Restons Amis - Wir bleiben Freunde

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Restons Amis - Wir bleiben Freunde
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Restons Amis – Wir bleiben Freunde

1. Auflage, erschienen 4-2021

Umschlaggestaltung: Romeon Verlag

Text: Jacqueline Hoffmann

Layout: Romeon Verlag

ISBN: 978-3-96229-822-7

www.romeon-verlag.de

Copyright © Romeon Verlag, Jüchen

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Jacqueline Hoffmann

Restons Amis

Wir bleiben Freunde

Epilog

Der Wind wehte warm aus Richtung Süden und am Himmel waren bereits einige graue Wolken zu sehen, als Julie Bernard und Mathis Dupont sich auf den Weg in die Weinberge von Cernay machten. Die beiden Teenager wollten spazieren gehen und so für einen Moment den Krieg um sich herum vergessen. Ihr kleines Städtchen hatte es bisher zwar nicht schlimm getroffen, aber man bekam trotzdem mit, was um sich herum passierte. Dazu kam, dass der Krieg die zwei Jugendlichen schon sehr erwachsen gemacht hatte.

Vor einem halben Jahr war Mathis’ Vater Jean im Krieg gefallen. Seiner Mutter ging es seitdem sehr schlecht. Simone Dupont nahm der Tod ihres Mannes sehr stark mit, sodass sie kaum zu einer normalen Handlung fähig war, und somit blieb die meiste Arbeit im Haus an Mathis hängen. Dieser war mit gerade einmal 15 Jahren der Mann im Haus und musste sich dazu auch noch um seine Mutter kümmern. Julie dagegen hatte mit ihren 13 Jahren Glück im Unglück. Ihr Vater war zwar auch an der Front, aber er war Arzt und somit nicht direkt im Schussfeld. Ihr ganzes Leben lang waren die Nachbarskinder schon unzertrennlich.

Der Krieg hatte diese Bindung einfach nur noch mehr gefestigt und gestärkt. Mathis war immer wie ein großer Bruder für Julie. Er wollte sie beschützen und sie glücklich machen. Ihr Glück stand für ihn immer an erster und wichtigster Stelle. An diesem Augustnachmittag im Jahr 1940 wollte Mathis Julie zeigen, wie schön um sie herum, trotz des Krieges, die Natur sein konnte.

Dass man trotz allem Vögel zwitschern hören und Marienkäfer beobachten konnte. Während sie durch die Reihen der Weinberge mit ihren vollen Reben liefen, brachte er sie immer wieder zum Lachen. Julies Lächeln war das Schönste, das Mathis je gesehen hatte und es erhellte jeden noch so grauen Kriegstag für ihn.

Doch plötzlich wurde der Wind stärker und erste Regentropfen bahnten sich den Weg in die Gesichter von Julie und Mathis. Schnell suchten die zwei Unterschlupf unter einer großen stattlichen Eiche. Als sie den Baum erreichten, hatte der Regen sie jedoch bereits durchnässt und die Tropfen liefen ihnen über die Haare hinunter ins Gesicht.

Unbeschwert mussten beide über den überraschenden Regenguss lachen. Bis Mathis Julie eine Strähne ihres nassen braunen Haares aus dem Gesicht strich. Seine Berührung löste in Julie ein plötzliches empfinden von Wärme aus. In ihrem Bauch entstand ein leichtes, kribbelndes Gefühl. Aber was war das und warum kam es jetzt?

Und dann auch noch ausgerechnet bei Mathis? Julie bekam weiche Knie und spürte, wie sie zu zittern begann. Doch auch wenn sie nicht recht verstand, was in ihr vorging oder was Mathis’ Berührung in ihr ausgelöst hatte, empfand sie jene Berührung doch als wunderschön und genoss dieses neue Gefühl, welches sich in ihr ausbreitete. Auch Mathis verstand nicht, was plötzlich passiert war.

Er schaute Julie in ihre braunen Augen und versank förmlich darin. Jetzt erst wurde ihm bewusst, was für ein wunderschönes Mädchen sie war. Hatte er sie doch all die Jahre nur als kleine Schwester gesehen.

Eine Schwester, die er vor den Grausamkeiten der Welt beschützen musste. Doch jetzt, in diesem Augenblick, schien die Zeit und die Welt stehen zu bleiben. Keiner von beiden hörte oder spürte den Regen um sich herum.

Julie griff nach seiner Hand. Schlagartig spürte sie, wie ihr Körper sich unter seiner Berührung anspannte und wie das Kribbeln im Bauch immer intensiver wurde. Mathis berührte mit der rechten Hand sanft Julies Wange.

Er festigte seinen Blick in ihrem und genoss dieses Gefühl, welches sich in seinem Körper begann auszubreiten. Julies weiche Haut zu spüren, ließen ihn Dinge fühlen und denken, die er nie für möglich gehalten hatte. Vorsichtig näherte er sich ihren Lippen und küsste sie.

Stille. Ruhe. Herzklopfen.

Es war ein zaghafter und vorsichtiger Kuss. Julies Lippen zu spüren, lösten in Mathis’ Herzen das Empfinden von tiefer Verbundenheit und dem Gefühl der ersten Liebe aus. Julie erging es nicht anders. Jedoch schämte sie sich auch. Es war schließlich Mathis, den sie da küsste.

Könnten die zwei jetzt überhaupt noch normal miteinander umgehen? Sie lösten sich aus dem Kuss und strahlten sich gegenseitig an.

Es benötigte keiner Worte. Der Regen hatte nachgelassen. Mathis ergriff Julies Hand und sie gingen den Weinberg langsam wieder nach unten.

Was die beiden aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, es sollte der Beginn einer ganz großen Liebesgeschichte werden.

1

03. April 1945. Fünf Jahre waren seit ihrem ersten Kuss unter der alten Eiche vergangen.

Gestern Abend hatte Mathis Dupont bei Olive Bernard um die Hand von Julie angehalten. Er war nervös und aufgeregt. Das kam wahrscheinlich daher, dass Monsieur Bernard ein sehr erfolgreicher und einflussreicher Arzt war.

Olive Bernard war 1,82 m groß, stramm gebaut, braunes Haar und einen Vollbart. Mathis mochte ihn, aber um die Hand seiner Tochter anzuhalten, macht ihm doch etwas Angst. Diese Ängste waren aber unbegründet, denn Mathis lag Olive sehr am Herzen, und für ihn gehörte er sowieso seit vielen Jahren zur Familie, so gab er beiden freudig seinen Segen. Heute trafen sich Julie und Mathis mit ihren besten Freunden Karine und Baptiste Agreste.

Baptiste war, genau wie Mathis, 20 Jahre alt. Karine war ein Jahr jünger. Vor einem Jahr hatten die beiden geheiratet und wirkten auf Mathis und Julie immer wie das perfekte Paar. Für Karine und Baptiste war es keine große Überraschung, dass ihre Freunde nun auch bald heiraten würden. Karine und Julie waren seit Kindertagen beste Freundinnen. Keiner konnte einen Keil in diese Freundschaft schlagen.

Karine war schlank, hatte lange braune Haare und dunkelbraune Augen. Ihr Teint war etwas bräunlicher, da sie von spanischen Einwanderern abstammte.

Baptiste und Mathis verknüpfte fast das gleichstarke Band der Freundschaft. Sie kannten sich noch nicht so lange wie ihre Frauen, aber dies schadete der Festigkeit ihrer Freundschaft nicht.

Baptiste war etwas über 1.90 m groß, trug oft einen Dreitagebart und hatte eine schlanke Figur. Seine schwarzen Haare lagen immer perfekt.

Julie und Mathis konnten sich an keinen Tag erinnern, an dem Baptiste nicht perfekt aussah. Einige Stunden saßen die Freunde gemeinsam auf dem Vierseitenhof von Julies Eltern und besprachen Ideen und Vorstellungen für die bevorstehende Hochzeit.

Julies braunweißer Mischlingshund Filou sprang die ganze Zeit über den Hof. Karine liebte diesen kleinen, verrückten Hund. Oft hatte sie ihre Freundin um ihn beneidet. Aber Baptiste wollte keinen Hund. Auch sonstige Tiere wollte er nicht in oder an seinem Haus sehen. Immer wieder, wenn Karine aufstehen wollte, um mit Filou zu spielen, hielt Baptiste Karine so zurück, dass es keiner sah.

Er wollte nicht, dass sie ihre Aufmerksamkeit dem Hund schenkte. Er war schließlich bei ihr, und seinem Mann hat man all seine Aufmerksamkeit zu schenken, nicht diesem nervigen Hund. Nach einem schönen Nachmittag bei bestem Wetter verabschiedeten sich die Freunde. Mathis blieb noch zum Abendessen bei Familie Bernard, danach verabschiedete auch er sich von seiner großen Liebe und ging nach Hause.

So gerne Julies Eltern, Olive und Catherine, Mathis auch hatten, vor der Hochzeit durfte er nicht bei ihnen übernachten. Natürlich wäre es Julie und Mathis lieber gewesen endlich in den Armen des anderen aufwachen zu können, aber so lange würde es nicht mehr dauern und dann könnten sie dies für den Rest ihres Lebens.

Auf dem Weg nach Hause, versuchte Karine, ihren Mann davon zu überzeugen, ob sie sich vielleicht nicht doch einen Hund zulegen könnten. „Du bist so oft abends noch unterwegs und ich bin allein in diesem großen Haus. Verstehst du denn nicht, dass ich da Angst habe? Und wenn wir einen Hund hätten, könnte er mich beschützen und ich würde mich sicherer fühlen.“

Baptiste blieb stehen und sagte lautstark zu seiner Frau. „Schluss jetzt! Ich habe dir schon so oft gesagt, dass mir keine Viecher ins Haus kommen. Du hast genug Aufgaben zu Hause. Da brauchen wir nicht auch noch einen Hund.“

 

„Aber du weißt doch wie ich über Filou denke. Ich liebe diesen kleinen Kerl und Julie hatte mir erzählt, dass es aus dem Wurf, bei dem er der Vater ist, wohl noch einen Welpen gibt, der ein Zuhause sucht. Ach, Baptist, bitte, er würde mir keine zusätzliche Arbeit machen.“

„Nein“, sagte er laut und entschlossen, „ich habe dir gesagt, dass ich keine Hunde, Katzen oder was du mir sonst noch anschaffen willst, in meinem Haus haben will. Und jetzt sei still und lass uns nach Hause gehen!“

2

14. Juni 1945. Im Haus von Familie Bernard wurde alles für die morgen stattfindende Hochzeit vorbereitet. Catherine Bernard, Julies Mutter, hatte die weißen Tischdecken gewaschen und gebügelt, während Julie das gute Geschirr noch einmal polierte.

Die Tische in der Stube waren mit Sträußen von weißen Rosen und etwas Lavendel geschmückt. Das teure Porzellan, mit den rosafarbenen Blüten, wurde aufgedeckt und schlussendlich stand am Abend Julie vor dem Spiegel im Schlafzimmer ihrer Eltern und trug noch einmal ihr Brautkleid, um zu schauen, ob alles so war wie gewünscht.

„Du siehst bezaubernd aus, meine Liebe.“ Catherine liefen die Tränen, als sie ihr ältestes Kind und einzige Tochter in dem weißen Kleid vor sich stehen sah. Catherine Bernard war eine liebevolle Mutter. Das Glück und Wohl ihrer 3 Kinder stand für sie immer an oberste Stelle.

Sie war eine zierliche Frau. 1,64 m groß, kurzes knielanges, braunes Haar und helle, braune Augen. „Oh Mama, du brauchst doch nicht zu weinen.“ Julie konnte ihre Mutter verstehen, aber sie so zu sehen, tat ihr weh. „Ich bin doch nicht aus der Welt. Du kannst uns jederzeit besuchen kommen.“

„Ich weiß Julie. Aber für eine Mutter ist das ein schöner wie auch schmerzlicher Moment. Morgen bist du nicht mehr mein kleines Mädchen. Morgen bist du eine Ehefrau. Julie Dupont. Ach, wo ist nur die Zeit geblieben.“ Catherine suchte nach einem Taschentuch, um sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen.

Da betrat Olive Bernard das Zimmer. Mit seiner tiefen Stimme sagte er zu seiner Tochter gewandt: „Julie, meine Liebe, du siehst wunderschön aus. Ich hoffe für Mathis das er dich zu würdigen weiß.“ Julie ging zu ihrem Vater, gab ihm einen Kuss auf die Wange und sagte: „Papa, Mathis hat nicht nur einmal bewiesen, dass er alles für mich tun würde, und auch dass er mich um jeden Preis der Welt beschützen wird.“

„Das will ich ihm auch raten“, entgegnete Olive ihr mit einem leichten Lächeln, „wenn nicht, wird er es bitter bereuen.“ „Ach Olive, musst du immer so übertreiben. Du weißt selber, was für ein guter Junge Mathis ist. Und wir können stolz darauf sein, so einen wundervollen Schwiegersohn zu bekommen.“

Catherine macht sich gar keine Gedanken darüber, dass ihrer Tochter etwas widerfahren könnte. Sie kannte Mathis lang genug, um zu wissen, dass dieser wohlerzogene und gutaussehende junge Mann ihre Tochter liebte und vergötterte. „So jetzt aber aus dem Kleid raus, Julie. Wir wollen ja nicht, dass es noch kaputtgeht.“

Julie zog sich hinter einem Paravent um. „Papa, ist Filou wieder aufgetaucht?“, rief sie hinter der schwarzen Holzwand hervor. „Nein, Liebes, er ist immer noch verschwunden. Mach dir keine Sorgen, er kommt bestimmt bald wieder.“

Hoffentlich, dachte Julie. Sie liebte diesen kleinen, verrückten Hund. Er war jetzt 8 Jahre alt. Sie hatte ihn als kleinen Welpen in einem Graben gefunden.

Die Mutter lag erschossen daneben. Er war aber zum Glück schon groß genug, dass sie ihm feste Nahrung geben konnte. Seitdem war Filou immer ein treuer Begleiter gewesen. Sie hoffte inständig, dass er bald zurückkommen würde.

Nach ihrer Hochzeit würde sie mit Mathis zusammenziehen. Ein eigenes Haus besitzen und ein kleines Bistro eröffnen. Lange hatten sie für diesen Traum gespart und gearbeitet. Mathis hatte nach dem Tod seiner Mutter sein Elternhaus verkauft und somit hatten sie bereits einen großen Teil der Kosten für ihr Traumhaus zusammenbekommen. Für die restlichen Kosten haben beide viel gearbeitet.

Mathis hatte in der Nachbarstadt in einer Bäckerei ausgeholfen, während Julie auf den Weinbergen mitgeholfen hatte. Seit einer Woche lebte Mathis nun bereits in ihrem fertig renovierten Haus. Und ab morgen würde Julie dann auch endlich bei ihm leben. Es standen viele schöne Veränderungen in Julies Leben an.

Aber Filou zu verlieren, würde ihr den Boden unter den Füßen wegnehmen. Gerade da morgen der wohl schönste und wichtigste Tag ihres Lebens sein sollte. Sie würde endlich Mathis heiraten. Den Mann, den sie so sehr liebte und ohne den sie sich ein Leben nicht mehr vorstellen konnte. Was Julie zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, Filou ging es nicht gut. Er war eingesperrt in einem kleinen Holzverschlag und bekam kaum Wasser oder Nahrung.

Seit einer Woche war er jetzt in diesen dunklen Raum gesperrt. Und langsam gingen seine Kräfte zu Ende. Es war eine finstere und kühle Nacht, als Filou mit letzter Kraft so laut jaulte, wie er konnte.

Da öffnete sich die hölzerne Tür mit einem lauten Knarren und ein großer Mann betrat den dunklen Raum. „Wirst du dämliche Töle wohl endlich still sein. Du hast mir schon genug Ärger gemacht. Und trotzdem, dass du weg bist, redet Karine ständig von dir Dreckding. Ich hätte dich doch im Graben ersäufen sollen. Aber wenn ich das mache, liegt sie mir wieder wochenlang in den Ohren, warum du armes Ding sterben musstest. Warum?! So eine blöde Frage. Natürlich weil sie dich mir bevorzugt.“

Der Mann der Filou entführt hatte, war kein geringer als Baptiste Agreste. In seiner Eifersucht auf den kleinen Hund, war er sich sicher, dass wenn Filou verschwunden sei, würde seine Frau auch nicht ständig über dieses, in seinen Augen missratenes Vieh reden.

Aber das Gegenteil war eingetreten. Seit dem Filou vor einer Woche spurlos verschwunden war, gab es für Karine kein anderes Thema mehr. Und auch wenn sie sich mit Julie und Mathis trafen, ging es immer darum, den Hund zu suchen. Baptiste wollte Filou einfach nur noch loswerden.

Er griff nach einer langen Eisenstange und schlug Filou damit auf den Hintern. „Los, mach, dass du wegkommst!“

Filou war schwach. Er konnte sich nicht wehren oder ihn beißen. Mit letzter Kraft lief Filou los. Immer in Richtung Zuhause.

Immer in Richtung Sicherheit.

3

Am nächsten Morgen fand Olive Filou halbtot auf der Treppe vor ihrem Haus. Julie, die schon dabei war, sich ihr Brautkleid anzuziehen, schlüpfte in einen alten Kittel, um ihren treuen Freund zur Hilfe zu eilen.

Man gab Filou Wasser, welches er auch in großen Mengen trank. Aber vom Futter nahm er nichts. Zu schwach war er und schlief auch immer wieder ein. Olive schlug daher vor, Filou in der warmen Stube zu lassen und ihn nicht nach draußen in seine Hütte zu bringen. So hätte er Ruhe und könnte sich erholen. Im Moment könnte man eh nichts für ihn tun. Außerdem wartete ein Bräutigam in der kleinen Kapelle auf sie. Auch wenn es Julie schwerfiel, ihren geliebten treuen Freund so alleine zu lassen, hatte ihr Vater recht.

Filou brauchte jetzt Ruhe. Sie streichelte Filou noch einmal durchs Fell und stieg dann mit ihrer Mutter zusammen die Treppe ins elterliche Schlafzimmer nach oben.

Catherine weinte, während sie ihrer Tochter beim Anziehen des Kleides half. „Mama, du brauchst nicht zu weinen. Das habe ich dir doch gestern schon gesagt. Mathis wird immer gut auf mich aufpassen.“

„Ich weiß, Julie“, gab Catherine als Antwort, „aber du siehst so schön in deinem Kleid aus. Und es erinnert mich daran, wie ich deinen Vater einst geheiratet habe.“

Julie gab ihrer Mutter einen Kuss auf die Stirn. „Danke, Mama, für alles!“

Catherine schenkte ihrer Tochter ein Lächeln.

Da klopfte es an der Tür. „Sind die Damen soweit?“, fragte der nervöse Brautvater. „Ja Papa, wir kommen.“

Das Haus der Bernards war nicht sehr weit von der Kapelle entfernt. Von Weitem konnten sie Mathis schon sehen, wie er nervös auf und ab lief.

Baptiste und Karine standen bei ihm und versuchten, ihn zu beruhigen, aber es klappte nicht. Die Vorstellung, dass seine wunderschöne Julie gleich vor ihm stehen wird, und seine Frau werden würde, ließ den sonst so charmanten und fröhlichen Mathis plötzlich ganz klein und nervös werden. Die Glocke der Kapelle begann zu läuten. Julie war fast da.

Mathis schwitze. Ihm war kalt und warm zur gleichen Zeit. Seine Gedanken und Gefühle fuhren Achterbahn. Baptiste und Karine gingen bereits in die Kapelle, und er stand alleine vor dem kleinen Gotteshaus und hoffte, dass er nicht umfallen würde.

Olive und Catherine umarmten ihren Schwiegersohn bei der Ankunft. Olive übergab Mathis seine Tochter und sagte leise zu ihm: „Pass ja gut auf sie auf, mein Freund.“ Dann lächelte er ihn an und klopfte ihm auf die Schulter. Da war sie also endlich.

Seine bildschöne Julie stand vor ihm. Ihr weißes, schlichtes Kleid war ein Traum und stand ihr perfekt. Das Brautkleid umschmiegte ihre Figur und hatte ein besticktes Oberteil. Dazu trug sie einen langen, weißen Schleier in den Haaren. In den Händen hielt sie einen kleinen Strauß aus Feldblumen und einer weißen Rose in der Mitte.

Die Sonne umschmeichelte ihr Gesicht und Mathis fühlte sich wie in einem Traum. Vor 5 Jahren war ihm bewusst geworden, dass er dieses unglaubliche Mädchen liebte und ihr die Welt zu Füßen legen würde. Und heute stehen sie hier und werden gleich Mann und Frau sein.

Julie hatte dieselben Gefühle wie Mathis. Ihre Hände waren verschwitzt. Sie spürte, wie ihr das Herz pochte und der Puls immer schneller schlug. Aber sie freute sich so sehr darauf, endlich die Frau dieses Mannes sein zu dürfen.

Mathis zog Julie vorsichtig an sich und küsste sie zaghaft auf den Mund. Julie lächelte ihn an. Beide spürten, wie etwas von der Anspannung von ihnen abfiel. „Sollen wir rein gehen?“, fragte er sie und hielt ihr den Arm hin, damit sie sich einhängen konnte.

Sie nickte und lächelte ihn dabei an. Glücklich schritten die beiden in die kleine Kapelle, ihrem Glück und einem Leben zu zweit entgegen.

4

Langsam und auch etwas nervös schritten die beiden nach vorne an den Altar. Die Kapelle war schlicht, aber doch prunkvoll verziert. Am Altar war ein Abbild der Heiligen Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm.

Es gab auf jeder Seite 5 Holzbankreihen. Zum Gottesdienst, am Sonntag, saßen Julie und Mathis immer auf der dritten Bank auf der linken Seite. Heute saßen dort ihre besten Freunde Karine und Baptiste.

Der Pfarrer hielt eine kurze Rede, bevor er Julie und Mathis die wichtigsten Fragen stellte. „Mathis Dupont, ich frage Sie vor Gottes Angesicht, sind Sie hierhergekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit Ihrer Braut Julie Bernard den Bund der Ehe zu schließen?“

„Ja“, antwortete Mathis und strahlte Julie für einen Moment an, ehe er sich wieder dem Pfarrer zuwandte. „Wollen Sie Ihre Frau lieben und achten und ihr die Treue halten alle Tage ihres Lebens?“

Nachdem Mathis auch diese Frage mit Ja beantwortet hatte, wandte sich der Geistliche Julie zu, um ihr dieselben Fragen zu stellen. Überglücklich beantwortete auch Julie die ihr gestellten Fragen mit einem Ja.

Kurz darauf waren sie Mann und Frau. Die beiden küssten sich und waren nun an dem Punkt angelangt, auf den sie fünf lange Jahre gewartet hatten. Sie waren endlich Julie und Mathis Dupont.

14. Juli 1950. Julie und Mathis hatten sich den Traum von ihrem eigenen kleinen Bistro erfüllt. Das Haus, welches sie sich gekauft hatten, lag am Fuße eines Weinberges. Im Sommer konnte man von ihrem kleinen Garten hinter dem Haus die Sonne in den Weinbergen in Rot- und Orangetönen untergehen sehen. Julie hatte weiße Rosen gepflanzt, da diese für Mathis und sie eine ganz besondere Bedeutung haben.

Im Obergeschoss hatten die beiden sich eine gemütliche kleine Wohnung eingerichtet. Ihr Herz lag aber immer mehr am Untergeschoss ihres Hauses. Hier befand sich ihr Bistro. Es war nicht das größte, aber die Leute liebten es und kamen gerne hierher. Mathis hatte sich eine kleine Backstube eingerichtet und tüftelte viel an neuen Rezepten.

Julie dagegen sorgte dafür, dass es im Bistro einladend aussah. Auf den Tischen standen immer frische Blumen. Meistens war es Lavendel und Schlafmohn. Der Raum bot, dank der Botentiefenfenster, viel Tageslicht.

 

Mathis und Julie waren hier mehr als glücklich. Nichts auf der Welt hätte ihr Glück zerstören können, bis auf das Ereignis, das ihnen am nächsten Tag widerfahren sollte …