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Matthias Müller • Klaus Popa


glauben

einfach

MENSCHEN.

GESCHICHTEN.

GEDANKEN.


Das Buch zur TV-Serie

ADVENT-VERLAG


Dieses E-Book darf ausschließlich von dem Kunden verwendet werden, der es selbst gekauft hat. Jede Weitergabe an andere Personen entspricht nicht der zulässigen Nutzung, ist strafbar und schadet dem Autor/​Herausgeber und dem Verlag.

ISBN EPUB: 978 - 3-8150 - 2616-8 (1. Auflage 2014)

ISBN PRINT: 978 - 3-8150 - 1926-9 (1. Auflage 2011)

© der E-Book-Ausgabe:

STIMME DER HOFFNUNG e. V.,

Sandwiesenstraße 35, 64665 Alsbach-Hähnlein

www.stimme-der-hoffnung.de

© der Print-Ausgabe:

Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent-Verlag,

Pulverweg 6, 21337 Lüneburg

www.advent-verlag.de

Online-Shop: www.adventist-media.de

Datenkonvertierung E-Book: Zeilenwert, Rudolstadt

Lektorat: Werner E. Lange

Korrektorat: Ellen Koschizke, Sonja Lobitz, Hans-Joachim Krause

Satz und Einbandgestaltung: Sarah Kostmann,

STIMME DER HOFFNUNG, Alsbach-Hähnlein

Titelfotos: Tobias Klepp, Klaus Popa, Matthias Müller

Fotos im Innenteil: Wolfgang Schick

Gesamtherstellung: Thiele & Schwarz GmbH, Kassel

Die Bibelzitate sind – falls nichts anderes vermerkt ist – der Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers (revidierter Text 1984), durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, entnommen. Ansonsten bedeuten:

EB = Revidierte Elberfelder Bibel, © 1985, 1991, 2006 SMC R. Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten (vorige Ausgabe);

GNB = Gute Nachricht Bibel, revidierte Fassung, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 2000 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart; hrsg. zusammen mit dem Kath. Bibelwerk, Stuttgart;

Hfa = Hoffnung für alle – Die Bibel (revidierte Fassung), © 1983, 1996, 2002 International Bible Society, Brunnen-Verlag, Basel und Gießen.

© 2011 Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent-Verlag Pulverweg 6, 21337 Lüneburg

www.advent-verlag.de; E-Mail: info@advent-verlag.de

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 978 - 3-8150 - 1926-9

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

01 Leben in der Krise

Rettungsschirme, Krisenstab – und wer hilft mir?

02 Selbstständig – unabhängig – frei

Was ist mit Schicksal, Führung oder Bestimmung?

03 Wird schon! Oder?

Über die Hoffnung, dass wir die Kurve kriegen

04 Wenn es wehtut

Trost im Leid

05 Vielleicht? Vielleicht! Vielleicht.

Von der Beliebigkeit der Freiheit

06 Beten – Bestellung an das Universum?

Vertrauen, ohne zu sehen

07 Heilige Zeit

Warum wir Schmetterlinge lieben

08 Der Anfang

Schöne alte Welt – Traum von morgen?

09 Liebe, Sex und Sehnsucht

Liebe, die hält. Würde, die jedem zusteht.

10 Wenn mein Ende kommt

Eigentlich will ich leben

11 Leben in zwei Welten

Was ist wahr? Wem kann ich vertrauen?

12 Das glaube ich

Gott ist da. Wo Zweifel helfen

13 Die letzte Freiheit

Alles unter Kontrolle. Die Welt am Ende

14 Barmherzigkeit für alle

Allein vor Gott. Kann ich bestehen?

15 Das hat keiner verdient

Erlösung, wie sie im Buche steht

16 Goldene Momente

Eine Entscheidung verändert das Leben

17 Vom Ankommen

Heimat ist, wo die Sehnsucht wohnt.

Die TV-Serie glauben.einfach.

Verpasst? Kein Problem!

Verweise

VORWORT

Wir trafen uns auf dem Flur des Medienzentrums. „Hast du Lust, an einem größeren Projekt mitzuarbeiten? Etwas ganz Neuem, Innovativem?“ Kein langes Zögern; die Neugier war geweckt. So begann unsere gemeinsame Reise.

Wir haben beraten, gebetet, Literatur durchforstet, versucht, uns erneut ein Bild von den Sehnsüchten und Sorgen der Menschen zu machen, die um uns herum leben. Und ein Bild von uns selbst. Wie denken und fühlen wir? Was hat sich in den letzten Jahren verändert? Wo stehen wir heute?

Wir haben uns mit Freunden in Deutschland und Amerika beraten, Freude und Enttäuschungen gemeinsam durchlebt. Am vorläufigen Ende der Reise standen ein Kinofilm, eine TV-Serie, drei Glaubenskurse, eine umfangreiche, interaktive Internetplattform – und dieses Buch.

Auf den folgenden Seiten haben wir unsere Erfahrungen, Beobachtungen und Gedanken niedergelegt, und zwar auf sehr persönliche Weise. Wir wollten nicht Lehrsätze präsentieren, sondern einfach und lebensnah von unseren Überzeugungen, unserem Glauben und unserer Sehnsucht sprechen. Auch von unseren Fragen und unserem Suchen.

Fragen und suchen Sie auch? Dann können wir uns treffen, wenn Sie weiterlesen. Wir hoffen, dass wir Ihnen weiterhelfen, indem wir formulieren, was Sie selbst schon lange im Sinn haben; indem wir Gefühle benennen, die Sie vielleicht schon lange bewegen, und Sehnsüchte berühren, die Sie schon fast vergessen hatten. Willkommen!

Matthias Müller und Klaus Popa


Die Sprecher und Moderatoren von glauben.einfach. Matthias Müller (links) und Klaus Popa


01 LEBEN IN DER KRISE

Rettungsschirme, Krisenstab – und wer hilft mir?

MATTHIAS MÜLLER

Manchmal ist das Maß eben voll, dann reicht’s. Dann läuft uns die Galle über und Andere bekommen es zu spüren. Irgendwann fällt der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Oft lassen wir uns ja gar nicht anmerken, wie voll das Fass bereits ist. Die kleinen und großen Verletzungen, die Sticheleien, Missachtungen, Geringschätzungen, das Sich-ausgenutzt-Fühlen – lange haben wir geschwiegen und alles heruntergeschluckt. Bis es dann nicht mehr ging.

Krisen – kennen Sie das überhaupt? Vielleicht schwimmen Sie gerade ganz oben. Alles bestens? Genießen Sie es!

Andy Andrews lässt in seinem Buch Die Begegnung die Zentralfigur des Romans sagen: „Wissen Sie, jeder von uns steckt entweder in einer Krise, kommt aus einer Krise oder steuert geradewegs darauf zu.“1 Hat er Recht? Wo sind Sie im Moment? Mittendrin, davor oder danach?

Anlass für eine Krise?

 

Es kann alle erwischen. Aldi-Mitbegründer Theo Albrecht (er verstarb Ende Juli 2010) war Zeitungsberichten zufolge als 88-Jähriger von Platz zwei der reichsten Deutschen auf Platz drei abgerutscht. Nur noch 16,7 Mrd. Dollar Vermögen, während sein zwei Jahre älterer Bruder Karl weiterhin die deutsche Nr. 1 mit 23,5 Mrd. Dollar ist (laut Forbes-Liste 2010).2 Das wäre doch fast Stoff für eine Familienkrise gewesen, oder?

Oder nehmen wir Victoria Beckham, ehemaliges Model und Pop-Sängerin, Frau des bekannten englischen Fußballstars David Beckham, einem der bestaussehenden Männer der Welt. Sie ist mehrfache Mutter und nicht immer glücklich über Fotos von sich. Sie sagte einmal: „Ich sehe mein unglückliches Gesicht und denke mir: Warum lächelst du bloß nicht? Naja, wenigstens sieht die Tasche super aus.“3

Solche Krisen hätte ich gerne, wird sicher mancher denken. Worunter leiden Sie zurzeit? Würden Sie es wagen, darüber zu sprechen? Geht der Aufschwung an Ihnen vorüber? Die Politiker reden von neuen Arbeitsplätzen – aber für Sie findet sich keiner? Eine Arbeitsvermittlerin erklärte, dass 80 Prozent ihrer Tätigkeit eigentlich in Sozialarbeit besteht und nur 20 Prozent in Arbeitsvermittlung. Viele haben sich selbst aufgegeben und verhalten sich völlig passiv. Sie nehmen einfach hin, was man ihnen vorgibt. „Mal sehen, wie lange ich hartze …“ Ist das vielleicht auch Ihr Leben? Sie kämpfen sich durch und haben den Eindruck, aus dem Strudel der Krise nicht mehr herauszukommen?

Ich bin nicht mehr der Jüngste. Also ließ ich die üblichen Vorsorgeuntersuchungen machen und erlebte mich, wie ich dasaß und mit gemischten Gefühlen versuchte, im Gesicht des Arztes zu lesen. Was würde er mir sagen?

Nun, ich konnte diesmal erleichtert nach Hause gehen. Leider kann ich das nicht von allen Personen in meiner erweiterten Familie sagen. Ich leide mit.

Wenn wir unser Leben mit olympischen Wettläufen vergleichen, dann sind manche Lebenskrisen wie Kurzstreckenläufe – Sprints. Sie erfordern für kurze Zeit ein Maximum an emotionaler Konzentration; dann sind sie vorbei und das Leben schwingt in die Normalität zurück. Aber andere Krisen sind wie Langstreckenläufe; sie erfordern lange unsere Kraft und Aufmerksamkeit. Das kann sehr viel schwerer sein. Ich bewundere manche Leute, die ich kenne, wie sie mit den enormen Belastungen zurechtkommen.

Kennen Sie das geflügelte Wort: „Ich krieg‘ die Krise“? Nun – unsere Welt hat sie schon. Und zwar immer wieder und in immer kürzeren Abständen. Oder täusche ich mich da, weil ich älter werde und mir die Abläufe schneller vorkommen? Was sagt Ihnen Ihr Gefühl?

Große Krisen?

Ölkrise, Golfkrise, Ozonkrise, Klimakrise, Terrorkrise, Immobilienkrise, Weltwirtschaftskrise, Finanzkrise, Eurokrise. Man kann es doch schon gar nicht mehr hören – oder? Da wird einem schwindelig und vor allem haben viele Menschen das Gefühl, dass sie diese Welt immer weniger verstehen. Auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin antwortete einer der Reiseveranstalter auf die Frage nach der Geschäftslage: „Irgendwo auf der Welt ist immer Krise.“ Stimmt. Aber manchmal können uns die Krisen der Welt völlig egal sein, weil unsere persönlichen Krisen sich wie Berge vor uns aufbauen, hinter denen sich die Sorgen der Welt wie kleine Schatten zusammenkauern.

„Ob sich die durchschnittliche Jahrestemperatur um ein halbes Grad erhöht – juckt mich das, wenn mein Freund sich von mir trennen will?“, sagt die junge Frau. „Ich habe alles getan, um ihn zu halten. Vielleicht mehr, als gut war. Aber dass er mich jetzt fallenlassen will, diese Kränkung sitzt einfach zu tief.“

Da kann auch ein gesetzter Mann die Haltung verlieren, weil er die Zukunft seiner Familie bedroht sieht. Da kann eine junge Frau ihre Zweifel und Anklagen an Gott herausschreien, weil schon wieder ein Traum platzt, kaum dass ihr Lebensschiff etwas Fahrt aufgenommen hat. „Gott, wo bist du? Ich dachte, du bist da und hilfst mir!“

Was ist mit unserer Gesellschaft los?

Haben Sie schon fassungslos vor dem Fernseher gesessen beim Betrachten der Gewalttaten von Kindern und Jugendlichen? Natürlich haben wir Erklärungen. Die brauchen wir auch. Ein Heranwachsender aus einer Problemfamilie sagt sich: Wenn mich schon keiner liebt, dann will ich wenigstens gehasst werden. Andere mögen denken: Wenn ich schon nichts habe, wofür ich kämpfen kann, dann suche ich eben jemanden, gegen den ich kämpfe.

Inzwischen hört man ja auch von Rentnern, die außer sich geraten und Gerechtigkeit nach ihrer Fasson schaffen wollen – Menschen, die in ihrer Not zu untauglichen Mitteln greifen. Oft bricht sich die Gewalt als letztes Mittel Bahn. Bei manchen Nachrichten stockt einem der Atem und man fragt sich: Was ist denn nur los mit unserer Gesellschaft?

Alleingelassen?

Ich bin dankbar für jeden netten jungen Menschen, den ich treffe. Ich freue mich über die Hoffnung in ihren Augen, über den Lebensdrang der Heranwachsenden. Aber es gibt auch das Gegenteil: Da sehe ich eine junge Frau mit ihrem Hund allein auf einer Bank sitzen, die Augen gerötet. Wie groß ist die Tragödie, vor der sie flieht?

Wenn ich jetzt neben Ihnen sitzen würde, würde ich Sie gern fragen: Durch welche Krisen sind Sie schon gegangen? Hatten Sie jemanden, der bei Ihnen war? Haben Sie sich alleingelassen gefühlt? Und wie sind Sie aus der Krise hervorgegangen? Gebrochen, enttäuscht, verzweifelt? Oder reifer, gestärkt, erfahrener? Weiser, getröstet, im Frieden?

Am Ertrinken

Am Battery Park im Süden Manhattans – dort, wo die Schiffe anlegen, die die Touristen zur Freiheitsstatue und nach Ellis Island bringen – gibt es eine Skulptur, die mich beeindruckt hat. Sie heißt „American Merchant Mariners‘ Memorial“ und wurde von der New Yorker Künstlerin Marisol Escobar geschaffen. Sie wurde 1930 in Paris geboren; ihre Eltern stammten aus Venezuela. Sie verlor ihre Mutter schon mit elf Jahren. Ihr Vater führte mit ihr und ihrem Bruder während des Zweiten Weltkriegs ein Nomadendasein. Sie verbrachte einige Jahre ihres Lebens in Europa, bis sie nach New York zog. Dort schuf sie dieses Denkmal mit den vier Männern, das am 8. Oktober 1991 eingeweiht wurde.

Das Kunstwerk steht auf einem steinernen Wellenbrecher im Hafen und zeigt den schräg aus dem Wasser ragenden Bug eines sinkenden Schiffes. Drei Männer sind auf dem Bug. Einer von ihnen liegt am Rand und streckt seine Hand nach unten einem weiteren Schiffbrüchigen entgegen, der sich noch im Wasser befindet. Die Hand des Retters berührt fast die Hand des Ertrinkenden. Der Kopf des Mannes im Wasser ist so platziert, dass er immer wieder von den Wellen überspült wird. Eine beeindruckende Szene, die mich nicht loslässt.

Wenn Sie sich gedanklich in diese Szene hineinversetzen – an wessen Stelle würden Sie sich sehen? Wären Sie der Mensch im Wasser, der immer wieder von den Wellen überspült wird? Oder stehen Sie gerade Anderen im Kampf ums Überleben bei? Oder haben Sie es selbst gerade so aufs Trockene geschafft?

Die richtige Entscheidung treffen

Nicht alle Krisen kündigen sich so an, dass man sich in Ruhe darauf vorbereiten könnte. Plötzlich steht man vor schweren Problemen und weiß nicht vor und nicht zurück. Wie entscheidet man richtig? Wer hilft mir? Der leichte Ausweg ist nicht immer der beste.

Als meine Mutter sich als junges, unverheiratetes Mädchen plötzlich schwanger fand, gab es auch Ratgeber, die sagten: „Lass das Kind wegmachen, du in deiner Lage. Ich kenne da jemanden …“ Sie hat sich – nicht zuletzt aufgrund ihres Glaubens – anders entschieden, und ich bin ihr bis heute dankbar dafür – auch wenn der Weg, den wir gewissermaßen als Familienfragment zu gehen hatten, nicht immer leicht war.

Eine höhere Dimension von Hilfe

Das eben erwähnte Denkmal ist ein Symbol für die dunklen Seiten unserer Zeit, die schweren, die krisenhaften – aber auch für Hoffnung und Rettung. In manchen Krisen ist zuerst die Solidarität gefragt. Bei anderen Krisen braucht es eine höhere Dimension von Hilfe.

Johannes Freiherr Heereman, Präsident des Internationalen Malteser Hilfsdienstes, sagte einmal: „Nähe und Zuwendung sind häufig die Hilfe, die am dringendsten benötigt wird. Die größte Not unserer Gesellschaft ist die geistliche Not – das gilt nicht nur für Alte und Kranke … Viele Mitarbeiter, egal ob Ehrenamtliche oder Hauptberufler, sagen, dass es für sie keine befriedigendere Erfahrung gibt, als anderen Menschen etwas Gutes tun zu können. Wir kommen Gott nie so nahe wie in Momenten der Not. Mein großes Glück war es, das früh erlebt zu haben.“4

Hat er Recht? Sehen Sie das auch so? Läuft es auf das alte Sprichwort hinaus: „Not lehrt Beten“? Oder macht man es sich damit zu einfach?

Jesus sagte: „In der Welt habt ihr Angst, aber lasst euch nicht entmutigen: Ich habe die Welt besiegt.“ (Johannesevangelium 16,33 Hfa)

Einige Jahrhunderte zuvor hatte Gott durch einen seiner Propheten verkünden lassen: „Kann eine Mutter ihren Säugling vergessen? Bringt sie es übers Herz, das Neugeborene seinem Schicksal zu überlassen? Und selbst wenn sie es vergessen würde – ich vergesse dich niemals! Unauslöschlich habe ich deinen Namen auf meine Handflächen geschrieben …“ (Jesaja 49,15.16 Hfa)

Glauben Sie das? Fänden Sie es wohltuend, wenn jemand Ihnen so viel Bedeutung und Beachtung schenken würde?

Worauf Sie sich verlassen können, ist, dass Gott auch für Sie da ist. Nicht ein einziges Menschenschicksal geht unbemerkt an ihm vorüber.

Manchmal sagen Leute: „Ich wünschte, ich hätte auch diesen Halt im Glauben.“ Dieser Halt ist für jeden Menschen da. Selbst dann, wenn Sie noch nie etwas mit Gott zu tun gehabt haben sollten. Er möchte gern etwas mit Ihnen zu tun haben.

Wie sieht es von Ihrer Seite aus? Interessiert? Einige sagen: „Ich kann das einfach nicht glauben. Das ist mir zu fremd.“ Ich würde sagen: Probieren geht über Studieren. Versuchen Sie es! Gott ist näher, als Sie vielleicht denken.

Fragen zum Nachdenken

1. Warum machen mich manche Krisen fassungslos, während andere mich unberührt lassen?

2. Wonach habe ich mich am meisten gesehnt, als ich in einer Krise steckte?

3. Welche Rolle hat der Glaube an Gott in meinen Krisen gespielt?

Zur Vertiefung

Gerhard Padderatz: Allmächtig? Ohnmächtig? Gerecht? Ein Dialog über Gott und sein Handeln, Advent-Verlag, Lüneburg, 8. Auflage 2011, 168 Seiten, Best.-Nr. 1885

James Gilley: Der Herr kämpft für uns. Geistliche Strategien für alltägliche Probleme, Advent-Verlag,Lüneburg 2007, 140 Seiten, Best.-Nr. 1821

Diese und alle anderen empfohlenen Bücher und Medien zur Vertiefung finden Sie im Internet unter www.adventist-media.de oder können sie bei den auf Seite 168 genannten Bezugsquellen telefonisch oder per Fax bestellen.


02 SELBSTSTÄNDIG – UNABHÄNGIG – FREI

Was ist mit Schicksal, Führung oder Bestimmung?

KLAUS POPA

Ein neugeborenes Baby lebt in ständiger Abhängigkeit. Es ist darauf angewiesen, dass seine Eltern sich darum kümmern.

Als kleines Kind konnte ich meine Bedürfnisse und Wünsche kaum selbst erfüllen. Was habe ich dann gemacht? Ich weinte und schrie, wartete und hoffte, dass meine Eltern mir das gaben, was ich brauchte oder wollte.

Wenn man sich als Kind etwas wünscht, z. B. ein Fahrrad, bekommt man es entweder zum Geburtstag, zu Weihnachten, ein Jahr später oder gar nicht. Ab einem bestimmten Alter kann man sich den Wunsch nach einem Fahrrad vielleicht auch selbst erfüllen. Man gibt nicht mehr das gesamte Taschengeld aus, trägt Zeitungen aus oder wäscht Autos von Verwandten und Nachbarn. Irgendwann hat man das Geld zusammen, geht in ein Geschäft und kauft sich das Fahrrad – und später als Jugendlicher den Laptop oder das iPhone. Man ist nicht mehr auf Andere angewiesen; man muss nicht warten, sondern kann selbst handeln. Das sind erhabene Augenblicke.

 

Zutiefst befreiend …

Das Leben selbst in die Hand zu nehmen ist befreiend. Was war das für ein Gefühl der Unabhängigkeit, nachdem ich mein Studium beendet hatte und in meine erste Wohnung eingezogen war, abends in das eigene Auto einzusteigen, von der Arbeit nach Hause zu kommen und die Tür zur eigenen Wohnung aufzuschließen, oder am Monatsende das Gehalt auf mein Konto überwiesen zu bekommen.

Es ist in der Tat zutiefst befreiend, selbstständig zu sein. Man kann entscheiden, selbst bestimmen oder beeinflussen und gesteckte Ziele erreichen. Sein Leben auf die Reihe zu bekommen, heißt die Erfahrung zu machen: Hey, ich kann es schaffen. Ich kann mich auf mich selbst verlassen. Ein Bewusstsein des eigenen Selbst entsteht – man wird selbst-bewusst. Man entdeckt auch, wer man ist und was man kann. Man merkt, dass man durchaus die Fähigkeit und die Macht hat, Dinge im Leben zu bewältigen und sie gegebenenfalls zu verändern. Wenn man will, dass etwas geschieht, dann kann man es machen.

Solche Erfahrungen verleihen uns Stabilität und Stärke. Sie geben Menschen auch ein Gefühl von Freiheit, Sicherheit und Kontrolle. Es ist gut, selbst Verantwortung im Leben zu übernehmen und das Gelingen des eigenen Lebens nicht dem Zufall oder Anderen zu überlassen. Es ist gut, das Geld für das Fahrrad selbst zu erarbeiten. Das nennt man wohl erwachsen werden.

… aber auch erschreckend

Es ist aber auch erschreckend, wenn das eigene Leben nur von einem selbst abhängt. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass man allein nicht immer alles schaffen kann. Jeder, der schon einmal umgezogen ist, weiß, dass ein Kühlschrank oder eine Waschmaschine sich schwer allein aus dem vierten Stock heruntertragen lässt. Um etwas Größeres zu bewältigen, braucht man andere Menschen. Ist man allein, bleibt das, was man nicht erledigen kann, einfach liegen. Was man selbst nicht hinbekommt, wird eben nicht getan.

Außerdem sieht und versteht der Einzelne längst nicht alles. Vieles, was mich betrifft, kann ich z. B. selbst nicht wahrnehmen; Möglichkeiten, Chancen und Grenzen der eigenen Entwicklung sind einem oftmals verborgen. Man braucht den Blick der Anderen. Wir brauchen andere Menschen und Andere brauchen uns – wir brauchen einander. Also doch nicht ganz unabhängig?

Einzelkämpfer

Vor nicht allzu langer Zeit bin ich innerhalb von drei Jahren viermal umgezogen, drei der Umzüge jeweils in ein anderes Land. Das häufige Wechseln von Wohnort und Umgebung ist heute etwas Normales. Für viele bedeutet es ein weiteres Praktikum in einer neuen Firma, das nächste Volontariat an einem anderen Ort, ein Auslandssemester, ein neuer Job, eine neue Stadt oder gar ein anderes Land.

Beim vierten Umzug war meine Euphorie über die Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und die vielen Möglichkeiten ziemlich verflogen. Ich merkte, dass es mich ermüdet hätte, ständig auf mich selbst gestellt zu sein. In der Fremde und an einem neuen Ort kann man sich oft nur auf sich selbst verlassen. Man kämpft immerzu allein und muss zwischen vielen Möglichkeiten wählen. Das erschöpft und lähmt – und manchmal überfordert es einen auch. Am meisten Kraft und Anstrengung hat mich aber gekostet, dass ich mich ständig neu zeigen bzw. verständlich machen musste. Ich musste deutlich machen, wer ich bin und was ich kann – nicht nur den Anderen, sondern auch mir selbst.

Fragen über Fragen

Wir leben in einer immer einmal wiederkehrenden Selbstbefragung: Wer bin ich? Was kann ich? Habe ich überhaupt etwas zu geben? Und ist man endlich an einem Ort oder in einer neuen Lebenssituation angekommen, lassen weitere Fragen nicht lange auf sich warten. Wie Meereswellen Sand abtragen, so erschüttern Fragen das Fundament unserer Entscheidungen. Bin ich überhaupt am richtigen Ort? Habe ich mich richtig entschieden? Hätte ich das Praktikum in der anderen Firma machen sollen? Wären meine Chancen im Berufsleben besser, wenn ich einen anderen Schwerpunkt im Studium gelegt hätte? Wenn ich jetzt diesen Job annehme, sitze ich hier dann nicht für die nächsten Jahre fest? Will ich denn das überhaupt? Solche Fragen verunsichern fundamental und rauben Kraft, Motivation und Freude.

Zutiefst einsam

Ausgelöst durch solche Fragen überkam mich an einem Abend in meinem Studentenzimmer in Amsterdam eine tiefe Einsamkeit. Die durch die Fragen heraufbeschworene Unsicherheit über meine Entscheidungen wurde durch das Alleinsein zusätzlich verstärkt. Damals verstand ich, dass ich als Mensch in meinen Entscheidungen und der Gestaltung meines Lebens einsam bin, zutiefst einsam. Letztendlich steht jeder Mensch wie auch ich mit seinen Entscheidungen allein da. Mir wurde – wie ich in einem Buch las – klar: „Menschlich gesehen liegt das Leben vor uns wie ein unbekannter Pfad. Es ist ein Weg, den jeder, soweit es um die letzten, tiefen Erfahrungen geht, für sich allein gehen muss. Unser innerstes Leben kann kein Anderer völlig mit uns teilen.“1

An dem Abend wurde ich mir meiner Sehnsucht nach einer Sicherheit bewusst, die nicht in mir, in meinen Entscheidungen und meinen Fähigkeiten ihren letzten Grund hat. Ich wünschte mir Gewissheit. Aber der Mensch kann sich eine letzte Sicherheit nicht selbst zusprechen. Sie muss von außen kommen. Außerdem sehnte ich mich nach Führung in meinen Entscheidungen. Mir wurde klar, dass völlige Unabhängigkeit scheinbar doch nicht in die Freiheit, sondern in die Unsicherheit führt.

Sicherheit in den letzten Dingen

Manche deuten diese Sehnsucht als Flucht vor der letzten Verantwortung oder als Unfähigkeit, die Unsicherheit und Einsamkeit des menschlichen Daseins zu ertragen. Meiner Erfahrung nach geht es nicht um eine fehlende Bereitschaft, der Wirklichkeit ins Auge zu schauen. An jenem Abend begriff ich aber, dass mein Herz immer unruhig bleiben wird – es sei denn, dass es in jemandem Ruhe findet, der uns Sicherheit gibt und uns führt.

Jemand, der für uns da ist

Wir sehnen uns nach jemandem, der in den Stunden der Einsamkeit und Unsicherheit für uns da ist. Unsere Schutzbedürftigkeit und die tiefe, existenzielle Einsamkeit können nicht von Menschen gestillt werden, auch wenn das heute in Filmen, Büchern und Zeitschriften immer wieder behauptet wird. Dies voneinander zu erwarten heißt, uns zu überfordern. Die Freundin oder der Freund, die Ehefrau oder der Ehemann, die Mutter oder der Vater, Freunde oder Arbeitskollegen, der Psychologe oder die Therapeutin können uns helfen, uns trösten, uns aufbauen und anderes mehr. Aber Sicherheit in den letzten Dingen – innere und endgültige Sicherheit – können Menschen uns nicht geben. Früher oder später müssen wir unseren eigenen Weg wählen, der über unser Geschick entscheidet – auch über unser ewiges. Spätestens dann sind wir auf uns selbst gestellt.

Der einzige Baumeister meines Lebens?

Spät in der Nacht ging ich in die Küche und machte mir einen Tee. Durch das Küchenfenster betrachtete ich den Nachthimmel. Mir wurde klar, dass es mir um mehr als um Sicherheit und Führung von außen ging. Letztendlich sehnte ich mich nach einem Leben, das mehr ist als das Ergebnis meiner eigenen Überlegungen, Anstrengungen und Handlungen. Ich sehnte mich nach dem, was das Leben mir schenkt, ohne dass ich es beeinflusst hätte, nach dem, was ich nicht selbst kreiert und erschaffen hatte. Ich wollte nicht der einzige Baumeister meines Lebens sein. Ich merkte: Nicht das, was ich mir selbst erarbeitet hatte, erfüllte mich mit der tiefsten Freude, sondern die Dinge und Begegnungen, die mir das Leben ohne mein Zutun geschenkt hatte.

Ich glaube, dass wir uns alle nach Begegnungen sehnen, die wir nicht geplant und kalkuliert haben, sondern uns einfach passieren. Wir sehnen uns auch nach Chancen und Möglichkeiten, die wir uns nicht erarbeitet haben, sondern uns geschenkt werden. Wir sehnen uns nach einer Bedeutung, die nicht wir selbst uns gegeben haben, sondern uns von außen zugesprochen wird.

Wir wollen entdeckt werden

Der moderne Mensch sehnt sich nach Schicksal. Wir leben in einer von der Wissenschaft entzauberten Welt. Unser Leben scheint immer mehr lediglich das Resultat von berechenbaren kausalen Zusammenhängen in einem entseelten Zeit-Raum-Gefüge zu sein. Schicksal, Abenteuer und Bedeutung gibt es scheinbar nur noch im Kino, in Computerspielen oder in Freizeitparks, aber nicht mehr im realen Leben. Wir sehnen uns danach, entdeckt zu werden. Die unzähligen Castingshows im Fernsehen sind ein Beispiel für den Wunsch Tausender, jemand Besonderes zu sein. Sie alle wollen ihre Chance auf Ruhm, Ehre und Einzigartigkeit bekommen.

Unsere Sehnsucht geht aber über ein unpersönliches Schicksal hinaus. Wir wollen gesehen werden. Der Schlüsselsatz im Film „Avatar“ lautet: „Ich sehe dich“. Wir sehnen uns danach, gesehen zu werden, das heißt angenommen und geliebt zu werden – so wie wir sind. Und wir sehnen uns nach einem guten Vater, der uns in der Unsicherheit und Einsamkeit unserer Entscheidungen zur Seite steht. Verantwortung übernehmen, unabhängig sein, Selbstbewusstsein aufbauen, Sicherheit spüren – das ist eben doch nicht alles. Sich sein Fahrrad selbst zu erarbeiten macht einsam. Wir spüren diese Einsamkeit und sie macht uns traurig und unglücklich.

Ruhe finden in Gott

An jenem Abend las ich in der Bibel die Schöpfungsgeschichte. Eine Passage sprach mich besonders an: „Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich! … Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie …“ (1. Buch Mose 1,26 – 28 EB) Diese Geschichte öffnete mir eine Tür zu einer Welt, in der Sicherheit, Führung, Hilfe, Bedeutung, Chancen und Möglichkeiten letztendlich nicht aus dem Menschen kommen oder vom Zufall herrühren, sondern von einem liebenden Gott. Diese Zeilen trafen direkt meine Sehnsucht.

Kürzlich sprach ich mit einem Freund, der nicht an Gott glaubt, über diese Gedanken. Er machte eine lange Pause, dachte nach und sagte schließlich: „Weißt du, die wichtigste Frage an das Christentum wäre wohl: Hält es das, was es verspricht? Ist da wirklich ein Gott, der sich sorgt und sich kümmert, der führt und hilft, der beschützt und liebt?“ Ich habe innegehalten und nichts gesagt. Später dachte ich mir: Beweisen zu wollen, dass Gott da ist, wäre menschliche Anmaßung. Ihn zu erleben und zu erfahren, ist dem Menschen möglich. Es ist ein Vorrecht.

Wagen Sie es. Fragen Sie nach Gott. Suchen Sie ihn. Sie werden erleben, dass auch Ihr Herz in Gott Ruhe findet.

Fragen zum Nachdenken

1. „Das Leben selbst in die Hand zu nehmen ist befreiend.“ Woran liegt es, wenn ich das nicht oder nicht immer so empfinde?

2. Was hindert mich daran, Kontakt mit diesem Gott aufzunehmen, „der sich sorgt und sich kümmert, der führt und hilft, der beschützt und liebt“?