Coburg - Stadt und Veste nebst Umgebung

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Coburg - Stadt und Veste nebst Umgebung
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Herausgeber

Erik Schreiber

Saphir im Stahl

Coburg

Stadt und Veste

nebst Umgegend.

e-book 079

Coburg - Stadt und Veste nebst Umgebung

Erscheinungstermin: 01.10.2020

© Saphir im Stahl

Verlag Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

www.saphir-im-stahl.de

Titelbild: Simon Faulhaber

Lektorat: Peter Heller

Vertrieb: neobook

Stadt und Veste

nebst Umgegend.

Für Fremde und Einheimische

historisch und topographisch

dargestellt.

Coburg.

Verlag der J. G. Riemann'schen Hofbuchhandlung.

1866.

I. Politische Geschichte des Herzogthums Coburg.

Das reizende, ausserhalb des südlichen Randes des Thüringer Waldes gelegene Ländchen mit seinen üppigen Wiesen und waldbedeckten Höhen, seinen anmuthig gelegenen Schlössern und Burgen, dies schöne Stückchen Erde, welches als Herzogthum Coburg das südlichste der Thüringischen Fürstenthümer bildet, hat eine sehr complicirte Geschichte, welche, gleichwie die der andern sächsischen Herzogtümer, besonders characteristisch ist durch die äusserst zahlreichen Landestheilungen und durch die damit verbundenen Besitzveränderungen unter den verschiedenen Fürsten. Die Geschichte Coburgs als eines selbstständigen Fürstenthums beginnt eigentlich erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, mit der wichtigen Landestheilung vom Jahre 1572, durch welche die Weimarischen Lande dem Herzog Johann Wilhelm verblieben und das Coburgische Gebiet den Söhnen Friedrichs des Mittleren, den Herzögen Johann Casimir und Johann Ernst, zufiel. Leider war dies nicht die letzte der Theilungen, durch welche die hie und da kräftig begonnene Entwickelung der sächsischen Herzogthümer zu einer einheitlichem Macht immer wieder von Neuem gehemmt wurde.

1. Aelteste Geschichte bis zu den Markgrafen von Meissen.

Ueber die früheste Periode der Coburgischen Geschichte sind die Nachrichten theils sehr lückenhaft, theils unklar. Der Grund davon ist hauptsächlich in der Unsicherheit der Mittheilungen über die früheren Grenzgebiete, der damaligen Gaueintheilungen, zu suchen. Zum Orlagau, welcher unter den Gauen Frankens und Thüringens die grössten Gebiete zu umfassen schien, hat auch das jetzige Coburgische Land gehört.

Noch ehe von einer Stadt Coburg die Rede sein konnte, bestand schon die alte Veste Coburg, freilich noch in sehr unvollkommener Gestalt, sowie andere Burgen des Landes, und einzelne Kapellen, Weiler, Höfe und Klöster. Das sehr weit sich erstreckende östliche Franken, im Nordosten durch den Thüringer Wald hegrenzt, war — wie schon angedeutet — damals in gewisse Bezirke eingetheilt,deren jedem ein Gaugraf vorstand. In einer Urkunde d. J. 837 wird auch ein Gaugraf von Heldburg genannt. Coburg finden wir zuerst in einer Urkunde d. J. 1008 erwähnt, in welchem Jahr der Archidiakonus zu Würzburg einen Priester des Klosters zu Saalfeld zum Probst von Coburg einsetzte. Vom J. 1010 bis 1035 hatte das Reichsgut Saalfeld dem Pfalzgrafen Ehrenfried am Rhein gehört, der diesen Besitz bei seinem Tode seiner ältesten Tochter Richza vermachte. Dieselbe hatte sich mit dem polnischen König Micislaw vermählt, zog sich aber nach ihrer Scheidung von demselben nach Saalfeld zurück, wo sie 1063 starb und ihre Coburgischen und Saalfeldischen Erbgüter dem Erzbischof Anna von Cöln vermachte.In der darüber bereits im J. 1057 ausgestellten Urkunde werden die Lande als: Coburg, Saalfeld und Orla bezeichnet, ohne dass man über den Umfang dieser damaligen Provinzialgebiete Genaueres erfährt. Viele der jetzigen Coburgischen Ortschaften (Lauter, Weidach u. A.) waren damals Stiftslehen des Klosters Saalfeld. Im 12. Jahrhundert wurde von der Abtei zu Saalfeld, an der Stelle, wo jetzt das herzogliche Schloss die Ehrenburg zu Coburg steht, ein Barfüsserkloster gestiftet.

Aus den Geschlechtern der Gaugrafen wuchs besonders mächtig die Dynastie der Grafen von Henneberg empor, und sie war es auch, welche für längere Zeit die Herrschaft über das Coburgische Gebiet erlangte. Vom J. 1210 wird in den Chroniken noch gemeldet, dass in dem Frankenland zwischen den „Baronen" des Coburger Landes und den Grafen von Henneberg „grosse Unruhen und Streit" entstand, wodurch das Land durch Raub und Brand verwüstet wurde. Durch Erbschaft hatte aber auf einen Zeitraum von etwa 20 Jahren auch das markgräfliche Haus Brandenburg den Besitz der Herrschaft Coburg erlangt, bis ein Theü der ehemals Hennebergischen Besitzungen, zu denen auch Coburg gehörte, durch Vermählung des Grafen Heinrich von Henneberg mit der Brandenburgischen Markgräfin Jutta im J. 1312 auch Coburg wieder mit der Herrschaft Henneberg vereinigt wurde, deren Besitzthum nunmehr die grösseren Theile der jetzigen Herzogthümer Meiningen und Coburg umfa8Ste, während nach Südwest die Herrschaft bis nach Schweinfurt sich erstreckte. Aber die förmliche Belehnung des fürstlichen Hauses Henneberg mit den Coburgischen Ortschaften durch den Kaiser Ludwig den Baier fand erst 1323 statt und ist diese Urkunde an den Fürsten Berthold von Henneberg ausgestellt; einige Jahre später wurden der Stadt Coburg besondere Privilegien verliehen.

Im J. 1340 starb Fürst Berthold von Henneberg; ihm folgte sein Sohn Heinrich, und nach dessen Tode erbte die Herrschaft die Wittwe Heinrichs, Gräfin Jutta von Henneberg. Die von den Hennebergischen Fürsten als „neue Herrschaft“ bezeichneten Coburgischen Lande wurden nach Frau Jutta's Tode im J. 1353 an ihre drei Töchter, resp. deren Gatten vertheilt und kam hierdurch der erste Theil (die Schlösser Steinach, Sternberg, Königshofen, Münnerstadt etc.) an den Grafen Eberhard zu Würtemberg; einen zweiten, viel bedeutenderen Theil (die Städte und Burgen Kissingen, Hildburghausen, Eisfeld, Königsberg etc. , sowie Schmalkalden) erhielt durch seine Gemahlin der Burggraf Albrecht von Nürnberg; und die Schlösser und Städte Coburg, Sonneberg, Neustadt, Neuhaus, Schalkau, Strauf und Rodach kamen an Jutta's zweite Tochter Katharina und durch sie an deren Gemahl, den Markgrafen Friedrich zu Meissen.

2. Bis Herzog Johann im Jahre 1541.

Obwohl mit den Markgrafen zu Meissen bereits die Herrschaft der späteren beiden herzoglichsächsischen Linien begründet war, so wurde das Coburgische Gebiet doch erst später für das sächsische Land dadurch erweitert, dass im J. 1344 der Bruder des Markgrafen Friedrichs des Strengen, Markgraf Balthasar, durch seine Vermählung mit einer Tochter des Burggrafen Albrecht zu Nürnberg, auch die Städte und Aemter Heldburg, Hildburghausen, Eisfeld etc. an sich brachte. Späterhin erwarben Friedrichs Söhne durch Kauf auch noch das Amt Königsberg. Diese Ländergebiete, welche vorläufig noch als „Orts-Lande in Franken“ besonders regiert wurden, bildeten nun doch schon einen integrirenden Theil des markgräflichen und spätem kursächsischen Hauses.

Markgraf Friedrich der Strenge starb 1381 und für die noch unmündigen Söhne Wilhelm und Georg übernahm deren Mutter Katharina die vormundschaftliche Regierung über die Meissnischen und thüringischen Gebietsteile, während ihr, als einer Fürstin zu Henneberg, die „Pflege Coburg“ als Erbland zufiel und als solches ihr bereits im J. 1867 durch Kaiser Karl IV. zugesichert worden war. Katharina's Regierung wurde durch vielfache Unruhen getrübt, welche einige raubsüchtige Grafen anregten, und in den Jahren 1395 — 1399 hatte das Land durch einen förmlichen Krieg zu leiden, der vom Grafen Heinrich von Schwarzburg unter Beistand des Bischofs Gerhard von Würzburg gegen Katharina geführt wurde. Schon im J. 1397, noch bevor die Streitigkeiten geschlichtet waren, starb die Markgräfin Katharina. Von ihren Söhnen war Georg bereits 1401 bei seinem Aufenthalt in Coburg aus dem Leben geschieden; und die Markgrafen Friedrich und Wilhelm schlössen nun 1402 mit den Grafen von Henneberg eine Art Schutz- und Trutzbündniss. Als Markgraf Wilhelm im J. 1425 starb, fiel sein Landestheil seinem altern Bruder Friedrich dem Streitbaren zu, der bereits 1423 als sächsischer Herzog die Kurwürde erlangt hatte.

Bei Friedrich' s des Streitbaren im J. 1428 erfolgten Tode hinterliess derselbe vier Söhne, deren jüngster bereits nach wenigen Jahren starb, worauf die drei Brüder desselben, Friedrich, Siegismund und Wilhelm eine neue Landestheilung vornahmen, in der Siegismund die „Pflege Coburg“ erhielt.

Nachdem Siegismund in ein Kloster gegangen, dann wieder nach Coburg zurückgekehrt war, doch endlich wegen seines Lebenswandels durch seinen Bruder Kurfürst Friedrich (der Sanftmüthige) in Haft gebracht werden musste, war zwischen diesem Letztern und dem dritten Bruder Herzog Wilhelm HL wegen der Coburgischen Lande im J. 1445 ein Vertrag zu Stande gekommen, nach welchem die „Pflege Coburg“ nebst Thüringen und dem Osterland dein Herzog Wilhelm zuertheilt wurde. Herzog Wilhelm starb in seiner Residenz Weimar im J. 1482 ohne männlichen Erben, wodurch seine Lande an die Söhne seines bereits früher verstorbenen Bruders, Ernst und Albert, fielen. Diese wurden hierdurch die Stifter der Sachsen-Ernestinischen und der Sachsen-AIbertinischen Linie.

Kurfürst Ernst und Herzog Albert regierten gemeinschaftlich über sämmtliche Lande des Hauses Sachsen bis zum Jahre 1485. Am 26. August dieses Jahres geschah die wichtige Ländertheilung, welche wie schon 1445 — den ganzen Länderbesitz in eine „Meissnische“ und eine „Thüringische Portion" schied. Kurfürst Ernst, der ältere der beiden Brüder, behielt für sich die Kur, sowie die Thüringischen sammt den dazugehörigen Fränkischen Ortslanden und dem halben Osterlande, Albert erhielt den Meissnischen Antheil und die andere Hälfte des Osterlandes.

 

Die ersten Nachfolger aus der ernestinischen Linie waren Kurfürst Friedrich der Weise und Johann der Beständige, die beiden Söhne des Herzogs Ernst, welcher bereits ein Jahr nach der Theilung, im J. 1486, gestorben war. Die gemeinschaftliche Regierung Beider dauerte bis zum Tode Friedrichs des Weisen im J. 1525; von da ab führte sein Bruder Johann der Beständige die Regierung allein bis zu seinem im J. 1532 erfolgten Tode.

Johann der Beständige hinterliess zwei Söhne: Johann Friedrich und Johann Ernst Johann Friedrich (der Grossmüthige) , der durch seinen energischen Widerstand gegen Kaiser Karl V. in der Geschichte allbekannte deutsche Fürst, übernahm zunächst mit die vormundschaftliche Regierung für seinen noch unmündigen Bruder Johann Ernst. Johann Friedrich's des Grossmüthigen Regierung ist für die innere Entwicklung des Herzogthums besonders bemerkenswerth dadurch, dass dieser Fürst das seit etwa 200 Jahren nicht mehr bestandene Coburger Hofgericht wieder ins Dasein rief und zugleich eine vollständige Hofgerichtsordnung einführte, durchweiche der weitern Entwicklung der Rechtsverhältnisse eine einigermassen bestimmte Grundlage gegeben wurde. Mit seiner Volljährigkeit erhielt Johann Ernst im J. 1541 das zur „gesammten Pflege Coburg“ gehörige Gebiet zuertheilt, und er war der erste sächsische Fürst dieses Landes, welcher seine Residenz in Coburg nahm. Anfangs auf der Veste wohnend, erbaute er bald in der Stadt das jetzige Residenzschloss , die Ehrenburg, in das er im J. 1549 mit seiner Hofhaltung einzog.

3. Während der Reformationskämpfe bis zur Theilung von 1572.

Das Coburgische Land war unterdessen schon sehr frühzeitig durch die welterschütternde Bewegung der Reformation stark berührt worden. Im Jahre 1517 hatte Luther seine 95 Thesen von Wittenberg aus in die Welt geschleudert und schon im Jahre 1518 nahm in Coburg der Rath der Stadt einen eifrigen Anhänger der Lutherischen Lehre, Namens Balthasar Düring, zum Pfarrer an, womit für Coburg das Werk der Reformation bereits Boden gewonnen hatte. Jener Pfarrer Düring hatte trotz des Widerspruchs des Bischofs von Würzburg im J. 1528 schon im Lande eine Kirchenvisitation ins Leben gerufen und besetzte die Pfarrstellen des Landes mit evangelischen Predigern.

Während der Regierung Johann's des Beständigen, im April d. J. 1530, kam Martin Luther nach Coburg und wohnte auf der Veste, erhielt auch bereits im September des genannten Jahres daselbst den Besuch Johann Friedrich's. Während des Reichstags zu Augsburg blieb Luther auf der Veste Coburg und entwickelte daselbst, wie seine dort verfassten zahlreichen polemischen Schriften beweisen, eine grosse Thätigkeit.

Nachdem durch die Bauernaufstände schon mehrere Klöster des Landes zerstört oder bedroht worden, liess der Kurfürst in den Jahren 1525 und 26 die Klöster zu Sonnenfeld und zu Königsberg, sowie andere, welche zum Theil schon von den Mönchen und Nonnen verlassen waren, saecularisiren.

Stürmischer wurden die Zeiten mit dem Antritt der Regierung des Kurfürsten Johann Friedrich, welcher im November 1532 zu Coburg die Erbhuldigung annahm. Johann Friedrich erliess 1535 eine Verordnung, dass die im Herzogthum Coburg anzustellenden Pfarrer zuvor in Wittenberg ordinirt werden sollten. Nachdem des Kurfürsten jüngerer Bruder Johann Ernst die Regierung der Pflege Coburg übernommen hatte, stand er dem Kurfürsten Johann Friedrich in dessen Kämpfen gegen Karl V. thatkräftig bei. Er stellte ihm aus dem Coburgischen Lande Hilfstruppen, nämlich 1000 Mann Fussvolk und 102 Reiter. Herzog Johann Ernst wurde deshalb gleich seinem wackern Bruder vom Kaiser in die Acht erklärt und nach der Gefangennahme Johann Friedrichs in der Schlacht bei Mühlberg (1547) musste Johann Ernst als Entschädigung für die Kosten der Execution, die dem Markgrafen Albrecht zu Bayreuth durch den Kaiser übertragen worden war, Stadt und Amt Königsberg in Franken demselben überlassen.

Johann Friedrich wurde den 27. August 1552 aus seiner mehrjährigen Gefangenschaft entlassen und besuchte bei seiner Rückkehr nach Sachsen am 7. September 1552 auch Coburg, wo er mit grossen öffentlichen Festlichkeiten empfangen wurde.

Ein halbes Jahr später (den 6. Februar 1553) starb der in Coburg regierende Herzog Johann Ernst, und nun übernahm Johann Friedrich wieder selbst die Regierung auch für die Coburgischen Landestheile. Nach der gegen den Kurfürsten erlassenen Achtserklärung hatte jedoch der Herzog Moritz vonSachsen, aus der Albertinischen Linie und Enkel des Stifters derselben, Besitz von den Kursächsischen Landen genommen. Zur Herstellung eines Vergleiches hatte er im J. 1553 Abgesandte nach Coburg geschickt, verlor aber, noch ehe der Vergleich zu Stande kam, in der Schlacht das Leben, und die dem Kurfürsten Johann Friedrich geraubten Lande sollten nun dem Herzog August von Sachsen, Bruder des Moritz, laut der Wittenbergischen Capitulation zufallen. Nach mehrfachen Verhandlungen kam endlich der Naumburger Vertrag (24. Februar 1554) zu Stande, in welchem aufs Neue die Besitzverhältnisse zwischen den Albertinischen und Ernestinischen Häusern geregelt wurden.

Aber auch Johann Friedrich starb bereits einige Tage nach Abschluss des Vertrags, und der Besitz der durch denselben nur zum Theil (mit Verlust der Kur) wiedergewonnenen Lande ging nun auf dessen drei Söhne, Johann Friedrich der Mittlere, Johann Wilhelm und Johann Friedrich der Jüngere, über. Eine wesentliche Bereicherung des geschmälerten Länderbesitzes erhielten die Brüder zunächst durch einen mit den Grafen von Henneberg 1554 zu Kahla abgeschlossenen Vertrag, durch welchen nach dem voraussichtlichen Aussterben des Hennebergischen Mannesstammes dessen Lande den sächsischen Herzögen zufallen sollten.

Die vielfachen Missstände, welche durch die gemeinschaftliche Regierung der Brüder veranlasst wurden, führten endlich zu einem neuen Abkommen, nach welchem dem Herzog Joh. Friedrich dem Mittlern die alleinige Herrschaft übertragen wurde. Dieser Vertrag ward zunächst auf vier Jahre (vom Jahre 1557 an) festgesetzt,

wurde nach Ablauf dieser Zeit auf nochmals vier Jahre verlängert, und nach erfolgtem Tode des jüngsten der drei Brüder (1565) kam eine sogenannte „Mutschierung“ zu Stande, durch welche die ganzen Landesgebiete in die „Weimarische und Coburgische Portion“ getheilt wurden. Während Joh. Friedrich der Mittlere den ersten Landestheil für sich in Anspruch nahm, zog Johann Wilhelm am 5. April 1566 als Herzog in Coburg ein.

Schon vorher hatte Joh. Friedrich der Mittlere sich an den bekannten Grumbachischen Händeln stark betheiligt Wilhelm v. Grumbach, ein fränkischer Edelmann, war in Folge seiner Fehden mit den Bischöfen zu Bamberg und Würzburg durch Kaiser Karl V. in die Acht erklärt worden. Nachdem Grumbach sich mit den fränkischen Edeln verbunden hatte, fand er auch bei Joh. Friedrich dem Mittlern, der sich wohl mit der Hoffnung schmeichelte, die seinem Vater verloren gegangene Kurwürde wieder zu erlangen, Unterstützung. Es kam endlich nach vielfachen Streitigkeiten dahin, dass auch der Herzog Johann Friedrich der Mittlere Ende des J. 1566, also bald nach der Besitznahme seines Weimarisch-Gothaischen Antheils, in die Reichs- Acht erklärt wurde. Die Vollziehung derselben ward dem sächsischen Kurfürsten August übertragen, welcher , in Folge dessen Gotha nach löwöchentlicher Belagerung einnahm und besetzte, und den Herzog gefangen nahm. Dieses für Grumbach und seinen fürstlichen Beschützer so unglückliche Ende des Kampfes wurde hauptsächlich dadurch herbeigeführt, dass Bürgerschaft und Besatzung Gotha's selbst einen Aufstand erregten und Grumbach nebst seinen Anhängern gefangen nahmen. Grumbach wurde geviertheilt, der Herzog Johann Friedrich in entehrendster Weise nach Dresden und von dort nach Wien gebracht und zu ewigem Gefängniss verurtheilt, in welchem er erst im J. 1595 starb. Sein Leichnam wurde nach Coburg gebracht und daselbst in der Morizkirche beigesetzt.

Durch die Acht und Gefangennahme Joh. Friedrich des Mittlern kam dessen Bruder Joh. Wilhelm zu Coburg in den alleinigen Besitz aller Lande des Ernestinischen Hauses. Doch erwirkte es dieser Fürst beim Kaiser, dass den Söhnen seines unglücklichen Bruders nach Eintritt ihrer Volljährigkeit die ihnen zukommenden Landestheile wieder zurückerstattet wurden, und in der bedeutungsvollen Theilung vom 6. November 1572 verblieb dem Herzog Johann Wilhelm der Weimarische Antheil, während den Söhnen seines gefangenen Bruders, den jungen Herzögen Johann Casimir und Johann Ernst der Coburgische Antheil zufiel. Dieser Coburgische Besitz bestand nunmehr nicht nur aus der alten „Pflege Coburg“, sondern ausserdem noch aus den Hennebergischen Aemtern und Städten Volkenrodar, Kreinberg, Gerstungen, Breitenbach, Trefurth, Kreutzburg, Eisenach, Tenneberg, Gotha etc.

4. Von Johann Casimir bis zum Anfall an Altenburg.

Herzog Johann Casimir trat die Regierung erst mit seiner Volljährigkeit im J. 1586, und zwar für sich und für seinen damals noch unmündigen Bruder an, und setzte in Folge besonderer Uebereinkunft noch mehrere Jahre diese Alleinherrschaft fort, bis erst 1596 eine förmliche Theilung für beide Brüder stattfand, welche dem Herzog Johann Ernst die Städte und Aemter Eisenach, Salzungen, Gerstungen etc. als besonderes Fürstenthum zusprach, während Johann Casimir die ganze Pflege Coburg, sowie die thüringischen Aemter Gotha, Tenneberg und Trefurth behielt.

Die alleinige Regierung Herzog Johann Casimirs, welche seit dieser Theilung bis 1633 währte, umfasst einen wichtigen Abschnitt der Geschichte Coburgs. Herzog Casimir wies die Uebergriffe der fränkischen Ritterschaft gegen seine Landeshoheit nachdrücklich zurück, befestigte das Ansehen des Herzogthums gegen seine Nachbarn, verbesserte die Landesgesetze (namentlich durch den sogenannten Casimirianischen Abschied vom J. 1612) und gründete viele gemeinnützige Institute, unter denen besonders das noch jetzt bestehende Gymnasium Casimirianum, dessen Bau 1604 vollendet wurde, den ersten Platz einnimmt.

Von zwar nicht historischer Bedeutung, aber doch von lokalem und culturhistorischem Interesse ist das Schicksal der Gemahlin Herzogs Casimir, der leichtsinnigen und unglücklichen Herzogin Anna. Dieselbe war eine Tochter des Kurfürsten von Sachsen und seit 1586 mit Casimir vermählt. An dem luxuriösen kurfürstlichen Hof erzogen, war sie von besonders lebhaftem Temperament und leichtsinnig genug, den Machinationen eines kecken Betrügers willig sich preiszugeben. Dieser Betrüger war ein italienischer Abenteurer Namens Scotus, der durch verschiedene Taschenspielerkünste und Gaukeleien sich in den Ruf eines Wundermannes gebracht hatte und als solcher auch am Hofe Casimirs viele Personen zu täuschen und ihr Vertrauen zu missbrauchen verstand. Der jungen Fürstin wusste er vorzuspiegeln, dass sie durch ihn fruchtbar werden würde, wenn sie sich ihm ganz überlassen wolle. Nachdem dies geschehen war, und Scotus im Begriff stand, Coburg zu verlassen, wusste er den Hofjunker und Vicemarschall Ulrich v. Lichtenstein zu bereden, an seiner Statt das sträfliche Verhältniss mit der Herzogin Anna fortzusetzen, worauf denn auch der Unglückliche, durch das Entgegenkommen der schönen Fürstin ermuntert, einging. Die sträfliche Verbindung wurde entdeckt, und sowohl der Junker v. Lichtenstein als auch die Herzogin, welche Alles eingestand, wurden im October 1593 gefänglich eingezogen. Herzog Casimir veranlasste mittelst Urtheilsspruch, den das Consistorium abgab, zunächst die Ehescheidung. Die Herzogin Anna ward zuerst nach Eisenach gebracht, wo sie ein paar Jahre in einsamer Gefangenschaft verlebte; dann kam sie 1596 nacb dem Schlosse Callenberg und gleich darauf ins Kloster Sonnefeld. Es wurde jedoch entdeckt, dass eine fürstliche Person den Plan hege, die Gefangene daselbst zu entführen, und so liess der Herzog sie zu grösserer Sicherheit auf die Veste Coburg bringen, wo sie endlich zu Anfang des Jahres 1613 starb. Härteres Schicksal noch hatte der Geliebte der Fürstin, Ulrich von Lichtenstein, zu erleiden. Derselbe wurde zu ewigem Gefängniss verurtheilt und verbüsste seine Strafe in einem Thurme vor der Stadt, in welchem er erst im J. 1633 (also nach vollen vierzig Jahren Gefangenschaft!) starb. (Der vor dem Ketschenthor gelegene alte Thurm, beim Volke allgemein als der Lichtenstein'sche Thurm bekannt, stand noch bis zum J. 1864, und wurde dann beim Baue eines Privathauses theils ganz weggeräumt, theils überbaut.)

Ausser dem Gymnasium schuf Herzog Casimir noch mehrere andere hervorragende Gebäude der Stadt, so das Regierungsgebäude und das Zeughaus. Auch die alte Veste liess er erweitern und zum Kriegsdienst verstärken und zu dem Residenzschlosse in der Stadt fügte er mehrere ganz neue Theile.

 

Aber diesen vielen Werken des Friedens folgte bald der Kanonendonner, der die schrecklichen Zeiten des dreissigjährigen Krieges introducirte, dessen erste Periode noch in Herzog Casimirs Regierungszeit fiel. Der Herzog hatte zwar, gleich seinem Bruder Johann Ernst zu Eisenach, den Beitritt zur evangelischen Union (1619) abgelehnt, und hatte dadurch für den Anfang wenigstens bei den ausbrechenden Feindseligkeiten seinem Lande einige Vortheile verschafft. Aber diese Neutralität konnte der Natur der Verhältnisse nach nicht lange erhalten werden. Das Protectorium des Kaisers, welches Coburg gegen alle Kriegspressuren schützen sollte, nützte ihm wenig, und das Land konnte sich damit nicht von den Drangsalen der Truppendurchzüge und Einquartierungen freihalten. Das im J. 1629 erlassene freche Restitutionsedikt des Kaisers Ferdinand, durch welches alle eingezogenen Kirchen- und Klostergüter den Katholiken zurückerstattet werden sollten, nöthigte die protestantischen Fürsten zum Widerstand und auch Johann Casimir fand sich zu dem von Kurfürst Johann Georg nach Leipzig ausgeschriebenen Convent am 28. Februar 1631 daselbst ein, und unterzeichnete den gemeinsamen Beschluss, durch welchen der Ausführung des Restitutionsedictes entschiedener Widerstand entgegengesetzt werden sollte.

Gegen Ende September des J. 1632 waren etwa 40,000 Mann wallensteinischer und bayrischer Truppen nach Bamberg gezogen, von wo aus der Herzog von Friedland 8000 Mann nach Coburg sandte. Diese Truppen nahmen am 28. September ihr Hauptquartier bei Ketschendorf und überfielen von hier aus die Stadt Coburg, welche nach mehrfachen vergeblichen Unterhandlungen den Feind bei sich musste einziehen lassen. Dagegen hatte der schwedische Oberst Taubadel, der einige Tage vorher eingerückt war, auf der Veste Position genommen. Nach vergeblichen Versuchen des kaiserlichen Befehlshabers, die Schweden zur Uebergabe der Festung zu bewegen, wurde dieselbe von Wallenstein förmlich belagert, aber der Sturm wurde siegreich abgeschlagen. Als auch Herzog Bernhard von Weimar von Schweinfurt heranrückte, zogen die kaiserlichen Truppen eiligst ab, doch schleppte Wallenstein noch mehrere angesehene Coburger Bürger als Geiseln für die der Stadt abgeforderte Contribution mit sich fort.

Herzog Casimir, der schon am 22. September beim Nahen der kaiserlichen Truppen mit seinem Hofstaat nach Römhild geflüchtet war, kehrte nach Abzug der Truppen nunmehr wieder in seine Residenz zurück. Während der für Coburg jedoch immer bedrohlicher sich gestaltenden Kriegsereignisse starb der Herzog Johann Casimir am 16. Juli 1633 in seinem 69. Lebensjahre.

Da Johann Casimir keine Kinder hinterlies, so fiel nun mit seinem Tode das Herzogthum Coburg (mit den dazugehörigen Thüringischen Laudestheilen) wieder an seinen Bruder Johann Ernst zu Eisenach zurück. Bald nach dessen Regierungsantritt hatte das unglückliche Land die ganzen Schrecken des in Deutschland fortwüthenden Krieges zu erdulden. Die Croaten und nicht minder die Cronacher hausten im Land auf unbeschreiblich barbarische Weise. Mehrere Städte, Eisfeld, Rodach, Heldburg und Ummerstadt, sowie zahlreiche Dörfer, darunter Ketschendorf, Ahorn, Füllbach u. s. w., wurden von den mord- und beutegierigen Horden zerstört und geplündert und die Einwohner zum Theil niedergemacht.

Gegen Ende des Jahres 1634 kam wiederum der kaiserliche General Lamboy in Coburg an und brandschatzte die Stadt aufs grausamste. Die Festung hatte hierauf eine neue und zwar viermonatliche Belagerung auszuhalten und wurde endlich nach abgeschlossener Capitulation vom (sächsischen) Festungscommandanten den Kaiserlichen übergeben.

Auch der bereits 72jährige Herzog Johann Ernst starb noch während der Kriegsereignisse im J. 1638 und da er keine Kinder hinterliess, so fielen beide Fürstenthümer, Eisen ach und Coburg, an die ernestinische Hauptlinie der fürstlichen Häuser Weimar und Altenburg, welches letztere sich im J. 1603 von Weimar abgezweigt hatte.

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