Neuntausend und einen Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs

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Neuntausend und einen Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs
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Edda Blesgen

Neuntausend und einen Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Neuntausend und einen Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs

Impressum neobooks

Neuntausend und einen Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn unterwegs

Gleichgültig blieb niemand, wenn wir von unserem Vorhaben, mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking zu fahren, sprachen. Die einen erklärten uns für verrückt, die anderen waren hellauf begeistert. Sechseinhalb Tage und Nächte mit dem Zug unterwegs, wobei mehr als ein Fünftel des Erdumfanges zurückgelegt werden, für mich bedeutete es die Erfüllung eines Kindheitstraumes. Als ich in der Schule zum ersten Mal von der Transsibirischen Einsenbahn hörte, entschied ich: damit werde ich eines Tages reisen. Nichts konnte den einmal gefassten Entschluss zum Wanken bringen. Selbst ein Film, von einem Kollegen ausgeliehen, der die Reise als ziemliche Strapaze schilderte, erreichte das genaue Gegenteil: meine Abenteuerlust wurde noch verstärkt.


Anna und ich buchten eine Individualreise, weil wir alles auf eigene Faust unternehmen wollten. Doch da hatten wir die Rechnung ohne Intourist, das staatliche sowjetische Reisebüro gemacht. Bei der Ankunft in Moskau werden alle Einzelreisenden zu einer Gruppe zusammengefasst und von einer Dolmetscherin betreut. Man darf sich zwar frei in der Stadt bewegen, doch Intourist versucht es zu verhindern, indem ein Programm rund um die Uhr zusammengestellt ist. Wir nehmen die Mahlzeiten gemeinsam ein. Ludmilla, so heißt unsere Dolmetscherin, begleitet uns bei den Stadtrundfahrten. Zwischen zwei Besichtigungstouren verkündet sie großzügig: „Jetzt können Sie einen Einkaufsbummel machen“, fügt dann jedoch hinzu „in einer halben Stunde treffen wir uns zum Mittagessen.

Abends steht ein Besuch im russischen Staatszirkus auf dem Programm. Alle gehen hin. Intourist hat sie fest im Griff. Wir schließen uns als einzige aus, weil wir alleine durch Moskau bummeln wollen. Niemand hindert uns daran. Doch bald merken wir, warum es nicht gerne gesehen wird. Man hat uns bisher nur die Schokoladenseite der Stadt gezeigt, den Kreml, den Roten Platz, das Neujungfrauenkloster, die Leninberge. Jetzt enthüllt sich uns ein graues, deprimierendes Moskau. Breite Alleen, die früher sicherlich einmal Prachtstraßen waren, bestehen nur aus Schlaglöchern. Sie werden von durchgerosteten Laternen gesäumt. Ungepflegte Häuser wirken, als hätten die Menschen, die darin wohnen, völlig resigniert den Kampf gegen den Verfall aufgegeben. Hinter schmutzigen Schaufensterscheiben liegen Kohlköpfe; Kohl und Brot, das ist alles, was in den Geschäften angeboten wird. Welch ein Kontrast: Für uns Touristen ist im Hotel alles reichlich vorhanden. Den Räucherlachs beim Abendessen verzehren wir mit schlechtem Gewissen. Wir schämen uns für eine deutsche Touristengruppe, die über den Nachtisch nörgelt, ein wirklich leckeres Vanilleeis, das sie halb aufgegessen zurückgehen lässt. Es genügt nicht ihren Ansprüchen, weil nur eine Sorte in den Dessertschüsselchen ist.

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