre.

 

Constanze Manziarly in Reichsarbeitsdienst-Uniform, 1939 oder 1940


Lehrbefähigungszeugnis von Constanze Manziarly, ausgestellt am 30. Juli 1943

Als das Schuljahr im Juli 1943 zu Ende ging, war nicht daran zu zweifeln, dass Constanze im Begriff war, eine erfolgreiche und engagierte Junglehrerin zu werden.

3Schröder/Joachimsthaler, S. 146

4Diese und weitere hier wiedergegebene Einzelheiten über den Ausbildungsweg gehen aus der Personalakte Constanze Manziarlys hervor, die sich im Archiv der Innsbrucker „Ferrarischule“ befindet. Ergänzt wurden die Angaben von Constanzes Schwester Susanne Schiessl (1918-2014).

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?