Hundert Jahre - Antwort und Verantwortung

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Hundert Jahre - Antwort und Verantwortung
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Helmut Lauschke



Hundert Jahre - Antwort und Verantwortung



Begegnungen aus vier Generationen





Dieses ebook wurde erstellt bei






Inhaltsverzeichnis





Titel







Roman







Fakten und Kommentare







Die Nacht der Apokalypse







Der unglückliche Koordinatenstand







Totensonntag







Trauernachricht und das missglückte Gespräch







Im Sturz der Ereignisse







Die Breslauer Jahre







Swastika und die eiserne Faust







Einberufungsbefehl für Paul Gerhard Dorfbrunner







Pastoraler Rundbrief und das Verhör bei der Gestapo







Nachttreff mit dem Doppelagenten







Im Galopp der Schläge







Abschied von Breslau







Mit dem letzten Zug in den Westen







Die Bautzener Dorfbrunners







Auf dem dorfbrunnerschen Stammhof







Nach der Stunde >O<







Harte Faustschläge gegen die verschlossene Tür







Der Stadtkommandant Ilja Igorowitsch Tscherebilski







Das erste Wiedersehen







Eckhard Hieronymus Dorfbrunner auf der Suche nach Arbeit







Der Besuch des Stadtkommandanten im Dachgeschoss







E. H. Dorfbrunner vor der Einstellungskommission der Ernst Thälmann-Grundschule







Der schweigende Superintendent und die Geschichte des Klaus Hansen







Die letzten Jahre und Tage des Eckhard Hieronymus Dorfbrunner







Boris Baródin, die Begegnung mit dem Vater in Moskau







Das Konzert in der Moskauer Philharmonie







Besuch im Heim für hirngeschädigte Kinder







Björn Baródin, das Sommersymposium der Neurologie







Der plötzliche Tod von Professor Kretschmar







Der Chefwechsel – ein Formatabrutsch







Björn Baródin – sein eigener Chef







Die Begegnung mit dem Pianisten Joschua Klingenfeld







Der tödliche Strick und das fruchtlose Gespräch mit dem Verwaltungsleiter







Die ersten “Nordlichter” im Malen und Musizieren. ‘Ludwig van Beethoven, der Zweite’







Ein schwieriger Auftrag







Das Abendgespräch am langen Tisch







Im Rückspiegel







Epilog







Impressum neobooks







Roman



Die Namen der Personen, Orte und Einrichtungen bzw. Institutionen sind erfunden.







Dem Menschen mit Achtung vor dem Leben und der Menschlichkeit der Liebe
























Fakten und Kommentare



Thomas Jefferson

 [

1743-1826

], Verfasser der Deklaration der Unabhängigkeit 1776 und 6. US-Präsident, schrieb 1825 an John Q. Adams: “… Ich glaube ehrlich wie Sie, dass die Bankeinrichtungen um vieles gefährlicher sind als stehende Armeen.”



David Lloyd George

 [

1863-1945

] am 25. März 1919 auf der ‘Friedenskonferenz’ in Versailles: “Wir können nicht zugleich Deutschland verkrüppeln und erwarten, dass es uns bezahlt. Als Handelspartner ist Deutschland zum Krüppel geschlagen.”



The American Hebrew

 am 10.9.1920: “Aus dem ökonomischen Chaos schuf der jüdische Geist der Unzufriedenheit den organisierten Kapitalismus mit seinem wirksamsten Instrument, dem Bankwesen.”



Wladimir Iljitsch Lenin

 [

1870-1924

]: “Die Gründung einer Zentralbank würde 90 Prozent bei der Kommunalisierung eines Staates ausmachen.” Das entsprach dem “Kommunistisches Manifest” von Marx/Engels von 1848: Zentralisation der Kreditvergabe durch eine Nationalbank mit Staatskapital und Monopol.



George Pitter-Wilson

 [

1840-1920

] in The London Globe in April 1919: “Bolshevism is the dispossession of the Christian nations of the world to such an extent that no capital will remain in the hands of the Christians … .”



Walther Rathenau

 [

1867-1922

] im Brief vom 21. November 1904 an Frank Wedekind: “Wie ein brünstiges Tier stürmt die Epoche in die Sklaverei des Plutokratismus.”



Heinrich Heine

 [

1797-1856

]: “Und wirklich, er hat alles Geld der Welt in seiner Tasche, und er heißt James Rothschild, und der dicke Mann ist Monsignor Grimaldi, Abgesandter seiner Heiligkeit des Papstes, und er bringt in dessen Namen die Zinsen der römischen Anleihe, den Tribut von Rom. … Man muss Respekt haben vor diesem Mann, sei es auch nur wegen des Respektes, den er den meisten Leuten einflößt. Ich beobachtete als Philosoph, wie sich das Volk und nicht nur das Volk Gottes, sondern auch alle anderen Völker vor ihm beugen und bücken. Das ist ein Krümmen und Biegen des Rückgrates, wie es selbst den besten Akrobaten schwer fiele. Ich sah Leute, die, wenn sie dem großen Baron nahten, zusammenzuckten, als berührten sie eine voltaische Säule. Sein Privatkabinett ist ein merkwürdiger Ort, welcher erhabene Gedanken und Gefühle erregt wie der Anblick des Weltmeeres oder des gestirnten Himmels: wir sehen, wie klein der Mensch und wie groß Gott ist. Denn das Geld ist der Gott unserer Zeit, und Rothschild ist sein Prophet.”



Walther Rathenau

 [

deutscher Außenminister, 1922

] über die Plutokraten des Jahrhunderts: “Jene Herrscher des Altertums konnten jeden einzelnen Menschen töten. Das können unsere Dynastien freilich nicht. Aber sie können Zehntausende an Hunger sterben lassen. Sie können den Purpur auch nicht auf eigenen Schultern tragen. Aber sie können jeden Strohmann damit behängen und ihm Krieg und Frieden diktieren. Wer hat den Transvaalkrieg geführt? Lombardstreet. Wer führt den Japanerkrieg? Lombardstreet und Wallstreet.”



George Pitter-Wilson

: Wilson and World War 1: “1913: On March 4

th

, Woodrow Wilson is elected the 28

th

 President of the United States. Shortly after he is inaugurated, he is visited in the White House by Ashkenazi Jew, Samuel Untermyer [

1858-1940

] of a well-known law firm, Simon Guggenheim [

1867-1941

], and Thomas Roger Marshall [

1849-1925

] (

28

th

 Vice President 1913-1921

) who tries to blackmail him for the sum of $ 40,000 in relation to an affair Wilson had whilst he was a professor at Princeton University, with a fellow professor’s wife.



President Wilson does not have the money, so Untermyer volunteers to pay the $ 40,000 out of his pocket to the woman Wilson had had the affair with, on the condition that Wilson promises to appoint to the first vacancy on the United States Supreme Court a nominee to be recommended to President Wilson by Untermyer. Wilson agrees to this.



1916: On June 4

th

, Ashkenazi Jew, Louis Dembitz Brandeis [

1856-1941

] is appointed to the Supreme Court of the United States by President Wilson, as per his agreed blackmail payment to Samuel Untermyer some three years earlier. Justice Brandeis is also the elected leader of the Executive Committee for Zionist Affairs, a position he has held since 1914.

 



A significant event occurs. On December 12

th

, Germany, although they were winning the war and not one foreign soldier had set foot on their soil, offers armistice to Britain with no requirement of reparations. The Rothschilds’ are anxious to make sure this is not accepted by the British as they have a few cards left up their sleeve in relation to what they initiated this war for.



So, whilst the British are considering Germany’s offer, Rothschild agent, Justice Louis D. Brandeis sends a Zionist delegation from America to Britain to promise to bring America into the war on the side of the British, provided the British agree to give the land of Palestine to the Rothschilds’.



The British subsequently agree to the deal for Palestine and the Zionists in London contact their counterparts in America. Suddenly all the major newspapers in America that up to that point were pro-German turn on Germany, running propaganda pieces to manipulate the American public against the Germans. …



Woodrow Wilson is re-elected President this year, the slogan of his campaign being, “Re-elect the man who will keep your sons out of the war.”



1917: As a result of Germany’s offer of peace, the Rothschild war machine goes into total overdrive in America, spreading anti-German propaganda throughout the American media which leads to President Wilson under the instructions of the Jewish American Supreme Court Justice, Louis Dembitz Brandeis, reneging on his promise to the electorate and taking America into World War 1 on April 6

th

.



In March 1917, Lenin makes a statement against anti-semitism which is circulated around the country, as part of a massive campaign to stifle the counter-revolutionary movement against the Jews.



1919: 18

th

 January, the Versailles peace conference commences, to decide reparations that the Germans are required to pay to the victors following the end of World War 1. A delegation of 117 Jews headed up by Ashkenazi Jew, Bernard Baruch (who would go on to state to a select committee of the United States Congress, “I probably had more power than perhaps any other man did in the war, doubtless that is true,”) bring up the subject of the promise of Palestine for them. At this point the Germans realised why America had turned on them und under whose influence, the Rothschilds.



The Germans felt they had been betrayed by their Jewish population. Because Germany was the most friendly country in the world towards the Jews, indeed the German Emancipation Edict of 1822 guaranteed Jews in Germany all civil rights enjoyed by Germans. Also, Germany was the only country in Europe which did not place restrictions on Jews, even giving them refuge when they had to flee from Russia after their first attempted Communist coup failed there in 1905.”



George William Norris

 [

1861-1944

], Abgeordneter aus Nebraska im US-Senat: “Wir gehen in den Krieg, weil das Gold es befiehlt. … Ich möchte diesem Kriegsgott zurufen: Du sollst nicht das Blut meiner Brüder in Gold ummünzen. … Ich fühle, dass wir das Zeichen des Dollar auf die amerikanische Flagge setzen.”



Philipp Scheidemann

 [

1865-1939

], SPD-Reichskanzler [

13. Februar bis 20 Juni 1919

] im Mai 1919 über den kommenden Friedensvertrag: “… dieser schauerlichste und mörderischste Hexenhammer, mit dem einem großen Volk das Bekenntnis der eigenen Unwürdigkeit, die Zustimmung zur erbarmungslosen Zerstückelung, das Einverständnis mit Versklavung und Helotentum abgepresst werden soll, dies Buch darf nicht zum Gesetzbuch der Zukunft werden…” Er verkündete die Abdankung des Kaisers und rief vor dem Reichstagsgebäude die 1. Deutsche Republik aus.



Zwischen 24. Oktober und 12. November 1929 gingen durch den Börsensturz allein in den USA 30 Milliarden Dollar verloren, einer Summe, die den Gesamtkosten der US-Kriegführung im 1. Weltkrieg entsprach. 1930 schlossen 1352 Banken. 1931 folgten weitere 2294 Bankenschließungen.



Reichspräsident von Hindenburg

 [

1847-1934

] in seinem Brief zur deutschen Not vom Juni 1931 an US-Präsident Herbert Hoover [

1874-1964

]: “Herr Präsident! Die Not des deutschen Volkes, die auf einem Höhepunkt angelangt ist, zwingt mich zu dem ungewöhnlichen Schritt, mich persönlich an Sie zu wenden. … Allein im Lauf der letzten paar Tage musste die Reichsbank an fremde Länder ein Drittel ihrer Goldreserven und Devisen abführen. … bedarf Deutschland dringend Hilfe. Diese Hilfe muss sofort kommen, wenn wir für uns selber und anderen schweres Unheil vermeiden wollen.”



The New York Jewish Nationale

 am 9.4.1936: “Die Juden von Amerika stellen eine große politische Macht dar. Sie benutzen diese, wie sie wollen.”



Gerald Prentice Nye

 [

1892-1971

] von Nord-Dakota [

im US-Senat von 1925-1945

] rief am 27. April 1941 empört: “Wir werden von denselben Mächten zum Narren gehalten, die uns im Weltkrieg 1914-1918 zum Narren gehalten haben.”



A.J.P.Taylor

 [

1906-1990

], liberaler jüdischer Historiker: “Die zwei Kriege, die Deutschland gegen England führte, hatten in der Hauptsache den einen und denselben Beweggrund: Es gibt zu viele Deutsche, und Deutschland ist zu stark.”



Abba Eban

 [

1915-2002

], israelischer Außenminister: “Nationaler Selbstmord ist keine internationale Verpflichtung.”



Martin Buber

 [

1878-1965

]: “Eine nationale Bewegung ist, politisch definiert, das Streben eines Volkes nach Selbstbestimmung.”



Johann Gottlieb Fichte

 [

1762-1814

] in: >Reden an die deutsche Nation<: “ … wenn ihr versinkt, so versinkt die ganze Menschheit mit, ohne Hoffnung einer Wiederherstellung.”






Die Nacht der Apokalypse



Es war eine ungewöhnliche Nacht. Hatte doch Luise Agnes ihrem Mann zum ersten Mal anvertraut, dass sie schwanger war. Eckhard Hieronymus hätte es am Gesicht seiner Frau ahnen, ja ablesen können, an den Augen und den noch weicheren Zügen um den Mund. Nun wusste er es, dass der Nachwuchs unterwegs war. Da gingen ihm viele Fragen durch den Kopf, so die Frage, wie Luise Agnes die Schwangerschaft verkraften würde, denn sie führte den Haushalt allein, da für eine Hilfe das Geld fehlte. Dann kreisten seine Gedanken um die Frage, ob die kleine Dreizimmerwohnung für die Familie groß genug sei, ob er mit dem kleinen Salär die Familie ernähren und unterhalten könne, ob er zur Aufbesserung des Gehalts wieder Nachhilfestunden geben solle, wie er es während des Studiums in Breslau getan hatte, um die Zimmermiete zu bezahlen und sich einen bescheidenen Aufstrich aufs Brot zu leisten. All diese Fragen, die auf eine Antwort warteten, hielten ihn vom Schlaf ab. Eckhard Hieronymus lag auf dem Rücken, die Hände über dem Brustkorb gefaltet, die Augen weit offen mit dem Blick gegen die Decke, an der ein matter Lichtstreifen stand, der von der Straße durchs Fenster einfiel. Die Zukunft hat begonnen. Die Frage war, wie die Anforderungen, von denen neue hinzukamen, zu bewältigen waren. Die Nachtgedanken verließen den familiären Bereich, genauer, sie kehrten zur Familie zurück, kreisten über ihr, fanden keine Auflösung der Fragen, schwirrten davon, durch die Zimmerdecke hindurch, oder beim Blick nach dem einfallenden Licht durchs Fenster irgendwo in den Himmel hinaus, bis sie dann doch wieder aus dem Weltall zurückkehrten und ihre Kreise über der Familie, beziehungsweise dem Schlafzimmer, genauer dem Bett mit der schlafenden Luise Agnes und dem schlaflosen Ehemann zogen. Eckhard Hieronymus hörte das ruhige Atmen seiner Frau, die in Frieden und der Verheißung eines Kindes in ihrem Mutterleib schlief. Er bewunderte sie in ihrer Ausgeglichenheit und Ästhetik, wie sie lag und atmete, und erfreute sich an ihrem frischen Hautgeruch. Er liebte seine Frau und war im Grunde seines Herzens glücklich, dass er vor der Gründungspforte der Familie angekommen war.



Dann wandte er sich auf dem Rücken liegend, die Hände über der Brust gefaltet, dem Beruf des Pastors zu. Ihm war die Prüfung wichtig, ob der Beruf voll identisch mit der Berufung war, wenn nicht, welches Ausmaß die Berufung in seinem Beruf hatte. Er strebte nach der Kongruenz der beiden. Doch wurde er von Anfechtungen befallen, die an ihm nagten, die ihn verunsicherten, so dass er sich die Kongruenzfrage täglich stellte und sie mit dem, wie er sich sah, mit der Identität seiner Person in Beziehung setzte. Ständig gab es so etwas wie eine innere oder Identitätskrise, etwas, was nicht stimmig war zwischen Beruf und Berufung, oder schlichtweg nicht stimmte, wenn er sich für glaubensfest hielt, obwohl alles im Glauben wackelte, durcheinander geriet mit der Wahrheit von Wollen und Tun. So lag Eckhard Hieronymus Dorfbrunner in der Nacht, als ihm seine Frau von ihrer Schwangerschaft, übrigens ihrer ersten, berichtete, im Bett und konnte nicht einschlafen. Er hatte die Oberlider über die Augen geschoben, weil ihn das lästige Reiben beim Lidschlag störte, von dem er sich befreien wollte. Es war nach Mitternacht, ein frischer Herbstwind zog durch das halb geöffnete Fenster, als er sich die Frage stellte, ob er den richtigen Beruf ergriffen hatte, mit anderen Worten die Frage nach der Liebe zum Beruf. Dabei tastete er seine kritischen oder Schwachstellen ab, denn in puncto Selbstkritik ging er hart gegen sich vor. Da wollte er sich nichts vormachen, was nicht war.



Er erinnerte sich an bestimmte Vorlesungen und Übungen im Studienverlauf, so an das Thema: "Der Römerbrief und seine Bedeutung als Botschaft an den Menschen der Gegenwart". Es war das Thema einer Hausarbeit im dritten Studienjahr, das ihm bei der Ausarbeitung Kopfzerbrechen und bei Rückgabe mit der unbefriedigenden Note, vollgespickten Randnotizen kritischer Art und der niederschmetternden Beurteilung einen länger anhaltenden Kopfschmerz bereitet hatte. Ein anderes, allgemein gehaltenes Thema: "Ist der Mensch zum Glauben noch fähig?", das für eine Klausurarbeit im vierten Studienjahr gestellt wurde, brachte ihm dagegen die Note "Vorzüglich". So konnte die Bandbreite der Benotung nicht größer sein, in der Eckhard Hieronymus hin und her schwankte, im Ringen um die Wahrheit des Glaubens hin und her taumelte. Dieses weitgrätschige Taumeln war eigentlich nie mehr zur Ruhe gekommen, die Bewegung im kritischen Überdenken blieb, teils zermürbend heftig, die Sache mit dem Zweifel hatte sich nie wieder gelegt, der Bammelfaden hatte sich nie ausgebaumelt. Er erinnerte sich an solche Fäden, an denen unten etwas angehängt war, sei es ein Kringel mit einem Tier oder Tierkopf, oder eine Glocke oder eine Weihnachtskugel, an der, wenn der Abstand stimmte, er als Kind mit der kindlichen Neugier sein Gesicht zur Grimasse verzog, es zum Lachen oder traurig fand, je nachdem wie groß Nase und Mund hervortraten und von dem einen oder andern, seitlich und nach oben weggerutschten Auge mit dem langgezogenen Mongolenschlitz entfernt waren. Auch gab es Fäden mit der elastischen Ziehstrippe, die nach unten gezogen wurden und beim Loslassen von allein nach oben zurückschnellten, Fäden, die, wenn unten keine Klingel dran war, um die Küchenfee zum Wechseln der Teller oder zum Abräumen des Tisches zu rufen, vielfache Verwendung bei Puppenspielen und ernsterem Theater mit Puppen Verwendung fanden, weil man das Strippeziehen mit dem automatischen Zurückschnellen beim Loslassen mit richtigen Menschen nicht machen kann.



Der Versuch, doch noch Schlaf zu finden, wurde zur Versuchung mit einer Berg- und Talfahrt, dem Rauf und Runter mit dem Riesenrad, dem schaukelnden Hin und Her der Achterbahn. Die Versuchung kam auf, nachdem er sich so gut wie sicher war, dass er seinen Beruf liebte, er den richtigen Beruf gewählt hatte, er nicht nur ganz, sondern auch fest im Glauben stehe und als Pastor dem Herrn dienen, die Heilsbotschaft weitergeben und den Menschen einen guten Dienst erweisen werde. Er sehe ihre Irrwege und versuche mit aller Kraft, sie vor dem Absturz zu bewahren und sie auf den richtigen Weg zurückzurufen, die Schwächsten, die Blinden, Tauben und sonst wie Sprachgestörten, die Witwen und Waisen, die Verkrüppelten und was es sonst noch an Behinderten gab und alle, die sich verloren glauben und feststeckten, dabei unter die Arme zu greifen und sie, wenn es sein muss, auf den Wagen der Heilsbotschaft zu heben und den vollen Wagen zu schieben oder zu ziehen, bis sie das Licht sehen und im Licht die gute Botschaft erkennen.



Die erste Frage, die ihm in der Versuchung gestellt wurde, war die, ob er denn kräftig genug sei, um so viele Menschen von den Irrwegen zurückzuholen und auf den richtigen Weg zu führen, kräftig genug, so viele Menschen auf den Wagen zu heben und sie vor dem Abgrund zu bewahren, indem er den vollgeladenen Wagen vom kritischen Spalt wegschiebt oder wegzieht, was um so schwerer sein würde, wenn die Räder bereits im Morast eingesunken sind. Die zweite Frage war die mit der Freiheit des Menschen, ob der Mensch denn nicht für sich selbst entscheiden könne, welchen Weg er gehen wolle, der beim Treffen der Entscheidung nicht bevormundet werden will. Diesbeüglich sei schon genug Unheil angerichtet worden, wenn um Glaubensdinge Dekrete erlassen, Kriege geführt und Millionen gutgläubiger Menschen enthauptet, verbrannt oder anderswie auf bestialische Weise getötet wurden. Schließlich habe die Menschheit, zumindest auf der westlichen Halbkugel, die Schwelle der Aufklärung überschritten, beschäftige sich bereits eingehend mit der Materie, treibt eine fortgeschrittene Mathematik und Physik, denkt existenzphilosophische Exkursionen durch und hat es zu wissenschaftlichen Erkenntnissen gebracht, die atemberaubend sind und bis vor kurzer Zeit undenkbar waren. Die dritte Frage ging um die Beweisführung, dass der christliche Glaube der richtige sei, obwohl er doch über der Vernunft throne, unantastbar für jegliche Kritik und dem Verständnis trotz Zuwendung der hoch entwickelten Intelligenz enthoben ist.

 



Mit den Versen des 8. Kapitels aus dem 1. Korintherbrief, um dessen zeitgemäße Auslegung sich Eckhard Hieronymus für seine Jungfernpredigt am bevorstehenden Sonntag bemühte, ja um sie rang, weil er an diesem Text vom Superintendenten und Konsistorialrat Braunfelder gemessen würde, wie sich der Herr Konsistorialrat ausdrückte, kam nun außer der Mitteilung, dass er, wenn alles gut verläuft, in einigen Monaten Vater werden würde, die erneute Versuchung mit den drei Fragen hinzu, die jede für sich einem Gebirge gleichkam, an dem man hangeln und klettern, den Gipfel besteigen und abstürzen konnte. Es waren gewaltige Massive von großen Höhen, die nicht zu übersehen, geschweige denn wegzuschieben oder einzuebnen waren. Die Fragen zusammengenommen waren Ausdruck hoher Intelligenz mit der dialektisch schillernden Freude an der wissenschaftlichen Analyse, waren gleichzeitig aber auch Beleg für die rasante spirituelle Vereinsamung und Verarmung mit der Bodenlosigkeit bei der Glaubensverwälzung, wo der Glaube als kindlich naiv, unzeitgemäß, reaktionär bezeichnet, abgetan, über den nächstbesten Hang weggeschoben, weggerollt, der Gläubige in seinem Bekenntnis als Dummkopf oder als nichtintellektueller Schwachkopf verlacht und verspottet wird. Es ging an die Substanz, denn wieder musste hart gerungen werden. Dazu kam die Falle mit der Freiheit, die der moderne Mensch für sich in Anspruch nimmt, als wäre sie sein persönliches Eigentum, der sich selbst für seinen Weg entscheidet, was immer er unter Entscheidung versteht. So stand der hohe "intellektuelle" Weizen den verfaulten "spirituellen" Kartoffeln gegenüber.



Es war das Babylon der Neuzeit, und Eckhard Hieronymus hörte den Engel sagen: "Komm, ich will dir das Gericht über die große Hure zeigen, die an vielen Wassern sitzt, mit der die Könige auf Erden ihre Unzucht treiben. Die, die auf Erden mächtig sind, trinken vom Wein ihrer Unzucht." Der Engel trug ihn in die Wüste, wo er die Hure auf einem scharlachroten Tier sitzen sah, das viele lasterhafte Namen, sieben Häupter und zehn Hörner hatte. Es war eine schöne, verführerische Frau, deren seidene Kleider mit Purpur und Scharlach bestickt und übergoldet waren, dazu mit Perlen und Edelsteinen besetzt. Sie hielt den goldenen Becher in der Hand, der voll Gräuel und Hurenflat war. Auf ihrer Stirn trug sie den Namen Babylon, und sie war die Mutter der Hurerei und aller Gräuel. Eckhard Hieronymus erschrak, als er sah, dass diese Hurenmutter vom Blut der Heiligen, der Zeugen des Herrn Jesus Christus, trank. Da sprach der Engel zu ihm: "Verwundere dich nicht, ich will dir das Geheimnis des Weibes und des Tieres verraten. Das Tier, das du gesehen hast, wird aus dem Abgrund emporsteigen und in die Verdammnis fahren. Es wird die Mächtigen und alle die mitnehmen, deren Namen nicht im Buch des Lebens stehen. Das ist der Sinn, zu dem die Weisheit gehört! Die sieben Häupter sind die sieben Berge, auf denen die Hure sitzt, und die zehn Hörner sind die zehn Könige, die ihr Reich nicht empfangen, aber die Macht empfangen für eine Stunde mit dem Tier. Diese Könige sind schlecht, weil sie sich dem Tier überlassen, aus dem sie ihre Kraft und Macht nehmen. Sie werden gegen das Lamm streiten, doch das Lamm wird sie überwinden, weil das Lamm der Herr ist, der über allen Königen steht. Und die, die sich zum Lamm bekennen, sind die Auserwählten dieses Herrn."



Eckhard Hieronymus drückte die Hände fest ineinander; ihn überkam die große Furcht vor dem Herrn, weil er sich vor der Macht des Tieres fürchtete, das nur das Lamm bezwingen und zähmen kann. Angstschweiß stand ihm im Gesicht. Dann sagte die Stimme: "Die Wasser, an denen die Hure sitzt, das sind die Völker mit den vielen Sprachen, und die zehn Hörner und das Tier werden die Hure hassen, ihr Fleisch essen und den Rest von ihr verbrennen. So hat es Gott in ihre Herzen gegeben, das zu tun, was er beschlossen hat, auch das Reich dem Tier solange zu geben, bis sein Wort erfüllt ist. So ist die Hure, die du siehst, die große Stadt Babylon, die über die anderen Könige herrscht." Eckhard Hieronymus hatte die Augen weit geöffnet, sah den Lichtstreifen, der durch das halb geöffnete Fenster fiel, an der Schlafzimmerdecke, kehrte aus dem fürchterlichen Babylon zurück und in den Korintherbrief ein. Er lispelte die Worte vor sich hin, um Luise Agnes nicht aus dem Schlaf zu holen, an der er die Ausgeglichenheit und Ästhetik des ruhigen, gleichmäßigen Atmens noch mehr bewunderte als die Stunden zuvor, bevor er im Halbtraum das Babylon mit seinem Sündenpfuhl durchlebte. Er sprach das 8. Kapitel in sich hinein, wobei das Stufenprinzip: zwei Stufen hoch, eine Stufe runter; drei Stufen hoch, zwei Stufen runter, und so weiter, zur Anwendung kam. So wurden die vorangehenden Verse mit jedem weiteren Vers von Beginn an wiederholt. Eckhard Hieronymus hielt beim Aufsagen das Rauf- und Runterprinzip mit der einstufigen Versetzung deshalb ein, weil er an dem Satz im ersten Vers: "Das Wissen bläst auf, aber die Liebe baut auf" hängenblieb und staunte. Es war ein gewaltiger Satz, der als Rammbock gegen die verriegelten Tore der Wissenschaften gebraucht werden konnte, um sich den Zugang zu den Arbeitsräumen mit den Menschen des kritischen Verstandes zu verschaffen. Denn die Zeit war reif, dass die Türen mit Gewalt geöffnet werden mussten, wenn es darum ging, nach Vermissten zu suchen und nach den Lebenden zu sehen, um sie von den Toten zu trennen, die das Leben nicht mehr brauchen. Er dachte, was so verkehrt nicht war, dass er durch ständige Wiederholung den Satz mit dem Hammerschlag besser verstehen lernte. Er hatte sich nur zum Teil getäuscht, weil er nach der Lispelrezitation und noch im Bett liegend mit der Meditation begann, indem er den Einleitungssatz vom Wissen und von der Liebe gedanklich nach allen Himmelsrichtungen hin rezitierte und dabei das Verfahren des fahrenden Aufzugs ohne Tür, dem Paternoster, für eine lange Zeit einhielt, dass er die Frage, die er sich am Morgen selbst stellte, nämlich die Frage nach der Zeitdauer, die er im Paternoster verbracht hatte, nicht beantworten, ja nicht einmal abschätzen konnte. Der Begriff der Liebe war der Kern. Die Liebe will begriffen und getan werden, dann baut sie den Menschen auf. Dagegen ist das Wissen klein, das weniger getan als vorwiegend verstanden und geredet wird. Wieder stand vor ihm das Bild des hohen "intellektuellen" Weizens und der verfaulten "spirituellen" Kartoffeln, ein Landschaftsbild, das nicht nur allerorts gesichtet werden konnte, sondern das die Gesichter selbst waren, in die man sah, wenn sie durch die Felder und Dörfer, durch die Straßen der Städte gingen.



Die Falle mit der Freiheit des Menschen, die in der zweiten Frage steckte, hatte Eckhard Hieronymus früh genug aufgespürt, als dass sie ihm den Hals abgedrückt hätte. Es ist ganz natürlich, dass der Mensch für sich selbst entscheiden will, welchen Weg er gehen will, beim Treffen der Entscheidung nicht bevormundet oder sonst wie gedrängt werden will. Das tut der Glaube auch nicht, davon war er fest überzeugt. Doch ist die feste Burg des Glaubens das sicherste Fundament für die richtige Entscheidung. Wenn die Kartoffel faul ist, dann stimmt es mit dem Boden auch nicht. Dagegen stimmt es mit dem Boden, wenn die Kartoffel groß und hart ist. Glaubenskriege sind das Armutszeugnis der Menschheit. Wenn die Sprache versiegt, das Wort zum Gespräch nicht mehr gesucht wird, die Gewalt über Glauben und Leben entscheidet, dann ist der Abgrund der Verwerfung erreicht, weil da geprügelt und getötet wird. So ist dieses Zeugnis, von dem es so viele gibt, Ausdruck