Loe raamatut: «Selbstmitgefühl für Eltern», lehekülg 3

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Die Elternpause

 Setz dich bequem hin und atme ein paarmal tief ein und aus.

 Falls du und dein Partner oder deine Partnerin eine Auseinandersetzung hatten, ist es gut, in separate Zimmer zu gehen.

 Komm zur Ruhe. Sitz einfach da und gönne dir eine Pause. Versuche nicht, jetzt etwas in Ordnung zu bringen.

 Falls du bemerkst, dass du zu grübeln anfängst, dass sich deine Gedanken im Kreis drehen oder du noch vor Wut schäumst, erkenne das einfach an.

 Was du auch fühlst, bleib einfach dabei, auch wenn es schwierig ist.

 Du kannst zu dir sagen »Das ist hart; das tut weh«.

 Pause. Es ist nicht nötig, jetzt zu handeln. Es ist nicht nötig, jetzt zu streiten.

 Spüre deine Fußsohlen auf dem Boden und nimm die Empfindungen in deinem Körper wahr.

 Mach dir bewusst, dass alles, was du fühlst, was es auch sei, vorbeigehen wird.

 Versuche dir ein bisschen Freundlichkeit entgegenzubringen.

 Nimm noch ein paar tiefe Atemzüge, um dich zu erden und in deine Mitte zu kommen.

 Schau, ob du wahrnehmen kannst, was du jetzt brauchst, bevor du dich wieder dem Alltagsgeschehen zuwendest.

 Mach im Laufe des Tages immer dann eine Pause, wenn du das Gefühl hast, dich erden zu müssen und etwas Abstand zu brauchen.

»Was habt Ihr also festgestellt?«, fragte ich.

Kyra lachte: »Ich bin eingeschlafen. Im Sitzen. Ist das zu glauben?«

»Ich bin auch weggedöst,« witzelte Leon. »He, das könnte im Hinblick auf den Schlafmangel hilfreich sein.«

Die beiden konnten sich nun eingestehen, wie erschöpft sie waren, während sie das zuvor geleugnet und darüber gestritten hatten. Ihre Hausaufgabe bestand darin, drei Minuten pro Tag die »Elternpause« zu praktizieren. Sie erinnerten sich gegenseitig daran, eine Pause einzulegen, wenn sie zu streiten anfingen, und das schien ein bisschen Humor und Abstand in die Kommunikation zu bringen. Tara Brach schreibt: »Wenn wir innehalten, wissen wir nicht, was als nächstes passieren wird. Indem wir unsere gewohnten Verhaltensweisen unterbrechen öffnen wir uns für die Möglichkeit, auf eine neue, kreative Art und Weise mit unseren Wünschen und Ängsten umzugehen.«7

Ich betrachte die Elternpause als eine Art Rettungsweste, die mich und meine Klientinnen und Klienten davor bewahrt hat, unterzugehen. Ich habe sie in Situationen angewendet, in denen die Kinder miteinander stritten und anscheinend nicht aufhören konnten und ich mehr als genug hatte.

Sie war ein Lebensretter, als mein alternder Vater immer und immer wieder dieselben törichten Fragen stellte und ich kaum noch an mich halten konnte und einfach schreien wollte: »Warum fragst du mich das noch einmal. Ich habe es dir doch gerade gesagt.« Es ist auch eine meiner Lieblingsübungen, wenn ich am Ende meiner Kräfte bin.

Tatjana wandte diese Übung an, als ihre Mutter sie vor ihren eigenen Kindern demütigte, indem sie über all die Fehler sprach, die Tatjana in ihrer Jugend gemacht hatte und betonte, was für ein schwieriges Kind sie doch gewesen sei. »Ich hatte das Gefühl, nur einen winzigen Schritt davon entfernt zu sein, sie zu verstoßen und ihr für immer den Umgang mit ihren Enkeln zu verbieten. Glücklicherweise gelang es mir, inne zu halten und mich zu sammeln, bevor ich vielleicht großen Schaden angerichtet hätte.« Jonathan griff auf die Übung zurück, wenn die Kinder ihn piesackten, weil sie Spielsachen oder süße Frühstücksflocken gekauft haben wollten, die sie gerade im Fernsehen gesehen hatten. Albert, dessen Schwiegereltern ihn wie einen inkompetenten Vater behandelten, fand heraus, dass diese Übung seine erste Wahl war, wenn seine Schwiegermutter seinen Erziehungsstil kritisierte und ihm sagte, wie er es richtig machen müsse. »Es half mir wirklich, mich zusammenzureißen. Es wäre einfach für mich gewesen, einen Wutanfall zu bekommen und zu sagen ›Wie kannst du es wagen, mir Ratschläge zu erteilen, in Anbetracht dessen, was du für eine Mutter für Diane warst!‹ Das hätte allerdings katastrophale Konsequenzen gehabt. Ich bin so froh, dass ich mich beherrscht habe. Ich betrachte dieses Innehalten als meine ›Superpower‹, auf die ich zurückgreife, wenn ich leerlaufe.«

Nach ein paar Wochen des Übens machte ich Kyra und Leon einen Vorschlag: »Ich weiß nicht, ob ihr offen dafür seid, aber ihr könntet die Übung mit Tim ausprobieren.«

»Das ist absurd«, erwiderte Kyra. »Er kann kaum sprechen.«

»Aber Babys verstehen eine Menge, mehr als uns bewusst ist.«

»Was können wir ihm also sagen?«, spottete Kyra. »Nimm einen tiefen Atemzug, Tim und halte inne? Willst du mich veräppeln?«

Alle lachten. »Lass uns darüber sprechen. Ich höre deine Einwände, Kyra,« erwiderte ich.

»Wie wäre es, Leon, wenn du in der nächsten Woche die Elternpause machen würdest, bevor du in sein Zimmer gehst? Selbst wenn er unruhig ist und jammert. Es ist in Ordnung. Babys machen einfach einen Aufstand, das ist einfach so. Es bedeutet nicht, dass etwas verkehrt ist. Ihr wollt ja, dass er lernt, sich selbst zu beruhigen.«

»Du kannst mir glauben, dass das nicht passieren wird«, gab Leon zurück. »Nicht mit diesem Kind.« »Ich höre, was du sagst. Mir ging es genauso,« sagte ich. »Ich möchte euch eine Geschichte erzählen. Eines meiner Kinder wachte so oft auf – nahezu alle zwei Stunden – dass ich anfing, bei den Therapiesitzungen einzuschlafen! Ich war so erschöpft, dass ich meine Augen nicht offenhalten konnte. Kein guter Stil. Eine schnarchende Therapeutin ist nicht sehr hilfreich und meine Patientinnen und Patienten fanden das nicht lustig. Ich musste eine Lösung finden, bevor ich Gefahr lief, meinen Job zu verlieren!«

Die Beiden nickten.

»Betrachtet es als etwas, das ihr ihm beibringt, so wie ihr ihm bald beibringen werdet, Fangen zu spielen.«

»Ich werde nicht zulassen, dass er sich die Lunge aus dem Hals schreit«, insistierte Kyra. »Sonst breche ich das hier ab«, sagte sie warnend.

Kein trendiger »Bullshit«.

Im Laufe der nächsten paar Wochen arbeiteten alle zusammen, um Tim zu helfen, nachts durchzuschlafen. Sie begannen sanft und langsam. Anstatt ihn hochzunehmen und zu füttern, kam Leon ins Zimmer und legte seine warme Hand auf den Rücken des Babys.

»Es ist Okay, Großer, du brauchst jetzt keine weitere Mahlzeit. Es geht dir gut. Ich bin hier, ich liebe dich.«

Manchmal sang Leon. Oft waren es die Lieder, die seine Mutter und Großmutter einst für ihn gesungen hatten, oder Lieder, die er in der Kirche gelernt hatte. Wenn Leon sang, lächelte Tim und kuschelte sich in seine Decke und an seinen Teddybär. Nachdem Tim sich daran gewöhnt hatte, brauchte er manchmal nur noch einen kleinen Klaps auf den Rücken und sanft gesprochene Worte. »Ich bin hier, du kannst wieder einschlafen. Es ist alles in Ordnung. Mama und Papa lieben dich.«

Auch wenn Tim manchmal noch jammerte und es nicht jede Nacht funktionierte, so wurde es doch besser. Die Sache lief in die richtige Richtung. Tim lernte, dass er wieder einschlafen konnte, ohne gehalten und gefüttert zu werden.

»Es sieht so aus, als ob er seinen eigenen Rhythmus findet. So als ob er den Rhythmus der Lieder in sich aufnimmt, die Worte und Klänge, und sie in seinem Körper fühlt. Wirklich, ich schwöre,« lächelte Leon stolz. »Ich komme aus einer Musikerfamilie, er hat das im Blut.«

Nachdem Tims Eltern durch unsere Arbeit im Laufe der folgenden Wochen gelernt hatten, seine natürlichen Schlafzyklen zu verstehen und zu respektieren, und dass er nicht mehr nach Bedarf gefüttert werden musste, fiel es ihnen leichter, loszulassen. Und als Kyra und Leon anfingen, sich selbst Pausen zu gönnen, zur Ruhe zu kommen und gemeinsam am Schlafproblem zu arbeiten, hörten sie auf, ständig zu zanken, und begannen, die Gegenwart des jeweils anderen allmählich wieder zu genießen. Und am Ende schliefen alle nachts durch – meistens jedenfalls. »Also anfangs dachte ich, das funktioniert nie«, sagte Leon, »aber dieser Kram hat wirklich geholfen.«

»Mami liebt mich nicht mehr«

Es war ein hartes Jahr gewesen. Margot hatte die letzten Monate ihrer Hochrisikoschwangerschaft im Bett verbracht, worauf eine komplizierte Geburt folgte. Sie und das Baby überlebten nur durch eine Notfallbehandlung. Sowohl sie selbst als auch Lila hatten danach weiterhin mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen und Margot hatte kaum genug Energie, sich selbst zu versorgen, geschweige denn, dieses zarte Baby und ihren widerspenstigen fünfjährigen Hannes.

Zu allem Unglück litt Margot auch noch sehr unter dem Tod ihrer Mutter, die während Margots Schwangerschaft gestorben war. Weil Margot damals strikte Bettruhe einhalten musste, hatte sie ihre Mutter nicht mehr besuchen können, um sich zu verabschieden. Sie hatten ein sehr ambivalentes Verhältnis gehabt und nun war Margot überrascht, wie sehr die Trauer sie überwältigte. Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass sie ihre Mutter jemals so sehr vermissen würde und wünschte sich oft, ihre Mutter würde wie durch ein Wunder plötzlich auftauchen, um ihr zu helfen – besonders jetzt.

Tatsächlich musste sie eines Abends, als sie versuchte, ein Abend­essen zuzubereiten, an ihre Mutter denken. Ihr Mann war bei der Arbeit, denn er hatte einen zusätzlichen Job angenommen, damit sie die Rechnungen für Margots medizinische Behandlung bezahlen konnten. Die Versicherung hatte nur einen kleinen Teil der Kosten übernommen. Er tat, was er konnte, aber auch er war erschöpft und reizbar. Sie hatten sich vorgestellt, dass es schön für Hannes wäre, ein Geschwisterchen als Spielkameraden zu haben und dass auch ihr Leben dadurch leichter würde. Niemand hatte mit diesem Albtraum gerechnet.

»Hannes, könntest du bitte ein bisschen mit Lila spielen, während ich das Abendessen mache?«, fragte Margot.

»Was soll ich tun?«, fragte er zurück.

»Oh, erzähl ihr einfach eine Geschichte oder singe ihr ein Lied vor; alles ist okay«, erwiderte Margot.

Hannes begann seine Lieblingslieder zu singen, war aber schon bald mit seinem Repertoire am Ende. Das Baby fing an zu weinen. Zu allem Unglück litt es unter Koliken und schrie ständig. Das brachte alle an ihre Grenzen.

»Versuche etwas anderes,« schlug Margot vor. »Das Essen ist fast fertig. Nur noch ein paar Minuten.«

»Können wir sie nicht zurück ins Krankenhaus bringen?«, fragte Hannes. »Ich mag sie nicht, sie macht zu viel Krach.«

»Hör auf, das ist deine Schwester und sie war krank. Sie ist hier und wird bleiben.« Hannes warf seiner Mutter ein boshaftes Grinsen zu und erfand sein eigenes Lied, das er in einem Singsang zum Besten gab.

Mami liebt dich

Mich liebt sie nicht

Aber das ist mir egal

Ich brauche Mami nicht mehr

Du kannst die grantige Mami haben

Ist mir egal

Sie gehört ganz dir

Ich brauch keine Mami mehr.

Margot war sprachlos. Sie wusste nicht, was sie tun oder sagen sollte. Sie hätte am liebsten losgeschrien und Hannes aus dem Zimmer geschickt. Sie wollte ihn sogar versohlen, obwohl sie sich geschworen hatte, das niemals zu tun, aber sie hatte keine Kraft mehr für irgendetwas – außer sich ins Bett zu legen. Und er hatte getan, worum er gebeten worden war. Allerdings hatte sie nicht um Aggression gebeten. »Wow«, dachte Margot, »jetzt verstehe ich, warum unsere Mutter uns so oft geschlagen hat. Ich hätte nie gedacht, dass ich so wütend auf mein eigenes Kind werden könnte.«

»Aber ich liebe dich doch«, protestierte sie. Hannes wirkte nicht überzeugt. Und in Wahrheit war sie wütend auf ihn.

Sie verharrten in eisigem Schweigen, der einzige »Soundtrack« war das Schreien des Babys.

Margot brachte die Kinder zu Bett und ging dann in ihr Zimmer. Ihr war eiskalt und sie fühlte sich wie abgestorben. Als ihr Mann von der Arbeit nach Hause kam, konnte sie kaum sprechen. Sie hatte stundenlang geweint, in Wolldecken gehüllt, zitternd, mit einem Stofftier des Babys im Arm.

»Schon wieder ein schwerer Tag? Was ist los?« Margots Mann versuchte kaum, seine Gereiztheit zu verbergen.

»Ich bin am Ende. Ich bin am Boden zerstört. Und ich habe Hannes Schaden zugefügt. Er hasst mich. Ich schaffe das nicht – es ist einfach zu viel«, schluchzte Margot. »Ich bin eine furchtbare Mutter.«

In der Klinik wurde Margot eine postnatale Depression diagnostiziert und eine Medikation begonnen. Nachdem sie sich allmählich stabilisiert hatte, arbeiteten wir daran, ihre Gesundheit wieder herzustellen, ihre Mutter zu betrauern und mehr Unterstützung zu bekommen.

Margot hatte keine Zeit und kein Interesse an einer formellen Achtsamkeitspraxis. Einfach nur den Tag zu überstehen war bereits ein Sieg, aber sie war offen für alle informellen Übungen, die ihr helfen könnten, die Dinge wieder »in den Griff zu bekommen« – besonders an Tagen, an denen Hannes schwierig war und das Baby unter Koliken litt.

Gemeinsam dachten wir uns folgende Übung aus. Wie bereits erwähnt, musst du dich nicht aufs Meditationskissen setzen, um Achtsamkeit zu praktizieren; du kannst das auch im Gehen, Stehen oder Liegen tun.

Meditation »Mit dem Baby schwingen«

 Stell dich hin und spüre den Boden unter deinen Füßen.

 Finde eine angenehme Position, um das Baby zu halten.

 Wiege dich von einer Seite zur anderen und vor und zurück.

 Spüre den warmen Körper des Babys an deinem Körper.

 Drück das Baby an dein Herz, lass es deinen Herzschlag spüren.

 Beuge die Knie und schwinge das Baby auf und nieder.

 Fühle dich von der Erde getragen und nimm eure beiden Körper im Raum wahr.

 Du kannst ein bisschen tanzen oder auch singen, wenn du magst.

 Stimme dich auf deinen Atem ein, vielleicht in Einklang mit den sanften Bewegungen.

 Wiege das Baby auf deinem Atem.

Vielleicht magst du dem Baby ein paar Sätze vorsingen. Du kannst deine eigenen Sätze erfinden. Margot hat sich Folgendes ausgedacht, das sie und das Baby beruhigte: »Du bist mein Baby und ich liebe dich wie verrückt.« Die anderen hilfreichen Sätze lauteten: »Ich bin für dich da; es war schwer, aber wir werden es schaffen. Ja, zusammen werden wir es schaffen. Wir finden einen Weg.«

Du kannst dabei hin und her gehen oder tanzen und diese Praxis zu deiner eigenen machen, indem du sie an deine Vorlieben und Bedürfnisse anpasst.

Die Ärztin hatte recht: Die Koliken ließen innerhalb von wenigen Monaten nach. Als Margot sich erholte, widmete sie ihre Aufmerksamkeit teilweise wieder der Beziehung zu Hannes, aber sie war immer noch wütend.

»Ich weiß, es ist schrecklich, das zu sagen – bitte sperrt mich nicht dafür ein – aber ich mag ihn nicht mehr. Ich möchte nicht mit ihm zusammen sein. Er ist irgendwie … ein Idiot! Manchmal zwickt er das Baby, nur um mich zu ärgern. Sie schreit und ich bekomme einen Wutanfall.« Sie hielt inne. »Ich bin ein ziemlich schlechtes Beispiel als Mutter,« sagte sie und schüttelte den Kopf.

Das ist etwas, worüber Eltern nur selten außerhalb des Therapieraums sprechen, aber es gibt oft Phasen in der Eltern-Kind-Beziehung, in denen Spannungen und Wut vorherrschen – lange Phasen. Doch in allen Beziehungen sind harte Zeiten ein unvermeidlicher Teil des menschlichen Daseins. Während wir an die Konflikte und Spannungen mit pubertierenden Kindern gewöhnt sind und sie sogar erwarten, können zu jedem Zeitpunkt negative Gefühle auftauchen. Es ist vollkommen normal, verärgert über sein Kind (oder seinen Partner, seine Partnerin) zu sein. Doch wir fühlen uns schuldig, wenn wir solche Gefühle haben und verleugnen oder unterdrücken sie, weil wir glauben, mit uns stimme etwas nicht.

Reflexion: Was drückt deine Knöpfe?

Nehmen wir uns einen Moment Zeit, um zu schauen, welche Dinge oder Situationen typischerweise auftreten und bei Eltern negative Gefühle auslösen.

 Halte einen Moment inne. Ahhhh. Du brauchst diesen Moment der Reflexion und hast ihn verdient.

 Atme ein paarmal tief ein und aus oder lausche den Umgebungsgeräuschen. Nimm das in dich auf. Tanke auf.

 Manchmal ist es am einfachsten, sich zunächst an die Dinge zu erinnern, die unsere Eltern »ausrasten« ließen. – War es, wenn du …nicht im Haushalt geholfen hast?nach dem Essen den Tisch nicht abgeräumt hast?den Eltern widersprochen hast?Milch oder Essen verschüttet hast?dein Zimmer nicht aufgeräumt hast?mit deinen Geschwistern gestritten hast?in der Schule in Streitigkeiten mit anderen Kindern verwickelt warst?deine Hausaufgaben nicht gemacht hast?keine guten Noten nach Hause gebracht hast?

 Wie sieht es bei dir aus? Was macht dich wütend? Was löst bei dir negative Gefühle aus? Schreib es auf und achte darauf, ob du bestimmte Muster erkennen kannst.

 Bring dir zum Schluss ein bisschen Mitgefühl entgegen (und sogar deinen Eltern, wenn du kannst). Wir alle sind nur Menschen und verlieren manchmal die Beherrschung.

Forscher:innen sagen uns »what we resist persists«, das heißt, alles, wogegen wir inneren Widerstand leisten, verhärtet sich. Wenn du bei dir also Ärger wahrnimmst, dann kämpfe nicht dagegen an. Registriere diese Gefühle, erkenne sie an und lass sie dann los. Gedanken und Gefühle dauern selten länger als 30 Sekunden an. Versuche nicht, dir eine Geschichte dazu auszudenken oder mehr daraus zu machen als einen vorübergehenden menschlichen Moment der Verärgerung. Wenn es weiterhin an dir nagt, dann übe, was wir das mitfühlende NAG nennen.

Nimm das Gefühl oder die Empfindung wahr.

Akzeptiere, dass es da ist, ohne dagegen anzukämpfen, beobachte, wie es sich auflöst, und lass es schließlich Gehen.

Dem eigenen Kind immer wieder mit einer Haltung zu begegnen, die von Meditationslehrern »Anfängergeist« genannt wird, kann zu einem Neustart in der Beziehung beitragen. Es ist sehr leicht, in negativen Verhaltensmustern stecken zu bleiben. Glücklicherweise können wir solche Betrachtungsweisen und Beziehungsmuster ändern. Probiere folgende Reflexionsübung aus, wenn du dir einen Neuanfang wünschst und die Beziehungsdynamik verändern willst.

Reflexion: Mit freundlichen Augen schauen

Versuche diese Übung zu machen, wenn dein Kind schläft.

 Setz dich still neben dein Kind, ohne seinen Schlaf zu stören.

 Beobachte, wie dein Kind atmet. Wenn du magst, kannst du dein Ein- und Ausatmen mit dem deines Kindes in Einklang bringen.

 Denke, ohne dich zu kritisieren, ehrlich darüber nach, wie du dein Kind siehst. Welche Gedanken und Gefühle tauchen jetzt, in diesem Moment, auf?

 Oft sind unsere Gedanken neutral oder kritisch. Sagst du häufig »Warum ziehst du das heute in der Schule an?«, »Warum bist du so schlampig?«, »Musst du dich über alles beschweren, was ich sage oder tue?«, »Warum isst du dein Gemüse nicht?«

 Wie reagierst du auf dein Kind, wie ist die Interaktion zwischen euch? Verurteile dich nicht, hacke nicht auf dir herum, sondern werde neugierig. Bemerkst du den Fleck auf einem T-Shirt oder das Feuerwehrauto, das noch im Wohnzimmer herumliegt?

 Versuche, dein Kind zu sehen, als sei es das erste Mal so, als hättest du es noch nie zuvor gesehen. Verweile dort.

 Was nimmst du wahr? Schau, ob du im Gesicht deines Kindes etwas Neues sehen kannst.

 Bleib einen Moment bei der Verletzlichkeit deines Kindes. Sieh die Stärken und die Schwächen.

 Was könnte sein Leiden verursachen?

 Denk darüber nach, dass dein Kind, wie alle Wesen, glücklich sein möchte.

 Kannst du zulassen, dass dein Herz weicher wird, wenn du dein Kind aus dieser neuen Perspektive siehst?

Margot praktizierte das ein paarmal und stellte fest, dass es ihr half, sich wieder mit den Dingen zu verbinden, die sie an Hannes liebte. Sie begann die Situation aus seiner Perspektive zu sehen – wie schwer muss es für ihn gewesen sein, als sie die strenge Bettruhe einhalten musste, als seine alte Familienstruktur aus den Fugen geriet oder als er sich deplatziert fühlte? Natürlich war er wütend und schlug über die Stränge. Jetzt konnte sie das sehen und wurde sanfter. Zum ersten Mal sah sie die Möglichkeit, dass ihr Ärger nicht Hannes ganzes Leben lang andauern würde.

Ich schlug vor, etwas gemeinsam zu unternehmen – nur zu zweit. Könnte der Papa das Baby am Wochenende ein oder zwei Stunden hüten, während sie besondere Zeit miteinander verbrachten?

Es bedurfte einiger Verhandlungen aber Hannes gefiel die Idee und er trug dazu bei, dass es klappte. Zuerst gab es zum Mittagessen eine Pizza, sein Lieblingsessen, in der Pizzaria um die Ecke. Danach spielten sie zusammen Fußball auf dem Spielplatz. Margot hatte in der Schule Fußball gespielt und konnte Hannes ein paar Tricks bei der Fußarbeit zeigen, die er nachzuahmen versuchte. Für sie fühlte es sich gut an, wieder einmal körperlich aktiv zu sein und Hannes war beeindruckt.

»Cool, Mama«, sagte er voller Bewunderung. »Das ist toll!« Die Zeichen standen auf Besserung.