Redewendungen: Die montägliche Fahrt ins Blaue

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Redewendungen: Die montägliche Fahrt ins Blaue
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Carsten Both

Redewendungen: Die montägliche Fahrt ins Blaue

Redewendungen – Oft verwendet, Ursprung unbekannt?! – EPISODE 46

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Episode 46

Episode 47

Impressum neobooks

Episode 46

Die montägliche Fahrt ins Blaue

Manche Farben stehen stellvertretend für irgendetwas. Die Lichtempfindung, welche durch eine Wellenlänge zwischen 440 und 495 nm hervorgerufen wird, soll angeblich für die Treue stehen (was immer das auch sein mag). Dergestalt kommt dieser von Oberflächen reflektierte Teil des weißen Lichts jedoch nicht in Redewendungen vor. Da spielt das Blaue viele andere Rollen, steht mal für die gesellschaftlich akzeptierte und geförderte Flucht in den Alkohol [siehe Episode 14], mal ist blaues Licht das Synonym für Täuschung und Lüge (= Treue?), wodurch etwa die „blaue Ente“ [siehe Episode 45] ihre Färbung erhielt. Daneben steht das Blaue im Allgemeinen für etwas Unbestimmtes, für Weite und (unbestimmte) Ferne, gar für sehnsüchtige romantische Flucht in dieselbe; im gewissen Sinne ebenso für die Freiheit – und zwar für die Freiheit von der Arbeit, am besten an einem Montag, denn das Wochenende ist chronisch zu kurz.

Man spricht in Arbeitnehmerkreisen diesbezüglich stolz vom Blaumachen. Dies ist die einem Faulenzer entgegenkommende kurze Variante von „einen blauen Montag machen“. Bei der Herleitung und Ableitung dieser einen (unerlaubten) Müßiggang beschreibenden Redewendung war man dagegen überhaupt nicht faul; es gib viele Theorien, wie es zur Blaufärbung gekommen sein kann. Jedoch zunächst zur Vorgeschichte der Schwänzerei:

Die jahrhundertealte Tradition, der Arbeit eigenmächtig fernzubleiben, hat ihre Wurzeln im späten Mittelalter und wurde – selbstverständlich – von der Handwerkerschaft begründet. Zunächst sprach man noch vom „guten Montag“. Dies war eindeutig die Sicht der Handwerksgesellen, die diesen freien Tag beanspruchten. Ferner hieß es „Montag halten“, wenn bestimmte Tage, anstatt für den Meister zu schuften, für eigene Arbeiten genutzt wurden. Der Begriff „guter Montag“ ist seit dem 14. Jh. in Handwerkssatzungen belegt – und zwar als Verbot denselben zu feiern. Die Verstöße wurden sogar durch die Einbehaltung des Lohns sanktioniert. Genutzt hat es aber anscheinend wenig, denn im darauffolgenden Jahrhundert schien sich die (Un)Sitte endgültig allgemein durchgesetzt zu haben, was man wiederum Zunftregelungen entnehmen konnte, die nun versuchten, den guten Montag wenigsten in geordnete Bahnen zu lenken, ihn zeit- und mengenmäßig zu regulieren. Für die Obrigkeit blieb die eigenmächtige Freizeitnahme der Handwerksgesellen aber weiterhin ein permanentes Ärgernis, sodass es im 16. Jh., wie vorher ebenso, diverse Verordnungen zum Verbot oder zur Einschränkung des aus Sicht der Regierungsgewaltigen gar nicht so guten Montags gab. Des Öfteren wurden gar Suff, Fraß, Faulheit, Schlägerei, Verwahrlosung und ähnliche hässliche Hobbys automatisch mit dem außerordentlichen freien Tag in Verbindung gebracht. Auch der Meistersinger Hans Sachs (1494-1576) zeigte sich in Gedichten als überzeugter Gegner des guten Montags.

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