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Bianka Kitzke

Zwischen den Fronten

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Aus der Traum

Die Realität

Ertappt

Schluss mit lustig

Du mieses Schwein

Die Wahrheit tut weh

Wie du mir so ich dir

Scherbenhaufen

Rennfahrerbraut

Trennungsjahr

Aufgegeben?

Ende mit Schrecken

Gewissensbisse und doch noch Hoffnung

Neuanfang

Hoffnung

Jetzt wird alles gut

Mein Kind

Neuanfang

Das Unheil

Ich zerstöre euch

Ich mach euch fertig

Vorbei

Jetzt wird alles wieder gut

Weihnachten

Happy End

Happy New Year

Epilog

Impressum neobooks

Aus der Traum

Marie Karter hatte in ihrem bisherigen Leben alles erreicht was sie wollte. Sie hatte einen wundervollen Mann, einen tollen Job in dem sie ihre Kreativität ausleben konnte, sie war körperlich gesund, - im Grunde genommen alles was man sich wünsche konnte.

Bis zum heutigen Tag …

Marie saß im Vorzimmer ihres Chefs und wartete. Die Dame am Empfang, eine Frau mittleren Alters, musterte sie immer wieder mit hochgezogenen Brauen, was so viel heißen mochte wie „ach du armes Schwein“ oder „Mach dir nix draus, wird schon schief gehen!“

Doch so einfach war die Sache nicht. Marie arbeitete nun das sechste Jahr in dieser Agentur für Werbemarketing. Für sie war es ihr Leben. Tag ein und Tag aus in die Agentur zu kommen um mit den Kollegen, die sie lieb gewonnen hatte, neue Marketingstrategien auszuleben. Noch nie in den vergangenen Jahren hatte sie beim Chef antreten müssen. Im Übrigen kannte sie ihren eigenen Chef noch nicht einmal genauer. Denn immer wenn Marie ihn sah, hatte er entweder ein Handy in der Hand und telefonierte oder er steckte mit seiner Nase in irgendwelchen Akten und Ordnern. In den vergangenen sechs Jahren hatte Marie nur wenige Male mit ihm gesprochen, - wenn überhaupt. Daher hatte sie schon etwas Panik, als der Anruf seiner Vorzimmerdame kam, Marie solle zum Chef kommen. Marie war so nervös, dass sie das Taschentuch das sie in der Hand hielt um ihre schweißnassen Hände zu trocknen, total zerfleddert hatte. Suchend schaute sie sich nach einem Mülleimer um und wollte das Taschentuch gerade in einem Blumenkübel „entsorgen“ als auch schon die Tür aufsprang und ihr Chef Dr. Christian Balsa herauskam.

„Frau Koch ist Frau Karter schon da?“, fragte er die Vorzimmerdame und diese wies mit der Hand auf Marie. Schnell steckte sie die Überreste in ihre Tasche und stand auf.

„Ah ja. Frau Karter. Dann kommen Sie mal rein“, sagte er und trat etwas beiseite, sodass Marie an ihm vorbei konnte. In seinem Büro blieb sie stehen und wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Bitte setzen Sie sich“, sagte Dr. Balsa und zeigte auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch. Dr. Christian Balsa war ein hochgewachsener Mann Mitte dreißig, ziemlich gut aussehend, erfolgreich und unverheiratet. Für die meisten Frauen war er ein Gott - solange er nicht ihr Chef war.

„So Frau Karter“, fing er an.- „Sie wundern sich bestimmt warum ich Sie in mein Büro habe kommen lassen?“

Sein Blick war ruhig, beherrscht und doch durch dringlich und Angst ein flößend.

„Ähm, ja schon etwas! Stimmt denn irgend etwas nicht?“

„Nun ja Frau Karter,- wie soll ich Ihnen das sagen. Wir werden Sparmaßnahmen treffen müssen und es ist nix gegen Sie persönlich glauben Sie mir, aber wir müssen Ihnen nahe legen, sich einen anderen Job zu suchen.“

Bumm !!! Das hatte gesessen!

„Einen neuen Job? Sie … Sie entlassen mich? Aber … aber ich bin doch schon sechs Jahre hier. Ich … ich lebe für diese Agentur. Wie um alles in der Welt stellen Sie sich das denn nun vor? Es ist wirklich nicht einfach so schnell mal einen neuen Job zu finden.“

„Das weiß ich“, sagte Dr. Balsa und stand auf. Er lief um seinen Tisch herum und setzte sich auf die vordere Schreibtischkante. - „Aber was soll ich denn tun? Diese Entscheidung trifft die Geschäftsleitung, - nicht ich. Glauben Sie mir, ich hätte Sie gern behalten. Sie sind eine junge, dynamische Frau. Sie haben Ausdauer und Charisma. Mancher Chef wäre froh eine Kraft wie Sie zu haben. Ich bin es auch aber es geht leider nicht. Wir … ich kann Ihnen aber mitteilen, dass Sie nicht die Einzige sein werden, die nun ohne Job dasteht. Sie müssen also nicht die Sorge haben, dass es an Ihnen persönlich liegen könnte, denn daran liegt es nicht. Es tut mir leid. Sie haben wirklich gute Arbeit geleistet in den letzten Jahren, dennoch …“, sagte er noch zu Marie und öffnete dann die Tür. Marie saß noch immer wie angewurzelt in dem Stuhl und dachte sie müsse sterben.

Arbeitslos! Sie müsste aufs Arbeitsamt … zu allen anderen die ohne Job sind. Du liebe Zeit …

„Frau Karter!“

„Hmm“, erwachte Marie aus ihrer Trance.

„Hier sind dann noch Ihre Papiere“, sagte ihr ehemaliger Chef zu ihr und reichte Marie den Umschlag. - „Ich wünsche Ihnen alles Gute. Lassen Sie den Kopf nicht hängen“, reichte ihr die Hand und geleitete sie hinaus. Sobald Marie das Büro verlassen hatte, schloss sich die Tür hinter ihr.

Der hatte gut reden. Den Kopf nicht hängen lassen … er war ja nicht arbeitslos. Er würde sich nicht um einen neuen Job bemühen müssen. Nein, er saß ja nicht auf einem Blatt, das drohte meterhoch vom Baum zu fallen. Wie durch Nebel lief Marie den Flur hinunter zu den Büroräumen. Noch immer konnte sie es nicht fassen … man hatte sie entlassen. Rausgeworfen … einfach so.

Wie würde sie es Erik erklären? Was würde er sagen? Marie betrat ihr ehemaliges Büro und ging wie ferngesteuert auf ihren Schreibtisch zu, als ihre Kollegin Dagmar auf sie zukam.

„Marie! Alles ok? Was wollte der Chef denn von Dir?“

Marie sah auf und Dagmar konnte die Tränen, die sich in Maries Augen gesammelt hatten, erkennen.

„Oh mein Gott!“, sagte sie und hielt sich eine Hand vor den Mund.- „Sag nicht, dass … dass sie Dich …“.

„Doch! Sie haben mich entlassen! Einfach so. Was soll ich denn nun machen?“, fragte Marie und ließ ihren Tränen freien Lauf. Dagmar lief schnell zu ihrem Schreibtisch, holte die Kleenex und eilte dann wieder zu Marie um ihr die Schachtel zu reichen. Marie nahm eins heraus und putzte sich die Nase.

„Ich versteh es nicht … ich habe doch immer alles richtig gemacht. Und nun werfen die mich raus.“

Marie schnäuzte noch mal in ihr Kleenex und fing dann an, langsam ihren Schreibtisch zu leeren. Sie nahm sich nicht mal die Zeit um alles schön in den Karton, den sie unter ihrem Tisch stehen hatte, einzuräumen. Willenlos warf sie alles hinein und verschloss ihn.

„Wie soll ich das denn Erik sagen? Und wie sollen wir nun unsere Schulden abdecken?“, fragte Marie doch Dagmar verzog nur das Gesicht zu einer mitleidigen Miene und sagte nichts dazu. - „Naja, er wird mir schon nicht den Kopf herunterreißen“, sagte sie stattdessen und vergewisserte sich, dass Sie alles eingepackt hatte. Sie nahm sich den Karton und lief zur Tür. Dagmar ließ sie einfach stehen.

„Marie!“, rief diese ihr jedoch noch mal nach. Marie drehte sich um und sah Dagmar lange an. Auch diese hatte Tränen in den Augen. - „Pass auf Dich auf … und melde Dich ab und zu mal“.

Marie nickte und verließ dann das Büro. Jeder wusste, dass sie sich nicht melden würde und wahrscheinlich eher zu Hause Trübsal blasen würde als sich einmal zu melden. Draußen warf sie alles was sie hatte in den Kofferraum ihres Mercedes Cabrio und stieg ein. Lange saß sie hinter dem Steuer ihres Wagens ohne den Schlüssel umzudrehen. Dieses Auto würde sie sich auch nicht mehr leisten können, jetzt wo sie arbeitslos war. Marie wischte sich die Tränen aus den Augen und fuhr dann ein letztes Mal vom Hof der Marketingagentur.

 

Als Marie nach Hause kam, war das Haus leer. Nachdem sie ihre Tasche in der Diele abgestellt und ihre Schuhe ausgezogen hatte, begab sie sich nach oben in das obere Stockwerk um sich zu duschen. Marie wusste nicht wie lange sie sich den Strahl der Dusche über die Haut hatte rinnen lassen, doch so langsam spürte sie wie ihr Magen nach etwas essbarem schrie. Sie betrat das Schlafzimmer und ihr Blick fiel über das Feld das hinter dem Haus war. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen.

Wie sollen sie hier weiter leben können wenn sie doch nun arbeitslos sein würde? Marie schüttelte die Gedanken ab, zog sich an und ging nach unten in die Küche. Erik war noch immer nicht zu Hause und Marie wunderte sich ein wenig als sie die Wasserflasche aus dem Kühlschrank nahm. Hatte er nicht etwas von Frühdienst gesagt? Mit einem Brot in der einen und einem Glas Wasser in der anderen Hand betrat Marie das Arbeitszimmer ihres Mannes. Alles war sauber und ordentlich aufgeräumt. In der Mitte seines Tisches lag sein Terminplaner. Marie schlug ihn auf und blätterte darin. Am Tag angekommen stand jedoch nichts von Frühdienst, sondern Bereitschaft.

Oh Mann! Wieder eine ganze Nacht allein, - dachte sich Marie und verließ das Zimmer wieder. An manchen Tagen verfluchte sie Erik und seinen Job.

Erik Karter war Arzt aus Leidenschaft. Er liebte nichts mehr als seinen Job und seine Frau, dachte zumindest Marie. Sie respektierte ihn und seinen Beruf, wünschte sich aber doch ab und zu, dass sie mal wieder einen Abend gemeinsam verbringen könnten. Marie setzte sich auf das Sofa im Wohnzimmer und starrte ins Leere. Nicht nur, dass sie seit Monaten Tag ein Tag aus immer öfter alleine war. - nein auch die Kommunikation die sie und Erik früher hatten fehlte. Immer seltener sprachen sie bis nachts miteinander. Was ja auch schlecht war, denn Erik war die meiste Zeit in der Klinik.

Vielleicht würde Erik sich ja freuen wenn sie ihn in der Klinik besuchen würde? So nebenbei könnte sie ihm dann sagen, dass sie ihren Job verloren hatte. Marie sprang vom Sofa auf, zog sich ihre Schuhe wieder an, nahm ihre Tasche und verließ das Haus. Unterwegs hielt sie noch an der Pizzeria und holte eine Pizza, bevor sie zur Klinik fuhr.

Im Klinikum war es still und ruhig. Ab und zu hörte man ein Baby weinen oder die Schritte einer der Schwestern, die Nachtdienst hatten. Marie kannte den Weg in das Bereitschaftszimmer in und auswendig und machte sich auf direktem Weg dahin. Kurz bevor sie die Tür erreicht hatte, sah sie jedoch wie die Tür geöffnet wurde und ihr Mann mit einer Schwester herauskamen. Sie unterhielten sich angeregt und lachten aus vollem Herzen. Wann hatte Erik das letzte Mal mit ihr so gelacht? Erik sah Marie als Erster.

„Schatz? Was machst Du denn hier?“

„Hallo! Ich wollte Dir was zu essen bringen und da dachte ich wir könnten uns vielleicht einen schönen Abend machen, wenn Du nicht allzu sehr beschäftigt sein solltest“.

„Nein. Komm rein. Schwester Larissa und ich sind fertig“, sagte er und grinste die Schwester an. Diese drehte sich lächelnd um, wünschte noch einen schönen Abend und eilte den Flur hinunter. Während Marie Erik in das Bereitschaftszimmer folgte.

Wenn Marie es geahnt hätte oder gar zwanzig Minuten früher gekommen wäre, wäre sie ganz sicher in einen Tobsuchtsanfall verfallen. Denn da lag er noch in den Armen von Larissa, - nachdem er mit ihr geschlafen hatte.

„Setz Dich“, sagte er zu ihr und machte Platz auf einem Tisch der im Zimmer stand und schloss die Fenster, die er zum Lüften aufgemacht hatte.

„Danke … ich sollte … ich muss mit Dir reden. Es ist wichtig. Ähm, seit wann kommen denn Schwestern in dein Bereitschaftszimmer?“, fragte Marie und stellte den Karton ab. Erik öffnete und nahm sich ein Stück Pizza raus, bevor er es sich auf dem Sofa gemütlich machte.

„Ach, das kommt schon mal vor wenn sie was zu unterschreiben haben oder so. Aber deshalb bist Du ja nicht hier oder? Also … was ist denn los?“

„Ähm … naja … ich wurde entlassen“.

„Entlassen! Warum?“

„Wegen Gehaltskürzungen und so …! Erik wie sollen wir das schaffen? Wie sollen wir unser Haus weiter finanzieren?“

Das Haus! Es war Maries ganzer Stolz und sie liebte es wie nichts anderes. Dass ihre Ehe zu scheitern drohte, daran dachte sie anscheinend keine Minute oder sie wollte es einfach nicht wahr haben, ging es Erik durch den Kopf. Er gönnte Marie ihre Position im Job und er wusste, dass Werbung viel Arbeit machte und viel Arbeit brauchte, doch nun im Stillen war er froh darüber, dass Marie nun wieder mehr Zeit haben würde. Vielleicht würde das sogar ihre Ehe retten.

Die Realität

Als Erik und sie vor Jahren erfuhren, kurz nachdem sie geheiratet hatten, dass sie bald zu dritt sein würden, hatten sie beschlossen aus der vier Zimmer Wohnung in der Stadt auszuziehen und sich ein schnuckeliges Haus auf dem Land, aber auch nicht allzu weit weg von der Stadt zu suchen. Sie hatten viel Wert darauf gelegt, dass ein Garten und viel Platz da wären und hatten dann dieses Objekt entdeckt. Marie war sofort verliebt in das Gebäude und Erik ließ sich breitschlagen und hatte es aus Liebe zu seiner Frau gekauft. Obwohl er sich etwas ganz anderes und nicht so großes vorgestellt hatte. Dieses Haus war alles andere als normal. Abgesehen davon, dass schon alles renoviert war. Von außen sah es vielleicht alt aus, aber im Inneren war es hochmodern. Es besaß eine große Küche in der Terrakotta-Fliesen die Wände und den Böden zierten. Das Wohnzimmer war riesig und verfügte über einen Kamin an dem man abends kuschelige Stunden verbringen konnte. Es gab zwei Badezimmer und drei Schlafzimmer. Rundum, dieses Haus war der pure Luxus. Zwar waren sie nun hoch verschuldet, doch es war und blieb ein Traum von einem Haus und es gehörte nun den Karters. Marie steckte viel Liebe und viel Geduld in dieses Haus und seinen Garten. Doch dann kehrte der Alltag mit all seinen Sorgen und Problemen ein und begann langsam aber sicher ihr Eheleben zu zerstören. Marie war fortan immer in dieser Agentur. Wenn Erik Frühdienst hatte, kam sie erst am späten Abend. Wenn er Nachtdienst hatte und den Tag zu Hause war, war sie in der Agentur und wenn er Spätdienst hatte das gleiche Spiel. Irgendwann wurde es ihm zu blöd und er blieb in der Klinik.

„Wie sollen wir unsere Zukunft weiter planen? Ich mache mir wirklich Gedanken über alles und kann seit heute Morgen an nichts anderes mehr denken“.

Erik schien das alles kalt zu lassen. Denn er machte kein bisschen das bestürzte Gesicht das sie erwartet hatte. Stattdessen stopfte er sich genüsslich ein Stück Pizza nach dem anderen in den Mund. Für Erik würde es bald keine Zukunft mehr mit Marie geben, glaubte er zumindest. Seine Ehe ging den Bach runter.

Er und Marie hatten seit Monaten keinen Sex mehr und lebten ohnehin nur noch nebeneinander her. Daher hatte er sich eine Geliebte angeschafft. Dr. Erik Karter hatte eine Affäre mit Nachtschwester Larissa und verbrachte so viel Zeit wie möglich in ihrem anstatt in seinem ehelichen Bett. Zwar hatte er in den letzten zehn Jahren in der Ehe mit Marie auch schöne Momente erlebt. Doch als vor sechs Monaten Larissa bei ihnen als Nachtschwester angefangen hatte und die beiden sich an einem Morgen im Besprechungszimmer das erste Mal sahen hatte es gefunkt. Aber das wollte er Marie in dieser schweren Zeit, die sie nun durchmachte nicht sagen.

„Ach Liebling, es wird schon wieder. Glaub mir. Wir kriegen das hin“, sagte er küsste sie leicht auf die Wange und aß weiter an der Pizza. Sie hatten alles aufgegessen, beziehungsweise Erik hatte alles aufgegessen und Marie dachte an ein wenig „ehelichen Spaß“, den sie schon lange nicht mehr hatten und kuschelte sich an ihren Mann. Doch weiter kam es nicht, da das Telefon klingelte. Erik nahm ab und verlautete dann er müsse auf Station und wie leid es ihm täte. Und so blieb Marie nur eines – wieder alleine zurück ins Ehebett. Erik geleitete Marie nach draußen und nahm sie in den Arm.

„Schatz, nicht böse sein. Ich bin morgen früh zum Frühstück wieder zu Hause und dann reden wir noch mal über alles“. Er küsste Marie leicht auf die Lippen und verschwand hinter der nächsten Ecke, während Marie den Flur hinunterlief in Richtung Ausgang. Erik schaute seiner Frau nach und eilte dann ins Schwesternzimmer zu Larissa.

„Denkst du sie hat was mitbekommen?“, fragte sie ihn, als Erik die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Ach Quatsch … die hat andere Sorgen. Sie haben sie entlassen. Keine Sorge meine Süße. Du und ich, das ist ein gut gehütetes Geheimnis. Allerdings müssen wir jetzt noch vorsichtiger sein. Denn wenn Marie den ganzen Tag zu Hause sitzt, wer weiß auf was für Ideen sie kommt“, sagte Erik zu Larissa, nahm sie in den Arm und küsste sie, bevor er sie anlächelte.

Marie erwachte am anderen Morgen allein in ihrem großen Ehebett. Nachdem sie sich gestreckt hatte und langsam zu sich kam, dachte sie an den vorherigen Tag. Sie war entlassen worden! Na super, - dachte sie sich als sie aufstand um sich im Bad etwas frisch zu machen. Marie kam gerade aus der Dusche als die Haustür aufgeschlossen wurde.

„Ich bin daheim! Und ich habe uns auch gleich das Frühstück mitgebracht. Marie?“

Erik kam ins Schlafzimmer als sie sich gerade angezogen hatte und gab ihr leicht einen Kuss auf die Wange.

„Guten Morgen. Na, gut geschlafen?“

„Nein! Aber Du anscheinend. Du bist ja richtig fit“.

„Naja ich konnte ja auch genügend schlafen. War nix los heute Nacht. Kein Notfall, keine Babys … alles ruhig“, sagte er zu ihr. Dachte dabei aber an die vergangene Nacht, die er mit Larissa im Bereitschaftszimmer verbracht hatte.

„Prima!“, antwortete ihm Marie und lief mürrisch an ihm vorbei. - „Ich geh Frühstück machen“.

Erik stand da und schaute ihr einfach nur hinterher.

„Ich geh vorher noch schnell duschen“, rief er ihr noch nach, bekam jedoch keine Antwort mehr von ihr. In der Küche lehnte sich Marie erst mal an den Tresen.

Was glaubte ihr Mann eigentlich wie blöd sie war.

Nachtdienst! Bereitschaft!

Nie im Leben!

Marie hatte den weiblichen Duft gerochen. Erik roch normalerweise immer nach Klinik. Er roch nach Desinfektionsmittel, Babypuder oder anderem Klinikzeugs wenn er heimkam,- aber nicht nach Parfüm. Und da sie ein solches Parfüm nicht benutzte, musste dahinter wohl ein anderes weibliches Wesen stecken. Marie ließ sich nichts anmerken. Sie spielte weiterhin das glückliche Weibchen. Auch wenn sie die leise Vorahnung hatte, dass ihr Mann sie wohl betrog.

Die nächsten Tage waren für Marie der reinste Horror. Sie saß zu Hause, blätterte Tag für Tag diverse Zeitungen nach Stellenangeboten ab, doch nichts! Und langsam aber sicher fiel ihr die Decke auf den Kopf. Von Erik konnte sie keine Hilfe erwarten, denn er war ja wie immer in der Klinik oder womöglich bei dieser Frau, die nach billigem Parfüm roch. Und so sehr sich Marie auch anstrengte sich darauf zu konzentrieren einen neuen Job zu finden, es gelang ihr einfach nicht. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um ihren Mann und diese andere Frau.

Was hatte Erik dazu bewegt sich eine Freundin zuzulegen? Was stimmte nicht an ihr? Was stimmte nicht an ihrer Ehe? Tausende und abertausende Fragen wimmelten in ihrem Kopf und Marie kam zu keiner Antwort.

Erik las wie jeden Morgen die Zeitung, während Marie in ihrem Müsli herumstocherte. Das Frühstück der beiden verlief eigentlich wie jeden Morgen bevor beide wieder zur Arbeit mussten – schweigend! Nur, dass Marie nun Hausfrau war und es sie tierisch ankotzte.

„Wann musst Du wieder in die Klinik?“, fragte Marie schließlich, um das Schweigen das sie um sich herum hatte zu beenden. Erik sah auf seine Uhr und murmelte ein unverständliches „um elf“ in die Zeitung.

„Warum?“

„Naja, weil ich mich mit einer Freundin später in der Stadt treffe, wir einen Kaffee trinken, danach noch einen Besuch im Sexshop machen und dann wieder nach Hause gehen“.

„Schön. Mach das“, murmelte er und Marie riss endgültig der Geduldsfaden.

„Erik sag mal, was ist eigentlich los? Du hörst mir seit Wochen, - nein seit Monaten,nicht mehr richtig zu. Du bist fast nie zu Hause und anscheinend interessiert es dich einen Scheißdreck was ich den ganzen Tag tue“.

 

Erik legte seine Zeitung beiseite und musterte seine Frau.

„Du hast recht. Es stimmt was nicht. Ich wollte dir nicht wehtun und habe immer meinen Mund gehalten, aber nun hast du angefangen. Weißt du warum ich nie zu Hause bin? Weil Du auch nie da bist,- oder warst. Immer bist du in deiner blöden Firma gewesen. Wir haben uns einfach auseinander gelebt“.

„Was? Aber …“.

„Nichts aber. Es hat damit angefangen, als wir versuchten ein Baby zu bekommen und nie hat es geklappt. Und wenn es dann endlich mal geklappt hatte, hattest du eine Fehlgeburt. Von da an bist du ständig in dieser blöden Agentur gewesen. Selbst zu Hause bist du über diesen Werbeplakaten gehangen.“

„Ich ... wie sollte ich mich denn ablenken, wenn nicht mit Arbeit? Außerdem machst du mich jetzt dafür verantwortlich, dass ich …? Du bist Arzt! Du müsstest wissen, dass …“

„Ich weiß es und ich gebe dir auch keine Schuld. Keinem von uns. Zehn Jahre sind wir zusammen. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Marie, aber nun … ist die Luft raus. Ich kann es nicht ändern. Ich wünschte ich könnte es, aber ich kann es nicht. Ich habe mir immer eine Familie gewünscht. Einen ganzen Stall von Kindern wenn ich abends nach Hause komme und sie mich begrüßen. Aber nun …“.

„Aber es ist nicht alleine meine Schuld gewesen. Du warst auch nie zu Hause. Was sollte ich denn den ganzen Tag alleine hier machen? Stricken, nähen oder was weiß ich. Erik … ach vergiss es …“, schrie Marie und wollte gerade an ihm vorbei als Erik sie am Arm packte.

„Wo willst du hin?“

„Packen!“, brüllte sie und riss sich los. „Wenn wir uns schon auseinandergelebt haben, kann ich ja auch gehen!“

Packen? Nein! Sie konnte ihn nicht einfach so verlassen. Erik sprang auf und lief hinter Marie ins Schlafzimmer. Er fand sie weinend auf dem Bett. Langsam setzte er sich neben sie und nahm sie in den Arm.

„Baby! Komm her“. Baby? So hatte er sie schon Jahre nicht mehr genannt, das letzte Mal als sie noch Teenager waren. Aber es kam ihm ganz leicht über die Lippen. - „Ich … es tut mir leid“, sagte er und küsste sie auf ihr Haar.

„Ich wollte mich nicht mit dir streiten. Aber du musst zugeben, dass in unserer Beziehung wirklich was nicht in Ordnung ist“.

Marie schniefte und löste sich dann von ihm. Schweigend sah sie ihm in die Augen. Sollte sie ihn fragen ob er eine andere hatte? Nein, lieber nicht!

„Ja, irgendwas stimmt nicht. Und wenn wir beide uns nicht zusammennehmen, dann wird es bald keine Ehe mehr geben. Ich liebe dich Erik und habe keine Minute der letzten zehn Jahre bereut. Aber ich will auch nicht, dass ich in einem Jahr hier sitze und eine geschiedene Frau bin. Das kann ich nicht. Ich werde für meine Ehe kämpfen“.

„Ich auch! Denn auch ich will nicht als … geschiedener Mann rumlaufen. Und ich verspreche dir, dass ich nun mehr Zeit mit dir verbringen werde. Großes Ehrenwort!“

Erik drückte Marie an sich und hielt sie fest in seinen Armen. In Gedanken war er allerdings bei Larissa. Wie sollte das weitergehen? Er konnte nicht noch mehr Zeit mit ihr verbringen und gleichzeitig um seine Ehe kämpfen. Larissa war ein Abenteuer … Marie seine große Liebe. Erik musste sich entscheiden … nur wie?