Alles über Jesus

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Alles über Jesus
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Eckhard Lange

Alles über Jesus

ein Versuch

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

ALLES ÜBER JESUS?

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

Impressum neobooks

ALLES ÜBER JESUS?

Um es gleich vorweg zu sagen: Alles über Jesus zu wissen und darzustellen ist genauso vermessen wie „Alles über Gott“ zu schreiben. Also sind solche Titel nur ein Lockmittel, der Versuch, jemand zum Studium dieses Büchleins zu verführen. Und wer diese Zeilen jetzt und hier liest, der hat sich bereits verführen lassen. Sei′s drum – nun kann er ruhig weiterlesen.

Um auch das vorauszuschicken: Hier geht es nicht darum, irgendwelche neuen, bahnbrechenden Erkenntnisse des Verfassers mitzuteilen. Er beschränkt sich darauf, sein aus mancherlei Quellen zusammengetragenes Wissen weiterzugeben, es möglichst zu komprimieren und vor allem anschaulich darzustellen. Wenn ihm das gelingen sollte, ist sein Ehrgeiz vollständig erfüllt. Und damit hoffentlich auch der Wissensdurst all jener, die sich zum Lesen haben überreden lassen.

Und ein drittes sei gleich zu Anfang gesagt: Wer auch immer es versucht, „Alles (oder doch das Wesentliche) über Jesus“ zu sagen – was er dann schildert, ist nie wirklich einfach DER Jesus, wie er historisch gesehen einmal gewesen sein mochte, sondern zugleich doch auch immer SEIN Jesus. Und genauso wird es auch hier sein: Letztlich begegnet der geneigte Leser nun MEINEM Jesus, von dem ich erzähle. Und das ist auch gut so.

1.

Die Umstände seiner Geburt, seine Kindheit und Jugend, seine Herkunft – nichts wissen wir darüber. Tatsächlich und wirklich: Nichts. Was uns Lukas und Matthäus erzählen, das ist voller Poesie, das ist anrührend, und es sagt manches darüber, wie die frühen christlichen Gemeinden ihren Messias sehen wollten – aber es sagt nichts über die Wirklichkeit.

Was wir mit großer Wahrscheinlichkeit sagen können, ist allein dies: Jesus stammt aus Nazareth, und seine Eltern hießen Josef und Maria – zwei Namen, die damals absolut gebräuchlich und häufig waren. Er stammt aus einem unbedeutenden galiläischen Ort, wo Kleinbauern und Handwerker lebten. Nazareth war tiefste Provinz, war dörflich, sicher sehr traditionell in allem, was Leben, Sitten, Religion angeht. Mehr weiß der Historiker, wenn er denn seinen Beruf ernst nimmt, nicht zu berichten.

Woher also kommen diese Geschichten, die Matthäus und Lukas so wunderbar wiedergeben? Wer hat sie ihnen erzählt, wie sind sie entstanden, welche Absicht steckte dahinter? Da gibt es allerdings manche Vermutung, und da weiß auch der Historiker einiges zu vermelden. Schließlich kennt er ja seine Quellen, weiß von den Aussagen, die in der Antike stets umliefen, wenn es um berühmte Männer ging, Männer, von denen man eine neue Epoche, gar das Heil der Welt erwartete. Und da lässt sich manches aufzählen:

Keiner dieser Heilsbringer – ob Imperatoren wie Augustus, der einmal schlicht Oktavian hieß, ob Könige wie der große Alexander, oder auch manche eher schon vergessene Größen von damals – keiner war einfach so da. Stets wusste man von uralten Weissagungen, die ihn legitimierten als den, der sie nun (endlich) erfüllt.

Und schon ihre Geburt war – wie man dann später berichten konnte, so unbekannt diese Männer manchmal auch noch waren, als sie irgendwo das Licht dieser Welt erblickten – schon diese Geburt war begleitet von kosmischen Ereignissen, von Wundern und himmlischen Vorzeichen, die der Eingeweihte bereits zu deuten in der Lage war.

Ja, mehr noch: Ein ordentlicher Heilsbringer hatte immer auch eine Herkunft, die im Himmel verortet war: Da die Mutter nun einmal meist irdisch war, mußte es schon eine göttliche Vaterschaft sein, in welcher Form auch immer, die ihn schon mit der Geburt zu einem Halbgott, einem Sohn der Unsterblichen machte.

Doch da gab es noch andere Hinweise: Oft war es eine Entbindung an besonderem Ort, geheimnisvoll und mythenumwoben. Beliebt bei denen, die solche Geschichten zu erfinden hatten zur Ehre des Erlösers, waren Höhlen – tief verborgen im Bauch von Mutter Erde. Und wo zeigt man bis heute in Bethlehems Geburtskirche jenen Ort, an dem Maria niederkam? Richtig: in einer Grotte darunter.

Auch ein zweites Motiv wurde gerne gewählt: Wer das Heil herbeizwingen sollte, mußte sich gegen das Böse behaupten, das im Alten verhaftet war. Und das gab sich nicht so einfach geschlagen, darum trachtete es nach dem Leben dieses Neugeborenen, um den eigenen Untergang abzuwenden: Die Gefährdung des Erlösers, aber eben auch seine wunderbare Errettung und Bewahrung gehörten in diesen Lebenslauf hinein.

Das alles wussten auch die Evangelisten, und sie nahmen es ernst: Die jüdische Bibel, die wir gerne Altes Testament nennen, lieferte ihnen genug Material an Prophezeiungen, geheimnisvollen Andeutungen, beispielhaften Abschattungen schon in der Vergangenheit, die die Gegenwart erhellen konnten. Allerdings – Nazareth kam da nicht vor, also mußte man auf Bethlehem zurückgreifen. Schließlich ging es um den Messias Israels, und der gehörte nun einmal zur Nachkommenschaft des großen David.

Und Träume, Engelserscheinungen, der berühmte Stern von Bethlehem – wenn es hier um den Christus, den Menschensohn der Endzeit ging, dann gehörte das alles hinein in eine Geschichte, die von seiner Geburt erzählt.

Aber war er nicht auch Gottessohn? Das machte den ersten Christen schon Kopfzerbrechen, wollte man nicht diese heidnischen Legenden kopieren – schließlich war der Ewige, Jenseitige, von dem man sich kein Bild machen durfte und dessen Namen man nicht einmal auszusprechen wagte, nicht wie Zeus oder Baal und all diese lüsternen Gottheiten. Und doch – irgendwie war eben auch der Christus mehr als bloß Mensch, war er Sohn seines himmlischen Vaters statt nur Geschöpf des Schöpfers wie du und ich.

Und seine Gefährdung war doch auch mit Händen zu greifen, wenn schon Mose in seinem Körbchen so wunderbar gerettet wurde trotz der Befehle des Pharao. Der König Herodes mit seinem mörderischen Umgang mit dem eigenen Nachwuchs bot da einfach eine Steilvorlage – mochte er vielleicht auch schon tot sein, als Maria ihren Sohn zur Welt brachte. Das Datum ist ja leider nicht bekannt.

Übrigens war das alles keineswegs unumstritten unter den Theologen der frühen Kirche. Weder Paulus noch Markus, die ältesten Autoren im Neuen Testament, erwähnen eine Geburt aus der Jungfrau. Für Paulus etwa ist Jesus, der Davidssohn „nach dem Fleisch“ erst durch seine Auferstehung zum Gottessohn geworden (Römer 1,4). Der irdische Jesus dagegen ist ganz und gar Mensch, „von einem Weib geboren“ (Gal. 4,4) – und nicht von einer Jungfrau! Bei Markus beginnt der Bericht über Jesus mit seiner Taufe als erwachsener Mann, und erst dort empfängt er den Geist Gottes und seine Einsetzung zum Sohn des himmlischen Vaters. (Markus 1,10-11). Das ist nahezu die gleiche Formulierung, mit der viele Könige im Altertum ihre Nachfolger nominierten.

2.

Haben wir nun alles zerstört, was doch fromme Gemüter so anrührt? Haben wir nicht nur die Weihnachtsromantik entzaubert, sondern auch den Glauben erschüttert, der doch den eingeborenen Sohn des Vaters, die Jungfräulichkeit seiner Mutter bekennt und die Empfängnis durch den heiligen Geist? Was bleibt uns noch, wenn das alles nur Legenden sind, was Lukas und Matthäus uns da hingeschrieben haben?

Es bleiben – ja, eben die Legenden. Denn sie wollen ja keine bloßen Fakten referieren, sie haben ihre eigene Botschaft. Wir, die Wissenschaftsgläubigen, die Kritiker und Kritikaster, müssen erst wieder lernen, darauf zu achten, hinzuhören, diese verborgene Botschaft zu entschlüsseln, um die Wahrheit hinter den Bildern aufzuspüren. Und was ist nun diese Wahrheit?

Es bleibt als erstes die Erkenntnis, daß Gott nicht „von oben her“ eingreift, um seine Welt zu retten, sondern „ganz unten“ beginnt: Wer damals den Messias erwartete – also den König der Endzeit aus dem Geschlecht Davids – der sah ihn als Herrscher, als Befreier. Der Futtertrog in der Herberge war zwar durchaus eine gute Notlösung, aber er bezeichnete doch einen Ort, der eines Königskindes unwürdig war. Er gehörte in die Arbeitswelt statt in eine Feierwelt; er war den kleinen Leuten zugeordnet.

 

Und wer damals mehr auf jenen apokalyptischen Menschensohn setzte, von dem (nicht nur) der Verfasser des Danielbuches träumte, der erwartete dessen Ankunft auch direkt vom Himmel herab als Weltenrichter im Auftrag Gottes. Da passte eine Geburt im Viehstall auch nicht gerade.

Es ist also dieses Eintauchen des von Gott Gesandten in unsere Alltagswelt, diese Nähe des Göttlichen zum Allzumenschlichen, diese Solidarisierung mit den „Armen und Elenden“, die hier verkündet wird. Und es ist der unübersehbare Hinweis darauf, daß jener Mann, dessen Geburt hier geschildert wird, einmal derjenige sein wird, der das qualvolle Sterben am Kreuz auf sich nimmt, um auch das Leiden des Menschen zu teilen.

Das zweite, was unübersehbar bleibt: Dieses Nebeneinander von Engeln und Hirten. Was uns inzwischen selbstverständlich erscheint, war den Lesern, an die sich Lukas wandte, wohl eher aufregend, unwahrscheinlich, vielleicht sogar ärgerlich. Gottes Boten kommen zu den Lieblingen Gottes, zu Auserwählten, Begnadeten. Und das waren diese Hirten nun weiß Gott nicht. Nein, sie waren damals keine stolzen Herdenbesitzer mehr, Nomadenfürsten wie Abraham oder angesehene Männer wie Isai, der Vater Davids, Abbild noch für einen fürsorglichen Gott wie in Psalm 23.

Hirten waren „Mietlinge“, wie es einmal im Johannesevangelium heißt, Lohnarbeiter auf der untersten Stufe der Skala von Berufen. Ihre Leistungen ließen sich schwer messen, also mussten sie die Verluste in einer Herde selbst ersetzen. Ihre Aussagen ließen sich selten genug nachprüfen, also untersagte man ihnen, als Zeugen vor Gericht zu erscheinen. Ihr Leben am Rande der Steppe war zugleich ein Dasein am Rande der Gesellschaft, die sie verachtete. Hirten war oft genug verkrachte Existenzen, die man nicht als brave Knechte auf dem Hof haben wollte. Und das zu Recht.

Und sie sollten nun jene Engelsbotschaft empfangen und weitergeben, sie, denen doch niemand glauben würde? Es ist diese revolutionäre Umkehr der Werte, diese Hinwendung zu denen, die nicht nur Parias waren, sondern diesen Ruf auch verdienten, die uns Lukas verkündet. Und hat sich denn der Mann aus Nazareth später anders verhalten?

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?