Redewendungen: Episoden 2000

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Redewendungen: Episoden 2000
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Carsten Both

Redewendungen: Episoden 2000

Redewendungen – Oft verwendet, Ursprung unbekannt?! – EPISODE 20 bis 24 (Politiker, Schaf, Ungemach, Kreuze, Staubasche)

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Episode 20: Aus gegebenem Anlass

Episode 21: Schafe

Episode 22: Unangenehmes

Episode 23: Kreuz(igungen)

Episode 24: Asche und Staub

Episode 25

Impressum neobooks

Episode 20: Aus gegebenem Anlass

Obwohl realistische Bürger eigentlich wussten oder zumindest schon immer geahnt hatten, dass wir nur auf dem Papier und in Politikerreden in einer echten Demokratie leben, in der rechtsstaatliche Grundsätze für alle gelten, ist man doch immer wieder erstaunt, wenn gewisse Aktivitäten unserer selbsternannten „Willensvertreter“ außerhalb der Plenarsäle ans Tageslicht kommen. Die Kreativität, die manche dieser Figuren bei Sicherung und Ausbau der kleinsten Privilegien und Vergünstigungen an den Tag legen, lässt doch eigentlich hoffen, wenn sie diese mal für ihren (Haupt-)Job einsetzen würden. Selbstverständlich nur, falls die durch Vitamin B erlangten lukrativen (Neben-)Jobs solch ein Engagement noch zeitlich zulassen! Aber eigentlich ist es ja nicht verwunderlich, wenn sich in einer Parteiendiktatur die herrschende Kaste ihre ganz eigenen Werte und Gesetze auferlegt, deren nicht zu leugnenden Vorzüge nur Parteibuchinhabern in den oberen Führungsgremien vorbehalten bleiben. Denn nur dort wurde das Motto „Eine Hand wäscht die andere“ perfektioniert. Und so müssen wir auch davon ausgehen, dass das Aufgedeckte nur die Spitze des Eisbergs ist; das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht! Folglich könnte man die Vermutung äußern, dass da noch mehrere „Persönlichkeiten“ Dreck am Stecken haben bzw. die Parteizentralen noch so manche Leiche im Keller liegen haben.

Das „B“ bei der Wendung Vitamin B steht für Beziehung(en). Der Ausdruck insgesamt meint auch dieselbigen, die sich in vielen Situationen als äußerst nützlich erweisen können. Vitamine stehen generell für etwas Gesundes, hier also für ein gesundes Vorankommen im Rahmen der persönlichen Karriereplanung, da man mehr oder weniger zufällig die richtigen Leute kennt. Dieses Vitamin B ist natürlich besonders gesund bzw. relevant, wenn die eigenen Fähigkeiten keinen Raum für ein Vorankommen auf dem traditionellen Wege zulassen; bei Leuten mit Parteibuch ist daher diese Art der Karriereförderung besonders verbreitet.

Die Redewendung „Eine Hand wäscht die andere“ drückt die angenommene Gegenseitigkeit von Gefälligkeiten aus. Man hat jemandem einen Gefallen erwiesen und erwartet so als Gegenleistung auch einen Gefallen („Bei dem/der habe ich noch was gut!“), oder jemand fühlt sich verpflichtet, jemandem, der einem mal einen Gefallen erwiesen hat, in gleicher Weise dienlich zu werden, wenn es sich anbietet („Der/die hat noch was bei mir gut!“). Alleine kann die eine Hand sich nämlich nicht waschen, sie braucht die andere hierzu und umgekehrt.

Schon in der „Verkürbissung des Claudius“ des römischen Dichters, Philosophen und Politikers Seneca (um 4 v.Chr. - 65 n.Chr.) ist diese Redewendung zu finden. Dort heißt es: „deinde tu si quid volueris, in vicem faciam: manus manum lavat.“„Dann, wenn du etwas willst, werde ich umgekehrt handeln: eine Hand wäscht die (andere) Hand.“ Gleichfalls beschrieb sein Zeitgenosse Titus Petronius Arbiter (um 14 - 66) in der Satire „Satyricon“ das gegenseitige Auf- und Anrechnen: „et ego tibi plodo. computa, et tibi plus do quam accepi. manus manum lavat.“„Und ich habe dir geklatscht. Wir wollen ausrechnen, ob ich dir nicht mehr gegeben habe, als ich empfangen habe. Eine Hand wäscht die (andere) Hand.“ Die antike Phrase findet sich später auch in Goethes Kurzgedicht „Wie du mir, so ich dir“ wieder: „... Hand wird nur von Hand gewaschen; Wenn du nehmen willst, so gib!“

Kommen wir zum Eisberg. Den Hinweis auf die Spitze des Eisberges kann man sogar als doppelte Überzeichnung charakterisieren. Jedes Kind weiß, dass der sichtbare, aus dem Wasser herausragende Teil des Eisberges lediglich ca. ein Siebtel seiner gesamten Größe ausmacht. Wenn man von diesem Siebtel darüber hinaus lediglich die Spitze nimmt, so ahnt man, was da in Relation zum Entdeckten noch im Verborgenen schlummert.

Die Redewendung beschreibt also anschaulich, was man alles noch nicht weiß, schon aus dem Grund, dass es größtenteils (noch!) gar nicht sichtbar ist. In der grausamen Realität beschäftigen sich infolgedessen auch diverse Personen damit, den verborgenen Teil für immer unter der Wasserlinie zu halten!

Das Ende der Fahnenstange steht für einen Schlusspunkt, an dem es nicht mehr weitergeht. Der scherzhafte Zusatz „Weiterklettern auf eigene Gefahr!“ verdeutlicht diese Endlichkeit einer jeden Fahnenstange. Oft wird diese Wendung aber gerade mit dem Hinweis verwendet, dass dieses Ende noch lange nicht in Sicht ist.

Wenn jemand Dreck am Stecken hat, so ist er nicht integer oder hat sich etwas zuschulden kommen lassen. Der Stecken steht in dieser Wendung nicht etwa für eine Mistgabel, sondern für einen Spazierstock. Dieser verrät, ob jemand durch Schmutz gewatet ist, denn er wird beim Säubern bzw. Verwischen der Spuren oft übersehen. Die Heuchelei von Personen, die sich offiziell als moralisch einwandfrei hinstellen, wird in dieser Redewendung vortrefflich ausgedrückt: Durch Säubern bzw. Wechseln der Schuhe und der Kleider kann man kaschieren, in welchem Dreck man sich gerade herumgetrieben hat; aber der Stock verrät beim näheren Hingucken alles, auch wenn die Person ansonsten (wieder) blitzblank dasteht. Na, wenn das mal nicht exakt zu gewissen Parteibuchträgern passt. Schon der Schweizer Jeremias Gotthelf (1797-1854) stellte für gewisse Gesellschaften fest: „Dreck sei allweg am Stecken“ und „Es sei Keiner, der nicht Dreck am Stecken und sich in acht zu nehmen habe, daß man ihn nicht stinkend mache.“ Im Roman „Die Käserei in der Vehfreude“ (1850) wies der eigentliche Albert Bitzius allerdings ebenso auf mögliche Einzeltäter hin: „Du kannst der Lügner sein und den Dreck an deinem Stecken haben!“

Eine ähnliche Bedeutung wie die vorige hat die Redewendung „Eine Leiche im Keller (haben)“. Sie bezeichnet etwas Dunkles aus der Vergangenheit, das noch nicht entdeckt worden ist und soll tatsächlich auf im eigenen Keller begrabene ungetaufte Kinder zurückgehen, denen die Katholische Kirche ein Plätzchen auf dem Friedhof verweigerte. Diese Wendung betont aber mehr den noch vorhandenen Aufklärungsbedarf in Hinsicht auf bestimmte Vorkommnisse oder gar auf das gesamte Wirken bestimmter Organisationen und/oder Personen. Bei unseren Parteien kann man ja nicht einmal sicher sein, dass die Keller der – unter unfreiwilliger Beteiligung des Steuerzahlers – frisch erbauten, repräsentativen Parteizentralen in Berlin diesbezüglich noch unbefleckt sind.

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