Zweifle nie am Blau des Himmels

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Zweifle nie am Blau des Himmels
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Zweifle nie am Blau des Himmels

Titelbild: © Leonid Tit - Fotolia.com

E-Book Erstellung: sabine abels

Zweifle nicht am Blau des Himmels

Es war an einem Sonntag im Spätherbst. Wie von Geisterhand geführt, setzte ich mich an meinen Computer und fing an zu schreiben.

Ich schrieb über das, was seit einem dreiviertel Jahr dermaßen an meinen Nerven zerrte, dass ich drohte daran zu zerbrechen. In meinem Freundeskreis hatte ich etwas „Ähnliches“ schon erlebt. Auch in Filmen hatte ich etwas „Ähnliches“ schon fassungslos gesehen.

Aber dass ich die Nächste sein würde, wäre mir in meinen kühnsten Träumen nicht gekommen. Man denkt sich immer so weit weg. „Das kann mir nie passieren!“

Doch plötzlich ist man mittendrin!

Einer Freundin hatte ich damals die besten Ratschläge erteilt, warum sie sich so etwas von einem Mann gefallen lassen würde. An ihrer Stelle würde ich ihn sofort verlassen. Unbedingt!

Aber ich sage Ihnen, man muss erst selber in solch einer Lage stecken. Denn geht man erst mal selber durch die psychische Hölle, dann ist man vorsichtig mit gut gemeinten Ratschlägen.

Jeder Mensch muss für sich selber entscheiden, wann der Punkt gekommen ist, an dem er die Kraft besitzt zu sagen: „Bis hierhin und nicht weiter!“ Leider dauert es bei den meisten Betroffenen sehr lange, ich schließe mich da nicht aus, bis dieser so herbeigesehnte Punkt eintritt.

Das erste Mal bin ich ihm vor sechs Jahren begegnet. Für circa fünf Minuten. Er war ein Arbeitskollege von meinem damaligen Freund. Der brachte ihn mit zu uns nach Hause. Auf einen Kaffee.

Ich begrüßte ihn und die Sache war für mich erledigt, für die nächsten sechs Jahre, in denen ich ihm nicht wieder begegnen sollte. Damals wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass dieser Mann mal meine große Liebe werden würde. Meine große Liebe, die mich nicht nur zur Pforte der Hölle führen sollte, sondern auch gnadenlos hineinstieß. Es ist wohl so bestimmt, dass wir nie wissen, wann das Schicksal zuschlägt, entweder als gute Fee oder als böser Dämon. Dabei kann es aber auch erst als gute Fee erscheinen, um sich dann in einen Dämon zu verwandeln.

Ein guter Freund hatte einmal zu mir gesagt, „egal, was dir in deinem Leben passiert, ob Glück oder Unglück, du weißt nie, für was es einmal gut sein wird. Es wird dich prägen, deinen Charakter festigen und dir die nötige Reife fürs Leben bringen.“ Er sollte Recht behalten.

Es war an einem Mittwoch gegen 15 Uhr, sechs Jahre später. Ich half bei einem Freund ab und zu in seinem Lokal aus und war gerade beim Gläser polieren.

Die Tür ging auf und es kam ein Traum von Mann herein. Groß, dunkelhaarig, leicht gelockte Haare. Ein Körper, den wir normalbürgerlichen Frauen nur in bestimmten Zeitschriften zu sehen bekommen. Schlank, durchtrainiert, nicht zu viel und nicht zu wenig muskulös, eher drahtig, eben genau nach meinem Geschmack proportioniert, wunderschön lange, jedoch nicht weiblich erscheinende Finger, die, geschmückt durch einige Silberringe, noch mehr zur Geltung kamen. Einen Po, der genau wusste, dass er in diese schwarze, nicht zu eng anliegende Wildlederhose gehörte. Dunkle, leicht stechende Augen. Einen Mund, der mich sofort an das Kissogramm der Rolling Stones erinnerte. Schöne weiße Zähne, einen 3-Tage-Bart, der ja bei Frauen diesen beliebt verruchten Touch auslöst, und in seinen Ohrläppchen je ein Silberring, was dem ganzen Erscheinungsbild die letzte Note gab.

Kurzum: Erotik pur!!

Nun! Die ersten Gedanken, die mir durch den Kopf gingen waren ... keine! Ich konnte bei diesem Anblick nicht denken.

Er grüßte mit einem fast schüchternen Lächeln, setzte sich an den Tresen und bestellte sich ein Pils.

Während ich dieses vom Fass zapfte, ging mir mittlerweile nur ein Gedanke durch den Kopf: Wie verwickele ich diesen Traummann in ein Gespräch, dass es nicht nach Anmache aussieht, denn das wollte ich auf keinen Fall. Da kam mir der Zufall zu Hilfe. Als er seine „Holzfällerhemdärmel“ hochkrempelte, bemerkte ich den Gips an seinem rechten Unterarm. Die Situation war gerettet.

Ich merkte sofort, dass er kein Kind von Traurigkeit war, aber dennoch keinesfalls aufdringlich. Er antwortete gewillt auf meine Frage:

„Meine Güte, was ist dir denn da passiert“ und „dich hab ich ja hier noch nie gesehen“.

Er antwortete kurz, dass es wohl ein Arbeitsunfall gewesen war. Wichtiger schien ihm mir zu sagen, dass er wohl abends schon öfter da gewesen sei in der Hoffnung mich anzutreffen. Jetzt traf es mich wie ein Blitz. Wie meinte er das?! Wir haben uns doch noch nie gesehen?! Oder doch? Nein! So ein Mann wäre mir unter 100, 1000, 10.0000en aufgefallen. Andererseits muss er mich ja von irgendwoher kennen, sonst würde er es nicht sagen! Ich muss ihm also, wo auch immer, aufgefallen sein, was mir selbstverständlich sehr schmeichelte. Allerdings bin ich ja auch nicht unbedingt unattraktiv. Ich bin groß, schlank, habe dunkle längere Haare und mein Markenzeichen sind meine ausdrucksstarken, grünen Augen.

Wenn ich allerdings zurückdenke, war es immer ich, die den ersten Schritt bei einem Mann unternahm, wenn ich ihn interessant fand. Scheinen Frauen, die ein gewisses Selbstbewusstsein ausstrahlen, für das starke Geschlecht vielleicht unerreichbar? Angst vor Niederlage? Minderwertigkeitskomplex? Oder weckte immer nur der falsche Typ Mann meine Aufmerksamkeit?! Gerne wird eine selbstbewusste Frau schnell in die Kategorie „Emanze“ eingestuft. „Grrrrr! Die ist rebellisch, bringt mir nicht die Pantoffeln ans Bett, holt mir abends nicht mein Bier, kocht nicht für mich, selbstverständlich dann, wenn ich Hunger habe, wäscht nicht meine Wäsche, schmeißt nicht alleine den Haushalt und ist nicht jederzeit bereit. Vollkommen richtig! Diese Art von Frau bin ich nicht. Allerdings ist es mir mehr wie schleierhaft, was das mit Emanze zu tun haben soll. Eventuell könnte es doch sein, dass sich hinter solchen Erwartungen an eine Frau spätpubertierendes Machogehabe verbirgt. Nie von der Mutterbrust losgekommen, immer noch der Ansicht, der, der jagen geht, hat die „Hosen“ an. Solchen Herren möchte ich nahe legen, dass schon seit geraumer Zeit auch „Frau“ die „Hosen anhat“ und im Jagen weitaus die besseren Ergebnisse erzielt. Wir wollen doch nicht dem Trugschluss erliegen, dass der Teil der Menschheit, der die „Muckis“ hat, auch der Stärkere ist!

Er war also schon öfter im Lokal, um mich zu treffen. Jetzt war meine Neugier endgültig geweckt. Nachdenklich und fragend schaute ich ihn an. „Erinnerst du dich nicht mehr? Ich bin der, der vor ein paar Jahren bei deinem jetzigen Ex Robert und dir zum Kaffeetrinken war.“

„Du bist das?“ antwortete ich sichtlich überrascht. Meine Güte. So hatte ich ihn gar nicht in Erinnerung.

Er nickte wortlos, bezahlte sein Pils und mit einem Lächeln verschwand der Märchenprinz so schnell wie er gekommen war. „Am Besten so schnell wie möglich vergessen“, schoss es mir durch den Kopf. „Schöne Männer hast du nie alleine“. Später sollte ich recht behalten.

Zwei Tage darauf, ich war wieder in dem Lokal meines Freundes, öffnete sich die Türe und da war er wieder. Ich verspürte ein Kribbeln in der Magengegend, wie ich es schon lange nicht mehr hatte. „Jetzt hat es dich erwischt.“ Ich grüßte aus einer Mischung Desinteresse und Freude mit der Erwartung, dass mein Ex Robert, der auch am Tresen saß, mindestens genauso reagieren würde. Schließlich waren sie doch befreundet?! Oder doch nicht? Denn genau das Gegenteil war der Fall. Ich weiß bis heute nicht, über was die beiden sich unterhielten. Circa 10 Minuten später verließ der Traummann das Lokal, ohne auch nur ein Wort mit mir gewechselt zu haben.

Ziemlich sauer machte ich Robert Vorwürfe, er solle sich nicht in mein Leben einmischen und seine Kindergartenallüren zuhause lassen. Besser wäre allerdings gewesen, ihn zu fragen, warum er auf den Märchenprinz so abweisend reagierte. Andererseits hätte ich ihm damals sowieso nichts geglaubt. Genau das wusste er wahrscheinlich, hielt deswegen lieber seinen Mund und ließ den „Anschiss“ wortlos über sich ergehen. Robert gehört nämlich zu den wenigen Menschen, die mich wirklich kennen. Schließlich waren wir sieben Jahre zusammen und deshalb wusste er genau, wann es sich lohnte bei mir gegen zu reden und wann es sowieso keinen Sinn hätte. Trotzdem behaupte ich heute noch, dass auf jeden Fall ein bisschen Eifersucht mit im Spiel war. Vielleicht frage ich ihn mal. Denn seit wir kein Paar mehr sind, verstehen wir uns prächtig.

Die Zeit verging. Wochen, Monate. Kein Lebenszeichen vom Märchenprinzen. Unterdessen verschwand er auch fast aus meinen Gedanken. Schließlich war ich zu der Zeit immer noch mit Steve liiert, obwohl wir schon länger aneinander vorbeilebten. Mitte August haben wir uns dann getrennt. Ich fühlte mich frei, ungebunden und musste niemandem Rechenschaft ablegen.

Kurzum: Ich fühlte mich „sauwohl!“ Dieses Solo-Dasein gefiel mir und tat mir gut.

Meine liebste Gefährtin war meine 2-jährige Hündin Sandy. Haben wollte ich schon immer einen Hund. Nur die Zeit, die solch ein Tier in Anspruch nimmt, hatte ich nie aufbringen wollen. Bis an diesem einen Donnerstag. Mal wieder hatte ich einen Friseurtermin, wahrscheinlich ging es mir nicht so gut, denn da lande ich entweder beim Friseur oder ich kaufe mir Schuhe. Meine Friseurin, eine damalige Freundin, meinte, sie müsse mir etwas zeigen. Plötzlich stolperte ein Welpe in den Salon, ich würde mal sagen, eine Mischung aus Hyäne und „Perwoll“. Bis dahin hatte ich einen solchen Hund mit einer derartigen Zeichnung noch nie gesehen. Ich war auf Anhieb begeistert und mich ließ der Gedanke nicht mehr los, dass ich auch solch einen kleinen Liebling haben musste. Zu meinem Glück waren in diesem Wurf noch nicht alle Welpen vergeben und in derselben Stunde machte ich mich auf den Weg zu meiner zukünftig treuesten Gefährtin. Inzwischen wusste ich auch um welche Rasse es sich handelte. Es war nichts Geringeres als ein Australien Sheperd, blue merle. (grau, schwarz, silber gefleckt). Dort angekommen rannten circa fünf bis sechs Wollknäuel auf mich zu, die mich stürmischst begrüßten. Eine Hündin sprang mir gleich auf meinen Schoß und da war die Entscheidung für mich getroffen. Die oder keine.

 

Tja. Man kommt eben schneller auf den Hund, als einem manchmal recht ist.

Jetzt ging natürlich das große namenrätseln los. Allerweltsnamen wie Struppi oder Wuschi waren natürlich nicht mein Ding. Deswegen rief ich meine Schwester Vera an, die diesbezüglich immer sehr einfallsreich ist. Nach kurzer Überlegung hatte sie den Namen, nach dem ich gesucht hatte. Sandy. Einen passenderen Namen gab es nicht. Der Hund war getauft.

Meine ganze Liebe und Kraft steckte ich von nun an in sie. Auch die Hundeschule durfte nicht fehlen. Bis heute habe ich es nicht bereut. Sandy und ich sind unzertrennlich. Zusammen gehen wir durch dick und dünn.

Nach wie vor genoss ich das Alleinsein und flatterte von Tag zu Tag. Auch an Verehrern mangelte es nicht, die sich teilweise dermaßen hartnäckig an meine Fersen hefteten, dass ich reißaus nahm, wenn ich einen von ihnen sah.

Der Märchenprinz jedoch ging mir nie wirklich aus dem Kopf.

Da ich ja wusste, wo er wohnte, war es ein Leichtes seine Handynummer über seinen Mitbewohner, den ich kannte, in Erfahrung zu bringen. Ich schickte ihm eine Sms, die ausschließlich aus einem lieben Gruß bestand, in der Hoffnung, er würde sich noch an mich erinnern und sich vor allem melden. Noch am selben Abend kam sein Rückruf. Ich bemühte mich nicht überschwänglich interessiert zu wirken und fragte ihn, ob er mal Lust hätte, sich mit mir auf einen Kaffee zu treffen. Sofort willigte er ein.

Wir vereinbarten, dass ich mich die nächste Woche bei ihm melden würde. Bereits am nächsten Tag erhielt ich um die Mittagszeit eine Nachricht von ihm, ob wir uns schon am selbigen Abend treffen könnten, was mir natürlich unheimlich schmeichelte. Selbstverständlich sagte ich sofort zu.

Es war ein Donnerstagabend Ende Oktober.

Um halb neun Uhr trafen wir uns an einem Parkplatz. Mein Gott war ich aufgeregt. Die kommenden Minuten werden für mich immer unvergesslich bleiben. Als ich an unserem Treffpunkt ankam, wartete er schon. Ich parkte hinter ihm. Seine Autotür ging auf, er stieg aus und lief auf mich zu. Enge Lederhose, Jeanshemd, groß, schlank, charmant! Von da an wusste ich, das ist der Mann, auf den ich lange gewartet hatte.

Mein Schicksal war besiegelt.

Eine viertel Stunde später betraten wir mein Stammlokal. Alle Blicke waren auf uns gerichtet. Stolz präsentierte ich meinen Begleiter.

Wir setzten uns an einen kleinen Ecktisch, bestellten uns ein Bier und nicht nur ich, nein, auch er schien es sichtlich zu genießen im Mittelpunkt zu stehen. Etwas verkrampft versuchten wir Konversation zu betreiben, was sich nach dem zweiten Bierchen in Wohlgefallen auflöste.

Trotz der Faszination, die er auf mich ausübte, bemerkte ich gelegentlich, dass er ständig seine Mundwinkel zusammenzog, als ob er einen trockenen Mund hätte. Naja, dachte ich. Vielleicht eine Art Nervosität. Die Wahrheit sollte sich mir jedoch etwas später als eine Art Hölle auftun.

Wie schön, dass wir im Zeitalter des Handys lebten. Von nun an wurde gemailt, was das Zeug hielt. Wunderschöne Liebeserklärungen seinerseits, bei denen eine Frau schwach werden musste! Ich sage Ihnen, ich schwebte dermaßen im siebten Himmel, dass sich all meine Gedanken nur noch um ihn drehten. Sie kennen das bestimmt. Man ist beim Einkaufen und überlegt, was er jetzt wohl macht. Man hat sich bei einer Freundin zum Kaffeetrinken eingeladen um nur über ihn zu reden. Verstehen Sie? Man will über kein anderes Thema reden. Dass die Freundin eventuell auch etwas erzählen möchte, das sie momentan bewegt, wird komplett ausgeschaltet. Ich hatte das Glück, eine Freundin zu haben, die wirklich unglaubliche Geduld bewies, indem sie ewig da saß, meiner Schwärmerei zuhörte und wahrscheinlich sowieso keine Lust hatte mir mit ihren „Problemchen“ in den Ohren zu liegen, weil sie eh diesen „Parkuhreffekt“ vermutete. An dieser Stelle nochmals Danke.

Es war ein Samstag Abend! Der Märchenprinz und ich hatten uns in einer Art Disco-Kneipe, nahe meiner Stadt verabredet. Ich war aufgeregt wie ein Teenager. Was sollte ich anziehen?!

Eine Jeans oder vielleicht doch eher den engen Rock?! Wie trage ich die Haare?! Offen oder klassisch zurückgebunden?! Ich entschied mich dann doch für die wildere Version. Jeans, Haare offen, kurzes Oberteil, Bikers. Beim Schminken beließ ich es bei der Wimperntusche, weil meine Mutter mir immer nahe legte, je weniger, desto effektvoller. Daran habe ich mich bis heute gehalten und bin sehr zufrieden damit.

Gegen 22 Uhr traf ich an unserem Treffpunkt ein, nachdem ich mich vorher mit ein paar Freunden getroffen hatte, um der ersten Nervosität oder auch Vorfreude entgegenzuwirken.

Meine Augen wanderten von einem Eck zum anderen. Anscheinend war er noch nicht da. Also suchte ich mir einen Platz, an dem ich den Eingang im Blick hatte. Während ich mich mit einem Bekannten unterhielt, ging plötzlich die Sonne auf. Da kam er. Ich sage Ihnen, er kam nicht herein wie jeder andere, nein, er trat ein. Und da war es wieder. Dieses Kribbeln. Noch stärker und für mich fast unerträglich. Als sich unsere Blicke trafen war klar, wir gehörten zusammen.

Er begrüßte mich mit einem Kuss und der gemeinsame Abend konnte beginnen.

Der Märchenprinz wusste immer etwas zu erzählen, brachte mich zum Lachen und war sehr aufmerksam. Ich himmelte ihn an.

Wir hatten nur Augen für uns. Natürlich traf ich oder auch er den ein oder anderen Bekannten. Diese Gespräche wurden jedoch eher kurz gehalten. Die Stunden verstrichen und unsere Gesprächsthemen wurden intimer. So wollte ich von ihm wissen, wann er das letzte Mal mit einer Frau intim gewesen war. Okay, vielleicht war diese Frage unangebracht, aber es interessierte mich eben. Etwas verlegen überlegte er kurz und meinte dann, es wäre wohl vor circa zwei Wochen gewesen . Da verspürte ich ein Gefühl, das für mich bis dahin lang nicht mehr da gewesen war. Nur wenige Menschen kennen dieses beziehungstötende Wort nicht. Eifersucht.

Wer war diese Frau?! War sie ein One Night Stand oder trifft er sie noch heute?! Ist es eine Ex oder eine von den Frauen, die unserem Ruf keine Ehre machten?! Ich rede hier nicht über Prostituierte, denn vor diesen Frauen habe ich den allerhöchsten Respekt. Stellen Sie sich mal vor, es würde keine Huren geben. Na Bravo! Keine Frau könnte sich mehr auf die Straße trauen ohne die Angst im Nacken jeden Moment von einem vor Geilheit triefenden Sexmonster angegriffen zu werden.

Nein, ich rede von den Frauen, die sich hemmungslos an Männer schmeißen, egal, ob jener verheiratet ist oder in einer Beziehung lebend. Diese Art von Frauen gibt es anscheinend wie Sand am Meer. Lässt sich ihr Opfer auf sie ein, ist es in jedem Fall nicht besser. Ganz klar.

Erstes Gebot sollte doch sein, ich lasse meine Finger von liierten Männern und erst recht von Männern, mit deren Frau man befreundet ist. Ein Prinzip, dem ich bis heute treu geblieben bin.

Er war also intim mit einer anderen Frau. „Jetzt bleib mal auf dem Boden“, ermahnte ich mich. „Schließlich hat er ja ein Vorleben wie du auch und so ein Traumtyp kann sich die Frauen schließlich aussuchen. Aber nun war ja ich da und bin seine Nummer eins!“ Dachte ich jedenfalls.

Gegen zwei Uhr nachts verließen wir nach einem gelungenen Abend das Lokal. Jetzt kam die große Frage, wo wollte oder sollte er übernachten!? Aufgrund seines Alkoholspiegels wäre es zu gefährlich gewesen noch zu fahren. Natürlich übernachtete er bei mir und ich hätte nichts anderes zugelassen. Ich wollte ihn endlich spüren. Nur schlafen wollte ich noch nicht mit ihm. Ein weiteres Prinzip von mir. Nicht in der ersten Nacht und auch nicht in der zweiten! Dazu brauche ich erst ein sichereres Gefühl. Ein Gefühl, dass mir versichert, ich bin nicht eine von Vielen. Das Gefühl, einem Mann wichtig zu sein.

Es schien für ihn kein Problem. Wir hatten ja noch so viel Zeit.

Die erste Nacht mit ihm war wunderschön. Wir schliefen eng aneinander gekuschelt, obwohl von Schlafen nicht die Rede sein konnte. Ich hatte nämlich kein Auge zugemacht! Vor Glück!

Alles schien für mich so vollkommen. Endlich hatte ich den Mann gefunden, von dem ich immer geträumt hatte.

Nach ein paar Wochen zog er zu mir. Damals wohnte ich in einem kleinem Häuschen in einem idyllischem Dorf.

Die ersten Monate waren Leidenschaft und Liebe, ein Ineinanderfließen von Körper und Seele. Er wusste, was eine Frau wollte. Und er wusste, wie man eine Frau von sich abhängig und hörig machte. Es verging kein Tag, an dem er mir nicht irgendein Geschenk mitbrachte. Und wenn es nur ein kleines Täfelchen Schokolade mit einem Herzchen darauf war. Dazu hatte er einen Charme und Witz, dass jede Frau vor Neid erblasste, wenn ich mit ihm unterwegs war. Mittlerweile ging er auch so gut wie jeden Abend auf ein Bier außer Haus. Obwohl ich nicht immer Lust dazu hatte, bin ich meistens mit, denn ich durfte gar nicht daran denken, dass er eine andere kennen lernen könnte. Falls er doch mal alleine unterwegs war, war ich erst wieder beruhigt, wenn er wieder neben mir im Bett lag.

Nach wie vor bemerkte ich dieses „Mundwinkelzusammenziehen“, jetzt auch tagsüber. Natürlich machte ich mir langsam meine Gedanken und hatte auch schon eine böse Vermutung, die ich allerdings sofort aus meinem Kopf verbannte. Ich wollte mir meine heile, glückliche Welt nicht zerstören.

Jeden Freitag Abend hatte er seinen Männerabend. Wenn er dann meist spät nachts nach Hause kam, war er immer sehr seltsam. Entweder er war total aggressiv, weinte oder er war anhänglich wie ein kleines Kind. Nachdem seine Gefühlsschwankungen schlimmer wurden, machte ich mir zum ersten Mal ernsthaft Gedanken. Sollte ich ihn fragen?! Oder sollte ich noch abwarten und die ganze Sache etwas beobachten?! Denn so hatte sich ja nichts geändert. Er war nach wie vor Gentleman, trug mich auf Händen und war sehr, sehr großzügig. Wenn wir mit Freunden unterwegs waren, bezahlte er immer auch für sie. Wenn ich etwas gesehen habe, dass mir gefiel, eine Klamotte oder ein Paar Schuhe, er bestand darauf, es zu bezahlen. Nicht selten lagen meine Wünsche auch als Überraschung abends auf meinem Bett. Allerdings ließ er keine Gelegenheit aus sämtlichen Leuten zu erzählen, was er mir wieder geschenkt hatte. Vielleicht ein kleiner Minderwertigkeitskomplex?! Trotzdem war ich mir total sicher, dass er mich über alles liebte, so wie ich ihn. Deshalb beschloss ich, das Thema „Stimmungsschwankungen“ vorerst auf Eis zu legen und abzuwarten.

Die Wochen vergingen und wir waren glücklich. Wenn ich mal traurig war, machte er vor mir Purzelbäume. Und das auch öffentlich! Zunehmender aggressiv reagierte er allerdings, wenn andere Männer mich anstierten oder wenn ich mich mit einem Freund treffen wollte. Um Streit zu vermeiden, sonderte ich mich deswegen immer mehr von meinen Freunden ab. Mit der Zeit war es mir sogar recht, wenn sich niemand meldete. Zum Schluss war es so schlimm, dass ich schon zusammenzuckte, wenn mein Handy klingelte. So kam es, dass ich nur noch telefonierte, wenn er nicht zuhause war. Hörte ich sein Auto, beendete ich das Telefonat sofort unter irgendeinem Vorwand. Ich verkroch mich in mein neues, einsames, verliebtes Leben.

Es war ein Samstag Morgen. Er kam wie immer die Nacht zuvor sehr spät nach Hause, schlief dafür bis Mittag, gerne auch bis Nachmittag.

Ich stand früh auf, um mit Sandy Gassi zu gehen. Dabei trat ich auf seine Zigarettenschachtel, die am Boden lag. Als ich sie aufhob, fiel ein kleines Tütchen heraus. Für mich brach eine Welt zusammen. Geahnt hatte ich es ja schon lange. Jetzt hatte ich Gewissheit. Ich erwachte aus einem Traum, den ich so lange für mich bewahrt hatte. Sofort stellte ich ihn zur Rede und da zeigte er zum ersten Mal sein wahres Gesicht. Er schrie mich an, es würde mich überhaupt nichts angehen und was ich in seinen Sachen zu suchen hätte. Geschockt aber auch enttäuscht rannte ich heulend aus dem Zimmer. Als ich vom Gassi gehen zurück war, kam er zu mit in die Küche, entschuldigte sich und meinte, er würde das Zeug nur ab und zu nehmen und ich solle mir keine Sorgen machen. Liebevoll nahm er mich in seine Arme, flüsterte mir dabei ins Ohr, wie sehr er mich liebte und die Sache war für mich vergessen. Ich glaubte ihm. Ich glaubte ihm zu diesem Zeitpunkt einfach alles.

 

Dennoch merkte ich in meinem Innersten, dass sich bei mir irgendetwas verändert hatte, was ihn betraf. Diese grenzenlose Verliebtheit, dieses Glücksgefühl wurde überschattet von einer Art Besitzergreifen, Festhalten wollen. Ich kannte seinen Typ Frau. Groß, schlank und dunkelhaarig. Somit ertappte ich mich dabei, dass ich jede dementsprechend aussehende Frau von oben bis unten eifersüchtig musterte. „Schaut sie besser aus als ich?“ „Schaut er sie etwa an?!“ „Oder flirtet er sogar ein wenig mit ihr?!“ Dieses verbissene Denken setzte sich mit der Zeit dermaßen in meinem Kopf fest, dass ich das Gefühl hatte, bald durchzudrehen. Ich fing an zu Klammern mit dem festen Glauben, ihn so von jeder Frau fernhalten zu können.

Wochen vergingen und seine Ausraster wurden immer schlimmer. Sie waren mittlerweile nicht nur am Wochenende, sondern auch unter der Woche. Dazu kam, dass er mich mit Worten beschimpfte, die ich selber nie in den Mund nehmen würde. „Dreckige Hure“ oder „Schlampe“ stufe ich hier als harmlos ein.

Ich weiß, was Sie jetzt denken.

Wieso hab ich ihn nicht auf der Stelle verlassen und aus dem Haus geworfen?!

Ja! Sie haben Recht. Vollkommen Recht.

Doch mittlerweile war ich psychisch und physisch total von ihm abhängig. Es war sogar so schlimm, dass ich dachte, ich könnte nicht mehr ohne ihn leben. Ich versuchte mich sehr wohl gegen seine unglaublich verletzenden Beleidigungen zu wehren, was jedes Mal dazu führte, dass er seine Schlüssel nahm, in die Kneipe fuhr und mich heulend zurück ließ. Spätestens dann spielte mein Kopf wieder verrückt. „In welche Kneipe geht er?! Da könnte ja eventuell die oder jene sein. Und von der weiß ich, dass sie auf ihn steht. Noch dazu schaut sie nicht schlecht aus. Und wenn ich ihn jetzt so sauer gemacht habe!!!“....... Merken Sie etwas?

Mir selber war derzeitig noch nicht bewusst, wie hörig ich ihm mittlerweile war. Ich ahnte es vielleicht, denn all meine Freunde, also die paar, die mir noch geblieben waren, versuchten ergebnislos auf mich einzureden, dass dieser Mann reinstes Gift für mich sei. Zudem hätte ich mich negativ verändert, sei nicht mehr die, die ich einmal war. Oft wurde mir auch berichtet, dass er flirtete, was das Zeug hielt, wenn ich nicht dabei war.

Egal. Ich wollte das nicht hören. Es konnte einfach nicht sein, dass dieser Mann, den ich abgöttisch liebte, mich betrügen sollte. „Nein. Die Wahrheit ist, dass die Anderen neidisch auf mich waren, weil sie nicht einen so tollen Mann an ihrer Seite hatten, und außerdem flirtete er nur fremd, wenn ich ihn verärgert hatte. Genau das sagte er ja auch immer. Schatz, ich habe jetzt wieder getrunken, weil du mich heute sehr verärgert hast. Aber jetzt komm her. Lass uns wieder gut sein und merke dir, dass ich mit anderen Frauen nichts habe, weil ich nur dich liebe.“

Als er eines Abends wieder mal spät nach Hause kam, konnte ich es das erste Mal so richtig in seinen Augen sehen. Die waren schwarz. Schwarz wie seine Seele. Es gab keinen Unterschied mehr zwischen Pupille und Iris. Ich spürte, wie eine seltsame Art von Angst in mir hochstieg. Andererseits kochte ich vor Wut und musste diesem Druck unaufhaltsam nachgeben, indem ich ihm schlimme Vorwürfe machte. Seine Antwort darauf war unbeschreiblich. Noch nie hatte ich einen Menschen so schreien hören. Ich dachte, jetzt schlägt er gleich zu. Doch es kam besser. Plötzlich flog mir mein Küchenmobiliar um die Ohren. Ich zitterte vor Angst. Völlig verwirrt schrie ich Sandy und verließ mit ihr auf schnellstem Weg das Haus. Nur wohin mitten in der Nacht?! Geschockt rief ich eine damalige Freundin an, die sich sofort ins Auto setzte und zu mir kam. Frierend und heulend wartete ich vor dem Haus. Zusammen gingen wir hinein und taff stellte sie ihn zur Rede. Was jetzt passierte, konnte ich selber kaum glauben. Er unterhielt sich mit ihr, als ob nie etwas gewesen wäre. Ziemlich glaubwürdig versicherte er ihr, dass er mich über alles lieben würde. Er gab zu, dass er vielleicht etwas zu viel getrunken hätte und wohl etwas ausgerastet sei. Allerdings würde ich wieder einmal maßlos übertreiben. Meine Freundin ließ sich jedoch nicht blenden, denn sie hatte sich mittlerweile ihr eigenes Bild von ihm gemacht und hakte weiter. Ich stand da wie ein Häufchen Elend und wollte nur noch Ruhe. Ich war nicht mal mehr fähig irgendetwas zu sagen und ließ die Beiden reden. Auf einmal brach er in Tränen aus, entschuldigte sich sogar bei mir. Er versprach, ab sofort unter anderem auch nichts mehr zu trinken, da er mich nicht verlieren wollte.

Da war es wieder. Dieses Gefühl in mir! Liebe? Oder eventuell schon Mitleid! Denn im Grunde war er ja ein lieber, labiler, komplexbeladener, kranker Mann.

Meine Freundin ging und ich konnte es kaum erwarten ihn wieder in die Arme zu schließen. Alles war vergessen. Wichtig war nur, dass er mich liebte und bei mir blieb.

Um unsere Beziehung wieder etwas zu vertiefen, schlug er mir kurz darauf vor ,mit ihm und Sandy an den Gardasee zu fahren. Ich freute mich riesig. Ein toller Mann. Ich wusste es.

Am Gardasee angekommen, las er mir, wie früher, jeden Wunsch von den Augen ab. Wir lachten und hatten unglaublich viel Spaß. Einmal, als wir uns am Morgen liebten, bemerkten wir erst sehr spät, dass im Nebenraum in der Küche eine Familie frühstückte. Ich sage Ihnen, dieses Haus, in dem wir wohnten, war sehr hellhörig. Leicht beschämt und leicht schmunzelnd grüßten wir beim Verlassen unseres Zimmers die ungewollten „Mithörer“ und starteten einen neuen Tag ins Glück. In dieser Zeit war er wie anfangs unserer Beziehung. Kein Alkohol, kein gar nichts. Es war traumhaft schön und ich liebte ihn wie am ersten Tag.

Aus dem Urlaub zurück erzählte ich meinen Freundinnen, dass zwischen uns alles wieder passen würde. Ich war mir wirklich so sicher.

Ein paar Tage später lud er mich zu unserem Italiener zum Essen ein. Am Nebentisch saß eine Familie. Ich nehme an, es war der Sohn, der zu uns herüber schaute. Ganz normal und zufällig. Wie man halt so schaut. „Was glotzt der so blöd?! Gleich geh ich rüber und knall ihm eine. Dieses Arschloch!“ Mir stockte der Atem. Bitte nicht! Und da war es auch schon wieder. Dieses Angstgefühl. Was kommt als Nächstes?! Rastet er jetzt schon in der Öffentlichkeit aus? Ein intensiver Blick in seine Augen bestätigte mir meine Vermutung. Beschämt versuchte ich ihm zu erklären, dass dieser Junge sich nichts dabei gedacht hatte. Nach einiger Zeit beruhigte er sich wieder.

Offensichtlich hatte er sein Versprechen nicht gehalten.

Zuhause angekommen geschah das, was ich schon ahnte. Beschimpfungen und Beleidigungen. Das ganze Vokabular rauf und runter. Ich gab natürlich kräftig contra, was die Situation noch verschärfte.

In meinem ganzen bisherigen Leben hatte mich noch kein Mensch in einem derartigen Ton mit derartig entwürdigenden, billigen Worten beleidigt.

Ich wurde auch nicht so erzogen. Ich komme aus einem guten Elternhaus mit einer guten Kinderstube. Gutes Benehmen und guter Ton wurden bei uns groß geschrieben. Meine Eltern haben mir z.B. von klein an beigebracht, dass man als junger Mensch aufsteht, wenn man von einem Erwachsenen begrüßt wird. Meine Tante ging sogar so weit, dass sie mich jedes Mal aufforderte einen Knicks zu machen, wenn ich jemanden begrüßte. Ich kann mich erinnern, dass mir dies immer äußerst unangenehm war, fast schon peinlich. Kein Mädchen in meinem Alter musste einen Knicks machen. Aber gehorsam wie ich war, tat ich es.

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