Die neue Zeit

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Die neue Zeit
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Die neue Zeit

Über dieses Buch

Vorwort

Balthasar

Gabriel

Das Acomu

Der Ältestenrat

Adam

Der Beginn der Sitzung

Der Eklat

Sybilla kehrt zurück

Balthasar nimmt Stellung

Die Geschichte des Viktor

Balthasar erläutert Viktors Geschichte

Die Geschichte der Maria

Balthasar erläutert Marias Geschichte

Die Geschichte der Karla

Balthasar erläutert Karlas Geschichte

Wohin gehen wir?

Über den Autor

Impressum neobooks

Die neue Zeit

Das digitale Zeitalter und eine seiner kleinen (fiktiven) Geschichten


Von Klaus Henning

Grafiken Sara Domingues

1. Auflage, 2018

© 2018 Alle Rechte vorbehalten.

Fliederweg 6

21436 Marschacht

henning@ifmmw.de

Über dieses Buch

Die fiktive Geschichte, die hier erzählt wird, ist eine Geschichte über den Wandel der Zeit für die Verwendung unseres Zeichensystems, den Buchstaben. Diejenigen Zeichen, mit denen wir uns verständigen, mit denen wir uns Informationen teilen, mit denen wir lernen, Wissen verbreiten, Meinungen kundtun und vieles andere mehr. Die Besonderheit hier ist die Perspektive, aus der diese Geschichte erzählt wird. Es ist die Perspektive aus Sicht der Buchstaben. In 3 kleinen Geschichten, eingebettet in ein Szenario einer fiktiven Buchstabengesellschaft werden hier die Veränderungen und Nutzungsbedingungen unseres Zeichensystems durch die Digitalisierung nachgezeichnet und darüber hinaus zum Spielball der üblichen politischen und sozialen Ränkespiele gemacht.

Protogonisten und Antagonisten treffen hier in Form von scharf gezeichneten Charakteren aufeinander und suchen im Dialog letztlich einen gemeinsamen Weg für die Zukunft und der Bewältigung der digitalen Herausforderungen. Die allesamt vermenschlichten Prozesse könnten dabei so fast bei allen Umbrüchen in einer Gesellschaft stattfinden und zeigen die politischen und sozialen Dimensionen auf.

Vorwort

All die Veränderungen im Rahmen unseres sogenannten digitalen Zeitalters sind zum Teil erheblich, werden aber oftmals gar nicht als solche bedeutsame Wandlung wahrgenommen. Vielmehr kann man den Eindruck haben, es handele sich um behutsam einschleichende Prozesse, die so unmerklich vonstattengehen, als hätten sie Angst, aufzufallen. Dabei sind sie so nachhaltig und in ihrem Umfang so gewaltig, dass sich unser Leben völlig neu ausrichtet. Die Wandelbarkeit und vor allem die Authentizität und Wahrhaftigkeit scheinen zu verfallen oder aber zumindest ständig auf dem Prüfstand zu stehen. Die reine Wahrhaftigkeit allein durch die Existenz einer Sache gilt nicht mehr. Wir werden oftmals allein gelassen mit der Deutung und Bewertung von digitaler Wahrheit. Kompetente Begleitung in diesem Prozess findet nur mühsam statt. Wir sitzen allein vor unserem PC und handeln immerzu die Wahrheiten aus. Gerade die Texte, die uns Wissen, Wahrheit, Freude und Leid mitteilen, basieren hier auf oftmals fragwürdigen Quellen sowie subjektivierten Betrachten und propagieren für sich die alleinige Wahrheit. Die Verbindlichkeit von Texten in früherer Zeit basiert vor allem auf der Urheberschaft einzelner, engagierter Autoren, die mit Bedacht und Kompetenz akribisch ihren Standort festmachten. Kein Vergleich zu heutigen Onlineveröffentlichungen, die eben mal schnell zwischen einer Twitter Nachricht und einer WhatsApp-Info erstellt wird. Gerade gestern hat der amerikanische Präsident Donald Trump per Twitter einen Raketenangriff auf Syrien angekündigt, heute gilt, so war das nicht gemeint. Und sein Mittel erster Wahl ist ein Kurznachrichtendienst. Vielleicht erhalten wir dereinst eine SMS ähnliche Nachricht eines galaktischen Rates mit der Nachricht: „Liebe Erde, das war´s für euch, noch einen schönen Tag.“ Nachhaltige Vorbereitung, intensive Recherche und vor allem differenziertes Erläutern ist selten zu finden. Stattdessen, teilweise auch erzwungen durch den Medientyp, wird verkürzt. Inhalte werden reduziert auf kryptische, kurze Nachrichten, die dann alles aussagen sollen. Die Interpretationsspielräume werden größer, teilweise auch fast vollständig auf den Empfänger der Nachricht übertragen. Hier sind dann persönliches Wissen, Einstellung, etc. für eine erfolgreiche Dekodierung nötig. Die Ausrichtung auf eine undifferenzierte Stellungnahme führt dabei auch zu kritiklosen Übernahmen von Sichtweisen und lässt durch die simplifizierte Einflussnahme der großen Kommunikationsunternehmen neue Meinungscluster entstehen, die beliebig gesteuert werden können. Wahrheit liegt vor allem in einer Differenzierung. Die Formbarkeit von Nachrichten, das spontane Erstellen von Texten in ungeheurer Menge, die Unkontrollierbarkeit dieses Prozesses und die viralen Effekte sind für jeden einzelnen von uns von Bedeutung. Dieses Buch beschäftigt sich fiktiv vor allem mit dem dafür zugrunde liegenden Anpassungs- und Umwandlungsprozess. Es schafft einen fiktiven Raum, der so oder ähnlich diesen Prozess begleitet haben könnte. Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist die Geschichte der wesentlichen Elemente, die von uns für den Austausch von Informationen genutzt werden, nämlich die Buchstaben und ihre Assimilation in den digitalen Raum. Zusammengefasst im Alphabet erlauben sie uns die Kodierung von Inhalten zu einer sinnvollen oder manchmal auch weniger sinnvollen Nachricht. Dieses Mittel beherrscht im Wesentlichen unsere Kommunikation. Die Buchstaben sind es, die einen gewaltigen Anpassungsprozess durchmachten, der sich auch auf ihre Bedeutung erheblich auswirkte. Wie schon gesagt, handelt es sich hier um eine fiktive Geschichte. Aber wie in vielen dieser fiktiven Geschichten, findet sich hier auch vieles an Wahrheit und sie ist ein Spiegelbild, das aus unserer Realität erwachsen ist, wenngleich sie nicht alles erklärt und aufdeckt, aber für ihre Wahrheit gibt es ja Sie und ihre Erfahrungen.

Marschacht, den 16.09.2018


Balthasar

Balthasar dachte an die lange Geschichte, auf die sie schon in ihrer Entwicklung zurückblicken konnten. Sie begann vor 4000 Jahren und sorgte für die unterschiedlichsten Ausprägungen seiner Art. Sie hatten ihr Aussehen im Laufe der Jahrtausende und Jahrhunderte verändert, hatten sehr verschiedene Einflüsse erfahren. Heute war sein Volk eines der größten auf der Welt. Sie hatten sich durchgesetzt, waren standhaft und stark und hatten sich immer angepasst, um nicht in eine evolutionäre Sackgasse zu geraten. Und das war nicht einfach gewesen, da es durchaus Konkurrenz gab. Immerhin gab es Entwicklungen, die dafür gesorgt hatten, dass sich ganz neue Ethnien den kulturellen Umständen entsprechend ausgebildet hatten und es nur mit gewissem Aufwand möglich war, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Diese Besonderheiten zeigten aber auch die Vielfalt von Entwicklungen im Kontext der Bedingungen eben dieser. Sie waren allesamt physisch in der Welt präsent und allerorten wahrnehmbar. Während er im Kopf diese Gedanken entwickelte, prüfte er die heutige Post. Balthasar hatte heute Morgen die Nachricht bekommen, dass wieder einmal eine Sitzung anstand. Er gehörte dem Ältestenrat seines Volkes an. Diese Sitzungen fanden regelmäßig statt und hatten das Ziel, alle Vorkommnisse zu besprechen und diese zu überdenken. Gleichzeitig war man dazu übergegangen, die Vorgänge zu archivieren. Auf diese Weise konnten auch alle anderen nachvollziehen, wie einzelne Entscheidungen zustande gekommen waren. Die Offenheit, mit der dies betrieben wurde, hatte das Vertrauen der Bevölkerung in den Rat gestärkt. Es gab hier zwar durchaus eine lebendige Diskussionskultur, jedoch auch die Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen. Wenn man Balthasar sah, fiel sofort seine symmetrische Gestalt auf, die ihn auch sehr stolz machte. Er betonte beim Sprechen stets den Buchstaben „B“, er dachte, er könnte so seine Bedeutung noch hervorheben, da sein Name mit B begann. Auf diese Weise entstand in seinem Sprachmuster ein komisches Gefälle von dem fast spuckend ausgesprochenen „B“ bis zu den nachfolgenden Buchstaben. Man konnte meinen, dass er andeuten wollte, dass Balthasar zuerst da war und dann erst der Rest der Welt. Diese Überhöhung wies den Weg zu seinem Charakter. Balthasar war eitel und hielt sich für sehr schlau. Er war der Meinung, dass der Ratsvorsitz ihm allein zustand, seine arrogante Art war für viele im Rat ein rotes Tuch. Seine Sprache wirkte künstlich, er versuchte sich in komplizierten Redewendungen, um Eindruck zu machen, verlor hier jedoch manchmal selbst die Übersicht und dies führte zu den komischsten Sprachgebilden, was bei den Anderen Schadenfreude auslöste, die sie jedoch nicht offen zeigten. Im Allgemeinen war sein Sprachtalent aber gewaltig. Er wurde von den anderen auch deshalb geachtet, weil er die größten Visionen entwickeln konnte, die in ihrer Klarheit und Tiefe von den anderen nicht erreicht wurden. Seine Beiträge zu ihrer Gemeinschaft nahmen einen besonders großen Raum ein. Er war aber auch manchmal sehr aggressiv und selbstsüchtig. Nichtsdestotrotz wirkten die anderen regulierend auf ihn und alle waren einstimmig der Meinung, dass die Beiträge von Balthasar seine besonderen persönlichen Ausprägungen mehr als ausglichen. Balthasar war derjenige im Rat, der die meisten Veränderungen angestoßen hatte, oftmals jedoch mussten die anderen zusammenarbeiten, um allzu einschneidende Vorschläge abzumildern. Immerhin schienen Balthasar diese gelegentlichen Situationen, er gegen alle, nicht besonders zu tangieren. Er erhob zwar oftmals Widerspruch, aber in der jeweils folgenden Diskussion verzichtete er letztlich auf eine finale Konfrontation. Er befürchtete einen Autoritätsverlust einhergehend mit einer Minderung seiner Einflussmöglichkeiten. Trotzdem stellten ihn solche Prozesse nicht zufrieden, da sein Blick immer auf die Zukunft gerichtet war und er Veränderungen in den Mittelpunkt seiner Zufriedenheit stellte. Für ihn waren genau diese unsteten, unter Anpassungs- und Steuerungsdruck befindlichen Veränderungsprozesse die Würze des Lebens. Und er war in einem bestimmten Umfang rücksichtslos, wobei er dies erkannte, es aber für unabdingbar hielt, um für seine Familie Vorteile zu erreichen und um seinen Willen zu bekommen. Andererseits fand er, dass er auch für sein Volk wichtige Dienste verrichtete. Waren die anderen gebunden durch ihre Nähe zu den Traditionen und den meist daran hängenden starren Ritualen, begriff er sich eher als konventionslosen Freigeist. Er fand, dass er so sehr viel weiter über den Tellerrand schauen konnte als die anderen. Das er mehr in der Zukunft lesen konnte als die anderen und dass er offener und vorbehaltloser auch schwierige Entwicklungen begleiten konnte. Tatsächlich war er derjenige, der sich mit Abstand vor den anderen auch eher einer Ungewissheit stellen konnte. Er war mit sich zufrieden, wenngleich man manchmal die Wahl seiner Mittel verurteilen konnte.

 

Gabriel

Ein weiteres Mitglied des Rates war Gabriel. Wie auch Balthasar erhielt Gabriel eine Benachrichtigung. Gabriel liebte Gedichte, seine Welt war eine rhythmisch geordnete. Er versuchte immer die Wahrheiten der Welt auf einen rhythmischen, melodischen Nenner zu bringen. Er beherrschte die Kunst des Dichtens wie kein Zweiter. Er war eine elegante Erscheinung und gab sich als nobler Gönner der schönen Sprache. Er lebte dies auch vor, seine Welt bestand aus konzentrierten Wahrheiten, mal im melodischen Einklang, mal schwer zu ergründen. Jedenfalls schien er von dieser inneren Rhythmik so eingefangen, dass auch seine körperlichen Bewegungen eine Geschmeidigkeit und Gefälligkeit für das Auge entwickelt hatten, das es eine Freude war, ihn zu sehen und zu hören. Seine Gestalt war ein einziges harmonisches Konzept. Er bewahrte die Welt, wie sie war, er war gegen unkontrollierbare Veränderungen. In vielen Diskussionen hatte sich seine Meinung als gegensätzlich zu der von Balthasar herausgestellt. Gabriel stand für Beständigkeit und Tradition, Balthasar dagegen wollte deutliche Spuren der Veränderung hinterlassen. Gabriels Harmonie war auch ein Spiegelbild seines ganzheitlich harmonischen und zufriedenen Lebens. Er übertrug dieses in sich Ruhen auch im positiven auf die anderen Ratsmitglieder und für keine geringe Zahl von ihnen war er ein ganz persönliches Vorbild. Gabriel war zufrieden und konnte in dieser Zufriedenheit ruhen. Er brauchte keine Veränderung um dieses Gefühl herzustellen. Er sah nicht in einem anders, mehr und größer das Glück, sondern in einem Prozess, der immerzu intensiv und mit großer Anstrengung begleitet werden musste, um zu dem Punkt der Zufriedenheit zu gelangen, den er doch schon erreicht hatte. Dieser Prozess war vor allem darauf ausgerichtet, die alten Regeln, Rituale und Gesetze genauestens zu befolgen und zu leben. Die Festigung des Althergebrachten war eins seiner Lebensziele. Die Geschmeidigkeit, die ihn auszeichnete, basierte auf dieser tiefen Verbundenheit zu den Traditionen, er konnte diese perfekt leben und vorleben. Man könnte fast sagen, er war die personifizierte Tradition. Diese perfekte Verbundenheit machte ihn zu einer führenden Persönlichkeit seiner Art. Es schien in ihm auch zu keiner Zeit Widerstände gegeben zu haben, die diese enge Symbiose hätten verhindern können. So schien er einer von tausend oder mehr zu sein, die vom Schicksal mit höchster Kompatibilität in seine Zeit geschickt wurde.

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