Steffen Hoy, Matthias Gauly, Joachim Krieter
Nutztierhaltung und –hygiene
2., überarbeitete Auflage
86 Abbildungen
111 Tabellen
Inhaltsverzeichnis
Cover
Haupttitel
Die UTB-Reihe
Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Impressum
Vorwort
Tierhaltung
1
Rinderhaltung
1.1Milchviehhaltung
1.1.1
Allgemeine Anforderungen an die Milchviehhaltung
1.1.2
Tierschutz bei der Milchviehhaltung
1.1.3
Haltungsverfahren
1.1.4
Managementmaßnahmen
1.1.5
Prüfungsfragen
1.2
Mutterkuhhaltung
1.2.1
Allgemeine Anforderungen an Mutterkühe
1.2.2
Produktionsablauf der Mutterkuhhaltung
1.2.3
Haltungsverfahren
1.2.4
Prüfungsfragen
1.3
Rindermast
1.3.1
Kälbermast
1.3.2
Bullen-, Ochsen- und Färsenmast
1.3.3
Prüfungsfragen
1.4
Kälber- und Jungviehaufzucht
1.4.1
Kälberaufzuchtverfahren
1.4.2
Geburt und neugeborenes Kalb
1.4.3
Allgemeine Anforderungen an die Haltung von Kälbern
1.4.4
Tränkesysteme
1.4.5
Haltungssysteme für Kälber
1.4.6
Haltungssysteme für Jungrinder
1.4.7
Prüfungsfragen
2
Schweinehaltung
2.1
Ferkelerzeugung
2.1.1
Haltung güster Sauen
2.1.2
Haltung tragender Sauen
2.1.3
Haltung säugender Sauen
2.1.4
Ferkelaufzucht
2.1.5
Produktionsrhythmus und Raumprogramm
2.1.6
Management-Informationssysteme
2.1.7
Prüfungsfragen
2.2
Schweinemast
2.2.1
Haltung der Mastschweine
2.2.2
Zukaufs- und Gesundheitsmanagement
2.2.3
Verkaufsmanagement und Klassifizierung
2.2.4
Prüfungsfragen
3
Schafhaltung
3.1
Allgemeine Anforderungen an Mutterschafe
3.2
Produktionsablauf der Schafhaltung
3.3
Haltung der Mutterschafe mit Lämmern
3.3.1
Weidehaltung
3.3.2
Stallhaltung
3.4
Prüfungsfragen
4
Geflügelhaltung
4.1
Legehennenhaltung
4.1.1
Allgemeine Anforderungen an Legehennen
4.1.2
Produktionsablauf der Legehennenhaltung
4.1.3
Haltungsverfahren
4.1.4
Prüfungsfragen
4.2
Hähnchenmast
4.2.1
Produktionsablauf der Hähnchenmast
4.2.2
Haltungsverfahren
4.2.3
Prüfungsfragen
4.3
Putenhaltung
4.3.1
Produktionsablauf der Putenhaltung
4.3.2
Haltungsverfahren
4.3.3
Prüfungsfragen
Tierhygiene
1
Gase in der Stallluft
1.1
Prüfungsfragen
2
Staub in der Stallluft
2.1
Prüfungsfragen
3
Stallklima
3.1
Lufttemperatur
3.2
Luftfeuchte
3.3
Luftbewegung
3.4
Licht
3.5
Prüfungsfragen
4
Biosecurity
4.1
Externe Absicherung der Tierhaltung
4.2
Interne Absicherung der Tierhaltung
4.3
Prüfungsfragen
5
Reinigung und Desinfektion
5.1
Einweichen
5.2
Reinigung
5.3
Desinfektion
5.4
Prüfungsfragen
6
Entwesung
6.1
Bekämpfung von Schadnagern
6.2
Bekämpfung von Schadarthropoden
6.3
Prüfungsfragen
7
Tränkwasserhygiene
7.1
Prüfungsfragen
8
Hygiene bei der Tierische Nebenprodukte-Beseitigung
8.1
Prüfungsfragen
9
Hygiene bei der Lagerung und Verwertung organischer Dünger
9.1
Prüfungsfragen
10
Geburtshygiene und Neugeborenenversorgung
10.1
Geburtshygiene in der Milchviehhaltung
10.2
Geburtshygiene in der Sauenhaltung
10.3
Geburtshygiene in der Schafhaltung
10.4
Prüfungsfragen
Literaturverzeichnis
Über den Autor
Prof. Dr. Steffen Hoy war Dozent für Tierhygiene an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und ist seit 1995 Professor für Tierhaltung und Haltungsbiologie am Institut für Tierzucht und Haustiergenetik der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Prof. Dr. Dr. Matthias Gauly lehrt seit 2014 an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der freien Universität Bozen (Italien).
Prof. Dr. Joachim Krieter ist Direktor des Instituts für Tierzucht und Tierhaltung der Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Impressum
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
© 2006, 2016 Eugen Ulmer KG
Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim)
E-Mail: info@ulmer.de
Internet: www.ulmer.de
Produktion: primustype Hurler GmbH | v2
ISBN 978-3-8252-4369-2 (Print)
ISBN 978-3-8463-4369-2 (E-Book)
Vorwort
In der Landwirtschaft genutzte Tiere werden in künstlichen Ökosystemen gehalten. Viele unbelebte (abiotische) und belebte (biotische) Faktoren wirken auf sie ein. Die Haltungsformen unterliegen einem ständigen Wandel. Anbindeställe für Kühe werden in zunehmendem Maße durch Laufställe ersetzt. Geschlossene Milchviehställe werden geöffnet, um hohe Luftraten zu realisieren und die von den Kühen abgegebenen Stoffströme (Wärme, Wasserdampf, Kohlendioxid) aus dem Tierbereich zu entfernen. Tragende Sauen werden seit 2013 in Gruppen gehalten. Bei der Legehennenhaltung wurden nach dem Verbot der konventionellen Käfighaltung Ende 2009 die Kleingruppenhaltung entwickelt und angewendet sowie mit der Boden- oder Volierenhaltung neue Herausforderungen für Wissenschaft und Praxis gesetzt. Immer stärker finden die Anforderungen aus der Sicht des Verhaltens Eingang in die Entwicklung von Fütterungs- und Haltungstechnik. Tierschutz-Aspekte bei der Haltung von Rindern, Schweinen und Geflügel nehmen in der öffentlichen Diskussion einen breiten Raum ein, wobei emotionale Betrachtung oft die fachlich begründete Argumentation in den Hintergrund treten lässt. Landwirtschaftliche Tierhaltung ist dabei eingebunden in internationale und globale Entwicklungen. Wird die dynamische Entwicklung der Betriebe durch gesetzliche Regelungen zu Tier- und Umweltschutz sowie Baurecht in manchen Ländern oder Regionen zu stark behindert, fließt das Kapital in Länder mit geringeren Anforderungen. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse (z. B. Schweinefleisch, Masthähnchen, Eier) finden dennoch ihren Weg auf den europäischen Binnenmarkt.
Die Tierproduktion ist nicht zuletzt wichtige Einkommensquelle sowohl für den landwirtschaftlichen Familienbetrieb als auch für große Agrarunternehmen mit zahlreichen Angestellten. Zugleich sichert sie Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Gewerbe (Mischfutterindustrie, Stalltechnik-Firmen, Zuchtunternehmen, Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe). Dabei lässt sich landwirtschaftliche Tierhaltung nicht von den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abkoppeln. Sie muss auch zukünftig und mehr als je zuvor kosten- und ressourcensparend organisiert werden. Elektronische Hilfsmittel der Herdenüberwachung, beim Füttern, Melken, bei der Stallklimakontrolle und -gestaltung sowie bei der Rückverfolgbarkeit der Produkte von der Ladentheke zum Stall halten Einzug in den Landwirtschaftsbetrieb.
Diese vielfältigen Entwicklungen müssen sich auch in den Lehrinhalten der Agrarwissenschaften an den Universitäten und Hochschulen widerspiegeln. Die agrarwissenschaftlichen Fakultäten an den deutschen Universitäten bieten Bachelor-/Masterstudiengänge an. Ein leichterer Übergang von der Hochschule zur Universität und der Wettbewerb zwischen den Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind durchaus beabsichtigt.
Das Lehrbuch „Nutztierhaltung und -hygiene“ erschien 2005 in der 1. Auflage. Nach gut 10 Jahren ist das Buch nun vergriffen. Außerdem gibt es veränderte gesetzliche Vorschriften und viele technische Neuerungen, die die Autoren in der vorliegenden zweiten Auflage berücksichtigt haben.
Die Autoren hoffen, dass möglichst viele Studierende nach den UTB-Büchern greifen und sich das Rüstzeug für das Bachelor- und somit auch die Basics für das Masterstudium holen. Wir danken wiederum Carmen Weirich für die Unterstützung bei der Fertigstellung des Buches sehr herzlich.
Gießen, Bozen und Kiel im Sommer 2016
Steffen Hoy, Matthias Gauly, Joachim Krieter
Tierhaltung
1Rinderhaltung
1.1Milchviehhaltung
Die Milchviehhaltung unterliegt einem starken Wandel. Immer mehr Betriebe stellen von der Anbindehaltung auf den Laufstall um. Gleichzeitig nimmt der Preisdruck auf die Milchviehhalter zu. Der Kuhkomfort spielt eine große Rolle beim Bau tiergerechter Milchviehställe. Dazu zählen die Schaffung tierfreundlicher Liegeplätze, Laufflächen und Fressbereiche ebenso wie die Gewährleistung eines optimalen Stallklimas. Das setzt allerdings die Kenntnis der Funktionsmaße von Liegeboxen, Krippen und Laufgängen voraus. Milchkühe werden überwiegend in Liegeboxenlaufställen gehalten. In manchen Regionen existieren aber auch Tieflaufställe, Kompostierungsställe und Tretmistställe. Damit alle Haltungssysteme in der gewünschten Weise funktionieren, sind die Anforderungen an Bau und Bewirtschaftung zu beachten. Managementmaßnahmen zielen auf eine gute Tiergesundheit als Voraussetzung für hohe Leistungen.
In den letzten 50 Jahren wurde die Milchleistung pro Kuh und Jahr im Durchschnitt von 2700 kg auf mehr als 8200 kg bei den Herdbuchkühen gesteigert. In Spitzenbetrieben erreicht die Milchleistung pro Kuh und Jahr 11 000 l und mehr (Tab. 1).
Tab. 1 Ergebnisse von Spitzenbetrieben der Milchviehhaltung in Hessen (Holstein-Schwarzbunt, Auswahl – HVL-Jahresbericht 2014)
Betriebe
A
B
C
D
Kühe/Betrieb
80
91
131
312
Milchleistung (kg/Kuh)
11 012
11 553
10 715
11 442
Fettgehalt (%)
4,10
4,21
4,20
3,73
Eiweißgehalt (%)
3,36
3,45
3,46
3,24
Fett (kg)
452
486
450
427
HVL = Hessischer Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e. V.
Das Herdenalter in den (hessischen) Betrieben beträgt etwa 4,1 Jahre und die Lebensleistung 20 250 kg im lebenden und 25 690 kg je Kuh im gemerzten Bestand. Im Mittel sind 1,8 bis 2,2 Besamungen je Trächtigkeit erforderlich. Die Remontierungsrate liegt zwischen 31 und 35 %. Vor allem in größeren Spitzenbetrieben wird bereits dreimal täglich oder mit dem Melkroboter gemolken.
Insbesondere in den letzten Jahren stiegen die Leistungen der Milchkühe deutlich an (Tab. 2). In anderen Bundesländern sind die Milchleistungen noch deutlich höher. Allerdings nahm auch das Risiko zu, dass die Hochleistungstiere von verschiedenen Krankheiten und Fruchtbarkeitsstörungen stärker als in der Vergangenheit betroffen sind. Als Abgangsursachen für Milchkühe sind besonders zu beachten: Unfruchtbarkeit, Euter- und Klauenkrankheiten, ungenügende Leistung, sonstige Krankheiten und schlechte Melkbarkeit (Tab. 3). Das Ziel einer tiergerechten Milchviehhaltung muss somit darin bestehen, eine hohe Milchleistung bei einer stabilen Tiergesundheit über mehrere Laktationen hinweg sicherzustellen. Untersuchungen zeigen, dass eine deutliche Milchleistungssteigerung nicht zwingend zu einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit führen muss.
Tab. 2 Entwicklung der Milchleistung in hessischen MLP-Betrieben in den letzten Jahren (HVL-Jahresbericht 2014)
Jahr
Kühe/MLP-Betrieb
Milch (kg)
Fett (%)
Eiweiß (%)
Fett (kg)
Eiweiß (kg)
2000
35,6
7090
4,22
3,35
299
238
2002
37,3
7256
4,24
3,36
308
244
2004
40,4
7345
4,28
3,40
314
250
2006
41,9
7666
4,21
3,38
323
259
2008
45,9
7669
4,17
3,39
320
260
2010
50,2
7901
4,14
3,38
327
267
2012
54,3
8117
4,13
3,38
335
274
2014
61,9
8110
4,07
3,37
330
274
MLP = Milchleistungsprüfung
Tab. 3 Abgangsursachen (% der Abgänge) bei hessischen Kühen (HVL-Jahresbericht 2014)
Abgangsursache
2013
2014
Unfruchtbarkeit
22,7
23,1
Euterkrankheiten
14,8
15,1
Klauen und Gliedmaßen
12,4
13,1
Sonstige Krankheiten
6,9
8,0
Geringe Leistung
5,1
5,4
Stoffwechsel
3,0
2,6
Alter
1,9
2,0
Schlechte Melkbarkeit
1,2
1,3
Sonstige Gründe
18,8
18,4
Verkauf zur Zucht
11,8
10,9
1.1.1Allgemeine Anforderungen an die Milchviehhaltung
Die Milchviehhaltung steht unter einem sehr hohen betriebswirtschaftlichen Druck. In vielen Betrieben decken die Erlöse aus dem Verkauf der Milch nicht die Kosten der Erzeugung, wenn alle Kosten einschließlich der Entlohnung der Arbeitsstunden berücksichtigt werden (Vollkostenrechnung). In einer Modellkalkulation wurde die Gewinnerwartung beim Neubau eines Milchviehstalles unter verschiedenen Annahmen (Boxenlaufstall mit Melkstand oder mit Melkroboter, 8100 l oder 10 000 l je Kuh und Jahr) berechnet. Das Ergebnis war ernüchternd: unter Berücksichtigung aller Kosten und der Entlohnung der Arbeitsstunde mit 15 Euro war in keinem Fall ein Gewinn durch die Milcherzeugung zu erzielen. Im Gegenteil: im günstigsten Fall müsste der Betriebsleiter mit einem Verlust von 5,7 Cent/l erzeugte Milch rechnen (Tab. 4). Auch aktuelle Kalkulationen bei 30 deutschen EDF-Betrieben wiesen Vollkosten von 43,5 Ct/kg ECM bei Erlösen von 40,0 Ct/kg ECM nach. Das ergab einen unternehmerischen Verlust von 3,5 Ct/kg ECM.
Tab. 4 „Gewinn“-Erwartung bei Stallneubau – verschiedene Annahmen (nach Röhrich)
8100 l/Kuh/anno(Cent/kg Milch)
10 000 l/Kuh/anno(Cent/kg Milch)
Boxenlaufstall mit Melkstand
– 8,90
–5,66
Boxenlaufstall mit Melkroboter
–11,80
–8,65
EDF
= European Dairy Farmers
ECM
= energiekorrigierte Milch (Basis: 4,0 % Fett, 3,4 % Eiweiß)
Die Kalkulation fällt günstiger aus, wenn die Auszahlungspreise der Molkerei steigen. Die Beispiele dokumentieren jedoch die Schwierigkeit der Milchviehhalter, unter den gegenwärtigen und sicher auch zukünftigen ökonomischen Rahmenbedingungen (Wegfall der Milchquote) wirtschaftlich Milch zu erzeugen. Die Leistungssteigerung ist dabei eine Möglichkeit, um tendenziell die Produktionskosten (auf Vollkostenbasis) je Kilogramm erzeugte Milch zu senken. Dabei werden selbst in Spitzenbetrieben im Mittel kaum die Vollkosten gedeckt. Zwischen den Betrieben gibt es allerdings erhebliche Unterschiede, die auf Optimierungsmöglichkeiten hinweisen. Neben einer verbesserten Produktionstechnik, die auf die Senkung der Direktkosten (vor allem Futter) abzielt, müssen die Arbeitskosten gesenkt werden. Bei der Vollkostenrechnung werden sämtliche Direktkosten (u. a. Tierzukauf, Tierarzt, Medikamente, Besamung, Kraftfutter, Grundfutter – ebenfalls auf Vollkostenbasis bewertet) und Gemeinkosten (z. B. Löhne, Milchquotenpacht, Abschreibung für Gebäude, Steuern, Versicherungen) den Leistungen (Erlösen) des Betriebes gegenübergestellt (Tab. 5).
Tab. 5 Prinzip der Vollkostenrechnung
+ Leistung
Verkauf Tiere, Milch; Naturalentnahmen, öffentliche Direktzahlungen, innerbetriebliche Verrechnung, Bestandsveränderungen
– Direktkosten
Tierzukauf, Tierarzt, Medikamente, Besamung, Kraftfutter, Grundfutter zu Vollkosten, innerbetriebliche Verrechnungen, Zinsansatz Viehkapital (bei Futterbau: Dünger, Saatgut, Pflanzenschutz)
= Direktkostenfreie Leistung
Leistung – Direktkosten
– Arbeitserledigung
Löhne, Lohnansatz, Maschinenmiete, Lohnarbeit, Maschinenunterhalt/-AfA für die Innenwirtschaft, Kosten PKW, Strom, Zinsansatz Maschinenkapital
– Lieferrechte
Quotenpacht, Strafabgaben für Überlieferung, Zinsansatz für Eigenquote
– Gebäude
Gebäudeunterhalt/-AfA, Mieten, Zinsansatz Gebäude
– sonstige Kosten
Betriebssteuern, Versicherungen, Büro, Buchführung, Sonstiges
= Gemeinkosten
Produktionskosten
Direktkosten + Gemeinkosten
Kalkulatorisches Betriebszweigergebnis (BZE)
Leistungen – Produktionskosten oder Direktkostenfreie Leistung –Gemeinkosten
Gewinn
Kalkulatorisches BZE + Faktorkosten
Die Produktivität schwankt auch in Spitzenbetrieben sehr stark (Tab. 6). Die 25 % leistungsstärkeren Betriebe erzielten 4,5 kg mehr ECM je Lebenstag, eine um 17 Monate längere Nutzungsdauer, eine deutlich niedrigere Zellzahl in der Milch, geringere Tierarztkosten und letztlich eine um 1,40 EUR höhere Direktkostenfreie Leistung als die 25 % leistungsschwächeren DLG-Spitzenbetriebe.
Tab. 6 Kennwerte der Tiergesundheit und Produktivität in DLG-Spitzenbetrieben (DLG-Mitteilungen 4/2013)
Kennwert
Mittelwert DLG-Spitzenbetriebe 2013
Viertelschichtung nach jeweiligem Kennwert
+ 25 %
–25 %
errechnete Lebensleistung (kg ECM/Kuh)
30 381
~38 000
~24 000
errechnete Lebenstagsleistung (kg ECM/Tag)
14,9
17,1
12,6
bereinigte Reproduktionsrate (%)
28,7
20,0
38,0
Nutzungsdauer Abgangskühe (Monate)
39
48
31
Kuhverluste (%)
3,5
1,1
6,1
Zellzahl (× 1000)
201
140
265
Tierarztkosten (EUR/Kuh mit Nachzucht)
125
70
180
Totgeburten (%)
5,5
0,0
10,0
Aufzuchtverluste weiblich (%)
7,1
2,0
13,0
Produktivität (Tsd. kg ECM/AK)
507
677
342
DkfL/Lebenstag (EUR/Lebenstag)
2,40
3,10
1,70
Die Anforderungen an die langfristig wirtschaftliche Milchviehhaltung sind durch folgende Punkte zu charakterisieren:
der Standort muss die Erweiterungsfähigkeit des Stallgebäudes zulassen,
die Stallanlage soll sich in der Nähe der Grundfutter- und Gülleverwertungsflächen befinden,
der Stall ist vom Melkhaus getrennt, um die unterschiedlichen Ansprüche von Tier und Mensch (Melken!) zu erfüllen,
die Kühe sollen sich im Stall wohlfühlen (Kuhkomfort beim Liegen, tiergerechte Lauffläche, optimales Stallklima),
der Stall muss die Technisierung verschiedener Arbeitsvorgänge ermöglichen, insbesondere Futtervorlage und Entsorgung der Exkremente und
die tierpflegerische (z. B. Brunstkontrolle, Klauenpflege) und veterinärmedizinische Versorgung muss leicht möglich sein.
1.1.2Tierschutz bei der Milchviehhaltung
Für die Milchviehhaltung gilt allgemein das Tierschutzgesetz (zuletzt geändert im Jahre 2014). Nach § 1 darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Wer ein Tier hält oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Die Möglichkeiten des Tieres zu artgemäßer Bewegung dürfen nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. Der Milchviehhalter muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung der Tiere erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (§ 2 Tierschutzgesetz). Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wird in § 2 a Tierschutzgesetz ermächtigt, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 näher zu bestimmen und Vorschriften zu erlassen hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit, der Anforderungen an Räume, sonstige Einrichtungen, Lichtverhältnisse und Stallklima sowie im Hinblick auf die Betreuung der Tiere.
Während für die Kälberhaltung in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entsprechende Vorgaben umgesetzt wurden, hat der Gesetzgeber in Deutschland für die Milchviehhaltung eine analoge Notwendigkeit bislang nicht gesehen, sodass damit keine gesetzlich verbindlichen, detaillierten Vorschriften existieren. Lediglich in Niedersachsen existiert eine Tierschutzleitlinie für die Milchviehhaltung. Mit dieser Leitlinie soll Behörden und Tierhaltern bei der Beurteilung sowohl von Neu- und Umbauten als auch von bestehenden Rinderhaltungen Hilfestellung gegeben werden. Für Neubauten werden dabei Mindestwerte festgelegt, während für Altbauten lediglich Orientierungswerte angegeben werden. Werden diese Richtwerte nicht erfüllt, ist eine Einzelfallbeurteilung erforderlich. Im Weiteren werden wichtige Vorgaben der niedersächsischen Tierschutzleitlinie vorgestellt. Der Liegebereich besteht aus einzelnen Liegeboxen, die entweder in einer Reihe entlang der Wand angeordnet sind (wandständige Liegeboxen) oder als zwei parallele Reihen unmittelbar einander gegenüberliegen (gegenständige Liegeboxen). Bei Neubauten muss die Boxenbreite als Achsmaß bei freitragenden Abtrennungen mindestens 1,20 m betragen. Der zur Verfügung stehende Freiraum darf nachträglich nicht durch bauliche Veränderungen eingeschränkt werden. In Altbauten sind geringere Boxenbreiten (Richtwert bis 1,10 m) möglich, sofern keine Schäden an den Tieren auftreten. Die Maßangaben in der Leitlinie beziehen sich auf Tiere der Rasse Deutsche Holstein; für andere Rassen sind die Werte anzupassen. Für den Kopfschwung beim Hinlegen bzw. Aufstehen ist ein Freiraum im vorderen Bereich der Box von mindestens 80 cm (Altbauten mindestens 60 cm) erforderlich. Der Nackenriegel (s. Abb. 8) als Steuerelement, um ein Verkoten der Liegebox zu verhindern, soll 1,70 m von der hinteren Boxenkante entfernt und 1,15 bis 1,30 m über der Einstreuoberfläche installiert werden. Die Liegeplatzlänge beträgt in Hochboxen mindestens 1,70 m, in Tiefboxen mindestens 1,80 m (Altbauten: 1,65 m, sofern keine Schäden auftreten). Wandständige Boxen sollen mindestens 2,50 m (empfohlen bis 2,80 m) und gegenständige Boxen mindestens 2,40 m (empfohlen bis 2,70 m) lang sein. Die Liegefläche muss weichelastisch und verformbar, trocken und sauber sein. Bei Gummimatten ist Minimaleinstreu zu verwenden, um Feuchtigkeit zu binden und um dem „Radiergummi-Effekt“ (Abschürfungen des Felles und eventuelle Hautschäden beim Hinlegen und Liegen) entgegenzuwirken.
Zu den Verkehrsflächen gibt es in der niedersächsischen Leitlinie ebenfalls konkrete Vorgaben. Kühe bewegen sich 2,5 bis 4 h pro Tag auf der Lauffläche und legen 500 bis 700 m weite Strecken zurück. Die Breite der Laufgänge soll mindestens 2,50 m (behornte Tiere plus 1 m) betragen. Der Lauf-Fressgang ist mindestens 3,50 m breit, empfohlen ist sogar eine Breite von 4 m. Bei vorhandenen Altbauten können diese Maße mit 2 bzw. 3 m Breite geringer ausfallen. Es dürfen keine Sackgassen vorhanden s