Joachim Stiller
Stadtgeflüster
Gedichte 4
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Stadtgeflüster
Impressum neobooks
Stadtgeflüster
Es geht ein Flüstern durch die Stadt,
Doch habe ich die Leute satt;
Wir versinken in dem Brei,
Aus Worten, Sinn und Einerlei.
Das einz’ge, was ich will, ist leben,
Doch wer soll uns die Weisheit geben,
Diese Welt bald erlösen,
Von dem Dämon, und dem Bösen.
Zwei Gaukler
Zwei Gaukler laufen durch die Stadt,
Der eine dünn, der andre fett;
Sie haben beide eine Jacke,
Aus leuchtend rotem Purpur an.
Ich blass Gesicht ist weiß, wie Schnee,
Sie singen uns von einer Fee,
Die Wünsche, die sonst unenthüllt,
Mit einem Zauberwink erfüllt.
Löwenzahn
Letztens zog ich meinen Kreis,
In dieser zementierten Stadt;
Ich traute meinen Augen nicht,
Da stand ein Blümlein, gelb und satt.
Das kleine Blümlein strotzte nur,
Vor zarter Energie und Kraft;
Steter Tropfen höhlt den Stein,
Der dann auch den Asphalt schafft.
Sommerzeit (Sonett)
Mir fällt die Decke auf den Kopf,
Fass die Gelegenheit beim Schopf,
Und nehme heimlich nun reiß aus,
Und ziehe in die Stadt hinaus.
Die Sonne scheint, in bin am schwitzen,
Leute in Kaffees rumsitzen;
Die Hitze wütet wahrlich schwer,
Auf den Straßen geht Verkehr;
Ich setze mich ins Stehkaffe,
Denn meine Füße tun schon weh;
Bestelle mir ein Bier vom Fass;
Ich lass den Tag gewesen sein,
Und flöße mir das Weißbier ein;
Eine Katze döst im Gras.
Magie
Nichts ist innen, nichts ist außen,
Was innen ist, das ist da draußen.
Nichts ist außen, nichts ist innen,
Was außen ist, das ist da drinnen.
Gedichte
Gedichte sind wie tönerne Gefäße:
Von außen sind sie unansehnlich,
Fahl und stumpf, und doch enthalten
Sie, ein honigsüßes Elexier, uns so
Trinken wir, den Honig des Lebens
Aus der Schale des Glücks.
Morgendämmerung (Sonett)
Mütter gehen auf den Straßen,
Und sammeln leere Kannen ein;
Der Morgen dämmert leise,
Ich sitz auf einem feuchten Stein.
Ich träume, wie verwegen,
Bis sich Gefühle regen;
Die Sonnenstrahlen kommen,
Über den Horizont geklommen.
Auf den Blättern glitzert Tau,
Bin allein und ohne Frau,
In den Fenstern brennen Lichter,
Ich seh‘ auch schon ein paar Gesichter;
Die ersten Leute trauen sich,
Und müssen los, zur ersten Schicht.
Ich bin so allein
Ich bin so allein,
Auf weiter Flur;
Ich bin so allein,
Was mach ich nur;
Ich bin so allein,
Komm her zu mir,
Ich bin so allein,
Drum sag ich Dir:
Bitte bleib bei mir.
Der Weg
Der Fortschritt eine Schnecke ist,
Ich setze mir die letzte Frist,
Mich in den Zug zu setzen,
Und mich in ein Anderland,
Im Nu nun zu versetzen.
In meinen Eingeweiden,
Tobt schlimm noch der Orkan,
Ich bin schon lange auf dem Weg,
Mich selber zu erlösen,
Von dem Unbill, und dem Bösen.
In der Ferne
Von weitem höre ich Musik.
Und fange an zu träumen;
War das ein Habicht, der da rief,
Er sitzt dort in den Bäumen,
Die vor meinem Fenster stehn,
Heut nacht kann ich die Sterne sehn,
Ein leises Lüftchen draußen weht,
Bis die Musik zu ende geht.
Das Schweigen der Lämmer
Da schweigen nun die Lämmer,
Auf der grünen Wiese;
Mir war einst so ein Dämmer,
Ich lebte wie ein Riese.
Doch ist die Zeit vergangen,
Seit einer Ewigkeit;
Ich bin nun wie befangen,
Der Himmel ist zu weit.
Der Kunstbegriff
Kunst kommt weniger von Können,
Als vielmehr von Gestalten.
Es gibt zwei Arten von Kunst:
Die klassische Gestaltungskunst (Kunst 1)
Und die soziale Kunst (Kunst 2).
Die klassische Gestaltungskunst
Gestaltet ein konkretes Kunstwerk,
Die soziale Kunst hingegen
Gestaltet das soziale Leben.
Das Atelier ist zwischen den Menschen.
Es ist nichts weiter erforderlich, als dass
Die Menschen die zwischenmenschliche
Wärme erzeugen, sie substantielle Liebe.
Jeder Mensch ist ein Künstler, ein
Mitgestalter am sozialen Ganzen.
Der neue Mensch