FLXX 7 | Schlussleuchten von und mit Peter Felixberger

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FLXX Schlussleuchten von und mit Peter Felixberger

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Wer wird denn gleich in die Zukunft gehen?

In einem Land in der Mitte unserer Zeit herrscht Verwirrung. Die Regierung ist stark mit sich selbst beschäftigt, sodass viele notwendige Veränderungen auf der Strecke geblieben sind. Nun stehen Neuwahlen an. Minister und Abgeordnete stricken an ihrer Zukunft. Häufig mit sehr dünnen Fäden. Keiner will abgewickelt werden. »Wir sind die Richtigen. Ihr seid die Falschen.« Die Bürger wiederum glauben, dass die Folgen politischer Entscheidungen eher undurchsichtig sind und mehr oder weniger über sie hinwegrollen. Manche verhalten sich neutral zustimmend, einige stimmen trotz innerer Kündigung zu, andere denken quer und gehen in den Widerstand, und wieder andere verlassen das sinkende Schiff. Der größte Teil will Ruhe.

Bei den bevorstehenden Wahlen gibt es drei Kandidaten, die sich um das Amt des neuen Regierungschefs bewerben. Der erste, ein Mann um die 60, ist ein Mann der bewährten Ordnung. Seine strategische Ambition besteht darin, in kleinen Schritten das Land so zu verändern, dass alles beim Alten bleibt. Stark in der Gegenwart. Mit dem Leistungsversprechen: »Gemeinsam machen.« Eine große Sowohl-als-auch-Kraft solle die Menschen zusammenführen, egal was komme. Sowohl das Alte bewahren, als auch das Neue aussprechen. Die zweite Bewerberin, eine Frau um die 40, ist eine Frau des unsicheren Aufbruchs. Ihre strategische Ambition besteht darin, in großen Schritten das Land so zu verändern, dass die Jungen bleiben. Stark in die Zukunft gerichtet. Mit dem Leistungsversprechen: »Bereit, weil ihr es seid.« Eine große Entweder-oder-Kraft solle die Menschen in die Zukunft führen, damit nicht komme, was sonst am Horizont drohe. »Ich will, dass Politik die notwendigen Entscheidungen trifft, diese Kraft endlich zu entfesseln.« Der dritte, ein Mann um die 63, ist ein Mann des bewährten Stillsitzens. Seine strategische Ambition besteht darin, im gemäßigten Tempo das Land so zu verändern, dass keiner aus dem Sessel fällt. Stark in der Vergangenheit. Mit dem Leistungsversprechen: »Für Dich.« Eine mittelstarke Entweder-sowohl-als-auch-Kraft solle die Menschen in den sicheren Hafen führen, in der keine Bedrohung mehr lauert. Sowohl das Alte aussprechen, als auch das Neue bewahren.

Betrachten wir die Wahlprogramme der drei Kandidaten etwas näher. Der Mann um die 60, der gerne ein weißes Hemd unter blauem Anzug trägt, kümmert sich primär um Ordnung und Sicherheit. Deshalb lässt er den Colt in der Sonne blitzen, was alle Bösen und Gangster in die Flucht schlägt. »Deutschland soll ein sicheres Land bleiben. Wir wollen mehr Überwachung. Mit Kameras. Verbrecher sollen mehr Angst haben. Davor, dass sie gefasst werden. Davor, dass sie bestraft werden.« »Das Leben soll gut bleiben.« Das Wasser ist sauber, es gibt schöne Häuser und es wachsen Obst und Gemüse. Das soll so bleiben. Ja, hier kann man gut leben, auch wenn man einmal nicht so kraftvoll in den Apfel beißen kann. »Wer nicht arbeiten kann, kriegt trotzdem Geld zum Leben.« Das hören die Bewohner des Landes gerne. Schöne starke Muskeln spannen sich an. Gleichzeitig den Bürgern aber nicht zu viel abverlangen. »Die Steuern sollen gleich bleiben. Und nicht höher werden.« Leitplanken aus flauschiger Merino- und Alpakawolle begleiten den Bürger durch den Alltag. »Energie darf nicht teuer sein. Damit jeder Energie kaufen kann … Die Autofahrer entscheiden selbst: Wie schnell will ich fahren? … Die Mutter arbeitet den halben Tag. Oder der Vater arbeitet den halben Tag. Dafür gibt es Lohn. Vom Arbeit-Geber. Für den anderen halben Tag gibt es Geld vom Staat.« Der große Appell lautet: Wer konform ist, wird belohnt. Drinnen ist es warm und kuschelig. Draußen lauern Gefahren. Deshalb macht der 60er-Mann gerne mit der Wohlfühlbourgeoisie gemeinsame Sache. Mit dem richtigen Gott an der Seite: »Die meisten Leute in Deutschland sind Christen. Das heißt: Sie glauben an Gott und Jesus. Das finden wir gut. Das soll so bleiben.« Bleib doch noch ein bisschen, deutscher Michel, deutsche Michaela.

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