Ich rocke den Lake Viktoria!

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Ich rocke den Lake Viktoria!
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Andrea Shija'Estrana Wobmann

Ich rocke den Lake Viktoria!

Authentisches Afrika in Mwanza, Tanzania

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Inhalt

Karibu my new world Anfang April 2010

Mambo Mzungu! Mitte April

Einfach nett & goldig ... Ende April

Meine (bisherigen) permanenten Stars

Tierisches und anderes Feines…

Fights

Bukumbi und Kigongo Anfang Mai

Darwin’s Nightmare

Es weht ein Lüftchen…. Mitte Mai

2 Spitäler und 3 Paar Schuhe nach 6 Wochen…

Fliegen…

M’s Ende Mai

(Kriminelle) Gewohnheiten… Anfang Juni

Da haut es mich vom Hocker Mitte Juni

Halbzeit Mwanza! Ende Juni

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Namensgerechte Wochentage… Anfang Juli

Es fehlt an … und an so Einigem, dafür… Mitte Juli

Einladungen Gegen Ende Juli

xxx

(Nicht) Verkehrtrum Ende Juli

Legal! Anfang August

Warten

Safari zum Ersten! Mitte August

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Safari zum Zweiten Gegen Ende August

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Safari zum Dritten? Aber natürlich!

Private Safari

Girls-Time und frische Luft Mitte September …ein bisschen andere Heimat….

…ein bisschen andere Heimat…. Auch die 2nd-Class-Sechserkabine auf der Fähre ist überraschend gut. Für die Männer war ausverkauft, Tom wird auf dem Deck freiluftschlafen, anstelle sich sitzend in die dritte Klasse zu quetschen. Das Dinner durchquasseln wir mit Powerlady Floresti Pierra. Marys jüngere Schwester lebt in London. Sie besucht Verwandte in Tanzania und fliegt allein zurück nach UK, denn ihren Dreikäsehoch Joshua lässt sie ein halbes Jahr bei Mary.

BAHATI „Glück“!

Nachgedanken

MWANZA Authentic Africa - Ich rocke den Lake Victoria!

Impressum neobooks

Inhalt

Andrea Shija’Estrana

Ich rocke den Lake ViktoriaTanzania, Afrika

Schweizerin, Sekretärin, 37ig, möchte was zu tun. Verrückt die unterschiedlichen Angebote - auf allen Kontinenten. Einfach so und so einfach. Als Volontärin ist man vielerorts willkommen, oftmals unabhängig des Backgrounds. Auf Spitäler verspüre ich keine Lust, Waisenhäuser sind schon im Repertoire, mit Tieren, naja und ein halbes Jahr Kartoffeln ernten finde ich öde. Bauchklick machte es zum alternativen Vorschlag bei Absage eines Hotelpraktikums auf Zanzibar: „Die neu gegründete Lake Victoria Cultural Tourism Association (VICTA) verfolgt das Ziel, die tansanische Küste des Viktoriasees (Regionen Kagera, Mwanza, Mara) touristisch zu fördern. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Cultural-& Propoor-Tourism. Die ärmere Bevölkerung soll davon profitieren. VICTA-Leiter ist Madaraka Nyerere, Sohn des Staatsgründers, dem ersten Präsidenten von Tanzania, Julius Nyerere.“ So beginnt mein Abenteuer mit den Worten ‘Mwanza am Lake Victoria, Tanzania’ und ‘Mückenspray versus Malariaprophylaxe’. Mwanza, the Rock City am Lake Victoria, sechs Monate lang, es rollt wunderbar! Es hat seinen Reiz wie auch seine Tücken, unter einer Million Nachbarn eine Mzungu (Bleichgesicht) von Tausend zu sein. Zudem berücksichtigt, dass die Weissen gerne unter sich bleiben. Ich begegne etwa drei Handvoll davon. Zwar wohne ich modern, jedoch abgeschieden inmitten von strom- und wasserlosen Villages. Die verschiedenen Gesichter des Lebens um die Seeregion (zweitgrösster Süsswassersee der Erde), die unterschiedlichsten Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung und deren traditionelles Leben, die kontinentalen Hochs und Tiefs (auweia&juhee Regenzeit), die Freuden, Ängste, Hoffnungen - authentic Africa & more! Beim geschäftlichen Aufbau des Tourismus stosse ich auf viele (Un-)Möglichkeiten, auf schöne, schreckliche, verwunderliche und Überhaupt-Erlebnisse. Meine persönliche Entwicklung ist genauso im Gange wie das (un-)erwünschte Austesten eigener Grenzen. Keinen erlebten Tag möchte ich missen - in aktuellen Momenten verständlicherweise schon! Wie gewünscht sind Safaris (was schlicht ‘Reisen’ heisst) mit dabei. Grundsätzlich unerwartet, durchlebe ich eine Lovestory mit neuen Facetten, wie ebenso unvorhergesehen mehr als nur ein Missgeschick auf meine Kosten - damit meine ich nicht den Verkehrscrash, von dem ich selber nichts mehr weiss...

Über mich, Andrea Shija’Estrana

Ich bin eine Frau unter allen Menschen. Ich absolvierte die üblichen Schulen, schloss eine Lehre ab, arbeite(te) regulär und erfahre meine Geschichten und Nichtgeschichten. Mein Leben lebt wunderbar vielfältig - auch, weil ich durch mein offenes und fröhliches Naturell neugierig auf Vieles bleibe. Geboren wurde ich in Luzern und liebe & schätze diese Stadt. Ich gelte nicht als Klischee-Schweizerin, ich könnte genauso gut woanders auf dem Globus leben. Die Welt, ihre Menschen lassen mich täglich lernen und wachsen.

www.andrea.world info@andrea.world www.woandrea.wordpress.com


Karibu my new world Anfang April 2010

Ein Spontanentschluss war es. „Ich möcht weg.“ Einmal mehr ein Sprachaufenthalt? Nein danke. Alleine auf Reisen gehen, wo es dauerhaft ‘schön’ scheint? No. Oder bleiben? Zu spät, der Funke zündet. Durchs worldwideweb: Schweizerin, Sekretärin, 37ig, möchte was zu tun. Verrückt die unzähligen Angebote - auf allen Kontinenten. Einfach so und so einfach. Auf Spitäler verspüre ich keine Lust, Waisenhäuser sind schon im Repertoire, mit Tieren, naja und ein halbes Jahr Kartoffeln ernten finde ich öde. Bauchklick machte es zum Alternativvorschlag bei Absage eines Hotelpraktikums auf Zanzibar: „Die neu gegründete Lake Victoria Cultural Tourism Association (VICTA) verfolgt das Ziel, die tansanische Küste des Viktoriasees (Regionen Kagera, Mwanza, Mara) touristisch zu fördern. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Cultural- & Propoor-Tourism. Die ärmere Bevölkerung wird davon profitieren. VICTA-Leiter ist Madaraka Nyerere, Sohn des Staatsgründers, dem ersten Präsidenten von Tanzania, Julius Nyerere.“

So beginnt mein Abenteuer mit den Worten ‘Mwanza, Lake Viktoria, Tanzania’, sowie ‘Mücken-spray versus Malariaprophylaxe’. Ich weiss nicht, was mich vor Ort erwartet, das Gefühl stimmt. Es ist richtig so & ich freu mich drauf!

Mambo Mzungu! Mitte April

Mambo Mzungu - Hello Weissgesicht! Gleich rein ins Getümmel. Ich, die heisse Temperaturen mag, habe gefühlt einen kleinen Sonnenstich. Das bei etwa 25°, welche sich über 35° anfühlen. Selbst schuld, ich war gestern elf Stunden kopfunbedeckt in der prallsonnigen City unterwegs. Doch, es geht mir gut und es gefällt mir! Wo bin ich gelandet? Ein Bisschen Hintergrund:

Die Region Mwanza liegt 1134 MüM im Norden Tanzanias, südlich am Lake Victoria und umfasst 35‘187 km2 (15‘000 davon im Wasser). Die Region besteht aus 8 Distrikten mit 33 Divisionen, 175 Stadtteilen, 714 Dörfern und 238 ’Mitaa’ (was auch immer das sein mag). Die Einwohner-zahl steht gemäss nationalem Büro für Bevölkerungsstatistik bei über dreieinhalb Millionen, davon 35‘000 mehr Frauen als Männer. 75% der Bevölkerung lebt von der Agrikultur sowie Vieh-haltung (Rinder, Ziegen, Schafe, Esel, Schweine). 56‘000 Personen fischen jährlich 335‘300 Tonnen Blubber. Die Bereiche Nahrungsmittel, Metall, Getränke, Schiffe, Transport, Leder und Technik sind industriell vorhanden. Aktiv betrieben werden Minen für Gold, Diamanten und edle Steine (der ureigene Tanzanit wurde bei ’Breakfast at Tiffanys’ berühmt).

 

Der grössere Umkreis Mwanza beherbergt eine Million Einwohner, der Citykern 200'000 Menschen. Die Region titelt die am schnellst wachsende, zweitgrösste Stadt im Land (nach Dar-es-Salam ‘Haus des Friedens‘ mit 2.700.000, Stand 2005). Zur Namensbedeutung rätselt man, dass es von ‘Wanza: Erste‘ herrühren könnte. Dies würde Sinn machen. Die Region Mwanza schien öfters Erstling von irgendwas, das werde ich mit der Zeit entdecken.

Der Lake Victoria hiess früher unter anderem Nalubaale-See. Er ist der grösste Süsswassersee in Afrika und der Zweitgrösste auf unserem Globus. Tür-an-Tür lebt man mit den Tieren der beiden kleinerer Nationalparks Saa Nane und Rubondo Island sowie der grossen, berühmten Schwester Serengeti. Mit ihren 14’763 Quadratkilometern Fläche ist die Serengeti ‘das endlose Land’ einer der größten Nationalparks der Welt, Teil des UNESCO Weltnaturerbes.

Zum Klima werden Durchschnittstemperaturen im Juli/August von 28° angegeben. Als ich im April lande, geht es gegen Ende regionaler Regenzeit zu. Frierend schläft es sich unter der dünnen Wolldecke bei 15°.

Über die Gesundheit gibt es zu berichten, dass es das Modell Einzel-Arztpraxen nicht gibt. Neben einigen öffentlichen und privaten Spitälern existiert eine psychiatrische Klinik; von deren fünfzig Plätzen sind knapp die Hälfte besetzt. Trotz der größeren Rehabilitierungsnachfrage von denjenigen, welche unter Alkohol und Drogenmissbrauch leiden, bleibt diese Möglichkeit bis anhin geschlossen. In Tanzania leben etwa 1.4 Mio. Menschen mit HIV/AIDS (2008). Kein Zehntel davon sind Kinder; die Rate der Infizierten zeigt sich stetig rückläufig. Der grösste Sterbegrund bei Kindern unter fünf Jahren ist Malaria.

Die Deutschen hatten die Kolonie von 1880 bis 1916 inne. Die Inder übernahmen das Land Tanganjika. Zusammengeschlossen mit Zanzibar entstand 1964 der Staat Tanzania.

‘Zuhause‘ nenn ich ein eigenes Dreizimmerhaus - einfach luxuriös! Der Garten rundherum zeigt sich bisher als der Grösste, Grünste in der neu entstehenden Backsteinsiedlung der PPF (Parastatal Pension Found, halbamtliche Pensionskasse). Die Menschen ziehen in die 800 tupfgleich aussehenden Häuschen ein. Überall wird (an-)gebaut, werden Bäume gefällt und gackern frische Hühnerställe. Den Dorfnamen eselbrückige ich als ‘eckigen Kuss’: Kiseke. Kiseke liegt irgendwo fünfzehn Fahrminuten von Mwanza aus Richtung Flughafen rechts hinein ins Nowhere. Man fährt an schmucklosen, einstöckigen Lehmhäusern und Backsteinläden vorbei und buckelt über sieben Kilometer sandige, deformierte rote Strassen - wobei man diese kaum als Strassen bezeichnen kann, eher Wüstenpisten. Mary (zu den Mainactors später) fliegt in meiner ersten Woche geschäftlich nach Dar-es-Salam. Ich begleitete sie an den Flughafen und fahre ohne Instruktion heimwärts. Oha, meine Premieren: Linksverkehr, Vehikel ein Kopf höher als ich, breiter sowieso, überdies besagte Strassen. Huuiii, hat das Spass gemacht, es hat nur einmal durchgespult!

Mein Daheim, Kiseke PPF Nummer 255, ist das private Gästehaus der Tanzanierin Josephine. Sie wohnt nebenan, weilt vielfach in Arusha. Als erste Mieterin heisst das: mein Asyl ist sozusagen völlig nackig. Aus Marys Fundus steht zur Kommode ein Himmelbett (man nennt den hellen Schleier auch Moskitonetz), afrikamustrige Vorhänge und im Nebenraum ein halbstabiler einteiliger Holzschrank. Aus Josephines Besitz zieren im Wohnzimmer zwei moderne, zwei traditionell geschnitzte Stühle, ein gusseiserner Tisch (wohlbemerkt: nur Gestell, ohne Deckplatte) und in der Küche ein zweiplätziger Gaskocher und … das war’s!

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Die leckeren Abende verbringe ich chillig bei Mary. Sie wohnt vier Gehminuten von mir entfernt - Korrektur: ich von ihr. Sie bedauert, ihre Küche sei simpel, sie hätte gerne mehr Abwechslung. Also mir schmeckt es vorzüglich: Bohnen- & Bananeneintöpfe, Chicha (Spinat), Wali (Reis) oder Ugali (Maisbrei) mit Beef, Kuku oder Samakis (Fische). Davon der Tilapia mundet sehr delikat; der Fischkopf, wo Mary wonnestrahlend reinbeisst (die fettigen Augen sollen das Beste sein), den überlasse ich ihr. Im Dunkeln draussen leiste ich gerne Pura und Jadida Gesellschaft, während sie kochen. Es braucht alles seine Zeit. Polepole, langsam, werden ohne Eile in der Handfläche haltend werden die Zwiebeln, Tomaten geschnitten, die Bohnen gewaschen, der Chicha gezupft. Bis die zylindrigen Holzkohlengefässe ‘Tschakel‘ genug Hitze abgeben, braucht es ein gemütliches Weilchen, sodass zwischenzeitlich auch die frischen Dessertfrüchte behutsam geschnitzt werden. Auch ich fahre polepole runter vom europäischen Gestürm. Ich bewege mich gemächlich und organisiere Dinge und den Haushalt ohne jegliche Hektik. Tut das gut!

Wau, ich habe einen Hund. Josephine hätte einen, sofern sie da wäre. Warum nahm sie ihn aus ihrem Dorf Singida mit? Er sollte zurück zu seiner Familie. Der junge savannenfarbene Kerl hockt ganz allein, den ganzen lieben langen Tag in einem luftdurchlässigen Minibacksteinhäuschen, einem Quadratmeter! Er winselt vor sich hin und mich zum Erbarmen an. Der weisspfotige Sox ist zu Bedauern. Ich nehme ihn oft aus seinem Käfig. Übermütig freudig tollt er und fighten wir rum. Gegebenenfalls, falls Sox nun den Sinn des Holzstockes hier kapiert, werden meine langgezogenen spielerischen Beiss-, Kratzspuren an Unterarmen und Waden verschwinden.

Die Leute in Kiseke und in Mwanza-Town begegnen mir höflich zuvorkommend. Inside Hauptmarkt agieren sie fordernder - hoffnungsvoll auf ein lukratives Geschäft. Allerorts sind die Menschen schlicht schwarz. Wo ich durchgehe vernehme ich: ’Mzungu’ (Weissgesicht) oder am Markt ’Rafiki’ (Freund). Ohne dieses Mzungu, würde ich vergessen, dass ich Eine bin. Erst, wenn ich was aus meiner Tasche nehme und meine helle Haut sehe, denke ich, gar eine fade Farbe, die eines kleinen Schweinchens! So oder so, ich fühl mich einfach schon jetzt sauwohl hier!

Das Feilschen um Ware gestaltet sich heiter, wo ich (noch) kein Kiswahili kann, die Leute null Englisch. Swahili/Kiswahili (Suaheli/Kisuaheli) stammt vom arabischen sãhil ’Küste ’ oder ’Grenze ’. Diese Bantu ist die am meist verbreitete Verkehrssprache Ostafrikas. Als tendenziell sprachtalentiert, sollte ich mich bald verständigen zu können.

Nsajigwa (welcher gästelockende Touren kreieren soll) präsentiert mir in der ersten Woche eines seiner Programme - er führt erst Eines, nachdem er seit bald zwei Monaten in Mwanza agiert. Er komme aus dem südlichsten Süden Tanzanias, absolvierte ein Kurznaturstudium (mehr weiss er nicht dazu) und war unterwegs als Touristenführer in Dar-es-Salam. Über die Bauten, welche ich dort sah, kennt er allerdings keine Infos dazu.

Wir fangen frühmorgens mit einer ersten Daladalafahrt an: eine halbe Stunde enges, farbiges Chaos in einem bunt beschrifteten Kleinbus! Die Tour starten wir an der Seepromenade in der Citymitte, sie misst kurz - die Promenade – und liegt einladend eindrücklich mit den Felsformationen am und im Wasser. Die erste Attraktion, der markante Granit, ufernah majestätisch erhabener Bismarck-Rock. Die Deutschen benannten den Outcrop nach Otto von Bismarck, dem ersten Reichskanzler des Deutschen Reiches. Über den Hügel Capripoint wandern wir an Herrschaftshäusern vorbei. Jetzt wird der Antrag von Eva am MTTF-Meeting klar: Sie will die Rocks unter Schutz stellen lassen. Es frieselt schaurig, wie teils die einzigartigen Felsformationen für neue Villen abgetragen werden. Man sollte diese mehr in die Häuser einbauen; genau das macht den Rock-City-Charme einzigartig.

Auf dem Weg begegnen wir einer Horde Schulkinder. Sie beäugen mich vorsichtig, vorwitzig. Die staunenden, ausgelassenen Kindergesichter bei der schüchternen Berührung meiner Haut und Haare sind kribbelnd schön. Beim Tschüss winken sie: „Mzungu, give me my money“, ich ignoriere dies lächelnd. Allerdings will ich kaum glauben, dass Nsajigwa das gut findet! Das Einzige was ich einbringen würde (mit der Zeit auch neckisch tue), ist die Aufklärung ihres Satzinhaltes „Mzungu, give me my money“. Geld, was überlegt der, Geld, für was. Ja, Mitbringsel wie Seife, Ballone, Pens, Streichhölzer und Co. Kein Bares! Jawohl Nsajigwa, zeige den Kindern, dass Wazungu (die Weissen) Geld haben; unterstütze sie, dem nachzujagen, anstatt die Schulbank zu drücken. Häufig landet das Geld in der Tasche eines aggressiven Verwandten, der es versäuft, statt Essbares zu kaufen oder Schulgelder zu bezahlen. Übrigens Nsajigwa, oftmals sind Touristen nicht auf Rosen gebettet, sie arbeiteten und sparten teils jahrelang für den Traum Afrika.

Themenwechsel zu Capripoint, dem Namen des Hügels. Erinnert an Bella Italia, ulkig nicht? Der ausladende Hügel mit den hocherhabenen Villen reicht bis an den Seeanstoss hinunter mit einheimischer kleiner querplatzierter unfarbigen Slumhäuschen belegt. Der Name entstammt einer Familie, welche in Vorkriegszeiten bis in die Sechziger auf dieser Seite Mwanzas wohnte. Der Teppichmacher und Schiffsbauer kam mit seinen fünf Söhnen aus dem italienischen Neapel.

Wir spazieren nun durch das strom- und wasserlose Slumsquartier - einfach nur eindrücklich. Die Sicht auf den weiten Lake Victoria glitzert wunderschön silbern. Die Siedlung, alles liegt steingrau und sauber zwischen runden, eckigen, grossen, kleinen Felsbrocken platziert. Farbige Kleiderleinen hängen, stille Kochnischen stehen, stauende Kinderaugen, hochgezogene Stirnen, ein Lächeln da, ein Winken dort. Ich fühle mich auf dem Durchweg schon etwas mulmig. Nein, keineswegs kriminelle Gedanken. Auch wenn Nsajigwa mit einem Bewohner im Vorfeld das Durchgehen arrangiert hat, so durchdringen wir trotzdem quasi ungefragt intimste Privatsphäre.

Am Hügelende ruft das Hotel Tilapia. Lunchtime. Im Tilapia trifft man Durchgangsreisenden an. Sie hängen am Pool oder an der Bar rum oder an ihren Wireless-Notebooks. Die ruhige Lage in der Seebucht relaxt. Der schmackhafte afrikanische Kebab bekommt meine Aufmerksamkeit wie der Nebentisch zunehmends mehr. Ich schnappe auf, wie ein Halbschwarzer zwei jungen Deutschen ein Projekt in Bukoba erklärt, und stelle mich Clemenz Mulokozi vor. Hocherfreut strahlt er. Clemenz Vater kam aus Bukoba, seine Mutter aus München. Clemenz Kleinkind wuchs in Dar-es-Salam auf. Auf einer persönlichen Recherchenreise als Erwachsener berührte ihn das Leid der Waisenkinder und Kriegsflüchtlingen sehr. Er stiess auf Bukoba Kids Sports Club, welcher 2005 gegründet wurde (unterstützt von Mary/Kiroyeratours). Das brachte ihn auf die Idee von jambobukoba.com. Deshalb will er Mary schon länger kennenlernen. Eine ausgezeichnete Organisation – Jambobukoba wie Kiroyeratours! Wir versprechen einander den aufrechten Kontakt.

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Zurück im Stadtzentrum - unnötige Umwege - macht Nsajigwa den Hauptmarkt aus. Laut, bunt, duftend, eng, knallig, chaotisch, arrangiert, vollgestopft. Ich bin sofort süchtig! Inskünftig befriedigt Mzungu Marktjunky diese Sucht wann immer möglich; auch für einen nur klitzekurzen Kick.

Am Ende unserer Tagestour fragt Nsajigwa ernsthaft, in scherzvollem Ton verpackt: „Andrea, war ich gut, habe ich es gut gemacht... dann her mit dem Trinkgeld, haha.“ Pole sana, entschuldige, die meisten Fragen blieben unbeantwortet und flexibel scheinst du weniger. Der offerierte Mittagslunch reicht. Abwarten. Aktuell habe ich eben sowieso einen Sonnenstich zum Auskurieren.

Nur flugs will ich deshalb bei uns in Kiseke Utensilien kaufen für Wäsche. Noch ungewohnt, wegbegleitend ’Mzungu Mzungu’ von Kindern und Erwachsenen angelacht und bewinkt zu werden. Überraschend entdecke ich den Shop: Mama Mzungu Hardware. Upsla, es gibt Weisse in Kiseke? Die ‘Mama Mzungu’ mit Name Neema, ist ebenmässig schwarz. Also: Martin, 60jähriger Brite, lernte durch Ingenieurarbeiten in den 80igern Tanzania kennen; Neema, seine dreissig Jahre jüngere Tanzanierin natürlich später. Der gemeinsame Sohn Christopher zählt vier Jahre. Diese Drei werde ich sehr liebgewinnen - es begann mit dem Kauf eines Wischmopps. Als günstige All-Inklusive-Variante für Geschirr&Besteck&Bekleidung&Haus lautet der Tipp: Ein herkömmliches Textil-Waschpulver. Marke Toss, Aloe Vera, es klappt glänzend! Während der Handwäsche smile ich gedankenverloren zum ersten Resümee. Mein Fotovolumen wäre verknipst ohne meine bisherigen Afrikaerfahrungen, wie fühle mich hier schon zu Hause.