Einfach alles teilen?

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Einfach alles teilen?
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Aussteigen und ankommen: im inhaltsverzeichnis

EIN PAAR WORTE ZUM EINSTIEG

Wir sagen Danke!

WIR TRÄUMEN NICHT MEHR VOM ANDEREN LEBEN, WIR LEBEN ES – PROLOG

Wir gehören zusammen, das steht fest

Die Krisenzeit hat uns sichtbar gemacht

Wer sind wir und was machen wir?

So sieht’s bei uns aus: unser Bauernhof

Dürfen wir uns vorstellen? Das sind wir, die Bewohner*innen des Hofkollektivs Wieserhoisl

Das Hofkollektiv Wieserhoisl

Zusammen sind wir stark

Komm und begleite uns (ein Stück)

DAS ENDE UNSERER TRÄUME WAR DER BEGINN UNSERES NEUEN LEBENS – UNSERE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

Wo alles anfing: Studienzeit und erste Erfahrungen mit der Selbstorganisation

Endlich: Das Kollektiv nimmt Formen an

Angekommen am Wieserhoisl: Los geht’s – mit Aufräumaktionen und Gruppenbildung

WIR WERDEN NICHT DIE LETZTEN SEIN – VON HINTERGRÜNDEN, PIONIER*INNEN, ABENTEURER*INNEN UND UNSEREN VORBILDERN

Rückblende auf die Zeitenwende: Geschichtliche Entwicklungen und Vorreiter für unsere Überzeugungen

Kollektiv – Was heißt das eigentlich?

Der Kollektivgedanke heute: Herausforderungen und Lösungsansätze in der alternativen Ökonomie

Lass uns zusammenziehen: kollektives Wohnen

Unsere Kollektivpartner*innen: Gemeinschaften und Hofkollektive in Österreich

Deine Checkliste zur Kollektivgründung

DA SIND WIR UNS EINIG: WIR HABEN EINE VISION

Was wir erkannt haben: Weiter wie bisher ist keine Option

Veränderungen in der Landwirtschaft und die Rolle der Kleinbäuer*innen

Von Kleinbäuer*innen und Agrobusiness: Was in der Landwirtschaft schiefläuft

Was wollen wir damit erreichen?

ZUSAMMEN IST MENSCH WENIGER ALLEIN

Wie viel Gemeinschaft wollen wir überhaupt?

Von Trubel und Einsamkeit, von Nachteulen und Lerchen

Über den Tellerrand blicken: Zeit abseits vom Kollektiv

SO KOMPLIZIERT KANN DAS EINFACHE LEBEN MANCHMAL SEIN: DIE TÜCKEN DES LANDLEBENS. UNORDNUNG UND CHAOS

Alles an seinen Platz: Warum die Ordnung im Kollektiv besonders wichtig ist

Von den Dingen und ihrem angestammten Platz

Trennungsschmerz und neues Leben: Warum sich bei uns alle möglichen Gegenstände anhäufen

Chaosfaktor Nummer eins: Kinder. Und der Dreck von draußen

Unsere meistgenutzten Gegenstände: die Autos

UNSERE KÜCHE UND WAS WIR TÄGLICH HIER ANRICHTEN

Weil gutes Essen immer wichtiger wird

Selbstversorgung: ein Selbstversuch

Die Küche: der Mittelpunkt im Kollektiv

Die Sache mit dem Einkaufen

Wer schwingt heute den Kochlöffel? Küchenpläne und Essvorlieben

Feiert mit uns: Grillabende, Feste und besondere Anlässe

Cook it like: Wieserhoisl! Die Party-Paella

BEI UNS HAT AUCH DAS GEMÜSE EINEN NAMEN: SELBSTVERSORGUNG AUS UNSEREM GARTEN

Ein traumhaftes Fleckchen Grün: unser Gemüse- und Obstgarten

Das war unser Plan, von Anfang an: Selbstversorgung

Trau dich und leg los: Tipps für die Selbstversorgung

Und alle machen mit: Organisation der Gartenarbeit

Was wächst wo? Anbauplanung

Ein Blick auf die Beete: unser Gemüsegarten

Die Basis: Sortenvielfalt und Saatgutsouveränität

Warum Biodiversität so wichtig ist

Freies Saatgut braucht die Welt!

Als wir die solidarische Landwirtschaft ausprobiert haben

Im Frühling mit an Bord: unsere Jungpflanzen, mit Liebe hochgepäppelt

Immer auf Lager: vom Einkochen und Einbunkern

Unser Ziel, unser Anspruch – und was uns der Garten alles gelehrt hat

Unser Starterpaket: Die Pflanzen-Hitliste für Gemüseanfänger*innen

ES BLÖKT UND GACKERT, ES WIEHERT UND SCHNATTERT: TIERHALTUNG AUF UNSEREM HOF

Von Selbstversorgung, Tieren und Unabhängigkeit

So hat alles begonnen: von Hühnern und Schafen bis zum Bio-Bauernhof

Wie es ist, Schafe zu halten: von Sommerweiden und Winterfutter, von Lämmern und flauschiger Wolle

Wer sonst noch so am Hof unterwegs ist

 

Anfang und Ende oder: vom Leben lernen

Die Verantwortung für tierische Mitbewohner*innen

DIE WUNDERSAME WISSENSVERMEHRUNG

Lösungen entstehen im Dialog: Wie wir im Kollektiv Wissen generieren und weitergeben

Wenn wir nicht mehr weiterwissen: Unsere Nachbar*innen helfen

Wir brauchen ein Dach über dem Kopf: Als das Bausyndikat zu Besuch war

WER IST HIER DER*DIE CHEF*IN? NIEMAND! – WER VERDIENT DAS GELD? ALLE!

Wir sagen: Weg mit der Hierarchie!

Basisdemokratie im Alltag oder: So treffen wir Entscheidungen

Unser Podium zum Diskutieren, Streiten und Lösungen-Finden: das Plenum

Radikales Teilen oder: Alles kommt auf ein Konto

NICHT MEINS, NICHT DEINS, NICHT UNSERES: KOLLEKTIVER BESITZ

Persönlicher und kollektiver Besitz

Besitz von Grund und Boden

KOMMEN UND GEHEN: VON AUFNAHMEN UND ABSCHIEDEN

Einmal alle durchzählen, bitte: Wer schon aller bei uns dabei war

Von Hintergründen und Motivationen: Warum sich Menschen uns anschließen oder wieder fortgehen

Wenn langjährige Mitglieder wieder zu neuen Ufern aufbrechen

Ein Abschied für immer

Hallo, neue Erdenbürger*innen: die Geburt unserer Kinder

AUFWACHSEN IM KOLLEKTIV: SCHLARAFFENLAND FÜR DIE KINDER

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier: Wie die Kinder im Laufe der Jahre unser Kollektiv erobert haben

Komm, spiel mit mir: Kinderalltag im Wieserhoisl

Wie sich Elternschaft im Kollektiv anfühlt

Und wie sehen das unsere Kinder selbst? Ein Interview

KUNST UND KULTUR AM HOF – WENN WIR UNS DEN ZIRKUS NACH HAUSE HOLEN

Bringen wir die Kunst mit auf den Bauernhof!

Kommt alle zu uns: Die Offroad-Juggling-Conventions sind eröffnet

Abenteuer, Spiel und Spaß: Camps für Kinder

Mach mal lauter: Musik am Wieserhoisl

Wir laden alle ein – zu unseren Hoffesten

ALS DIE TIERE DEN WALD VERLIESSEN (WEIL ES SO LAUT WAR). DIE HOLZWOCHE

Einheizen ist angesagt: Damit es im Winter schön warm ist

Gemeinsam fällen, hacken und schichten: Hintergründe und Ablauf der Holzwoche

Wie kann mensch sich die Holzarbeit vorstellen? Brennholz verarbeiten

DIE NATUR LEHRT UNS DEMUT ODER: VON WETTEREXTREMEN UND EINER HORNISSENATTACKE

Wo sich die wilde Natur ausbreitet

Achtung, große Brummer im Anflug: Hornissenattacke

Das große Krabbeln: Mäuse, Ratten und andere Plagegeister

Hühner und Enten – Freund und Feind zugleich

Schnell rein ins Haus: Wetterereignisse, die uns das Fürchten lehrten

Brandalarm am Wieserhoisl: das Spiel mit dem Feuer

POLITISCHER AKTIVISMUS ALS LEBENSGRUNDHALTUNG

Ja, wir sind politisch! Unser Selbstverständnis

Wir setzen Zeichen – und uns für Frauen*power ein

Wir stellen uns gegen Diskriminierung jeder Art

Unser Aktivismus: Ausrichtung nach innen und nach außen

AUS DER SICHT DES NEUANKÖMMLINGS: TOBIAS, WIE BIST DU EIGENTLICH AUF DAS WIESERHOISL GEKOMMEN?

Der erste Monat im Wieserhoisl ist vorbei – was nun?

Was mir am Kollektivwesen gefällt – und warum ich das Wieserhoisl liebe

Das Zusammenleben im Kollektiv: von Gruppendynamiken, Konfliktpotenzialen und gemeinsamer Ökonomie

Sag mal, was sind deine Pläne – wie geht es weiter?

DER ANFANG IST NAH: ANHANG

Für Wissensdurstige: Anmerkungen, Quellen und Erweiterungen zum Text

Wir sind keine Insel: andere Kollektive und Gemeinschaften

Zum Fachsimpeln: Glossar

Zum Weiterlesen: Literaturtipps und -quellen

Ein Paar Worte
Zum Einstieg

Da ist es nun – das Buch über unsere Geschichte. Oder: die Geschichte über unser Zusammenleben. Wir dürfen es dir voller Freude und Stolz in die Hand legen. Bevor wir damit loslegen, wollen wir dir noch ein paar einleitende Worte über unsere Perspektive fürs Lesen mitgeben.

Vieles hat sich seit der Gründung des Hofkollektivs Wieserhoisl im Jahr 2006 getan. Menschen sind gekommen, andere gegangen. Im Grunde ist alles ständig im Wandel. Was in diesen Jahren in unserem Kollektiv passiert ist, lässt sich manchmal gut und relativ einfach so wiedergeben, wie es sich für alle Beteiligten abgespielt hat. Viele andere Bereiche wiederum lassen sich so mannigfaltig darstellen, wie auch wir alle unterschiedlich sind. Die subjektive Wahrnehmung, das individuelle Erleben, einfach die ganz persönliche Wahrheit einer Geschichte lassen sich dabei nicht ausklammern. Ehemalige Wieserhoisl-Bewohner*innen sind essenzieller Teil unserer Geschichte. Sie haben mit uns das Hofkollektiv Wieserhoisl zu dem gemacht, was es heute ist. Da wir dieses Buch nur als kleiner Teil der schon einmal bestehenden Gruppe schreiben, lässt es sich nicht vermeiden, dass die Schilderungen aus der Erinnerung und dem Erleben eines*r Einzelnen bestehen. Es mag sein, dass so manches von einer anderen Person ganz anders wahrgenommen wurde. Wir versuchen, unsere Geschichte so zu erzählen, dass sie jedem und jeder gerecht wird, und bitten gleichzeitig um Verständnis dafür, dass es sich um unsere subjektiven Wahrheiten handelt.

Übrigens haben wir das Buch nicht nach einem bestimmten Schema oder einer aufeinander aufbauenden Reihenfolge strukturiert. Bei der Vorstellung unserer verschiedenen Lebensbereiche gibt es kein Vorher oder Nachher. Legen wir mal damit los, dir zu erzählen, wer wir sind und was uns dazu motiviert, in Gemeinschaft zu leben. Und dann tauchen wir ein in die unterschiedlichsten Themen und Aspekte rund um unser Zusammenleben. Du kannst das Buch also genau so lesen, wie es dir gefällt. Blätter einfach zu einem Kapitel, über das du mehr erfahren willst, und lies dich ein. Oder willst du alles von vorne bis hinten durchlesen? Dann viel Spaß dabei!

Und damit gehen wir mitten hinein in die Dinge und präsentieren dir: das Hofkollektiv Wieserhoisl. Wir wünschen dir viel Inspiration, Anregungen und Nachdenk-Momente beim Lesen!

Wir Sagen Danke!

Mit diesen Worten möchten wir uns gleich zu Beginn bei den ehemaligen Wieserhoisl-Bewohner*innen bedanken. Ohne sie wäre dieser Ort nicht das, was er heute ist! Ihr Engagement für unsere gemeinsame Idee hat dazu beigetragen, diesen Ort Stück für Stück weiterzuentwickeln. Wir sind euch allen sehr dankbar für eure Zeit und Energie, die hier miteingeflossen sind, und die mannigfaltigen umgesetzten Projekte, die ihr hier hinterlassen habt. Schade, dass wir nicht länger den gemeinsamen Weg beschreiten. Ihr fehlt uns!

Unser herzlichster Dank geht an Mira, Yara, Peter, Eva, Mattis, Antonin, Bernhard, Kathi, Jessica, Elke, Greta, Katrin, Lie, Kathi Z., Mark, Aurelia, Kai, Sebastian, Polona und Eric.

Darüber hinaus geht unser Dank an alle Nachbar*innen, die uns von Anfang an wohlwollend begegneten und uns immer wieder mal mit Rat und Tat zur Seite stehen. Allen voran bedanken wir uns bei Stacherl, Hansi, Seppi, Peter und Michl. Wir möchten uns auch bei all jenen bedanken, die uns während Aktionswochen, wie der Holzwoche, oder bei Veranstaltungen tatkräftig unter die Arme gegriffen haben, und natürlich bei all den freiwillig Helfenden und Praktikant*innen. Außerdem bei allen Freund*innen, die unsere Veranstaltungen besucht und unterstützt haben. Ihr seid alle essenzieller Teil von dem gewachsenen und eigenständig existierenden Kollektivwesen Wieserhoisl!

Wir möchten uns auch bei unseren Eltern bedanken, die unseren eigenwilligen Weg vielleicht nicht immer verstanden, aber stets unsere Entscheidung für kollektives Leben respektiert haben.

Wir möchten uns auch bei den jetzigen Eigentümer*innen des Hofes, Bernhard und Candidus, bedanken, dass sie uns die Möglichkeit geben, unsere Utopie hier zu verwirklichen.

 

Danke auch all jenen, die unserer Einladung gefolgt sind und ein paar Worte über das Wieserhoisl geschrieben haben. Wir freuen uns sehr über diese Erinnerungen und eure Wertschätzung. Danke!

Wir träumen nicht mehr vom anderen Leben, wir leben es – Prolog


Kurz nachdem wir den Vertrag zu diesem Buch unterschrieben hatten, wurde der erste Lockdown in Österreich ausgerufen. Und damit folgte eine Krisenzeit, die wir alle, sei es in Europa oder in der ganzen Welt, so noch nicht erlebt hatten. Und dennoch: Inmitten dieser bedrückenden, entbehrlichen und für viele einfach nur furchtbaren Zeit kam hier, auf unserem Hof, ein Hoffnungsschimmer auf. Es stellte sich plötzlich heraus, dass das, worauf wir nun jahrelang hingearbeitet hatten, sich gelohnt hat.


› Einfach herrlich, dieser Ausblick.

Ich kann mich an keinen vergleichbaren Moment in den vielen Jahren des Hofkollektivs Wieserhoisl erinnern, der uns so sehr darin bestätigt hatte, dass wir das Richtige machen. Versteht mich nicht falsch: Ich will hier keinesfalls in Abrede stellen, wie schlimm sich diese Zeit für viele gestaltet hat. Auch wir haben das zu spüren bekommen. Aber: Wir hatten uns. War es doch immer der Gedanke an ein unabhängiges, nachhaltiges, selbstversorgendes und krisensicheres Leben, der uns für ein Leben am Land und in Gemeinschaft motiviert hatte. Angesichts einer wirtschaftlichen Wachstumslogik, mit der wir langfristig sukzessive unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören, und den damit verbundenen Szenarien von Unsicherheit und Ungerechtigkeit wollten wir uns selbst organisieren, selbst bestimmen, uns für weniger ertragreiche Zeiten wappnen. Kurz: Wir wollten unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen.

Wir gehören zusammen,
das steht fest

Und da war er nun gekommen, so ein unheilvoller, fast schon apokalyptisch anmutender Moment. Und wir: Hatten plötzlich dieses Glück, ihn auf unserem schönen Stück Land verbringen zu dürfen.

Zwar isoliert, aber absolut nicht einsam, sondern in Solidarität und gegenseitiger Unterstützung, mit unseren eigenen Lebensmitteln und unserem eigenen Brennholz. Ja, das fühlte sich richtig gut an! Im Unterschied dazu mussten viele unserer Freund*innen in der Stadt, teilweise auf sich selbst gestellt, ganz andere Situationen durchstehen und wir konnten sie nur aus der Ferne unterstützen.

Auch die Tatsache, dass die Landwirtschaft zu den systemrelevanten Bereichen zählt und nun auch als solcher vermehrte gesellschaftliche Anerkennung fand, war ein bestätigender Moment. Endlich eine kleine Aufwertung und Vorteile für landwirtschaftliche Betriebe! Das ermöglichte uns zumindest in der ersten Phase, unsere Jungpflanzenproduktion nicht abbrechen zu müssen. Zwar war ein bisschen Improvisation im Verkauf gefragt, da Großmärkte ebenfalls abgesagt wurden. Aber das gestiegene Interesse und die erhöhte Nachfrage nach biologisch produziertem Saatgut und Pflanzen bildeten einen sehr vielversprechenden Absatzmarkt, den wir fast ausschließlich lokal und regional bedienten.

Die Innenkehr, der ausgiebige Hausputz und die allgemeine Langeweile, von denen viele andere während des Lockdowns berichteten, blieb bei uns aus. Der Frühling hielt Einzug, wir waren alle zu Hause, Arbeit und Aufgaben gab es genug. Natürlich hatten sich unsere alltäglichen Bewegungen nach außen eingeschränkt. Deshalb wurde in dieser Zeit auch bei uns so manche lange liegengelassene Tätigkeit endlich erledigt. Unser Garten lief in diesem Jahr ebenfalls zur Höchstform auf.

Unsere Kinder konnten ohne größere Schwierigkeiten im Homeschooling weiterarbeiten. Auch hier haben wir gesehen, dass unsere Herangehensweise an die Selbstorganisation sowie Schulformen mit eigenständigem, freiem Lernen große Vorteile mit sich bringen. Die Kinder waren es bereits gewohnt, sich mit vorhandenen Materialien den Unterrichtsstoff selbst zu erarbeiten. Uns ist es wichtig, dass unsere Kinder sich aus eigener Motivation heraus etwas aneignen wollen, statt auswendig zu lernen oder nachzuplappern. Dass sie immer zu Hause waren, war bestimmt eine der größten Veränderungen am Anfang. Aber auch hier: Was für ein Glück, jederzeit in den Pausen an die frische Luft, einfach hinaus oder in den Wald gehen zu können!

Die Krisenzeit hat uns sichtbar gemacht

Und noch etwas Erstaunliches ist passiert: Uns erreichte eine merkbar gestiegene Anzahl an Anfragen von freiwilligen Helfer*innen, von verschiedensten Plattformen, Medien und Veranstaltungen, die sich für solidarische Ökonomie und gemeinschaftliche Lebensformen interessierten, sowie von jungen Menschen, die neue Hofkollektive gründen und sich darüber mit uns unterhalten wollten.

All dieses Interesse an dem, was wir hier im Hofkollektiv Wieserhoisl seit vielen Jahren umsetzen und womit wir uns bemühen voranzukommen, war zwar auch vor der Pandemie schon da. Doch zeigte sich gerade in dieser Zeit sehr klar, dass solche Lebensformen wie die unsere in Krisenzeiten deutlich resilienter sind. Lebensformen, in denen mensch nicht einsam ist, nicht sozial isoliert, nicht vom Lebensmittelangebot im Supermarkt abhängig und nicht zuletzt: der Natur nahe. Das macht, nicht nur in diesen Zeiten, einen Teil unserer Freiheit aus.

Nicht ganz unter den Tisch kehren wollen wir dabei eine Tatsache: Kollektives Leben ist auch ganz schön anstrengend! Inzwischen können wir schon auf einige Jahre des gemeinsamen Tuns zurückschauen. Und erkennen den Unterschied zwischen dem anfänglichen Eifer, mit dem wir uns hineingestürzt haben, und einer gewissen Abgeklärtheit, die vielleicht heute eher vorherrscht. In den ersten Jahren haben wir so unglaublich viele Dinge, Veranstaltungen, Bauaktivitäten, Vernetzungstreffen, kleine Kinder und vieles mehr gleichzeitig gemanagt. Jetzt denke ich mir: „Wow! Wie haben wir das damals nur gemacht?“

Mit den Jahren haben sich viele Dinge verändert. Auch wir selbst natürlich. Und das Zusammenleben wird nicht unbedingt einfacher. Anders, intensiver, tiefgehender, verbundener und verbindlicher. Es gibt Dinge, die nach all den Jahren immer noch präsent sind, die wir gewissermaßen schon lange mitschleppen. Seien es Diskussionen, Unstimmigkeiten und Streitigkeiten, Dinge, die sich nicht bereinigen lassen oder bei denen wir trotz langer Praxis noch keine gut funktionierende Methode gefunden haben, um damit besser umgehen zu können. Das zeigt einmal mehr: Kollektives Zusammenleben ist ein Prozess, bei dem die Beteiligten ständig neu ausverhandeln müssen. Das geht in die Knochen, da gibt es immer wieder Durchhänger. Und dann gibt es aber eben diese wundersamen Momente, in denen sich zeigt, dass es sich ausgezahlt hat.

Das Wieserhoisl steht vielleicht auch jetzt an einem Punkt, an dem es heißt, innezuhalten und zu schauen, wohin die Reise weitergehen soll. Und wir stehen vor der Herausforderung, etwas, das über viele Jahre und von vielen Menschen aufgebaut wurde, als neu geformte Gruppe zu erhalten. Diesen wunderbaren Ort der Begegnung, des Lernens und der vielfältigen Natur auch weiterhin erleben zu dürfen und für andere erlebbar zu machen, sorgt für die notwendige Motivation, unser Projekt weiterzuführen. Diesen faszinierenden Ort, an dem unsere Utopie schon ein Stück weit Realität geworden ist.