SOS Beziehung in Not

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
SOS Beziehung in Not
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

SOS

Beziehung in Not

Anleitung zum Wieder-Glücklichsein

Der Liebeskummer-Ratgeber

Andrea Köster & Andreas Klaene

Inhalt

Einleitung

Zur Hypnose

Download Hypnose-Datei

Sven

Melina

Christina

Tim

Meike

Danke

Die Autoren

Impressum

Es ist besser, geliebt und verloren zu haben, als niemals geliebt zu haben.

Samuel Butler (1835-1902), engl. Philosoph u. Essayist

Einleitung

Sie wurden verlassen und wissen nicht mehr weiter? Liebeskummer stürzt Menschen in ein Gefühl der Ohnmacht. Selbst stärkste Frauen und mächtigste Männer erleben im Liebeskummer, wie ihnen der Boden unter den Füßen weggerissen wird. Sie fühlen sich als Opfer. Der bislang so vertraute Partner wirkt nun wie Lichtjahre entfernt. Der Autor Andreas Klaene lässt ganz unterschiedliche Frauen und Männer ihre erdrückenden Liebeskummer-Phasen erzählen.

Begleitend gibt die Diplom-Psychologin Andrea Köster wertvolle Impulse, aus denen Menschen wieder Kraft und Lebensfreude schöpfen können. Sie hilft bei dem Prozess, die Opferrolle zu verlassen und aus finsteren Erfahrungen gereift wieder selbstsicher hervorzugehen. Die mp3-Hypnose-Datei hilft dabei, einen Weg aus dem Liebeskummer zu finden, um ihn schließlich hinter sich zu lassen.

Anhand von fünf biografischen Fallbeispielen wird aufgezeigt, welche Bewältigungsstrategien verschiedene Menschen nutzen, um mit Liebeskummer umzugehen. Positive Geschichten machen Mut und motivieren, Lösungen auf den eigenen Kontext hin zu überprüfen, in Erwägung zu ziehen und auszuprobieren. Aber auch die Geschichten, die negativ anmuten, haben ihre Berechtigung, dienen sie doch als Warnung und können uns die Augen öffnen.

So wie jedes Leid ist auch Liebeskummer ein Schmerz, der sehr individuell erfahren wird. Jeder erlebt diesen Zustand auf seine ganz eigene Art und Weise. Wo für den einen die Trennung eine folgerichtige Konsequenz ist, zerbricht ein anderer fast daran, dass eine Beziehung zu Ende geht. Wir würden es uns leicht machen, einfach zu sagen, der eine hat eben mehr geliebt als der andere, doch so einfach ist es nicht. War der eine Partner es vielleicht nicht wert, dass man ihm hinterher trauert, ein anderer stellt hingegen einen unersetzbaren Verlust dar? Auch diese Rechnung geht nicht wirklich auf.

Ein allgemeingültiges Rezept, praktisch und auf alle Menschen anwendbar, wie man mit Liebeskummer am besten umgeht, gibt es also nicht. Doch zeigt die Erfahrung, dass wir, auch wenn jeder Mensch ein einzigartiges Individuum ist, voneinander lernen können, indem wir eigene Verhaltensweisen und Emotionen in einem anderen Menschen wieder erkennen.

In den vorliegenden biografischen Geschichten wollen wir anhand von Beispielen aufzeigen, welche Bewältigungsstrategien verschiedene Menschen nutzen, um mit Liebeskummer umzugehen. Positive Geschichten machen Mut und motivieren uns, indem sie dazu anregen, positive Lösungen auf den eigenen Kontext hin zu überprüfen, in Erwägung zu ziehen und auszuprobieren.

Positive Geschichten offerieren uns Lösungswege, an die wir selbst vielleicht noch gar nicht gedacht haben. Sie zeigen, dass es einen guten Ausweg gibt, dass ein anderer Mensch in einer ähnlichen Lage es geschafft hat, seinen Kummer erfolgreich zu verarbeiten.

Aber auch die negativ anmutenden Geschichten haben ihre Berechtigung, dienen sie uns doch als Warnung und können uns die Augen öffnen für eigene rigide Denkmuster und Verhaltensweisen und mögen uns anregen, diese zu überprüfen. Bei all den Geschichten, die kein gutes Ende nehmen, ist es umso wichtiger, Alternativen aufzuzeigen. Dazu fällt mir eine kleine Anekdote ein, die ich sehr aussagekräftig finde.

Ein guter Freund las einen Roman, von dem er gar nicht mehr lassen konnte. Seite für Seite arbeitete er sich durch dieses Buch, lachte, weinte, litt und freute sich mit den Figuren und war so richtig in der Geschichte drin. Eines Tages, wir saßen bei einem gemeinsamen Mittagessen, erhielt ich auf meine Frage hin, ob er das Buch durchgelesen habe und es mir leihen könne, seinen empörten Bericht: „Da lese ich doch diesen dicken Wälzer durch, nur um am Ende zu erfahren, dass alles den Bach runtergeht, ich war vielleicht sauer! Und darum habe ich die letzten Seiten einfach rausgerissen und meinen eigenen Schluss geschrieben. Es hat jetzt ein gutes Ende, du kannst es haben.“

Mein guter Freund fühlte sich derart durch diese Geschichte provoziert, dass er begann, sich Gedanken zu machen, wie das Unglück hätte abgewendet werden können, es hat ihn dazu inspiriert, eine akzeptablere Alternative zu kreieren.

Alternativen wollen auch wir mit unserem Buch aufzeigen. Jede Geschichte wird unter psychologischen Gesichtspunkten beleuchtet und kommentiert – was ist gut gelaufen, was hätte anders vielleicht besser laufen können, wie kann aus einem unvorstellbar großen Kummer heraus wieder ein Glücklich sein erwachsen und was braucht es dazu?

So finden sich unter den wahren Geschichten in diesem Buch positive und negative Beispiele, die der Leser auf sich wirken lassen und worüber er sich seine Gedanken machen kann. Die Geschichten laden zum Mitfühlen und Mitdenken ein, lassen aufmerken und geben Hoffnung. Aber vor allem setzen sie einen Suchprozess beim Leser in Gang. Habe ich mich erst mit dem Helden einer Geschichte identifiziert, so beginne ich ganz automatisch nach Lösungen zu suchen. Wer kennt es nicht, beim sonntäglichen „Tatort“ zu sitzen und dem sympathischen Kommissar dabei zu helfen, seinen Fall zu lösen?

Geschichten wirken, indem sie uns in ihren Bann ziehen, so wie sie außerdem eine wohltuende, entspannende Wirkung auf uns ausüben, da sie uns befähigen, ein bestimmtes Thema aus der Distanz zu betrachten. Es ist so ALS OB wir der andere wären, dabei bleiben wir uns aber unserer Rolle im Außen durchaus bewusst. So gelingt es, uns einen Überblick zu verschaffen und verschiedene Wahlmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen. Wir lernen, ohne dabei wissen zu müssen, dass wir lernen.

Bereits jedes Kind weiß, dass es sich entspannt besser lernen lässt als unter Druck. Wird der Druck zu groß, dann sperrt sich unser System, ein typisches Beispiel hierfür ist der so genannte Blackout in einer belastenden Prüfungssituation. Weiterhin wissen wir, dass real Erlebtes besser erinnert wird und ein nachhaltigeres Lernen ermöglicht. Diese Tatsache machen wir uns zu Nutze, indem wir die Leser über die Geschichten hinaus auf eine Reise nach innen mitnehmen.

Zur Hypnose

Eine per Download zugängige mp3-Hypnose-Datei soll Ihnen dabei helfen, mit Ihrem Kummer umzugehen, ihn zu verarbeiten und gestärkt daraus hervorzugehen. Hypnose hat nichts mit Spökenkiekerei zu tun, sondern wirkt auf einer wissenschaftlich fundierten Ebene, was der wissenschaftliche Beirat Psychotherapie offiziell bestätigt hat, als er die Hypnose beziehungsweise Hypnosetherapie als wissenschaftliche Behandlungsmethode anerkannt hat.

Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie sich wohlfühlen und wo Sie nicht gestört werden, und lassen Sie sich in diesen besonderen Bewusstseinszustand gleiten. Ihr kritisches Denkvermögen bleibt dabei unverändert aufrecht erhalten. Es geht darum, dass Sie sich wohlfühlen. Hypnose wirkt entspannend und somit auch angstreduzierend.

Wir schalten um von einem wachen Zustand der Aufmerksamkeit, dem sogenannten Beta-Rhythmus, in einen Zustand entspannter Wachheit, den Alpha-Rhythmus. Das ist ein Zustand, in dem eine Verbindung zum Unbewussten stattfindet, und der somit ganz typisch ist für alte Erinnerungen, plötzliche Eingebungen und kreative Lösungen, auf die wir mit unserem denkenden Verstand oftmals gar nicht kommen würden.

Unter Verwendung hypnotischer Sprachmuster führe ich Sie durch die Phasen Ihrer hypnotischen Reise, die damit beginnt, dass Sie in einen angenehmen Trancezustand sinken. Sie werden vielleicht feststellen, dass Ihr rationaler Verstand sich nach einer Weile beruhigt, die Gedanken des Alltags immer mehr hinter Ihnen zurückbleiben, so dass Ihre unbewussten Fähigkeiten nach und nach in den Vordergrund treten. Sie befinden sich im Alpha-Rhythmus mit seinem bildhaften Erleben. Schon Aristoteles postulierte: „Die Seele denkt in Bildern“.

Die Reise führt Sie weiter an einen inneren Ort der Sicherheit und Geborgenheit. Hier tanken Sie auf, Sie bereiten sich vor auf einen Prozess des Loslassens. Sie sind nun bereit, tiefere Arbeit zu leisten. Um den Weg frei zu machen für neue erfüllende Erfahrungen, ist es sinnvoll, zuvor alte verletzte Gefühle loszulassen. Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihr Wohnzimmer neu einrichten – dann räumen Sie erst einmal die alten Möbel heraus, um Platz für die neuen zu schaffen. Wohl niemand käme auf die Idee, die neuen Möbel einfach auf die alten zu stellen.

 

Der Weg führt Sie weiteren inneren Räumen entgegen. Es mag sein, dass Sie das Gefühl haben, sich selbst immer näher zu kommen, sich selbst und dem, was wirklich zählt. In Hypnose zu gehen, bedeutet Abstand zu nehmen vom Alltäglichen und liebevoll bei sich selbst zu sein, ein idealer Zustand für kreative Schaffensprozesse. In dieser Phase geschieht etwas, was sich am besten durch ein Zitat unseres ehemaligen Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt ausdrücken lässt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ Keine Sorge, Ihr Unbewusstes weiß, wie das geht! Schließlich geht auch diese Reise zu Ende und meine Stimme begleitet Sie zurück in Ihr Tagesbewusstsein. Sie kommen gut erholt, angenehm entspannt und sicher leichter als zuvor zurück in das äußere Hier & Jetzt.

In der Hypnose können Sie sich auf körperlicher und geistig-seelischer Ebene tief erholen und eintreten in einen schöpferischen Zustand der Kreativität und Neuorientierung.

Soviel in aller Kürze zum Thema Hypnose. Am besten lassen Sie diese Reise einfach auf sich wirken und überlassen Ihrem Unbewussten die Arbeit.

Vielleicht wundert es Sie, in der mp3-Hypnose-Datei geduzt zu werden. Viele meiner Klienten haben die Bitte geäußert, dass ich sie in der Hypnosesitzung doch bitte duzen möge, sie fühlten sich so auf einer persönlicheren Ebene angesprochen. Diesem Wunsch komme ich gerne entgegen und ich hoffe, dass auch Sie davon profitieren.

Nun wünsche ich Ihnen viele erhellende und wegweisende Momente beim Lesen der wahren Geschichten, die das Leben schrieb, und bei Ihrer ganz persönlichen hypnotischen Reise.

Erholen Sie sich gut von dem, was hinter Ihnen liegt, und freuen Sie sich auf das Neue, das in Ihr Leben kommen möchte.

Andrea Köster

Download Hypnose-Datei

Die 28-minütige mp3-Hypnose-Datei hilft dabei, einen Weg aus dem Liebeskummer zu finden. Der Download steht für Sie auf folgender Seite zur Verfügung:

www.psycho-lounge.com

Sven

Ausbrechen, das war es, was Sven wollte. Anfangs spürte er diesen Drang nur unterschwellig, nach und nach jedoch wie einen Appetit, der immer größer wurde. Hätte ihm ein Jahr zuvor jemand prophezeit, dass es so kommen würde, wäre er sich gehörig fehleingeschätzt vorgekommen. Denn mit Bianca zusammen zu leben, war für ihn das Gegenteil von Knast. Nach so einigen Affären musste Sven mit 34 Jahren nicht lange überlegen, um klar benennen zu können, was ihn an seiner Freundin begeisterte: „Das Tolle für mich ist, dass sie aus einer guten Familie kommt, einen spirituellen Ansatz hat und ich mit ihr einfach einen sehr feinen, sensiblen Menschen an meiner Seite habe, der mich als Mann, als Typ, als kreativen Menschen sehr unterstützt.“

Dennoch gab es einen Freitagabend, der für Sven zur Ausbrechertour wurde. Er war mit Freunden im nächtlichen Hamburg unterwegs, gab – wie meistens – den Ton an und seiner ganzen Runde eine Leichtigkeit, die ihre Nachtschwere komplett verfliegen ließ. In den Morgenstunden landeten sie in einem Club. Sven ließ sich auf ein Sofa fallen, streckte Arme und Beine von sich, stierte mit sich und der Nacht zufrieden auf die menschlichen Reste dieser Partynacht wie auf eine kleine Schar namenloser Bühnenstatisten. Taghell wurden seine Sinne, als eine Frau vor ihm auftauchte, die er als „zuckersüßes Traumwesen“ beschreibt. „Ein Typ, total nach meinem Geschmack. – Nicht nur, dass sie diese Schlangenledersandalen anhatte, auch diese blonden langen Haare …!“

In dem Moment, als er sein Auge auf sie geworfen hatte, schaute sie ihn an. Ihre Augen schienen Sven in Bewegung zu bringen, denn sein langer Körper räkelte sich sogleich aus der Lümmelposition in eine aufrechtere. Ihre Blicke, die sich soeben zum ersten Mal getroffen hatten, hielten aneinander fest, wurden von umherlaufenden Gästen unterbrochen, fanden sich wieder.

Bald hatte Sven das Gefühl, sprechende Blicke, die sich immer wieder bereitwillig trafen, dürften nicht das letzte Wort haben. Er wurde aktiver: „Ich streckte einfach nur meinen Finger aus, zeigte auf sie.“ Sein Fingerzeig kam in einer wortlosen Sprache zu ihr herüber, die sie verstand: „Komm doch mal zu mir!“ – Sven redet noch heute fasziniert wie ein kleiner Junge darüber, der es kaum fassen kann, dass sich sein ferngesteuertes Auto tatsächlich auf Knopfdruck in Bewegung setzt: „Sie kam wirklich zu mir.“ Auch diesen ersten gemeinsamen Moment bezeichnet er als ein Kennenlernen „ganz nach meinem Geschmack.“

Saskia schenkte Sven in dieser Nacht zwar keine Zärtlichkeiten, gab ihm aber ihre Telefonnummer. Er brannte darauf, sie anzurufen, sie wiederzusehen, hielt sich jedoch zurück, weil er spürte: „So einfach geht das bei der nicht. Diese Frau muss ich von mir überzeugen.“

Nach zwei Wochen war ihm das gelungen. Er weiß auch wie: „Ausschlaggebend war meine Einfühlsamkeit. Ich weiß, welche Möglichkeiten ich habe, auf eine Frau einzugehen. Und ich sah, was Saskia brauchte: einen wilden Mann an ihrer Seite. – Den hatte sie mit mir durchaus bekommen.“

Saskia verhielt sich nicht wild. Jedenfalls meistens nicht. Das hätte nicht zu ihrer Tätigkeit im Finanzamt gepasst. Als „ausschweifend“ bezeichnet Sven lediglich ihre Nächte, in denen sie sich mit ihren Freundinnen traf. „Das war eine tolle Mädchencrew“, schwärmt er, „und da bin ich dann auch aufgenommen worden als der wilde Sven.“ Er spricht von einem „Rausch der Überwältigung“, der dazu geführt habe, dass er sich schnell für Saskia entschied, obwohl er noch mit Bianca zusammenlebte.

Er teilte Bianca mit, dass er eine andere Frau gefunden habe. Außerdem sagte er ihr, er werde eine Party veranstalten und bitte sie, dann nicht zu Hause zu sein.

Heute ist ihm klar, Bianca mit diesem Auftritt sehr verletzt und sie regelrecht „in einen Abgrund“ gestürzt zu haben. Sie habe daraufhin weder essen noch schlafen können. „Die war völlig durch den Wind.“

Bewusst wurden ihm die Folgen seines Verhaltens erst, als er selbst in eine Situation geriet, die ihn an seine Grenzen führte. Kopfschüttelnd sagt er: „Ich war es so gewohnt, wild von einer Beziehung in die nächste zu gehen und dabei den Schmerz des anderen gar nicht zu sehen.“

Er fühlte sich erleichtert, als Bianca auszog, weil er sich auf ein barrierefreies Zusammensein mit Saskia freute.

Ein halbes Jahr später. Die beiden waren längst ein Paar. Wieder ein Freitagabend. Sven hatte Saskia in dieser Woche nur zweimal gesehen. Am Abend zauberte er für seine Freundin und sich ein Essen, schaffte es, wie vereinbart, um acht Uhr fertig zu sein und wartete auf das Schellen der Türklingel. Nach einer Viertelstunde schaute er abwechselnd mal auf die Uhr, mal auf den immer spärlicher aufsteigenden Dampf seines aufgetischten Essens. Als Saskia um neun noch immer nicht vor der Tür stand, kochten seine Gedanken so hoch, dass er etwas unternehmen musste. Er wählte ihre Nummer und wusste nicht, was er sich mehr wünschte: Wenn sie ans Telefon ginge, würde sie ihm erklären, warum sie noch nicht bei ihm war. Und das, was sie sagen könnte, bereitete ihm ein mulmiges Gefühl. Wenn sie nicht abnähme, wäre dies auch kein Mut machendes Signal.

„Wo bleibst du denn?“, fragte er, sobald er ihre Stimme hörte. Ihre Antwort: „Sven, ich komme nicht.“ – „Wie, ist etwas passiert? Kommst du später?“ – „Nein, ich komme gar nicht mehr.“

Zwei Atemzüge lang konnte Sven nichts sagen. Dann hakte er nach: „Warum, was ist denn?“ Sven sagt, ihm sei sofort durch den Kopf geschossen, Saskia habe sich in einen anderen Mann verliebt. Und dieses Gefühl verdichtete sich in ihm, als er hörte, was Saskia ihm erzählte. „Dabei hat sie das gar nicht direkt gesagt. Aber sie gab mir das Gefühl, dass ich es nicht mehr bin und dass es einen anderen gibt.“

Sven konnte in diesem Moment kaum noch zuhören. Er sah, wie das Bild des lockeren Party-Wilden, das er von sich gemalt hatte, verschwamm. Stattdessen kreuzten all seine Mankos deutlich sichtbar vor ihm auf. Er dachte daran, nie ein richtiges Ziel verfolgt zu haben, ihm fiel ein, wie er sich aus dem Staub machte, als sein Vater ihm antrug, in dessen Architekturbüro einzusteigen, dachte an die vielen Jobs, die er für wenig Geld gemacht hatte. Und bevor er Saskia wieder zuhörte, nannte er ihr seine Erklärung für ihren Rückzug: „Ich begreife. Es ist die Kohle, die mir fehlt. Du brauchst einen richtigen Geldgeber.“

Was Saskia darauf antwortete, registrierte er nicht mehr. Das Gespräch ging zu Ende. Gedanken an die eigenen Fehler standen nun in seiner Wohnung wie eine Schar ungebetener Gäste.

Sven liefert sich seiner Fantasie aus, erklärt sie zur Wirklichkeit.

Zu bedrückend sind seine Gedanken an das, was er für seine Mankos hält. Zu bedrückend der Gedanke, dass Saskia am Ende gar nicht ihn meinte, sondern den Party-Wilden, den Sven schon mal in die Schlacht schickte, während er selbst in Deckung blieb.

Auf die Dauer ist es langweilig und gleichzeitig befremdlich, es immer wieder mit einer Fassade zu tun zu haben. Die Beziehung stagniert, wenn keine neuen Impulse gesetzt werden, wenn keiner der Partner sich traut, hinter der Fassade hervorzulugen.

Wer weiß, was aus Sven und Saskia geworden wäre, hätten sie sich für eine echte Begegnung miteinander entschieden und auch die Mankos miteinander geteilt.

Als Sven sich schließlich doch auf den Weg macht, um direkt von Saskia zu erfahren, warum so plötzlich alles aus sein soll, ist er kaum fähig, ihren Erklärungen zu folgen. Vielleicht würde Sven es ja als befreiend erleben, Saskia seine Gefühle mitzuteilen und die kräftezehrende Fassade fallen zu lassen.

Sven musste raus aus dieser Umgebung, rief ein Taxi. Er drückte auf Saskias Klingelknopf und kam sich vor wie einer, der Wiederbelebungsversuche bei einem Toten startet: „Ich ging nicht davon aus, dass sie aufmacht. Doch ich bin reingekommen. Aber die Situation, die dann entstand, war absurd für mich: Mit der Frau, die ich liebte, mit der ich noch vor ein paar Tagen geschlafen hatte, mit der jetzt am Tisch zu sitzen und zu hören, wie sie abgekühlt begründet, warum sie mich nicht mehr will, das machte mich ohnmächtig. Ja, ich stand unter Schock.“

Saskia war zu der Erkenntnis gekommen, ihn nicht mehr lieben zu können, weil sie in einer anderen Welt als Sven lebe: „Du bist der Freak, ich das verrückte Huhn, das aber neben allen Verrücktheiten im Finanzamt arbeitet und dort auch etabliert ist.“ Sie sagte, sie feiere zwar gern, ebenso wie er, aber Sven passe dennoch nicht in ihre Kreise.

Saskias Begründung erschien ihm so konfus, dass ihm kein Gegenargument einfiel. Demonstrativ packte er seine Sachen zusammen, die noch in ihrer Wohnung herumlagen, ging und sagte ihr auf schweigende Weise: „Okay, dann eben nicht!“

In den nächsten Tagen hatte Sven das Gefühl, „in ein tiefes Loch zu fallen.“ Verrückt machende Bilder geisterten ihm durch den Kopf: Immer wieder starrte er auf eine Saskia, die losgelöst mit einem anderen schlief. Er kam nicht zur Ruhe. Saskias Erklärung war für ihn keine Erklärung, also suchte er nach einem Grund, der ihm plausibel erschien. Er fand seine Lösung: „Mich nicht mehr zu lieben, das war es nicht – was im Nachhinein ganz beruhigend ist, denn das Schlimmste für mich ist natürlich, nicht mehr um meiner selbst willen geliebt zu werden.“ Svens Erklärung lautet: „Sie hat dieses Partyleben mit mir, immer auf der Überholspur, zwar schon genossen, aber mein Tempo war ihr zu hoch. Im Grunde fühlte sie für sich nicht mehr die wirkliche Kontrolle auf dieser Spur. Sie hat, das ist meine Meinung, Angst bekommen und musste sich schützen.“

Sven rationalisiert das Geschehene, so dass es für ihn erklärbar und somit aushaltbar wird. Als Erste-Hilfe-Maßnahme ist der Abwehrmechanismus der Rationalisierung zunächst geeignet, um aus dem tiefen Loch herauszukommen und wieder Frieden zu finden.

Auf längere Sicht ist es sinnvoll, die Traurigkeit darüber, dass eine Beziehung zu Ende gegangen ist, nach und nach zuzulassen und sich der eigenen Anteile daran bewusst zu werden. Wenn ich erkannt und anerkannt habe, selbst zum Scheitern der Beziehung beigetragen zu haben, muss ich mich nicht mehr als Opfer fühlen.

Das eröffnet die Möglichkeit, mich selbst in künftigen Beziehungen reflektierter zu erleben. Menschen beeinflussen einander in der Partnerschaft. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

 

Wenn Sven an Saskias Liebe denkt, weiß er genau, was für ihn so besonders daran war: „Es war einfach diese ungeteilte Aufmerksamkeit eines Menschen, der sich dir schenkt.“ – Bei diesem Gedanken kommt ihm sogleich ein nächster in den Sinn. Er spricht über eine andere Frau, eine, die ihn, wie er meint, „auch viel zu früh verlassen hat.“ Damals war Sven 19 und noch „ein schüchterner Junge.“ Er spricht über seine „Sturm- und Drangzeit“, in der er sich von seiner Mutter „freikämpfte“. Genau in dieser Phase starb sie. „Aber das war zu früh“, sagt Sven, „eigentlich hätte ich sie noch gebraucht. – Außerdem hatte ich mir keine Zeit genommen, mich von ihr zu verabschieden.“ Nachdenklich stellt er fest, dies sei seine „Grundsituation“. Er meint, „in der Tatsache, dass ein Mensch auf einmal weg sein kann, darin liegt das Grundgefühl, das ich seitdem immer wieder erlebe.“ Und darum, so vermutet er, habe er jahrelang ein wildes Leben geführt, sich von einer Partnerschaft direkt in die nächste gestürzt – „eine Methode, um meinen Schmerz zu verarbeiten“.

Traumatische Ereignisse der Vergangenheit wirken, sofern unbearbeitet, in unsere Gegenwart hinein. Sie beeinflussen die Art und Weise, wie wir Liebeskummer erleben, aber eben auch, wie wir versuchen ihn zu vermeiden, etwa wenn der Schmerz des Verlassenwerdens als existenziell bedrohlich wahrgenommen wird.

Für Sven wäre es von großem Wert, an seiner so genannten Grundsituation etwas zu verändern, um mit der Wiederholung alter Beziehungsmuster abschließen zu können.

Sich dem alten zu Schmerz stellen, sich zu erlauben, um die Mutter zu trauern, gäbe Sven die Möglichkeit, die alten Gefühle zu verarbeiten. Dies verhieße eine deutlich positivere Prognose für seine zukünftigen Beziehungen und den Umgang mit Verlassensängsten.

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?