Loe raamatut: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22.», lehekülg 12

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Parlamentarische Schritte bezüglich des Mordanschlags

Die beiden Häuser votirten sofort eine gemeinschaftliche Adresse, in der sie dankbar die göttliche Güte anerkannten, die ihn seinem Volke erhalten, und ihn beschworen, mehr als gewöhnlich Acht auf seine Person zu haben. Sie schlossen mit der dringenden Mahnung, alle Diejenigen, die er für gefährlich halte, festnehmen und in Sicherheit bringen zu lassen. An dem nämlichen Tage wurden zwei wichtige Bills bei den Gemeinen eingebracht. Durch die eine wurde die Habeascorpusacte suspendirt. Die andre bestimmte, daß das Parlament durch Wilhelm’s Tod nicht aufgelöst werden solle. Sir Rowland Gwyn, ein achtbarer Landgentleman, stellte einen Antrag, dessen wichtige Folgen er gewiß nicht im entferntesten ahnete. Er schlug vor, daß die Mitglieder einen Verein zur Vertheidigung ihres Souverains und ihres Vaterlandes bilden sollten. Montague, der die besondere Gabe besaß, einen Wink rasch aufzufassen und zu benutzen, erkannte sogleich, wie sehr ein solcher Verein die Regierung und die Whigpartei kräftigen mußte.113 Es wurde unverzüglich ein Dokument aufgesetzt, durch das die Vertreter des Volks, jeder für seine Person, feierlich Wilhelm als rechtmäßigen und gesetzlichen König anerkannten und sich verpflichteten, ihm und einander unter sich gegen Jakob und dessen Anhänger beizustehen. Schließlich gelobten sie, daß, wenn Sr. Majestät Leben gewaltsam abgekürzt werden sollte, sie ihn exemplarisch an seinen Mördern rächen und einmüthig die durch die Rechtsbill festgestellte Thronfolge energisch aufrechterhalten würden. Es wurde angeordnet, daß die Mitglieder des Hauses am nächsten Morgen namentlich aufgerufen werden sollten.114 Sie fanden sich in Folge dessen sehr zahlreich ein, die Associationsurkunde lag in einer Reinschrift auf Pergament auf dem Tische und die Mitglieder unterzeichneten dieselbe nach der Reihenfolge der Grafschaften.115

Stand der öffentlichen Stimmung

Die Rede des Königs, die gemeinsame Adresse der beiden Häuser, der von den Gemeinen gebildete Verein und eine Proklamation, die eine Liste der Verschwörer enthielt und eine Belohnung von tausend Pfund auf die Ergreifung eines jeden derselben aussetzte, wurden bald in allen Straßen der Hauptstadt zum Verkauf ausgeboten und durch alle Posten über das ganze Land verbreitet. Ueberall wohin die Nachricht kam, gerieth das Volk in Bewegung. Die beiden verhaßten Worte Meuchelmord und Invasion wirkten wie ein Zauberspruch. Es bedurfte keines Preßgangs. Die Matrosen kamen zu Tausenden aus ihren Verstecken hervor, um die Flotte zu bemannen. Nur drei Tage nach der Berufung des Königs an die Nation verließ Russell mit einem starken Geschwader die Themse. Ein andres lag bei Spithead schlagfertig. Die Milizen aller Küstengrafschaften, vom Wash bis Land’s Ende standen unter den Waffen. Leute, welche bloßer politischer Vergehen wegen angeklagt waren, fanden in der Regel viel Theilnahme. Aber auf Barclay’s Mordgenossen machte die ganze Bevölkerung wie auf Wölfe Jagd. Der Abscheu, den die Engländer seit vielen Generationen gegen Haussuchungen und alle diejenigen Hindernisse empfinden, welche die Polizei der festländischen Staaten den Reisenden in den Weg legt, ruhte für einige Zeit. Die Thore der City von London wurden mehrere Stunden verschlossen gehalten, während drinnen genaue Durchsuchungen stattfanden. Die Behörden fast aller umwallten Städte des Königreichs folgten dem Beispiele der Hauptstadt. Auf jeder Landstraße waren Militärpikets postirt, mit dem Befehl, Reisende von verdächtigem Aussehen anzuhalten. Einige Tage lang war es fast unmöglich, ohne Paß zu reisen oder ohne besondere Autorisation eines Friedensrichters Postpferde zu erhalten. Und keine einzige Stimme erhob sich gegen diese Vorsichtsmaßregeln. Das gemeine Volk entwickelte sogar einen wo möglich noch größeren Eifer als die öffentlichen Beamten, um die Verräther in die Hände der Justiz zu bringen. Dieser Eifer mag vielleicht zum Theil der großen Belohnung zugeschrieben werden, welche die königliche Proklamation versprach. Der Haß, den jeder gute Protestant gegen die papistischen Mörder empfand, wurde nicht wenig verstärkt durch die Lieder, in denen die Straßenpoeten den glücklichen Miethkutscher besangen, der einen Hochverräther abgefaßt, seine tausend Pfund in Empfang genommen und sich als Gentleman zur Ruhe gesetzt hatte.116 Der Eifer des Volks konnte an einigen Orten nur mit Mühe in den gesetzlichen Schranken gehalten werden. Auf Parkyns’ Landsitze in Warwickshire wurden Waffen und Armaturstücke zur Equipirung einer ganzen Reiterschwadron gefunden. Sobald dies bekannt wurde, rottete sich ein wüthender Pöbelhaufen zusammen, demolirte das Haus und verwüstete die Gartenanlagen vollständig.117 Parkyns selbst wurde bis in eine Dachkammer im Temple verfolgt. Porter und Keyes, welche nach Surrey geflüchtet waren, wurden mit Steckbriefen verfolgt, bei Leatherhead durch das Landvolk angehalten, nach schwachem Widerstande festgenommen und ins Gefängniß geworfen. Friend wurde im Hause eines Quäkers versteckt gefunden. Knightley wurde in der Verkleidung einer eleganten Dame ergriffen und trotz Schönpflästerchen und Schminke erkannt. In wenigen Tagen waren alle Hauptverschwörer in sicherem Gewahrsam, mit Ausnahme Barclay’s, dem es gelang, nach Frankreich zu entkommen.

Zu gleicher Zeit wurden einige notorische Mißvergnügte eingezogen und eine Zeit lang auf Verdachtgründe hin in Haft gehalten. So wurde der greise Roger Lestrange, der jetzt in seinem achtzigsten Lebensjahre stand, ergriffen. Ferguson wurde in Gray’s Inn Lane unter einem Bett versteckt gefunden und zur allgemeinen Freude in Newgate eingesperrt.118 Inzwischen wurde eine Specialcommission zur Prozessierung der Hochverräther eingesetzt. An Zeugen fehlte es nicht, denn von den ergriffenen Verschwörern waren zehn oder zwölf bereit, ihre Köpfe dadurch zu retten, daß sie als Belastungszeugen gegen ihre Genossen auftraten. Niemand war strafbarer und Niemand hatte eine verächtlichere Furcht vor dem Tode als Porter. Die Regierung willigte ein, sein Leben zu schonen und erlangte dadurch nicht nur sein Zeugniß, sondern auch das viel achtbarere Zeugniß Pendergraß’. Pendergraß war nicht in Gefahr, er hatte nichts begangen, sein Ruf war unbescholten und seine Aussagen mußten daher bei einer Jury viel größeres Gewicht haben als die Aussagen einer Menge von Angebern, welche nur schwuren, um ihre Hälse zu retten. Aber er hatte das Ehrenwort des Königs, daß er nicht ohne seine freie Zustimmung als Ankläger benutzt werden sollte, und er war fest entschlossen, nur dann als solcher aufzutreten, wenn ihm die Zusicherung gegeben wurde, daß Porter nichts geschehen sollte. Diese Zusicherung war jetzt gegeben und Pendergraß nahm nun keinen Anstand mehr, die ganze Wahrheit zu erzählen.

Prozeß Charnock’s, King’s und Keyes’

Charnock, King und Keyes wurden zuerst prozessirt. Die Oberrichter der drei Civilgerichtshöfe und mehrere andere Richter waren auf der Bank, und unter den Zuhörern bemerkte man viele Mitglieder beider Parlamentshäuser.

Es war der 11. März. Die neue Acte, welche das Verfahren in Hochverrathsfällen regulirte, sollte erst am 25. in Kraft treten. Die Angeklagten verlangten, daß, da die Legislatur durch Erlassung dieser Acte den Anspruch eines des Hochverraths Beschuldigten auf Einsicht seiner Anklage als begründet anerkannt und ihm den Beistand eines Advokaten zugestanden habe, das Tribunal ihnen entweder das was die höchste Autorität für eine gerechte Vergünstigung anerkannt, bewilligen oder die Untersuchung vierzehn Tage aufschieben müsse. Die Richter aber wollten in keinen Aufschub willigen. Sie sind deshalb von späteren Schriftstellern beschuldigt worden, den todten Buchstaben des Gesetzes angewendet zu haben, um Menschen ins Verderben zu stürzen, die, wenn das Gesetz nach seinem wahren Geiste ausgelegt worden wäre, einige Aussicht gehabt hätten davonzukommen. Diese Beschuldigung ist ungerecht. Die Richter brachten unzweifelhaft die wirkliche Intention des Gesetzes zur Anwendung, und wenn eine Ungerechtigkeit begangen wurde, so ist die Legislatur und nicht die Richter dafür verantwortlich zu machen. Die Worte „25. März” haben sich nicht aus Versehen in die Acte eingeschlichen. Alle Parteien im Parlamente waren über das Prinzip der neuen Verordnungen längst einverstanden. Der einzige noch strittige Punkt war die Zeit, zu welcher diese Verordnungen in Kraft treten sollten. Nach langen Debatten, die sich durch mehrere Sessionen zogen, nach wiederholten Abstimmungen mit verschiedenen Resultaten, war ein Vergleich getroffen worden, und es stand den Gerichtshöfen sicherlich nicht zu, die Bestimmungen dieses Vergleichs abzuändern. Man kann sogar zuversichtlich behaupten, daß die Häuser, wenn sie das Mordcomplott vorausgesehen hätten, nicht einen früheren, sondern einen späteren Tag für den Anfang des neuen Systems bestimmt haben würden. Unbestreitbar verdiente das Parlament und insbesondere die Whigpartei ernsten Tadel. Denn wenn die alten Procedurregeln der Krone keinen unbilligen Vortheil gewährten, so war kein Grund vorhanden, sie abzuändern, und wenn sie, wie allgemein angenommen wurde, der Krone einen unbilligen Vortheil gewährten, und dies gegen einen auf Leben und Tod Angeklagten, so durften sie dieselben nicht einen einzigen Tag länger fortbestehen lassen. Den Gerichten aber kann man keinen Vorwurf daraus machen, daß sie nicht in directem Widerspruch mit dem Buchstaben wie mit dem Geiste des Gesetzes handelten.

Die Regierung hätte allerdings die Untersuchungen so lange aufschieben können, bis die neue Acte in Kraft trat, und es würde eben so weise als gerecht gewesen sein, wenn sie dies gethan hätte, denn die Angeklagten würden dadurch nichts gewonnen haben. Der gegen sie vorliegende Fall war einer von Denen, auf welche der Scharfsinn der Juristenfacultäten keinen Eindruck machen konnte. Porter, Pendergraß, De la Rue und Andere gaben Aussagen ab, die keine Entgegnung zuließen. Charnock sagte das Wenige was er zu sagen hatte, mit Gewandtheit und Geistesgegenwart. Die Jury fand alle Angeklagten schuldig. Es gereicht der damaligen Zeit eben nicht zu großer Ehre, daß die Verkündigung des Verdicts von der Volksmenge, welche das Gerichtshaus umgab, mit lauten Hurrahs begrüßt wurde. Diese Hurrahs wiederholten sich, als die drei Unglücklichen, nachdem sie ihr Urtheil angehört, in Begleitung einer Wache fortgeführt wurden.119

Charnock hatte bisher kein Zeichen von Schwäche blicken lassen; als er aber wieder in seiner Zelle war, verließ ihn seine Standhaftigkeit und er bat flehentlich um Gnade. Er wolle zufrieden sein, sagte er, wenn er den Rest seiner Tage in leichter Haft zubringen dürfe. Nur um sein Leben bitte er. Dafür werde er dann auch von den Anschlägen der Jakobiten gegen die Regierung Alles entdecken was er wisse. Wenn es sich herausstellen sollte, daß er Winkelzüge mache oder etwas verschweige, so sei er bereit, sich der äußersten Strenge des Gesetzes zu unterwerfen. Dieses Anerbieten rief große Aufregung und einige Meinungsverschiedenheit unter Wilhelm’s Räthen hervor. Der König aber entschied, wie in solchen Fällen fast immer, mit Weisheit und Großmuth. Er sah, daß die Entdeckung des Mordcomplots die ganze Lage der Dinge verändert hatte. Sein vor kurzem schwankender Thron stand jetzt auf einer unerschütterlich festen Basis. Seine Popularität war mit ungestümer Schnelligkeit eben so hoch gestiegen, als zur Zeit seines Marsches von Torbay nach London. Viele, die mit seiner Verwaltung unzufrieden gewesen waren und in ihrem Unmuth mit Saint-Germains Verkehr gepflogen hatten, machten die betrübende Erfahrung, daß sie gewissermaßen mit Mördern verbündet gewesen waren. Er wollte diese Leute nicht zur Verzweiflung treiben, er wollte sie nicht einmal beschämen. Sie sollten nicht nur ungestraft bleiben, es sollte ihnen auch die Demüthigung einer Begnadigung erspart werden. Er wollte gar nicht wissen, daß sie gesündigt hatten. Charnock wurde jedoch seinem Schicksale überlassen.120 Nachdem er die Ueberzeugung gewonnen, daß er keine Aussicht hatte, als Ueberläufer aufgenommen zu werden, affectirte er den würdevollen Stolz eines Märtyrers und führte seine Rolle bis zu Ende durch. Um mit möglichstem Anstande aus der Welt zu gehen, bestellte er sich einen schönen neuen Rock für seine Hinrichtung und ließ an seinem Todestage seine Perrücke mit besonderer Sorgfalt pudern und frisiren.121 Unmittelbar vor seiner Aufknüpfung händigte er den Sheriffs ein Schriftstück ein, worin er gestand, daß er gegen das Leben des Prinzen von Oranien conspirirt, aber feierlich leugnete, daß Jakob den Mordplan irgendwie autorisirt habe. Diese Behauptung war allerdings buchstäblich richtig; aber Charnock leugnete nicht und hätte auch sicherlich nicht leugnen können, daß er eine von Jakob geschriebene und unterzeichnete Vollmacht gesehen, welche Worte enthielt, die, ohne der Wahrheit im Geringsten Gewalt anzuthun, als eine Autorisirung des mörderischen Ueberfalls von Turnham Green ausgelegt werden konnten und von Allen, denen sie zu Gesicht kamen, auch wirklich so ausgelegt wurden.

In einem andren Schriftstücke, das noch existirt, aber nie gedruckt worden ist, führt Charnock in der That eine ganz andre Sprache. Er sagt darin offen, daß er aus Gründen, welche zu nahe lägen, als daß sie besonderer Erwähnung bedürften, in dem Papiere, das er den Sheriffs übergeben, nicht die ganze Wahrheit habe sagen können. Er gab zu, daß das Complot, in das er verwickelt gewesen sei, selbst vielen loyalen Unterthanen als höchst strafbar erschiene. Sie nannten ihn einen Meuchelmörder und Todtschläger. Doch was habe er Schlimmeres gethan als Mucius Scävola? Ja, was habe er Schlimmeres gethan als Jeder gethan habe, der gegen den Prinzen von Oranien die Waffen getragen? Wenn plötzlich eine Armee von zwanzigtausend Mann in England gelandet wäre und den Usurpator überfallen hätte, so würde man dies rechtmäßigen Krieg genannt haben. Hänge der Unterschied zwischen Krieg und Mord lediglich von der Anzahl der dabei betheiligten Personen ab? Welches sei dann die geringste Anzahl, die einen Feind rechtmäßigerweise überfallen dürfe? Seien es fünftausend, tausend oder hundert Personen? Jonathan und sein Waffenträger seien ihrer nur Zwei gewesen, und doch hätten sie ein großes Blutbad unter den Philistern angerichtet. Sei das Mord gewesen? Nicht der Act an sich, sagte Charnock, könne das Tödten zum Meuchelmord machen, sondern nur die Ursache, aus der es geschieht. Daraus folge, daß es kein Mord sein könne, Jemanden zu tödten – und hier ließ der dem Tode Geweihte seinem ganzen Hasse freien Lauf – der allen loyalen Unterthanen einen Vernichtungskrieg erklärt, der Jeden, der für das Recht aufgestanden sei, gehängt, geschleift und geviertheilt, der England ausgesogen habe, um die Holländer zu bereichern. Charnock gab zu, daß sein Unternehmen nicht zu rechtfertigen gewesen wäre, wenn Jakob es nicht autorisirt gehabt hätte; aber er behauptete, daß Jakob es autorisirt habe, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch stillschweigend. Se. Majestät habe zwar früher ähnliche Attentate verboten, aber er habe sie nicht als an sich strafbar, sondern nur als unter diesen oder jenen Umständen unzweckmäßig verboten. Die Umstände hätten sich geändert, und man habe daher das Verbot mit gutem Grunde als aufgehoben betrachten dürfen. Sr. Majestät getreue Unterthanen hätten sich dann nur an die Worte seiner Vollmacht zu halten gehabt, und diese Worte autorisirten unbestreitbar zu einem Angriffe auf die Person des Usurpators.122

Hinrichtung Charnock’s, King’s und Keyes’

King und Keyes erlitten zugleich mit Charnock den Tod. King benahm sich mit Muth und Anstand. Er bekannte sein Verbrechen und sagte, daß er es bereue. Er hielt es für eine Pflicht gegen die Kirche, deren Mitglied er war und auf die sein Benehmen einen Vorwurf gebracht, zu erklären, daß er nicht durch eine Casuistik über Tyrannenmord, sondern lediglich durch die Heftigkeit seiner eigenen bösen Leidenschaften irregeleitet worden sei. Der arme Keyes war in einer fürchterlichen Todesangst. Seine Thränen und Wehklagen machten das Mitleid einiger Zuschauer rege. Es wurde damals gesagt und ist seitdem oft wiederholt worden, daß ein Diener, der durch seinen Herrn zu einem Verbrechen verleitet wird, gegründeten Anspruch auf die königliche Gnade habe. Aber Diejenigen, welche die Strenge tadeln, die gegen Keyes geübt wurde, haben den wichtigen Umstand außer Acht gelassen, der ihn von jedem andren Verschwörer unterschied. Er hatte dem Corps der Blauen angehört und hatte bis zum letzten Augenblicke in Verkehr mit seinen ehemaligen Kameraden gestanden. Noch an dem für den Mord festgesetzten Tage hatte er sich unter sie gemischt, um etwas von ihnen zu erfahren. Das Regiment war so stark von Illoyalität angesteckt, daß man es für nöthig erachtet hatte, einige Leute zu verhaften und eine bedeutend größere Anzahl zu entlassen. Gewiß, wenn an irgend Jemandem ein Exempel statuirt werden mußte, so war es der Agent, durch dessen Vermittelung die Leute, die den König erschießen wollten, mit den Leuten verkehrten, welche die Obliegenheit hatten, ihn zu bewachen.

Prozeß Friend’s

Friend wurde zunächst in Untersuchung gezogen. Sein Verbrechen war nicht so schwarzer Natur wie das der drei Verschwörer, welche so eben den Tod erlitten hatten. Er hatte zwar auswärtige Feinde aufgefordert, in das Land einzufallen, und hatte Anstalten getroffen, sich ihnen anzuschließen; aber wenn er auch um den Mordplan gewußt hatte, war er doch kein Theilnehmer an demselben gewesen. Doch sein großes Vermögen und der Gebrauch, den er, wie man sehr wohl wußte, davon gemacht hatte, bezeichneten ihn als ein passendes Strafobject. Er bat, wie Charnock, um einen Vertheidiger, aber eben so vergebens wie dieser. Die Richter konnten den Gang des Gesetzes nicht hemmen, und der Generalfiskal wollte den Prozeß nicht aufschieben. Die Verhandlungen jenes Tages sprechen stark zu Gunsten der Acte, von deren Wohlthat Friend ausgeschlossen war. Man kann sie, selbst nach so langer Zeit, nicht lesen, ohne Mitleid mit einem beschränkten und verbildeten, durch die Todesgefahr entmuthigten, einem kaltblütigen, klugen und erfahrenen Antagonisten gegenüberstehenden Manne zu empfinden. Charnock hatte sich und Die, welche mit ihm prozessirt wurden, so gut vertheidigt, wie irgend ein Advokat von Profession es vermocht hätte. Der arme Friend aber war hülflos wie ein Kind. Er wußte wenig mehr zu sagen, als daß er ein Protestant, und seine Ankläger Papisten seien, die von ihren Priestern Dispensationen zum Meineid hatten und die es für ein verdienstvolles Werk hielten, Ketzer ums Leben zu schwören. Er war so völlig unwissend in den Gesetzen und der Geschichte des Landes, daß er glaubte, das unter der Regierung Eduards III., zu einer Zeit, wo es nur eine Religion im westlichen Europa gab, erlassene Hochverrathsgesetz enthalte eine Bestimmung des Inhalts, daß kein Papist vor Gericht zeugen dürfe, so daß der Sekretär des Gerichtshofes sich genöthigt sah, die ganze Acte von Anfang bis zu Ende vorzulesen. Es war unmöglich, daß ein Vernünftiger an seiner Schuld zweifeln konnte. Er wurde für schuldig befunden, was sicherlich auch geschehen sein würde, wenn ihm die Vorrechte, die er beansprucht hatte, bewilligt worden wären.

Parkyns’ Prozeß

Nach Friend kam Parkyns an die Reihe. Er war bei dem schlimmsten Theile des Complots tief betheiligt gewesen, und war in einer Beziehung weniger zu entschuldigen als irgend einer seiner Complicen, denn sie alle waren Eidverweigerer, er aber hatte der bestehenden Regierung Treue geschworen. Auch er verlangte, daß er nach den Bestimmungen der neuen Acte prozessirt werde. Aber die Staatsanwälte bestanden auf ihrem äußersten Rechte und sein Gesuch wurde abgeschlagen. Da er ein Mann von bedeutenden Talenten war und die Rechtswissenschaft studirt hatte, so machte er wahrscheinlich Alles zu seinen Gunsten geltend, was ein Advokat hätte geltend machen können, und dies Alles war sehr wenig. Er wurde für schuldig befunden und sechs Stunden vor dem Augenblicke wo das Gesetz, dessen Wohlthat er umsonst beansprucht hatte, in Kraft treten sollte, zum Tode verurtheilt.123

Die Hinrichtung der beiden Ritter wurde von der Bevölkerung London’s begierig erwartet. Die Generalstaaten wurden von ihrem Correspondenten benachrichtigt, daß das Hängen eines Menschen von allen Schauspielen dasjenige sei, an welchem die Engländer das meiste Vergnügen fänden, und daß von allen Hängescenen, die seit Menschengedenken stattgefunden, die Hinrichtung Friend’s und Parkyns’ das meiste Interesse erregte. Das gemeine Volk war durch Gerüchte über die unerhört schlechte Qualität des von ihm gebrauten Biers gegen ihn aufgereizt worden. Man hatte sogar ausgesprengt, daß er in seinem Eifer für die jakobitische Sache alles der Flotte gelieferte Bier vergiftet habe. In Folge dessen strömte eine unabsehbare Menschenmasse nach Tyburn. Es waren Gerüste erbaut worden, die ein ungeheures Amphitheater rund um den Galgen bildeten. Auf diesen Gerüsten standen die wohlhabenderen Zuschauer in dichtgedrängten Reihen, und die Erwartung war aufs Höchste gespannt, als die Meldung kam, daß das Schauspiel aufgeschoben sei. Die Menge entfernte sich in sehr übler Laune und nicht ohne zahlreiche Kämpfe zwischen Denen, die ihre Plätze bezahlt hatten, und Denen, die sich weigerten, das Geld zurückzugeben.124

Die Ursache dieser unangenehmen Enttäuschung war ein von den Gemeinen plötzlich gefaßter Beschluß. Ein Mitglied hatte vorgeschlagen, daß ein Ausschuß in den Tower geschickt werden sollte, mit der Ermächtigung, die Gefangenen zu verhören und ihnen Hoffnung zu machen, daß sie durch ein vollständiges und unumwundenes Geständniß die Fürsprache des Hauses erlangen könnten. Aus den dürftigen Mittheilungen, die auf uns gekommen sind, geht hervor, daß die Debatte höchst interessant gewesen sein muß. Die Parteien schienen die Rollen gewechselt zu haben. Man hätte erwarten sollen, daß die Whigs unerbittlich streng sein würden und daß, wenn sich einige Theilnahme für die Unglücklichen kund gäbe, diese Theilnahme auf Seiten der Tories hätte sein müssen. Aber viele von den Whigs hofften, daß sie durch Schonung zweier Verbrecher, welche unschädlich gemacht waren, zahlreiche Verbrecher vornehmen Standes und hoher amtlicher Stellung würden entdecken und vernichten können. Auf der andren Seite sah Jeder, der einmal in directem oder indirectem Verkehr mit Saint-Germains gestanden oder der sich für eine Person, die möglicherweise in einem solchen Verkehr gestanden haben könnte, interessirte, mit ängstlicher Besorgniß den Enthüllungen entgegen, welche die Furcht vor dem Tode den Gefangenen auspressen konnte. Seymour widersetzte sich einfach deshalb, weil er im Hochverrath weiter als irgend ein andres Mitglied des Hauses gegangen war, heftiger als irgend ein andres Mitglied des Hauses jeder Nachsicht gegen seine Mitverräther. Wollten die Gemeinen sich die geheiligtste Prärogative der Krone anmaßen? Seiner Majestät und nicht ihnen stehe es zu, zu beurtheilen, ob ein gesetzlich verwirktes Leben ohne Gefahr geschont werden könnte. Doch die Whigs setzten ihr Vorhaben durch. Ein aus allen im Hause anwesenden Staatsräthen bestehender Ausschuß brach unverzüglich nach Newgate auf. Friend und Parkyns wurden verhört, aber ohne Erfolg. Nachdem ihnen das Urtheil gesprochen war, hatten sie anfangs einige Symptome von Schwäche gezeigt; aber ihr Muth war durch die Ermahnungen eidverweigernder Geistlicher gehoben worden, welche Zutritt in das Gefängniß erlangt hatten. Man erzählte sich, daß Parkyns ohne die Bitten seiner Tochter, die ihn beschworen habe, wie ein Mann für die gute Sache zu sterben, nachgegeben haben würde. Die Verurtheilten gestanden ein, daß sie die Handlungen, deren sie für schuldig befunden worden, begangen hätten, weigerten sich aber mit einer Standhaftigkeit, die um so achtungswerther ist, als sie nicht aus natürlichem Trotze, sondern aus ehrenhafter Gesinnung und Religiosität entsprungen zu sein schien, etwas zu sagen, was Andere compromittiren konnte.125

113.England’s Ennemies Exposed, 1701.
114.Commons’ Journals, Feb. 24. 1695/96.
115.Commons’ Journals, Feb. 25. 1695/96; Van Cleverskirke, 28. Febr. (9. März); L’Hermitage von dem nämlichen Tage.
116.Nach L’Hermitage, 28. Febr. (9. März), gab es zwei solcher glücklicher Kutscher. Ein schlauer und wachsamer Miethkutscher hatte allerdings der Natur seines Berufs nach viel Aussicht, in dieser Art Jagd glücklich zu sein. Die Zeitungen enthalten zahlreiche Beweise von dem allgemeinen Enthusiasmus.
117.Postman vom 5. März 1695/96.
118.Postman vom 29. Febr., 2., 12. und 14. März 1695/96.
119.Postman vom 12. März 1696; Vernon an Lexington, 13. März; Van Cleverskirke, 13. (23.) März. Die Verhandlungen sind in der Collection of State Trials ausführlich wiedergegeben.
120.Burnet II. 171; The Present Disposition of England considered; die Antwort, betitelt: England’s Ennemies Exposed, 1701; L’Hermitage, 17. (27.) März 1696. L’Hermitage sagt: „Charnock a fait des grandes instances pour avoir sa grace, et a offert de tout déclarer; mais elle lui a esté refusée.”
121.L’Hermitage, 17. (27.) März.
122.Dieses höchst interessante Schriftstück befindet sich unter den Nairne’schen Manuscripten in der Bodlejanischen Bibliothek. Ein kurzer aber nicht ganz treuer Auszug daraus findet sich im Life of James II. 555. Warum Macpherson, der viel weniger interessante Schriftstücke abgedruckt hat, es nicht für gut fand, dieses abzudrucken, ist leicht zu errathen. Ich will einige wichtige Stellen hier anführen. „Man darf vernünftigerweise annehmen, daß Se. Majestät etwas was er zu einer Zeit verworfen hatte, zu einer andren Zeit, wo sein persönliches wie das allgemeine Wohl es nothwendig erforderten, gelten lassen konnte. Denn ich konnte es nicht so verstehen, als hätte er ein allgemeines Verbot erlassen, daß der Prinz von Oranien zu keiner Zeit angerührt werden solle… Niemand, der Se. Majestät als den rechtmäßigen König von England betrachtet, kann daran zweifeln, daß kraft seiner Vollmacht, gegen den Prinzen von Oranien und seine Anhänger Krieg zu führen, ein Angriff auf die Person des Letzteren, sowohl nach den gebührend ausgelegten und erklärten Gesetzen des Landes als nach dem Gesetze Gottes zu rechtfertigen ist.”
123.Die Prozesse Friend’s und Parkyns’ findet man vortrefflich dargestellt in der Collection of State Trials.
124.L’Hermitage, 3. (13.) April 1696.
125.Commons’ Journals, April 1, 2. 1696; L’Hermitage, 3. (13.) April 1696, Van Cleverskirke von demselben Datum.