Loe raamatut: «Das große Buch der Bienen», lehekülg 3

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BRUSTSTÜCK (THORAX)

Die von zahlreichen Muskeln durchsetzte Brust der Biene ist Sitz der Bewegungsapparate. Sie besteht aus drei Segmenten, die miteinander verwachsen und als solche nur schwer zu erkennen sind. Von jedem der Segmente geht jeweils ein Beinpaar ab, auf den zweiten und dritten Abschnitt verteilen sich zusätzlich zwei durchscheinende Flügelpaare, die von Adern durchzogen sind. Diese teilen die Flügelhaut in einzelne Zellen und wirken wie Rippen, die den ansonsten muskellosen Flügeln Stabilität verleihen. Am äußeren Rand der Flügel zeichnen sich sogenannte Pterostigmata ab, schmale, eingefärbte Zellen, die – zusammen mit der Äderung der Flügel – bei der Unterscheidung einzelner Wildbienenarten von Bedeutung sind. Dass es sich tatsächlich um zwei Flügelpaare handelt, lässt sich bei ruhenden Tieren nur sehr schwer, bei fliegenden Bienen gar nicht ausmachen. Der Grund hierfür: Während des Fluges bilden Vorder- und Hinterflügel eine geschlossene Einheit. Dies geschieht mithilfe von Häkchen, die sich an der vorderen Kante des Hinterflügels befinden und sich beim Flug in der Haftfalte am Vorderflügel einhaken.

Nach der zielsicheren Landung auf einer Blüte bricht die Biene mithilfe ihrer Mundwerkzeuge die Staubbeutel auf. Die dort befindlichen Pollen bleiben am behaarten Körper des Insekts haften und werden bei der weiteren Nahrungssuche von Blüte zu Blüte getragen.

Den gesammelten Blütenstaub legen die Arbeiterinnen in den sogenannten Körbchen ab, die sich am dritten Beinpaar befinden. Zusammen mit Speichelsekret und Nektar aus der Honigblase bilden sich kompakte Pollenhöschen, die beeindruckende Ausmaße annehmen können.

Der Hinterleib der Biene ist der Sitz der meisten inneren Organe. Bei Arbeiterinnen und Königin gliedert er sich in sechs Segmente, bei Drohnen in sieben.

Die Beine der Bienen bestehen aus Muskeln, Sehnen und Nervenbahnen, die von einer robusten Chitinhülle umgeben sind. Sie sind weit mehr als ein Fortbewegungsmittel. So verfügt beispielsweise das erste Beinpaar zusätzlich über eine mit einem beweglichen Dorn versehene Putzscharte, die stark behaart ist und den Insekten bei der Säuberung ihrer Fühler als Bürste dient. Alle drei Beinpaare werden darüber hinaus als Werkzeuge zum Aufnehmen, Sammeln und Transportieren von Pollen genutzt.

Die typische Nahrungsaufnahme einer zu den Körbchensammlern zählenden Biene gestaltet sich in groben Zügen so: Angelockt vom Duft der Blumen setzt das Insekt zur Landung an und kriecht zielsicher zur Blüte, wo es mithilfe der Kiefernwerkzeuge die Staubbeutel aufbricht, um an den eiweißhaltigen Pollen zu gelangen. Je nach Ausbeute versinkt die Biene bald darauf geradezu in einem Meer aus Pollen, das trotz seiner staubartigen Konsistenz zum Teil am behaarten Körper des Insekts haften bleibt. Mehr oder minder stark gepudert, macht sich die Biene bald darauf an die Säuberung ihres Körpers. Dazu holen die Vorder- und Mittelbeine den Pollen von Kopf und Brust und befördern ihn weiter an die mit Haarbürsten versehenen Innenseiten der Hinterbeine. Mithilfe eines Kamms streicht die Biene nun die Bürste des jeweils gegenüberliegenden Beins ab und legt daraufhin den gewonnenen Blütenstaub, der mit Nektar und Speichel befeuchtet und mithilfe der Mittelbeine festgedrückt wird, in dem außen liegenden Körbchen ab. Mit stetigem Auffüllen der Körbchen bilden sich an den Hinterbeinen sogenannte Pollenhöschen, die verglichen mit dem Umfang der Beine beeindruckende Ausmaße annehmen können und dank des farbintensiven Blütenstaubs ein nahezu leuchtendes Fluggepäck bilden.

Das Innere des Thorax wird von Muskelsträngen dominiert, die in erster Linie die Bewegung der Flügel ermöglichen: Bis zu 240 Schläge pro Sekunde (!) vollführt die Biene – eine Leistung, die nur mithilfe kräftiger Muskelpakete zu bewältigen ist. Ansonsten verlaufen hier neben Nervensträngen auch die Hauptschlagader sowie die Speiseröhre, in deren unmittelbarer Nähe sich die paarig angelegten Brustspeicheldrüsen befinden.

HINTERLEIB (ABDOMEN)

So wie der Kopf Sitz für die Sinnesorgane ist, so ist der Hinterleib der Biene der Bereich für die meisten inneren Organe. Streng genommen ist der häufig verwendete Fachbegriff Abdomen bei der Beschreibung des hinteren Körperteils falsch. Dies liegt darin begründet, dass im Laufe der Evolution das erste Segment des Hinterleibs mit dem letzten Brustsegment verwachsen ist. Die Einschnürung, die wir bei vielen Bienenarten sehr deutlich ausmachen können, trennt demnach nicht Thorax und Abdomen voneinander, sondern ist eine Einschnürung des Hinterleibes selbst, dessen hinterer Teil deshalb eigentlich als Metasoma bezeichnet werden müsste.

Von außen betrachtet gliedert sich der Hinterleib bei Arbeiterbienen und Königin in sechs Segmente bzw. Ringe, bei Drohnen in sieben. Die Beweglichkeit des Hinterleibs wird dadurch gewährleistet, dass sich diese Leibesringe jeweils aus einer Bauchplatte (Sternum) und einer Rückenplatte (Tergum) zusammensetzen, die durch elastische Zwischenhäute verbunden sind. Doch was verbirgt sich im Innern dieser muskelarmen Körperzone?

Nahe der Einschnürung liegt die Honigblase. Da der Speiseplan der Bienen mehr als den außen am Körper transportierten Blütenstaub umfasst, benötigt die Biene ein entsprechendes innen liegendes Transportorgan – diese Funktion übernimmt die Honigblase. Nimmt die Biene nun Nektar, Honigtau oder Wasser über den Schlund am Kopf auf, werden die flüssigen Substanzen über die Speiseröhre in die Honigblase befördert, sicher zum Nest transportiert und dort wieder ausgewürgt – sofern es sich um in Staaten lebende Sammelbienen handelt. Nahrung zum Selbstverbrauch hingegen gelangt über einen Ventiltrichter in den Mitteldarm, wo die Verwertung der Nährstoffe und die Verdauung stattfindet. Unverdauliche Reste landen schließlich im Dünndarm bzw. in der Kotblase. Dieser extrem dehnbare Teil des Dünndarms spielt beim Überwintern von Bienen eine entscheidende Rolle: Er ermöglicht es den Tieren, Kot monatelang zu speichern und erst außerhalb des Überwinterungsplatzes abzugeben. Auf diese Weise wird die Gefahr von Bakterienbefall deutlich reduziert.

Der Hinterleib der Bienen setzt sich äußerlich aus sechs und bei Drohnen aus sieben Segmenten zusammen. Der Eindruck eines Streifenmusters entsteht weniger durch Farbunterschiede der Segmente, sondern vor allem durch die Filzbinden, also Härchen, deren Farbe von Grau und Gelb bis hin zu Rot, Braun und Schwarz reicht.

Die Arbeiterinnen der Honigbiene besitzen an ihrem Unterleib Wachsdrüsen, die ausschließlich in der Phase aktiv sind, in der sie als Baubienen tätig sind, also etwa vom 12. bis 18. Tag. Zur Formung des Wachses setzen sie ihre Mundwerkzeuge ein.

Grundsätzlich unterscheidet man bei Bienen zwei Geschlechter: Weibchen und Männchen. Entsprechend ihrer sozialen Aufgaben sind drei sogenannte Wesen zu differenzieren: Königin (links), Arbeiterin (rechts) und Drohn (Mitte).

Neben dem Verdauungsapparat sind es Luftsäcke, die als Bestandteil des Atmungssystems Bereiche des Hinterleibs ausfüllen. Wie alle anderen Insekten atmen auch Bienen, indem sie Sauerstoff über kleine Öffnungen aufnehmen, die sich paarweise an beiden Seiten des Chitinpanzers befinden. Diese Atemlöcher, die auch Stigmen genannt werden, sind durch ein System von Röhren bzw. Tracheen mit den inneren Organen verbunden. Über die weit verzweigten Tracheen gelangt Sauerstoff zu den Geweben, umgekehrt wird Kohlendioxid über dieses System aus dem Körper abtransportiert. Atmung ist bei Bienen kein aktiver Vorgang wie beim Menschen. Regulativ kann das Insekt nur eingreifen, indem es mit einem Schließmuskel zumindest die Atemöffnungen am Hinterleib verschließt oder aber den Hinterleib bewegt, wodurch Tracheen und Luftsäcke erst zusammengepresst werden – verbrauchte Luft dringt nach außen – und sich dann dank ihrer Eigenelastizität wieder ausdehnen, wodurch der Luftaustausch verstärkt wird.

Auch der Blutkreislauf von Bienen unterscheidet sich grundlegend von dem des Menschen: Zum einen vermischen sich Blut und Gewebsflüssigkeit (Lymphe) bei den Insekten zu einer farblosen, als Haemolymphe bezeichneten Flüssigkeit. Zum anderen verfügen Bienen über kein geschlossenes, sondern ein offenes Gefäßsystem: Im oberen Teil des Hinterleibs verläuft der Herzschlauch, dessen fünf Kammern durch Klappenventile miteineinander verbunden sind. Über seitlich liegende Öffnungen wird die im Bereich der Verdauungsorgane mit zahlreichen Nährstoffen angereicherte Haemolymphe aufgenommen, durch die Kammern nach vorn gepumpt und gelangt schließlich über eine durch den gesamten Körper führende Aorta bis in den Kopf des Insekts. Dort tritt die Körperflüssigkeit aus und strömt frei über den Bauchraum in den Hinterleib zurück, wobei sie alle Organe umspült und bis in die Beine und Flügel des Insekts gelangt.

Die Arbeiterinnen im Bienenstaat sind auch für die Nahrungssuche verantwortlich. Sie verlassen den Bienenstock, sammeln Pollen und Nektar ein und bringen diese zurück in den Stock, wo die Drohnen an dem System des sozialen Futteraustauschs partizipieren.

Durch ein aus Muskulatur und Bindegewebe bestehendes Häutchen wird der obere Bereich des Hinterleibs mit dem Herzschlauch vom Hauptraum getrennt, in dem sich neben dem Verdauungsapparat auch die Geschlechtsorgane befinden. Grundsätzlich unterscheidet man bei Bienen zwei Geschlechter – Weibchen und Männchen. Die Einteilung in Arbeiterin, Königin und Drohn für sozial lebenden Arten wie die Honigbiene suggeriert zwar das Vorhandensein eines dritten Geschlechts, kennzeichnet aber vielmehr die Rollenverteilung, die in einem Bienenstock vorherrscht. Man spricht in diesem Zusammenhang von den drei Wesen: Arbeiterin und Königin sind weiblich, der Drohn ist männlich.

Weibliche Bienen entwickeln sich aus befruchteten Eiern. Bei solitär lebenden Wildbienen, die mit Abstand die größte Gruppe unter den Bienenarten ausmachen, gibt es nur eine weibliche Erscheinungsform: Alle Weibchen verfügen über ausgebildete, paarweise angelegte Eierstöcke, zwei Eileiter und eine Geschlechtsöffnung. Sie sind gewissermaßen ihre eigene Königin, kümmern sich – sofern es sich nicht um parasitäre Arten handelt – nach der Begattung um den Nestbau und die Errichtung von Brutzellen, in die sie jeweils ein Ei legen.

Bei sozial lebenden Bienenarten verhält es sich anders: Hier ist es zunächst ausschließlich die Königin, die über voll entwickelte Geschlechtsorgane verfügt und mit der Abgabe von bis zu 1600 Eiern täglich die Voraussetzungen für den Fortbestand bzw. die Erweiterung des Bienenvolks schafft. Auch Arbeiterinnen verfügen über Eierstöcke. Solange die Königin jedoch über die Mandibeldrüse eine Pheromon-Mischung – die sogenannte Königinnensubstanz – produziert, die von allen Arbeiterinnen aufgenommen wird, sind deren Eierstöcke verkümmert und als solche funktionslos. Stirbt die Königin oder verliert die Königinnensubstanz an Wirkung, werden Arbeiterinnen binnen drei bis vier Wochen geschlechtsreif und können Eier legen, die aufgrund fehlender Begattung allerdings immer unbefruchtet sind und damit ausschließlich Drohnen hervorbringen.

Die männlichen Bienen verfügen über ein Paar Hoden, in denen Sperma produziert wird, zwei Samenleiter und einen Penis. Die Aufgabe der Drohnen ist klar und einfach definiert: Sie kümmern sich um die Befruchtung der Weibchen. Verglichen mit dem anstrengenden Arbeitsalltag der Weibchen klingt das Leben der männlichen Bienen in hochentwickelten Bienenstaaten geradezu paradiesisch: Brutfürsorge ist den Drohnen der Honigbiene ebenso fremd wie Nahrungssuche. Stattdessen partizipieren sie an dem System des sozialen Futteraustauschs. Doch Vorsicht: Mit der Geschlechtsreife wendet sich das Blatt und schon bald zahlen die Männchen einen hohen Preis für ihr »Lotterleben«. Der Ärger beginnt zu Beginn des Hochsommers. Dann werden die Männchen, indem sie von Arbeiterinnen aus dem warmen Nest befördert werden, unsanft daran erinnert, dass ihre Lebensaufgabe außerhalb des Stockes liegt. Einem bislang nicht entschlüsselten Pfad folgend, sammeln sich bis zu 20.000 Männchen an einem Drohnensammelplatz, wo sie auf Jungköniginnen warten, die sich von mehreren Drohnen begatten lassen. Die eigentliche Paarung findet im Flug statt. Hierbei stülpt der Drohn seinen ansonsten innen liegenden Penis nach außen und pumpt seinen Samen in die Königin – ein Vorgang, der ihn sein Leben kostet, denn der Penis reißt ab. Der Drohn stirbt an Haemolymph-Verlust und fällt von der Jungkönigin ab. Von den rund 100 Millionen Spermien, die eine Königin während des Hochzeitsflugs insgesamt aufnimmt, gelangen etwa 6 Millionen in die Samenblase, wo sie sich mit den Spermien anderer Drohnen vermischen. Dieser Vorrat reicht für alle Lebensjahre der Königin.

Arbeiterinnen verbringen die ersten 18 Tage ihres Lebens überwiegend im Bienenstock. Dort sind sie u.a. mit dem Bau von Wabenzellen beschäftigt, die mit einem Wachsdeckel verschlossen werden, nachdem die Königin sie mit einem Ei bestiftet hat.

Nur weibliche Bienen besitzen einen Stachelapparat, der sich aus einem Organ zur Eiablage, dem sogenannten Legebohrer, entwickelt hat.

Der Stachel der Biene befindet sich am unteren Ende des Hinterleibs und ist mit einer Giftblase verbunden. Wenn sich eine Biene bedroht fühlt, nutzt sie ihn als Wehrstachel und treibt ihn in den Körper des Angreifers und injiziert ein giftiges Sekret.

Die Biene bezahlt den Stich in die Haut eines Menschen mit ihrem Leben. Der Stachel bleibt samt Stachelapparat in der elastischen Haut stecken, sodass die Biene an ihren inneren Verletzungen stirbt.

Ein weiteres geschlechtsspezifisches Merkmal ist der Stachelapparat, der den Männchen gänzlich fehlt. Dies liegt darin begründet, dass sich der Stachel aus dem sogenannten Legebohrer entwickelt hat, einem Organ zur Eiablage, das bei Schlupf- und Gallwespen oder anderen zu den Legimmen zählenden Insektenarten noch heute in seiner ursprünglichen Funktion benutzt wird. Der Stachel befindet sich am unteren Ende des Hinterleibs und ist mit einer Giftblase verbunden. Im Gegensatz zu Grab- und Wegwespen, die ihre Waffe einsetzen, um ihre Beute zu lähmen, benutzen ihn die meisten Bienenarten als Wehrstachel. Und das geschieht in erster Linie, wenn sich die Tiere durch Angriffe individuell bedroht fühlen oder aber Räuber, Parasiten oder Konkurrenten der eigenen Art ins Nest einzudringen versuchen. Dann treiben die Weibchen ihren Stachel in den Körper des Angreifers und injizieren ein giftiges Sekret, das in der Giftdrüse produziert und in der Giftblase gesammelt wird. Königinnen wiederum setzen den Stachel sehr gezielt ein, um Rivalinnen, die noch nicht geschlüpft sind, in der Wabe zu töten.

Bienen können den Stachel durchaus mehrmals in ihrem Leben einsetzen. Das gilt im Übrigen auch für Honigbienen, sofern es sich bei ihrem Gegner um ein Insekt handelt. In diesem Fall versenken Honigbienen ihren Wehrstachel geschickt in die empfindlichen Häute, die sich zwischen den einzelnen Segmenten des Chitin-Außenskeletts befinden, und können ihn danach wieder herausziehen. In der dicken, elastischen Haut des Menschen hingegen bleibt der Stachel aufgrund von Widerhaken hängen. Versucht die Biene, sich zu befreien, reißt sie sich den gesamten Stachelapparat aus dem Körper und stirbt bald darauf an ihren Verletzungen.

Den Stich einer Honigbiene empfinden wir Menschen als besonders unangenehm, weil mit dem Herausreißen des Stachelapparats sämtliches in der Giftblase vorhandene Sekret in die Haut injiziert wird. Die Giftmenge ist größer und damit auch die Wirkung. Wildbienen hingegen, deren Stachel keine Widerhaken besitzen und die ihn daher problemlos wieder herausziehen können, geben bei Stichen nur einen Teil ihres Giftes ab. Doch bis es dazu kommt, muss schon einiges passieren. In aller Regel sind Wildbienen außerordentlich friedlich, verteidigen mitunter nicht einmal ihre Brut. Gegen Menschen können sie oft gar nichts ausrichten, denn nicht selten ist ihr Stachel zu schwach, um in unsere Haut einzudringen.

Mit diesem Problem werden Vertreter der rund 370 Arten umfassenden Gruppe der Meliponini erst gar nicht konfrontiert: Hier teilen Männchen wie Weibchen das Schicksal, stachellos zu sein. Wehrlos sind diese in tropischen und subtropischen Regionen beheimateten Bienen jedoch nicht: Sie verteidigen sich durch Bisse und die Absonderung ätzender Flüssigkeiten.

Willkommener Bienenstich

Wohl jeder kennt den Blechkuchen aus Hefeteig, der mit einer süßen Vanille- oder Sahnecreme gefüllt und mit einer karamelisierten Mandelschicht bedeckt ist – Bienenstich. Kaum jemand kennt jedoch die Legende, die der Namensgebung des Kuchens zugrunde liegt und die bis in das 15. Jahrhundert zurückreicht.

1474 planen Einwohner von Linz am Rhein einen Angriff auf die verfeindete Nachbarstadt Andernach. Im Morgengrauen nähern sie sich den Stadttoren, darauf hoffend, dass sie die für ihre Feierlust bekannten Andernacher im Schlaf überrumpeln können. Und tatsächlich: Die Bewohner der linksrheinischen Gemeinde einschließlich der Torwächter sind in tiefem Schlaf versunken – bis auf zwei Bäckerjungen, die sich an den Stadtmauern herumtreiben, um an Bienenkörbe zu gelangen, die dort aufgereiht sind. Die einen behaupten, Honig sei das Objekt ihrer Begierde gewesen, andere meinen, dass die Jungen dem schlafenden Imker einen Streich spielen wollten, indem sie die Bienenkörbe verkleben und die Bienen damit am Ausschwärmen hindern wollten. Wie dem auch sei. Während sich die zwei Bäckerjungen an den Bienenkörben zu schaffen machen, bemerken sie die zum Angriff gerüsteten Linzer. Für das Alarmieren der Bevölkerung ist es zu spät. Und so greifen sich die Jungen beherzt die Bienenkörbe und schleudern sie von den Stadtmauern direkt in die dichtgedrängte Feindesschar. Tausende verschreckte Bienen setzen daraufhin ihren Stachel gegen die vermeintlichen Angreifer ein und zwingen die Linzer zum Rückzug. Andernach indes feiert seine beiden Helden mit einem großen Fest, zu dem ein besonderer Kuchen gebacken wird, der in Anlehnung an das Ereignis den Namen »Bienenstich« erhält.

Arbeiterinnen sammeln Pollen, Nektar und Honigtau, um den Ertrag bald darauf in den Bienenstock zu transportieren, wo er von anderen Bienen weiterverarbeitet wird.

Alltag und Sozialverhalten der Bienen

»Die Biene sammelt ihren Nektar, ohne der Blüten Schönheit, Farbe oder Duft zu stören. So wandere auch du als schweigender Weiser.«

DHAMMAPADA, PFAD DER NATÜRLICHEN WAHRHEIT, 49

Die Vielfalt, die sich unter den Tausenden Bienenarten im Hinblick auf die äußere Erscheinung zeigt, setzt sich in der Lebensweise der Insekten durchaus fort. Sei es im Umgang mit Artgenossen, beim Nestbau oder bei der Wahl des Schlafplatzes: Von Einzelgängern bis hin zu in Staaten organisierten Bienen sind alle Lebensformen zu finden, manche bevorzugen als Nistplätze leere Schneckenhäuser oder hohle Pflanzenhalme, andere graben im Erdboden ihr Nest. Einzig in der Frage der Versorgung herrscht unter den Bienen weitgehende Einigkeit: Pollen, Nektar und Wasser geben den Insekten alles, was sie zum Überleben benötigen.

ERNÄHRUNG

Bienen sind Vegetarier. Dieses Merkmal verbindet Wildbienen und Nutzbienen miteinander und grenzt sie zugleich deutlich von der Gemeinen Wespe und der Deutschen Wespe ab, die sich im Spätsommer auch gerne über Wurstplatten und Grillfleisch hermachen. Alle Bienen ernähren sich von Pollen und süßen Pflanzensäften, mitunter auch von Honigtau. Nur einige wenige Arten wie die in Europa beheimatete Schenkelbiene ergänzen ihren Nahrungsplan zudem um besondere Pflanzenöle. Doch welche Blütenpflanzen angesteuert werden, ob sie einer oder mehrerer botanischer Familien angehören – das liegt ganz im Ermessen oder Geschmack der einzelnen Arten. Und auch beim Transport von Pollen haben die Insekten je nach anatomischen Besonderheiten ganz eigene Methoden entwickelt, um die eiweißhaltige Nahrung sicher in den Bienenstock zu bringen.

SPEISEPLAN

Bienen lieben Blütennektar. Die Insekten nehmen das kohlenhydratreiche, wässrige Drüsensekret der Blütenpflanzen mithilfe ihres Saugrüssels auf. Ist der Rüssel nicht lang genug, wissen sich insbesondere einige Hummelarten durchaus zu helfen: Sie stoßen ihre Mundwerkzeuge in die Blüten- oder Kronröhren und gelangen so an den begehrten Nektar. Insekten nutzen Blütennektar in erster Linie als Energielieferant, weswegen sie den größten Teil auch direkt verschlucken, um ihn vor allem als Kraftstoff für ihre Flüge zu verbrauchen. Ein kleinerer Teil wandert für den Transport in den Vorderdarm, auch Kropf oder Honigblase genannt, und wird im Nest wieder hervorgewürgt.

Bienen sind Vegetarier und damit weder an unserem Grillfleisch noch an der Wurstplatte interessiert. Sie ernähren sich von Pollen, süßen Pflanzensäften, Honigtau oder in seltenen Fällen von Pflanzenölen.

Pollengeneralist oder Pollenspezialist?

Es ist eine interessante Beobachtung, dass Bienen in der Auswahl der Blüten, die dem Pollenerwerb dienen, weitaus wählerischer sind als in der Auswahl ihres Nektarlieferanten. Dieses Verhalten führte in der Vergangenheit zu einer Differenzierung der Bienen in oligolektische bzw. polylektische Arten.

Oligolektische Bienen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausschließlich Pollen einer Pflanzenart bzw. derer nahen Verwandten sammeln, auch wenn sich andere Pollenquellen im Umfeld befinden. Etwa 30 Prozent der nestbauenden Bienenarten in Deutschland gehören zu diesen »Pollenspezialisten« und tragen nicht selten entsprechende Namen wie Glockenblumen-Mauerbiene oder Heidekraut-Seidenbiene. Ganz anders hingegen das Verhalten von sogenannten Pollengeneralisten: Diese polylektischen Arten fliegen ihre Nahrungsquellen zwar nicht nach dem Zufallsprinzip an, sind aber bei Weitem nicht so wählerisch wie ihre oligolektischen Verwandten. Staatenbildende Bienenarten wie die Honigbiene oder zahlreiche Hummelarten sind dazu prädestiniert, als Pollengeneralisten zu sammeln. Sie sind darauf angewiesen, auch nach Beendigung der Blühdauer einer bestimmten Pflanze auf eine andere umsteigen zu können – ein Verhalten, das beim kommerziellen Einsatz der Bienen als Bestäuber entscheidend ist, denn nur so ist gewährleistet, dass sie beispielsweise nach der Mandelblüte auch Kirsch- und Apfelblüten ansteuern.

Honigbienen weichen zuweilen auf ein anderes kohlehydratreiches Produkt aus: Honigtau. Dabei handelt es sich um ein Ausscheidungsprodukt verschiedener Insekten wie Blatt- oder Schildläuse, die dem Saft der Pflanzen einen Teil ihrer Nährstoffe entziehen und umwandeln. Honigtau ist im Übrigen die Grundlage für den von Blütenhonigen klar abgrenzbaren Waldhonig.

Im Gegensatz zum Nektar, der von den sammelnden Bienen auch selbst verwertet wird, ist der Pollen fast ausschließlich den Larven vorbehalten, die dadurch mit wertvollen Proteinen, Kohlehydraten und Fetten, aber auch Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen versorgt werden. Pollen weisen einen ölhaltigen, harzigen Überzug auf, der von den Bienen zu sogenanntem Pollenbalsam verarbeitet wird und zur Desinfektion von Brutzellen eingesetzt wird. Pollenbalsam ist auch Bestandteil des Propolis.

Manche Blütenpflanzen bilden keinen Nektar aus, sondern produzieren fette Öle, die von einigen wenigen Bienenarten bevorzugt werden. Lange Zeit glaubte man, dass der Verbreitungsraum ölproduzierender Pflanzen auf Südamerika und den südlichen Teil Afrikas beschränkt ist. Mit dem Gewöhnlichen Gilbweiderich ist jedoch auch in unseren Breitengraden eine Pflanzenart vertreten, deren Lipide in erster Linie von der Schenkelbiene (Macropis labiata) gesammelt, mit Blütenpollen vermischt und als Brutnahrung eingesetzt werden.

Während langrüsselige Hummelarten wie die Acker- oder Gartenhummel problemlos auch den Nektar der Blüten mit langen Kronröhren aufnehmen können, wenden kurzrüsselige Arten wie die Dunkle Erdhummel den Trick des Nektarraubs an, bei dem Teile der Blüte aufgebissen werden.

Wespen verfügen im Gegensatz zu Honigbienen mit ihren leckendsaugenden Mundwerkzeugen über beißend-kauende Mundwerkzeuge. Sie sind kürzer, sodass die Wespe bei ihrer vegetarischen Nahrungssuche auf Blütenstände mit leicht erreichbarem Nektar angewiesen ist.

Blatt- und Schildläuse sowie andere pflanzensaftsaugende Insekten scheiden mit Honigtau ein zuckerund aminosäurehältiges Sekret aus, das nicht nur von Ameisen, sondern auch von Bienen als Nahrungsquelle genutzt und zu Honig umgewandelt wird. Dieser im Handel als Tannen- oder Waldhonig angebotene Honig sticht vor allem durch seine dunkle Farbe und seinen würzigen Geschmack hervor.

Die von Blüten gesammelten und in den Bienenstock eingetragenen Pollen werden – nach Sorten sortiert – von den Arbeiterinnen in die Vorratszellen gestampft, mit einer dünnen Schicht Honig bedeckt und verschlossen.

POLLENSAMMELMETHODEN

Beine, Bauch, Kropf – dies sind die drei Regionen, die den Bienen zum Transport von Pollen zur Verfügung stehen. Ausschlaggebend für die Wahl des Transportorgans sind anatomische Feinheiten wie die Ausbildung einer Haarbürste am Unterleib oder behaarte Einkerbungen an den Hinterbeinen.

1. Beine: Zahlreiche Bienenarten befördern den gewonnenen Blütenstaub an unterschiedlichen Beingliedern ihrer Hinterbeine. Die bekannteste Gruppe ist die der Körbchensammler. Die Vorrichtung zum Eintragen des Pollens zeigt sich an der äußeren, konkav geformten Seite der Schiene, die mit langen, nach innen gebogenen Randborsten bestückt ist. Sie wird als Körbchen bezeichnet und wächst mit zunehmender Ansammlung von Blütenstaub zu einem sogenannten Pollenhöschen heran. Nicht nur Hummeln und die rund 370 Arten umfassende Gruppe der Stachellosen Bienen (Meliponini) zählen zu den Körbchensammlern, sondern auch alle honigliefernden Bienenarten (Apis) inklusive der in unseren Breitengraden vertretenen Apis mellifera.

Neben dieser klar zu definierenden Gruppe gibt es unzählige weitere Bienenarten, die den Blütenstaub zwar an den Hinterbeinen transportieren, aber nicht wie Honigbienen über ein Körbchen als Pollensammelapparat verfügen. Differenzierungen in dieser Gruppe werden anhand der Beschaffenheit und Lage der Haarbürste vorgenommen. Die durch ihre dichte Behaarung an Hummeln erinnernde Pelzbiene zum Beispiel befördert den Pollen an den Schienen ihrer Beine (»Schienensammler«), während die weiblichen Sandbienen eine dichte Haarlocke am Schenkelkopf nutzen, die sie zu den »Schenkelsammlern« macht.

2. Bauch: Viele Bienen befördern den gesammelten Pollen nicht an ihren Beinen, sondern an der Unterseite ihres Hinterleibs, wo sich lange, borstige und schräg nach hinten verlaufende Haare befinden. Sie dienen dem Sammeln und Eintragen des Blütenstaubs. »Bauchsammler«, zu denen unter anderem die heimischen Wollbienen, Harzbienen, Mauerbienen, Mörtelbienen, aber auch Blattschneiderund Steinbienen gehören, lassen sich dabei beobachten, wie sie ihren Hinterleib innerhalb der Blüte auf und ab bewegen. Dieser Vorgang beschleunigt das Abfegen des Pollens.

3. Kropf: Fast alle Bienenarten befördern den Pollen am und nicht in ihrem Körper. Ausnahmen bilden die kaum behaarten Maskenbienen (Hylaeus), aber auch Holzbienen (Xylocopa) und Keulhornbienen (Ceratina). Sie verschlucken den Pollen, transportieren ihn zusammen mit Nektar in ihrem Kropf und würgen ihn später wieder aus.

Oligolektische Bienen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausschließlich Pollen einer Pflanzenart sammeln, auch wenn sich andere Pollenquellen im Umfeld befinden. Diese »Pollenspezialisten« tragen nicht selten entsprechende Namen wie die Efeu-Seidenbiene.

Zahlreiche Bienenarten sind Körbchensammler. Das Körbchen, also der Sammelapparat für den Blütenstaub, befindet sich an den Außenseiten des dritten Beinpaars. Indem die Biene Pollen aus ihrem Haarkleid abstreift und im Bereich des Körbchens zu Pollenpaketen verklebt, entstehen die sogenannten Pollenhöschen.

FREMD- ODER EIGENVERSORGUNG ?

Wildbienen und Honigbienen sind in ihrer Leidenschaft für Pollen und Nektar als Nahrungsgrundlage vereint. Doch wer sorgt für volle Bienenmägen? In diesem Punkt unterscheiden sich die Bienenarten durchaus.

Erwachsene Wildbienen leben nach dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit. Männchen wie Weibchen sind selbst dafür zuständig, dass sie ausreichend Nektar und auch Pollen aufnehmen. Die Weibchen müssen, sofern sie nicht zu den parasitischen Arten zählen, zusätzlichen Proviant zur Versorgung ihrer Brut sammeln und anlegen.

Ein ganz anderes Bild bietet sich bei unserer hochentwickelten heimischen Honigbiene. Die Verantwortung für die Versorgung aller Bewohner des Bienenstocks liegt bei den Arbeiterinnen. Sie sammeln nicht nur für die Larven und die Königin, sondern auch für alle im Staat lebenden Drohnen, die aufgrund anatomischer Gegebenheiten nicht selbst Vorräte sammeln und anlegen können.