Sky-Navy 04 - Finale auf Regan III.

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Sky-Navy 04 - Finale auf Regan III.
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Michael Schenk

Sky-Navy 04 - Finale auf Regan III.

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Was bisher geschah

Kapitel 2 Die Verborgenen

Kapitel 3 Beratung

Kapitel 4 Zwingende Notwendigkeit

Kapitel 5 Unmögliches wird sofort erledigt

Kapitel 6 Cherbourg

Kapitel 7 Beschränkte Mittel

Kapitel 8 Ein neuer Lebensraum

Kapitel 9 Ein neuer Plan

Kapitel 10 Weitere Überlebende

Kapitel 11 Schaumschiffe

Kapitel 12 Die Nullzeit-Waffe

Kapitel 13 In Gefahr

Kapitel 14 Operation Canae

Kapitel 15 Laufende Feindberührung

Kapitel 16 Vorbereitungen

Kapitel 17 Cherbourg in Gefahr

Kapitel 18 Der Gegenschlag

Kapitel 19 Aufsitzen

Kapitel 20 Erbittertes Ringen

Kapitel 21 Die Landung beginnt

Kapitel 22 Tally Ho!

Kapitel 23 Eine böse Überraschung

Kapitel 24 Cav Ho!

Kapitel 25 Kampf um Cherbourg

Kapitel 26 Kein Pardon

Kapitel 27 Wiederaufbau

Kapitel 28 Wer den Frieden will…

Kapitel 29 Ankündigung

Impressum neobooks

Kapitel 1 Was bisher geschah

Sky-Navy 4

Finale auf Regan III.

Military Science Fiction

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2017

Die von Menschen besiedelte Welt Regan III. wurde von einem Alien-Volk überfallen. Die Angreifer haben Ähnlichkeit mit großen Käfern, jedoch nur vier Gliedmaße. Alle Fluggeräte oder Fahrzeuge basieren auf der Grundform einer smaragdgrünen Kugel. Ohne Vorwarnung attackieren sie die Siedlungen, töten oder entführen ihre Bewohner und richten große Zerstörungen an.

Ein Patrouillen-Kreuzer der Sky-Navy wird durch fremdartige goldene Energietentakel zerstört, wobei die Aliens auch eine Art Energiewand errichten können, welche die Waffen der Menschen nahezu wirkungslos macht. Nur mit den schweren Railguns scheinen diese Schutzsysteme überwindbar zu sein.

Als Hoch-Admiral John Redfeather mit einer Kampfgruppe im Regan-System erscheint, haben die Aliens Verstärkungen herangeführt. In der sich entwickelnden Schlacht können einige Alienschiffe zerstört werden, dennoch muss die Sky-Navy der Übermacht unter schwerwiegenden Verlusten weichen.

Mit einem neuartigen Landungskreuzer ist es gelungen, zwei Kompanien (Troops) der Sky-Cavalry auf dem Planeten abzusetzen. Captain Bardos und seine Troopers sollen die Absichten und Möglichkeiten der sogenannten „Greens“ auskundschaften. Sie finden Überlebende und müssen feststellen, dass sich die Aliens von den Menschen zu ernähren scheinen.

Den Menschen auf Regan III. bleibt nur eine Chance – Ein erneuter Angriff der Sky-Navy und ein Sieg über die Fremden…

Kapitel 2 Die Verborgenen

Geheimes Lager im Urwald,

1.700 KM nördlich der Hauptstadt Paradise, Kolonialwelt Regan III.

Es war nicht einfach sich vor einem Feind verborgen zu halten, dessen Fähigkeiten man nicht kannte. Captain Bardos hatte sein Möglichstes getan, um das Camp vor einer Entdeckung zu schützen und ihm standen hierzu alle bekannten technischen Hilfsmittel der Tarnung zur Verfügung.

Über die gesamte Ausdehnung des Lagers standen hohe Teleskopmasten, über die das Tarnnetz gespannt war. Durchsichtige Ballons schwebten an hauchdünnen Kabeln darüber. Sie waren mit anderen außerhalb des Camps synchronisiert. Die integrierten Messgeräte ermittelten die Daten der Umgebungstemperatur und die Steuerung des Netzes sorgte dafür, dass man aus der Luft keine Unterschiede feststellen konnte. Luftbilder der kleinen Scout-Drohnen, die man vor Errichtung des Camps aufgenommen hatte, waren auf das optische System übertragen und das Tarnnetz vermittelte den Eindruck unberührten Waldes.

Darunter ging es lebhaft zu.

Die Troops A und F der zehnten Sky-Cavalry waren mit fast hundertvierzig Männern und Frauen auf Regan III. gelandet und führten umfangreiche Ausrüstung und Versorgungsgüter mit sich. Sie waren auf ein Leben im Verborgenen und einen längeren Aufenthalt vorbereitet und diese Maßnahme hatte sich bewährt, denn nach dem Scheitern der Sky-Navy wusste niemand zu sagen, wie lange die Troopers auf sich alleine gestellt bleiben würden. Die Angehörigen der Raumkavallerie sollten die Absichten und Fähigkeiten der fremden Invasoren ausspähen und ihre Erkenntnisse über einen Nullzeit-Sender an das High-Command der Direktorats-Streitkräfte übermitteln. Die Gefahren dieses Auftrags waren allen Soldaten bewusst, doch inzwischen waren sie nicht nur für sich selbst verantwortlich.

Knapp fünfzig überlebende Reganer lebten nun ebenfalls in dem Militär-Camp. Sie waren aus Siedlungen und von Farmen geflohen, hatten sich an einem kleinen Waldsee gesammelt und dort von zwei Kugelfahrzeugen der Aliens angegriffen worden. Die fünfzig Überlebenden konnten im letzten Augenblick von einem Spähtrupp unter Lieutenant Richards gerettet werden. Hier, inmitten der Kavalleristen, fühlten sie sich halbwegs sicher, zumal Bardos Kommando über vier beeindruckende Kampffahrzeuge verfügte. Zwei schwere Panzer des Typs „Buffalo“ und zwei Unterstützungsfahrzeuge des Typs „Guardian“. Letztere waren mit ausgefeilten Ortungs- und Tarnmöglichkeiten ausgestattet, verfügten über Nullzeit-Funk, kleine Laboreinsrichtungen und ließen medizinische Notversorgung zu.

Captain John „Bull“ Bardos wusste jedoch, wie trügerisch das Bild der Sicherheit war. Seine Soldaten und die Siedler konnten sich nicht unentwegt im Schutz des getarnten Camps aufhalten. Er musste an seine Mission denken und die sogenannten „Greens“ ausspähen, die Menschen im Lager mussten ausreichend versorgt werden und, wenn es irgend möglich war, weitere Überlebende retten. Das bedeutete eine Menge Probleme und Bardos nutzte das abendliche Zusammentreffen der Offiziere und First-Sergeants der beiden Troops dazu, gemeinsame Lösungen auszuarbeiten. Er hatte den Befehl und trug letztendlich die Verantwortung für alle Entscheidungen, doch er war kein eingebildeter Narr, der sich für unfehlbar hielt.

Die Besprechung fand im Aufbau von Guardian 01 statt, von dem aus die meisten der Erkundungsdrohnen kontrolliert wurden.

„Gentlemen, befassen wir uns zunächst einmal mit den Internas“, eröffnete Bardos. „Bill, wie steht es um die Versorgung?“

„Wir haben jede Menge Feldverpflegung, mit der wir noch Monate auskommen“, antwortete Lieutenant Frisbane. Er war Stellvertreter von Captain Ivan Kerovich, der Troop F befehligte. „Unsere Leute kommen damit klar, Sir, aber die Siedler sind unzufrieden. Die sind richtige Karnivoren und echtes Fleisch gewöhnt.“

„Für die Bewohner von Regan ist es billiger das reichlich vorhandene Wild oder die hier gezogenen Rinder zu essen, als Fleisch synthetisch herzustellen“, fügte Kerovich hinzu. „Ich meine, wir essen ja gelegentlich auch ein Stück echtes Fleisch, aber die Siedler hier lieben es wirklich blutig. Ziemlich archaisches Volk.“

„Wir könnten ein paar Jagdgruppen ausschicken“, schlug First-Sergeant Carlie Duncan vor. Die junge Frau lächelte entschuldigend. Eigentlich hielt sie nicht viel vom Töten hilfloser Tiere. „Es würde die Leute beschäftigen und ablenken.“

 

„Blutvergießen als Zeitvertreib?“ First-Lieutenant Phil Richards schauderte es. „Das ist wirklich ein Rückfall in die Steinzeit.“

„Zudem wäre es riskant.“ Captain Bardos blickte unwillkürlich zu der Reihe von Monitoren hinüber, die von Sergeant Jiminez unentwegt überwacht wurden. „Jäger müssten den Schutz des Tarnnetzes verlassen. Menschliche Thermalsignaturen unterscheiden sich von denen der hier lebenden Fauna und die Feuerstöße eines M73-E kann man vielleicht anmessen.“

„Pfeil und Bogen.“ Captain Kerovich grinste. „Meinetwegen auch Speere. Das würde zum primitiven Essverhalten der Reganer passen. Davon abgesehen, John… Wir müssen die Überlebenden mit etwas Sinnvollem beschäftigen. Langeweile, gepaart mit der Furcht vor den Aliens, ist nicht gut, wenn Menschen so dicht gedrängt leben. Diese Reganer fühlen sich hier nutzlos und das drückt auf die Stimmung. Es sind ein paar Jäger unter ihnen. Geben wir ihnen den Auftrag für zusätzliche Fleischvorräte zu sorgen. Nicht mit den Jagdflinten. Pfeil und Bogen lassen sich mit den örtlichen Mitteln herstellen.“

„Vielleicht keine schlechte Idee“, murmelte Bardos.

„Sir, bei allem Respekt, aber ein paar Bissen zwischen den Zähnen lösen das Problem nicht“, meldete sich Frisbane erneut. „Das Problem ist die Trinkwasserversorgung. Von der Hygiene einmal abgesehen. Wir haben hier eine Quelle, doch sie ist nicht besonders ergiebig. Als das Lager errichtet wurde, da spielte das keine Rolle. Jetzt sind auch die Überlebenden hier und wir verbrauchen fast mehr Wasser, als die Quelle liefern kann. Ich weiß nicht, ob es schon anderen aufgefallen ist, doch gerade am Mittag und am Abend braucht es manchmal ein bis zwei Stunden, bis genügend Wasser nachgesickert ist. Captain, wenn wir noch mehr Menschen aufnehmen, dann benötigen wir mehr Trinkwasser. Bei der Gelegenheit… Die Latrinen müssen ausgebaut werden. Ich weiß ja nicht, ob es am Fleischgenuss der Reganer liegt, aber die produzieren eine überraschende Menge an Dung, Sir.“

„Wasser und Abfall, die alten Probleme jeder Zivilisation“, sinnierte Bardos. „Sie haben Recht, Lieutenant, da wird uns etwas einfallen müssen.“

„Auch was die Beschäftigung der Leute angeht, John“, erinnerte Kerovich. „Die Stimmung bei den Reganern kippt ein wenig. In den ersten Tagen hier im Camp waren sie einfach heilfroh, dass wir sie gerettet haben und sie am Leben waren. Jetzt fangen sie an darüber nachzudenken, was sie zurücklassen mussten.“ Er bemerkte den irritierten Blick von Bardos. „Sie durften nichts von ihrer Habe mitnehmen. Die Greens sollten ja nicht auf den Gedanken kommen, dass ihnen jemand entkommen ist oder dass die Überlebenden Hilfe bekamen. Die zurückgelassenen Vorräte lassen sich sicherlich verschmerzen, aber die Siedler klagen über das Fehlen von Decken, Unterkünften und dergleichen.“ Kerovich lächelte erneut. „Die haben ja keine Kampfanzüge, in denen sie notfalls schlafen können.“

Tatsächlich konnte man in einem Kampfanzug relativ gemütlich schlafen, sofern man auf dem Rücken lag. Es gab einen „Schlafmodus“ bei dem sich die Innenpolsterung des Panzers entsprechend einstellen ließ. Allerdings musste man sich angewöhnen, auch wirklich nur auf dem Rücken zu liegen.

„Auf so etwas waren wir nicht vorbereitet“, stellte Richards fest.

Bardos nickte. „Decken und Unterkünfte… Das Problem ist nicht von der Hand zu weisen. Schon wegen der Kinder. Okay, wir müssen für einen gewissen Wetterschutz und Wärmeschutz sorgen. Verdammt, langsam entwickeln sich die Reganer zu einem Problem.“

„Reganer ist für mich das Stichwort.“ First-Sergeant Harald Klein hatte bislang geschwiegen. „Captain, unser Auftrag ist eigentlich die Aufklärung. Mit den Überlebenden haben wir jetzt einen zusätzlichen Job an der Backe und ich gehe davon aus, dass der uns bald noch stärker einbinden wird.“

„Ich weiß, Sarge“, stimmte Bardos dem zu. „Wir haben ja nur Kontakt mit den Überlebenden vom Waldsee aufgenommen, weil diese sich in unmittelbarer Lebensgefahr befanden und angegriffen wurden. Inzwischen wissen wir, dass die Greens die Reganer gnadenlos jagen und scheinbar als Nahrung betrachten.“ Der Captain verzog angewidert das Gesicht. „Diese Barbarei können wir natürlich nicht ignorieren.“

„Was wohl bedeutet, dass wir weitere Überlebende zu uns holen, wenn wir diese lokalisieren“, fügte Kerovich hinzu.

„Es geht nicht mehr nur um Informationsbeschaffung“, knurrte Bardos. „Ich bin nicht zur Cav gegangen, um der Ermordung Hilfloser tatenlos zuzusehen.“

„Da sind wir uns sicherlich einig“, pflichtete Duncan bei. „Was unser Engagement auf Regan jedoch erheblich ausweitet und die Gefahr der Entdeckung dramatisch erhöht.“

Captain Bardos strich sich nachdenklich über den Nacken. Wie alle Troopers trug auch er den Panzeranzug und hatte nur den Helm abgenommen. Keiner der Soldaten hatte seine Uniform mit nach Regan gebracht. „Also schön, wir müssen uns um die Überlebenden und um unsere eigentliche Mission kümmern. Wir werden die Aufklärungsarbeit intensivieren und ausdehnen. Um etwas über die Aliens in Erfahrung zu bringen, müssen wir sie dort beobachten, wo sie sich auch aufhalten. Bei der Gelegenheit halten wir auch nach einem neuen Unterschlupf Ausschau.“

„Die Verschleppten, Sir.“ Phil Richards deutete in Richtung von Sergeant Jiminez. „Bislang haben wir keine Ahnung, wohin die Aliens die ganzen Reganer entführen und was sie mit ihnen vorhaben.“

Captain Kerovich sah ihn grimmig an. „Was werden sie schon vorhaben? Sie fressen sie. Frisbane und seine Leute haben das gesehen und Sie kennen die Aufzeichnungen, Richards.“

„Dem muss ich widersprechen, Sir“, sagte Richards entschlossen. „Wir haben die überlebenden Reganer vernommen und dabei herausgefunden, dass die Greens regelrechte Treibjagden auf die Überlebenden durchführen. Außerdem bin ich nicht davon überzeugt, dass die Invasoren die Menschen als, äh, Nahrungsmittel betrachten. Vielleicht hat Frisbane´s Trupp ein paar Durchgeknallte beobachtet.“ Er sah die Ablehnung im Gesicht von Kerovich. „Auch bei uns gibt es noch barbarische Verbrechen. Wenn man einen Mord beobachtet, so heißt das noch lange nicht, dass alle Menschen Mörder sind.“

Kerovich schüttelte den Kopf und setzte zu einer Entgegnung an, doch Bardos fiel ihm ins Wort. „In einem Punkt hat Phil auf jeden Fall recht: Regan hat über acht Millionen Bewohner und wir wissen aus den Schilderungen der Überlebenden, dass die Aliens nicht alle töten. Die meisten werden tatsächlich verschleppt und wir müssen herausfinden, wohin. Wenn wir sie gefunden haben, dann erfahren wir auch, was die Greens mit den Leuten machen und warum sie hier sind. Wir müssen also nach Gebieten suchen, in denen wir größere Aktivitäten des Feindes beobachten.“

„Und wenn sie die Menschen an Bord ihrer Hantelschiffe bringen?“

Bardos zuckte mit den Schultern. „Möglich. Aber die Systeme unserer Guardians haben bislang kein einziges Alien-Schiff innerhalb der Atmosphäre anmessen können.“ Er wandte sich an Jiminez. „Wie sieht es mit den Aktivitäten der Greens aus, Sarge?“

„Wir sind hier ziemlich weit oben im Norden. Gelegentlich eine Zweier- oder Dreierkugel, die Patrouille fliegt. Weiter im Süden sieht das anders aus. Häufige Patrouillen.“

„Gibt es irgendwo eine Konzentration der Aktivitäten?“

„Das lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, Sir. Die Geräte der Guardians haben vom Boden aus eine begrenzte Reichweite. Mit den Drohnen ist nach fünfhundert Kilometern Schluss. Ihr Befehl, Sir.“

„Der hiermit aufgehoben ist. Übergeben Sie die Kontrolle des 500-Kilometer-Radius an Guardian 02 und schicken Sie die Drohnen von 01 weiter nach Süden. Solange, bis Sie eine Massierung der Aliens ausmachen.“

„Gut, Sir, ich koordiniere das mit Guardian 02.“

Captain Bardos sah die anderen an. „Phil, Sie kümmern sich um die Probleme im Camp und sorgen dafür, dass vor allem die Reganer irgendwie beschäftigt werden. Bill, Sie wechseln zu Guardian 02 und halten nach einem geeigneten neuen Lagerplatz Ausschau. Wenn Sie etwas entdeckt haben, verständigen Sie Ivan oder mich, damit wir eine Flighter-Gruppe dorthin schicken können, um das näher zu erkunden. Wir beide, Ivan, überprüfen mit unseren First-Sergeants jeden Anzug und jedes Energie-Pack im Camp. Vor allem, wie wir die Packs vielleicht mithilfe der Guardians neu aufladen können. Wenn es hart auf hart mit den Aliens wird, dann sind wir auf jedes Quäntchen Energie angewiesen.“

Kapitel 3 Beratung

Direktorats-Flottenbasis Arcturus, Hauptankerplatz der Sky-Navy,

im Orbit um die Sonne Arcturus, 36,7 Lichtjahre vom solaren System entfernt

Obwohl der Mars im Sol-System die unbestrittene Hauptwelt des von Menschen beherrschten Direktorats war, hatte man den größten Teil der Streitkräfte auf außerhalb liegenden Basen stationiert. Über viele Jahre hinweg waren dies Arcturus und Riegel gewesen, erst vor Kurzem war die neue Station Arantes hinzugekommen. Vor der Entdeckung des Nullzeit-Antriebs waren diese Basen nicht nur Truppenstandorte gewesen, sondern hatten auch dem zivilen Handel als Umschlagplatz gedient. Diese Bedeutung nahm nun deutlich ab, auch wenn viele Händler noch immer gerne die Möglichkeiten der Wartung und Überholung ihrer Schiffe in den großen Docks der Basen nutzten. Diese Arbeiten wurden ebenfalls von zivilen Firmen ausgeführt, die allerdings einen Teil der Einnahmen an das Direktorat abführen mussten.

Arcturus war noch immer der bedeutendste Stützpunkt des Direktorats. Die Basis bestand aus einer diskusförmigen Scheibe von fast zehn Kilometern Durchmesser, aus deren oberen und unteren Polen hohe Nabentürme aufragten. Riesige hydroponische Gärten dienten der Versorgung mit Lebensmitteln. Zwei der Decks waren vollständig bewaldet und wurden zur Sauerstoffversorgung genutzt. Der Bau hatte sich über fast zwanzig Jahre hingezogen und war vor allem dadurch möglich gewesen, dass man die enorme Außenhülle der Basis im Wesentlichen aus jenem Bauschaum formte, der auf den meisten Planeten als Hauptbaumittel für Gebäude diente. Der Schaum war billig, leicht herzustellen, feuerfest und, abhängig von seiner Dicke, auch strahlungsabschirmend. Kleinstmeteoriten wurden von dem dicken Material förmlich verschluckt, welches sich hinter den kosmischen Projektilen wieder schloss. Wirklich gefährliche Objekte wurden von den Geschützen der Basis abgewehrt. Nur eine äußere Beschichtung, Decks und Zwischenwände bestanden aus Metall.

Um den Äquator der gewaltigen Station zogen sich die langen Ausleger der Andock-Pylone, an denen die verschiedensten Schiffe vor Anker lagen. Als Hauptankerplatz der Sky-Navy waren dies überwiegend Einheiten die zu den Streitkräften des Direktorats gehörten.

Arcturus war der Sitz des High-Command der Raumtruppen. Von hier aus wurden die Schiffe der Sky-Navy und die Truppen der Sky-Cavalry befehligt. Das High-Command war jedoch keine direkte Kommandozentrale. Zwar gab es hier die dafür erforderlichen Kommunikationsgeräte, Tetroniken, Holo-Projektoren, Bildschirme und Lagekarten, doch die Überlicht-Kommunikation war zu langsam, um eine Echtzeitsituation zu vermitteln. Mit dem Nullzeit-Funk war es jedoch noch nicht möglich, komplexe Informationen zu übertragen. So lag die taktische Kommandoführung in den Händen der Offiziere am Einsatzort, während der Arcturus-Basis die strategische und logistische Planung vorbehalten war.

Hoch-Admiral John Redfeather, Oberbefehlshaber aller Direktorats-Streitkräfte, saß mit seinem Freund, Hoch-General Omar ibn Fahed, am Konferenztisch des Planungsraums. Hier herrschten gedämpftes Licht, echtes Holz und echtes Leder vor. Durch die transparente Trennwand sah man die Mitarbeiter im technischen Teil des High-Command. Dort bestimmten Betriebsamkeit und Arbeitsstationen das Bild. Im Augenblick war der Konferenzraum nur mäßig besetzt, denn außer den beiden Hoch-Offizieren nahmen nur Redfeathers persönlicher Adjutant, Lieutenant Faso, und die wissenschaftliche Leiterin der Basis, Hoch-Koordinatorin Candice Bergner, an der Sitzung teil.

Die Stimmung war gedrückt, denn die Navy hatte im Gefecht im Regan-System schwere Verluste hinnehmen müssen. Die des Feindes waren bedeutend höher, doch das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass man sich hatte zurückziehen müssen.

„Wir haben sieben Kreuzer verloren und unsere Verluste wären noch bedeutend höher gewesen, wenn es dem Feind gelungen wäre, unsere Schiffe einzuholen“, stellte John Redfeather fest. „Zudem sind die Trägerschlachtschiffe Trafalgar und Agincourt beschädigt. Ich habe ihre Captains hierher beordert. Sie werden uns über den aktuellen Status informieren. Vorab will ich jedoch ein Resümee aus den Ereignissen ziehen.“

 

Hoch-General ibn Fahed hob bedauernd die Hände. „Ich werde dazu wohl nichts beitragen können. Meine Landungsgruppe kam ja gar nicht erst zum Einsatz.“

„Nichts gegen Ihre Cav, Sir“, warf Faso ein, der den Frust des Kavallerie-Offiziers erkannte, „aber es wäre ein Massaker geworden, wenn Ihre Gruppe auf die Schiffe des Feindes getroffen wäre.“

„Mag sein“, räumte der General ein. „Aber jetzt sitzen unsere Leute auf Regan fest.“

„Admiral, wenn Sie erlauben?“

Redfeather nickte der Hoch-Koordinatorin zu.

„Gentlemen, ich sehe das Gefecht keineswegs als verloren an“, begann sie. „Wir haben wesentliche Erkenntnisse gewonnen, die ich gerne einmal zusammenfassen würde.“ Erneut nickte der Oberkommandierende und Bergner schloss ihren Mini-Comp an die Steuerung der holografischen Projektion an. Eine Reihe von Aufnahmen erschien über dem Konferenztisch, die sie kommentierte. „Die Greens verfügen nach unseren Erkenntnissen und den Informationen des Recon-Kommandos auf Regan III. über zwei sehr verschiedene Waffen und ein besonderes Verteidigungssystem. Ihre Hauptwaffe und das Verteidigungssystem basieren auf einer uns unbekannten Energieform, welche die Greens auf einzigartige Weise beherrschen. Wir wissen inzwischen, dass ihre Energiewaffe, die wir zunächst als goldenen Strahl verstanden, in Wirklichkeit eine Art von Finger oder Tentakel ist. Diese Bezeichnung ist vielleicht sachlich inkorrekt, beschreibt die Eigenschaften jedoch recht gut. Der Energietentakel hat eine begrenzte Reichweite, muss jedoch sehr energiereich sein. Die meisten Zerstörungen richtet er an, indem er die Tri-Stahl-Panzerungen unserer Schiffe mühelos durchbohrt und die Schiffsatmosphäre explosionsartig entzündet. Darin liegt die Stärke und zugleich auch die Schwäche dieser Waffe, denn wir können inzwischen zwei Abwehrmaßnahmen ableiten. Erstens: Die Energieform scheitert an einer stärkeren Schicht Bauschaum. Offensichtlich ist dieser in der Lage, die Energie zu neutralisieren oder zumindest aufzuhalten. Der Bauschaum wird auf unseren Schiffen ja eigentlich nur als Isolation genutzt. Er schützt vor Strahlung und thermischen Energien oder dem Verlust der Eigenwärme. Unsere Kreuzer weisen nur eine dünne Isolation von zwei Metern Stärke auf, daher waren sie nicht ausreichend gegen die Energiewaffe geschützt. Bei den Trägern sieht das anders aus.“

Faso nickte. „Deren Rümpfe bestehen aus zwei Schichten mit zwei Meter dicken Tri-Stahl und einer Zwischenschicht aus fünfzehn Metern Bauschaum. Die Schiffe wurden ja ursprünglich als Rettungsarchen, zur Evakuierung der Erde, eingesetzt und aus Mangel an Ressourcen griff man auf den Schaum zurück, der sich dann überraschend gut bewährte.“

„Vielen Dank, Mister Faso“, unterbrach die Wissenschaftlerin ihn. „Und können Sie uns dann auch sagen, warum die Träger trotzdem schwer getroffen wurden?“

„Weil ihr Rumpf nicht überall diese dicke Isolation aufweist.“ Faso ärgerte der leichte Spott in ihrer Stimme. „Die Schäden wurden dort hervorgerufen, wo sich Hangartore oder Geschütztürme im Rumpf befinden. Bezüglich der Isolation sind das Schwachstellen.“

„Candice, Sie sprachen von zwei Schutzmöglichkeiten. Eine ist offensichtlich eine dicke Schicht des Schaums“, brummte Redfeather. „Und die Andere?“

„Lassen wir die Schiffsatmosphäre aus dem Schiff, dann kann die Atmosphäre von der goldenen Energie nicht entzündet werden.“

Redfeather starrte sie an und lachte lauthals. Als er ihren empörten Blick bemerkte, schüttelte er den Kopf. „Nein, Candice, ich lache nicht über Sie. Ich hätte nur einfach selber darauf kommen können.“

Ihr Blick wurde wieder etwas versöhnlicher. „Natürlich wird die goldene Energie noch immer Schaden anrichten, doch die Entzündung der Schiffsatmosphäre können wir verhindern.“

„Gibt es Belege, dass diese Waffe…“, begann ibn Fahed zögernd. „Ich meine dafür, dass sie die Schiffsatmosphäre tatsächlich entzündet?“

Candice Bergner fuhr herum und sah ihn zornig an. „Ich bitte Sie, General, das ist doch wohl offensichtlich. Ein wesentliches Indiz hierfür ist zudem, dass die Aliens sich davor hüten, diese Waffe innerhalb der Atmosphäre von Regan einzusetzen.“

„Schließlich wollen sie den Planeten nicht abfackeln“, meinte Faso.

Bergner runzelte die Stirn. „Ich hätte es anders formuliert, aber… Nun, es trifft wohl den Kern der Sache.“

„Was ist mit dem goldenen Schutzschirm der Alienschiffe?“, wollte ibn Fahed wissen.

„Es ist kein umfassender Schirm“, wurde er korrigiert. „Eher eine Wand aus gerichteter Energie. Offensichtlich benötigt sie sehr viel davon, denn als eines der Schiffe von zwei Seiten attackiert wurde und es eine zweite Schutzwand errichten wollte, wurden seine Systeme schließlich überfordert.“

„Was unsere Aussichten ein wenig verbessert“, stellte Redfeather fest. „Zwar sind unsere Railguns sicher die effektivsten Waffen, aber wir können den Greens auch mit Torpedos, Raketen und Gatlings zusetzen. Zumindest, wenn wir diese massiert einsetzen. Nur Laser scheinen völlig nutzlos.“

„Offensichtlich neutralisiert die Außenhülle der Hantelschiffe die Laserenergie ebenso wie unser Bauschaum ihre Tentakel. Die Hüllen ihrer übrigen Luft- und Bodenfahrzeuge sind sicher aus dem gleichen Material.“ Bergner rief eine andere Datei auf. „Der Bericht von Captain Bardos enthält die Information, dass ihre Einer- und Zweierkugeln von den panzerbrechenden Projektilen der Militärkarabiner durchschlagen werden. Da die von ihm geschilderten „blauen Sterne“ eine Art Brandgeschoss sein dürften, sehe ich für unsere Kavalleristen guter Chancen, gegen die Aliens zu bestehen.“ Bergner sah ibn Fahed an. „Vor allem, da die Greens ihre goldenen Waffen nicht gegen sie einsetzen können.“

John Redfeather tippte an seine Schläfe. Dort befand sich das winzige Implant, welches für die meisten Menschen des Direktorats die einstigen mobilen Kommunikationsgeräte ersetzte. Es wurde von der elektrischen Energie des Körpers gespeist und war auf Sprachübermittlung beschränkt, seine Reichweite war allerdings unbegrenzt, sofern sich ein Transmitter in der Nähe befand. „Ja, sie sollen hereinkommen“, sagte der gebürtige Sioux-Indianer leise, schaltete das Implant ab und sah die übrigen an. „Die Captains sind da. Ich bin gespannt, was sie uns zu berichten haben.“

Ibn Fahed schenkte sich gesüßten Tee ein. „Die Navy ist zwar deine Sache John, dennoch komme ich nicht umhin, deine Entscheidung bezüglich Muldoon als falsch anzusehen. Sie hat ihr Schiff unnötig aufs Spiel gesetzt.“

„Ich nehme das zur Kenntnis, Omar, doch wir haben nicht viele erfahrene Träger-Captains und Muldoon ist eine der Besten.“

Captain Kenji Hatamoto und Captain Meredith Muldoon traten Seite an Seite ein. Beide trugen die formelle Dienstuniform der Sky-Navy. Graublaue Hose und dunkelgrüne Jacke, dazu ein hellgraues Barett. Die hellblauen Schulterklappen und das blaue Schweißleder der Kopfbedeckung ließen keinen Zweifel über die Zugehörigkeit zur Navy. Der einzelne Stern auf den Schulterklappen gab Aufschluss über den Rang. Am rechten Oberarm war das runde Wappen der Flotte zu sehen, am linken das des jeweiligen Schiffes, auf dem die Offiziere dienten. Die Uniformen unterschieden sich kaum von jener, die ibn Fahed trug, nur das bei ihm das Blau durch ein kräftiges Gelb ersetzt war, er andere Rangabzeichen auf den Schulterklappen hatte und am rechten Oberarm das hellblaue Wappenschild mit dem geflügelten Pferd der Raumkavallerie prangte.

„Captains, nehmen Sie Platz“, lud Redfeather nach kurzer Erwiderung des Ehrensaluts ein. „Kaffee, Tee oder etwas anderes?“

Hatamoto entschied sich für Tee, Muldoon hingegen für einen Saft. „Ich fürchte, ich bin schon zu einer lebenden Kaffeekanne mutiert“, meinte sie lächelnd. „War in den letzten Stunden mein Hauptnahrungsmittel.“

„Womit wir zum Grund Ihres Besuches kommen.“ Redfeather lehnte sich zurück. „Wie ist der Status Ihrer Schiffe? Und bitte keine Beschönigungen. Die reinen Fakten. Captain Muldoon?“

Es war nur logisch, dass sie mit ihrem Rapport begann, denn ihre D.C.S. Agincourt hatte die geringeren Schäden erlitten.

„Die Flugbrücke ist weg, Sir, und ein großer Teil des Tri-Stahls am Bug. Die Hälfte des Schaums wurde von Trümmern der, äh, gerammten Hantel abgerissen. Der Rammstoß und die Explosion des Green haben jedoch keine Strukturschwächen hervorgerufen. Alle Innenräume sind unbeschädigt. Das gilt ebenso für sämtliche Systeme. Da man das Schiff auch von der Gefechtsbrücke aus steuern kann, halte ich die Agincourt im Bedarfsfall für Einsatzfähig. Den Bug und eine neue Flugbrücke wieder herzurichten wird allerdings, nach Schätzung eines Sachverständigen Master-Tech, zumindest drei Wochen dauern und das auch nur, wenn alle erforderlichen Teile vorrätig sind.“

„Danke, Captain Muldoon. Wir kommen später auf Ihr Schiff zurück. Captain Hatamoto?“

Der Japaner deutete eine leichte Verbeugung an. „Die Trafalgar hat einstecken müssen, Hoch-Admiral. Wir wurden mehrfach von Energietentakeln getroffen. Bedauerlicherweise auch in Bereichen, an denen die Hüllenpanzerung sehr dünn ist. An mehreren Stellen wurde der Tri-Stahl aufgelöst und die dahinterliegende Isolierschicht aus Schaum auf eine Tiefe von fünf bis sechs Metern zerstört. Das lässt sich in wenigen Tagen reparieren. Anders sieht dies mit zwei Bereichen aus, an denen die Energietentakel uns in den Hangarsektoren trafen. Sie wissen ja, Sir, dass die Panzerung dort nur aus den Toren besteht. Diese wurden durchbohrt und die Luft innerhalb von zwei Hangars entzündet. Alles in ihrem Inneren wurde vernichtet. Bei einem der Treffer wurden auch die beiden benachbarten Hangars zerstört, ein Innenschott eingedrückt und ein Bereich des dahinter verlaufenden Gangs ausgebrannt. Wir verloren siebzehn Angehörige eines Schadenkontrollteams und insgesamt zwölf Fast Landing Vehicles. Des Weiteren wurde ein Gefechtsturm an Backbord im Bugbereich getroffen. Dort haben wir einen regelrechten Krater. Fast hundert Meter im Durchmesser und fünfzig Meter tief. Drei Decks sind betroffen. Glücklicherweise verloren wir nicht mehr Menschenleben, da ja alle in die inneren Sektoren evakuiert worden waren. Bis auf die Schadenkontrollteams, Sir. Die müssen…“