Please don't leave me

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Please don't leave me
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LORA FLYNN
PLEASE DON’T LEAVE ME
ROMAN

Band 2

PLEASE DON’T LEAVE ME

VORWORT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

DANKSAGUNG

ÜBER DIE AUTORIN

Überarbeitet 2021

Deutsche Erstausgabe 10/2019

Copyright © 2019 by Lora Flynn,

c/o Bianca Kronsteiner, impressumservice.net,

Robert-Preußler-Straße 13 / TOP 15020 Salzburg,

AT – Österreich

Druck und Bindung: epubli – ein Service der neopubli, GmbH, Berlin

Umschlaggestaltung: Copyright © by Lora Flynn

lora.flynn@web.de

Für meine Familie.

VORWORT

„Erinnere dich an die Vergangenheit nur in soweit, als dass du dich ihrer erfreust.“

- Jane Austen, Stolz und Vorurteil

Kapitel 1

Seufzend starrte ich aus dem Fenster des Klassenzimmers und beobachtete die dicken Schneeflocken, die sanft und lautlos vom Himmel rieselten. Sie verwandelten die Landschaft in ein sagenhaftes Paradies aus Weiß. Ein sehr schöner Anblick. Die tristen grauen Wolken am Himmel schienen nicht gerade auf ein baldiges Ende des Schneesturms hinzudeuten, dennoch war es wunderschön, die Natur in den Farben des Winters erstrahlen zu sehen, obgleich ich den Winter nicht sehr mochte. Es war kalt, nass und bei starkem Schneefall hatte man Probleme, um mit dem Auto von A nach B zu kommen.

Die Scheiben waren von der Kälte draußen schon völlig beschlagen. Für Ende November war es bereits verdammt kalt und die Tatsache, dass die Heizungen im ganzen Gebäude ausgefallen waren, trug nicht gerade zu einem angenehmen Schultag bei. Alle Schüler saßen eingewickelt in ihre dicken Winterjacken und Schals da. Jedem sah man die Kälte und die Unlust am Unterricht an. Keiner konnte sich wirklich konzentrieren.

»Vielleicht bekommen wir ja schneefrei«, flüsterte Poppy vom Platz nebenan und kicherte leise. Ich wandte mich ihr zu und brachte nur ein schwaches Lächeln zustande. Ihre Wangen und selbst ihre Nase waren von der Kälte schon ganz rot. Während Poppy seit einigen Wochen förmlich strahlte vor Glück, glich ich mehr einer Depression auf zwei Beinen.

Poppys Vermutung nach litt ich an dem allseits bekannten Winterblues. Ich dagegen tippte eher auf die Erkrankung in Form eines gebrochenen Herzens. Seit Wochen hörte ich das ein und selbe Lied hoch und runter. MIKA, Happy Ending. Wie passend. Ich seufzte und wieder einmal wanderten meine Gedanken zu ihm, zu dem Mann, der mir geholfen hatte eine schlimme Zeit durchzustehen. Er war für mich da gewesen. Er war der Einzige, dem ich mich geöffnet hatte. Langsam aber sicher hatte er sich einen Weg in mein Herz gebahnt, nur um es mir kurz darauf wieder zu brechen. Es genügte einzig und allein an seinen Namen zu denken und mein Magen krampfte zusammen, mein Herz fühlte sich an, als würde es aus meiner Brust gerissen werden und eine tiefe Trauer erfüllte mich.

Es waren mittlerweile zwei Monate vergangen, seit Logan und ich uns gestritten und unsere Beziehung, wenn man es überhaupt als solche bezeichnen konnte, endete. Unglaublich, wenn ich darüber nachdachte, wie schnell ich mich in ihn verliebt hatte.

Logan hatte es geschafft mein Herz im Sturm zu erobern, nur um es daraufhin wieder wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen. Es grenzte beinahe schon an einen Rekord. Seit unserem Streit hatten wir kein Wort mehr miteinander gewechselt. Im Unterricht litt ich Höllenqualen und auch wenn es sich wie ein schier unmögliches Unterfangen anhörte, ich hatte Logan seit genau zwei Monaten nicht ein einziges Mal mehr in die Augen gesehen. Weder im Unterricht noch wenn wir uns irgendwo begegneten. Gar nicht. Das Traurige aber war, dass ich noch immer jedes einzelne Detail seines Gesichtes vor Augen hatte, als hätte es sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt. Seine eisblauen Augen, sein glühender Blick, besonders die Grübchen, die sich zeigten, wenn er einmal lächelte, was viel zu selten vorkam.

Ein Seufzen entrann sich meinen Lippen. Mein Herz sehnte sich nach ihm, jede Faser meines Körpers schrie nach seiner Nähe, nach seinen Berührungen. Ich vermisste ihn. Ich vermisste ihn so sehr, dass es mich innerlich beinahe schon zu zerreißen drohte.

Ich erschrak, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte. Ich sah auf, direkt in Poppys warme braune Augen. Sie schauten mitfühlend auf mich herab.

»Drea, er hat nicht verdient, dass du auch nur noch einen einzigen Gedanken an ihn verschwendest«, sie strich behutsam über meine Schulter. Krampfhaft versuchte ich die Tränen zu unterdrücken, dir mir bei ihren Worten in die Augen stiegen. Ich brachte ein schwaches Nicken zustande und wandte mich sofort wieder den Schneeflocken hinter dem Fenster zu. Mir graute es vor der nächsten Stunde. Englisch. Bei ihm.

Mein Magen krampfte sich zusammen, wenn ich daran dachte, ihm so nahe zu sein und gleichzeitig auch wieder so weit entfernt. Seine Anwesenheit zu spüren, ihn jedoch nicht berühren zu können. Seine Stimme zu hören, ohne ihn ansehen zu können. Es war die reinste Folter. Eine Qual für mein Herz und meine Seele.

Im nächsten Moment ertönte der Gong. Ich nahm einen tiefen Atemzug und versuchte das letzte bisschen Kraft in mir zu sammeln, das mir noch geblieben war. Auch wenn ich innerlich verzweifelte und am liebsten geweint und geschrien hätte, so versuchte ich nach außen hin doch souverän und unbekümmert zu wirken. Wenngleich mir das nicht so recht gelingen wollte. Das Leben ging weiter, aber ich lebte nicht wirklich. Ich fühlte mich viel mehr wie eine Maschine, eine Maschine, die irgendwie funktionieren musste.

Ich stopfte meine Sachen in die Tasche und trat gemeinsam mit Poppy den Weg zum Englischsaal an. Da Timmy einen anderen Kurs besuchte, verabschiedete er sich von uns. Auch er hatte bemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmte, doch man musste mir wohl ansehen, dass ich schlicht und ergreifend nicht darüber sprechen wollte. Also beließ er es dabei. Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass er zurzeit mit seinen eigenen Problemen beschäftigt war.

Vor zwei Monaten hatte er mir gestanden, in Poppy verliebt zu sein. Doch anstatt ihr seine Gefühle zu offenbaren, hatte er sich in Schweigen gehüllt. Und nun war Poppy anderweitig vergeben. Sie und mein Bruder Lukas waren mittlerweile ein Paar. Das war auch der Grund für ihre überschwängliche Laune in der letzten Zeit. Man bekam Poppy gar nicht mehr von ihrem hohen Ross herunter. Sie hatte dauerhaft dieses Hundert-Watt-Grinsen im Gesicht. Es war sogar so schlimm, dass sie selbst in der Schule irgendwelche Melodien vor sich hin pfiff und fröhlich von einer Stunde in die nächste tänzelte. Und das hatte wirklich etwas zu heißen, denn Poppy hasste Schule über alles.

 

Ich persönlich freute mich zwar für ihr Glück, andererseits war es allerdings nur wieder ein weiteres Indiz dafür, dass das Schicksal es nicht gut mit mir meinte. Jeder um mich herum fand sein Glück, während mir ein Rückschlag nach dem anderen widerfuhr.

Ich nahm einen tiefen Atemzug und folgte Poppy zum Englischsaal. Seit zwei Monaten war es das gleiche Spiel. Ich setzte einen Fuß vor den anderen. Einen vor den anderen. Immer weiter. Immer weiter. Ich konzentrierte mich ganz auf meine Füße, versuchte meinen sich beschleunigten Herzschlag zu beruhigen, der immer wilder pochte, je näher wir dem Saal kamen. Bis wir schließlich ankamen.

Und dann plötzlich setzte mein Herz für einen kurzen Augenblick aus. Ich spürte seine Anwesenheit, spürte seine Nähe, seine Wärme, konnte ihn in Gedanken sehen, obwohl ich gar nicht aufblickte. Jeder einzelne meiner Muskeln spannte sich an, während meine Finger krampfhaft die Bücher in meiner Hand umklammerten.

Ich hielt den Atem an und trat durch die offene Tür hinter Poppy in den Saal ein. Im Augenwinkel erkannte ich das Schimmern seines goldenen Haares, ich roch sogar seinen Duft und obgleich ich es zu vermeiden versuchte, sog ich ihn tief durch die Nase ein. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter und ging mit gesenktem Kopf am Lehrerpult vorbei, direkt zum Mittelgang, von wo aus ich nach hinten auf meinen Platz trottete.

Für einen kurzen Moment glaubte ich seinen Blick in meinem Rücken zu spüren. Ein warmes Prickeln kitzelte in meinem Nacken und ich musste gegen den Drang ankämpfen, mich umzudrehen, um ihn anzusehen. Ich wusste ein einziger Blick in seine Augen und ich wäre verloren gewesen. Der Kummer hätte mich übermannt und das letzte bisschen Kraft, das sich noch in meinem Innern befand, würde zerstört.

Langsam legte sich der Lärmpegel. Die Gespräche der Schüler stellten sich allmählich ein und die Aufmerksamkeit aller richtete sich auf Logan.

»Guten Morgen. Ich hoffe ihr hattet ein schönes Wochenende«, der Klang seiner Stimme überrollte mich wie eine Flutwelle. Obwohl ich sie beinahe täglich zu hören bekam, blieb der Stich in meinem Innern, den sie verursachte, immer gleich. Krampfhaft versuchte ich mich irgendwie abzulenken, um nur nicht dem melodischen Klang seiner Stimme zu folgen. Allerdings gelang mir das nicht so, wie ich es mir vorstellte. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich seinen Worten zu lauschen begann. Logan hatte einfach dieses Talent, Menschen mit Worten zu fesseln.

»Und da Weihnachten immer näher rückt, habe ich mir überlegt, um den Zusammenhalt unseres Kurs noch etwas zu stärken, zu wichteln.«

Sofort horchte ich auf. Wichteln? Ernsthaft? Ich konnte mir gerade noch im letzten Moment ein Stöhnen verkneifen. Poppy dagegen ließ ihrem Missfallen über diesen Vorschlag freien Lauf.

»Schöne Scheiße!« Wie immer war ihr Mundwerk schneller als ihre Gedanken. Alle Köpfe flogen zu uns herum.

»Miss Whitehill, Sie scheinen nicht sehr angetan von dieser Idee?«, ertönte Logans Stimme aus Richtung des Pultes. Ich musste nicht hinsehen, um zu wissen, wie sich seine Brauen zu einem schmalen Strich zusammenzogen und sich ein genervter Ausdruck über sein Gesicht legte.

Poppy dagegen ließ sich wie immer von nichts aus der Ruhe bringen. Völlig entspannt lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück.

»Mr Black«, begann sie lachend zu sprechen.

»Wir sind nicht mehr in der fünften Klasse. Ich bitte Sie, das ist Schwachsinn.«

»Na wenn das so ist, dann stimmen wir doch ab. Wer das Wichteln befürwortet, hebt bitte die Hand«, entgegnete Logan siegessicher. Ich ließ meinen Blick über die Schüler wandern und wäre am liebsten in meinem Stuhl zusammengesunken. Mehr als die Hälfte meldete sich. Ich war absolut kein Fan von diesem Wichteln. Wenn man Pech hatte, zog man den Namen eines Mitschülers aus dem Lostopf, mit dem man so gut wie gar nichts am Hut hatte. Und ausgerechnet dieser Person musste man dann auch noch ein Weihnachtsgeschenk machen.

»Was Idioten«, murmelte Poppy kopfschüttelnd neben mir und ich konnte ihr nur beipflichten.

»Sehr gut, die Mehrheit ist dafür«, stellte Logan fest. Am Rande sah ich, wie er um das Lehrerpult herum ging und eine kleine Schachtel aus seiner Schublade hervorholte.

»Schreibt bitte alle euren Name auf einen kleinen Zettel und werft ihn in diese Box. Anschließend gehe ich herum und jeder darf einen Namen ziehen.«

Poppy neben mir gab leise Würgegeräusche von sich und zum ersten Mal an diesem Tag konnte ich mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Gerade als ich meinen Namen auf ein kleines Stück Papier schreiben wollte, ergriff jemand das Wort.

»Aber Mr Black. Ich finde, Sie sollten, wenn wir schon wichteln, unbedingt mitmachen!«, Madison Lively. Erste Reihe. Dies war der Moment, in dem das kleine Lächeln auf meinen Lippen sogleich wieder erstarb. Logan sollte mitwichteln? Unter gar keinen Umständen! Was, wenn ich seinen Namen zog und ihm etwas schenken musste? Das wäre mein Untergang.

»Ich denke nicht Madison, dass …«, setzte er zum Reden an, doch einige der Schüler unterbrachen ihn und stimmten Madisons Vorschlag völlig begeistert zu.

In diesem Augenblick hätte ich alles dafür gegeben, um Logans Reaktion zu sehen, hätte ihm am liebsten in die Augen gesehen, um herauszufinden, was er gerade dachte. Wieder spürte ich dieses Kribbeln im Bauch und war mir absolut sicher, dass er gerade zu mir sah. Doch ich blickte nicht auf. Ich konnte es nicht.

»Na gut. Wenn das euer aller Wunsch ist, dann möchte ich natürlich kein Spielverderber sein.« Logan lachte leise und ging zurück zum Pult und begann seinen Namen aufzuschreiben und in den Lostopf zu werfen.

Nein. Nicht der Wunsch aller.

Gott, was sollte ich nur tun, wenn ich seinen Namen tatsächlich zog? Mein Magen krampfte sich zusammen. Das Schlimme daran war nicht einmal, dass Logan tatsächlich mitspielte, viel mehr die Tatsache, dass falls ich wirklich so viel Pech hatte und seinen Namen zog, ich kein Geschenk für ihn kaufen konnte. Denn es handelte sich hierbei um Logan. Der Mann, in den ich unsterblich verliebt war. Ich würde ihm nicht einfach irgendetwas schenken können. Ich kannte mich, ich würde mich von meinen Gefühlen leiten lassen und das würde kein gutes Ende nehmen. Himmel, dann würde ich doch tausend Mal lieber Madison ziehen wollen.

Poppy stupste mich an und riss mich damit aus meinen Gedanken. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass Logan direkt vor unserem Tisch stand, um unsere Zettel einzusammeln. Seine Nähe überrumpelte mich und für einen kurzen Moment war mein Kopf wie leergefegt.

So viele Emotionen überrollten mich. Sehnsucht. Trauer. Wut und Enttäuschung.

Anstatt mein Papier einfach in den Lostopf zu werfen, schob ich ihn über den Tisch zu Logan rüber. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Seine unmittelbare Nähe war zu viel für mich. Logan nahm den Zettel entgegen und ging weiter. Poppy tätschelte mir unter dem Tisch aufmunternd das Bein.

»Du bist stark, Drea. Du schaffst das«, flüsterte sie so leise, dass nur ich es hören konnte. Ihre Anwesenheit und ihre Fürsorge spendeten mir auf gewisse Art und Weise etwas Trost. Ich war so unendlich dankbar dafür, Poppy an meiner Seite zu haben.

Als Logan zum zweiten Mal umher ging, um jeden einen Namen ziehen zu lassen, wurde ich immer nervöser. Meine Hände begannen zu zittern und ich war kaum imstande mich auf etwas zu konzentrieren. Poppy schien das zu bemerken, denn als Logan an unserem Tisch angekommen war, fischte sie gleich zwei Zettel aus dem Kästchen. Eines gab sie mir, das andere behielt sie.

»Danke« flüsterte ich ihr leise zu. Poppy grinste mich nur breit an und machte sich dann an ihrem gezogenen Los zu schaffen. Mein Herz begann unterdessen immer schneller zu schlagen, während ich den Zettel auseinanderfaltete.

Noah

Ein Stein fiel mir vom Herzen. Ich hatte Dannys besten Freund gezogen. Kein Logan. Entspannt lehnte ich mich zurück und atmete tief ein. Sogleich zuckte ich jedoch wieder zusammen, als Poppy neben mir plötzlich laut zu lachen begann. Sie prustete drauf los und hielt sich vor Lachen den Bauch.

»Was hast du denn?«, verwirrt sah ich Poppy an, die kaum noch an sich halten konnte.

»Miss Whitehill, dürften wir anderen auch erfahren, was denn so lustig ist?«, erklang Logans missmutige Stimme. Poppy schüttelte lediglich den Kopf und wischte sich die Tränen von den Wangen.

»Ist das Ihr Ernst? Ich will neu ziehen. Für diese Person gebe ich garantiert keinen einzigen Cent aus.«

Wieder musste Poppy anfangen zu lachen. Ich warf einen Blick auf den Namen, den sie gezogen hatte und fand die Erklärung für ihr Verhalten.

Madison

Nun konnte auch ich ein Grinsen nicht mehr unterdrücken. Poppy hatte ausgerechnet ihre größte Erzfeindin gezogen. Welch eine Ironie des Schicksals.

»Es ist mir völlig egal, ob sie mit Ihrem Los zufrieden sind oder nicht. Wir werden nicht noch einmal neu ziehen, ob es Ihnen passt oder nicht«, an Logans Tonfall erkannte man, dass er die Nase so langsam gestrichen voll hatte von Poppys Nörgeleien. Poppy dagegen schien Logans Missfallen kaum wahrzunehmen.

»Das Einzige was ich dieser Kuh schenken werde, ist eine Packung Kondome«, murmelte Poppy leise vor sich hin. Doch es schien Logan nicht entgangen sein.

»Raus.« Wie ein Donnerschlag dröhnte Logans Stimme schneidend durch den Raum.

»Ernsthaft, Mr Black? Was ist mit freier Meinungsäußerung?«, schnaubte Poppy und gestikulierte wild mit den Händen.

»Ich werde nicht mit Ihnen diskutieren, Penelope. Entweder verlassen Sie den Klassenraum oder Sie können sich beim Direktor melden«, Logans Stimme war kalt und erstickte jeglichen Widerspruch im Keim.

Aber Poppy? Sie war die Einzige, die es wagte, den Lehrern über den Mund zu fahren.

»Ich hoffe Sie ziehen ebenfalls die Person, der sie am wenigsten etwas schenken wollen, Mr Black. Ich denke Sie wissen genau, wen ich meine!«, keifte sie zurück, während sie sich von ihrem Stuhl erhob.

»Raus, sofort!«, schrie Logan mit schneidender Stimme. Sein Zorn war kaum zu überhören.

Augenblicklich überkam mich eine innere Anspannung. Natürlich war mir die versteckte Botschaft hinter Poppys Stichelei nicht entgangen und ich hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass Logan ebenfalls verstand, worauf Poppy hinauswollte.

Unsere Mitschüler tuschelten leise und warfen sich irritierte Blicke zu. Lediglich Danny hatte Poppys Wink mit dem Zaunpfahl wahrgenommen. Er drehte sich auf seinem Platz in der ersten Reihe um und richtete seine Augen auf mich. Er warf mir einen mitfühlenden Blick zu. Am liebsten hätte ich mich übergeben. Wie konnte Poppy es nur wagen aus ihrem Ärger heraus solch einen Spruch vor der ganzen Klasse zum Besten zu geben? Das war unverantwortlich.

Als die Tür hinter Poppy mit einem lauten Knall ins Schloss fiel, herrschte für ein paar Sekunden Stillschweigen. Niemand traute sich auch nur den geringsten Laut von sich zu geben. Wieder einmal kämpfte ich gegen den Drang an, nach vorn zu Logan zu blicken, zu versuchen seine Gedanken zu lesen. Doch ich wagte es nicht.

Stattdessen verbrachte ich den Rest der Stunde damit, verkrampft auf meinem Platz zu sitzen und mit klopfendem Herzen die Sekunden zu zählen, bis es wohl endlich klingeln mochte. Insbesondere jetzt, da Poppy nicht bei mir war, fühlte ich mich so unendlich verloren. Sie war meine einzige Stütze gewesen.

Mit jeder Faser meines Körpers spürte ich Logans Anwesenheit. Jedes Mal wenn er meinem Platz näherkam, beschleunigte sich mein Puls. Es war wie ein Fluch. Ich konnte mich auf nichts anderes mehr konzentrieren.

Als es endlich zur nächsten Stunde klingelte, fiel eine Last von mir ab. Endlich war ich erlöst. Hastig sprang ich von meinem Stuhl auf, verstaute meine Bücher in Rekordgeschwindigkeit in meinem Rucksack und drängelte mich in Richtung Tür. Meine Augen richtete ich stur auf den Boden, Hauptsache ich kam nicht in Versuchung ihn anzusehen. Ich wollte nur noch hier raus. Weg von Logan.

Ich hatte fast die Tür erreicht, als ich mit jemandem zusammenstieß.

»Hey kannst du nicht aufpassen?« Die Person vor mir drehte sich herum und ich starrte in Madisons verärgertes Gesicht.

»Na, wen haben wir denn da? Unsere Heulsuse wieder«, abfällig hob sie eine ihrer perfekt gezupften Brauen. Seit ich wieder mit Danny befreundet war, hatte Madison es auf mich abgesehen. Ständig versuchte sie mich zu provozieren oder zu beleidigen.

 

»Lass mich einfach in Ruhe«, murmelte ich und wollte an ihr vorbei. Allerdings stellte sie sich mir in den Weg, wobei sie ihre Arme provokativ vor der Brust verschränkte.

»Wie wäre es mit einer Entschuldigung?«

»Geh mir aus dem Weg«, presste ich knirschend hervor und versuchte meinen Unmut zu zügeln. Ich hatte absolut keine Nerven, mich jetzt auch noch mit Madison herumzuschlagen. Ich wollte einfach nur aus diesem gottverdammten Klassenzimmer raus.

»Du hast wohl keine Augen im Kopf und denkst, du könntest die Menschen um dich herum behandeln wie du willst, aber ich sag dir jetzt mal etwas, Dupree, du…«, noch ehe sie ihren Satz beenden konnte, drang direkt hinter mir eine vertraute Stimme an mein Ohr.

»Madison, es reicht jetzt. Lassen Sie Drea durch«, kraftvoll und melodisch umschmeichelte sie mein Gehör. Er stand unmittelbar hinter mir, ich konnte seine Wärme beinahe schon spüren. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag und ich fühlte einen Stich in der Magengegend. Eine schmerzhafte Sehnsucht überkam mein Inneres und schnürte mir die Luft zum Atmen ab. Ich musste weg von Logan. Sofort.

Betreten sah Madison zu Boden und trat einen Schritt zur Seite. Im Bruchteil einer Sekunde stürmte ich ohne einen Blick zurückzuwerfen, aus dem Klassenraum. Auf direktem Weg eilte ich zu den Toiletten. Und wieder einmal hatte Logan es geschafft, mich mit seiner bloßen Anwesenheit zum Weinen zu bringen.