Internationales Privatrecht

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C. Name

669

Das internationale Namensrecht war bis zur Reform des IPR 1986 unkodifiziert. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des IPR wurde das Namensstatut sehr ausführlich in Art. 10 sowie in Art. 220 Abs. 4, 5 (aF) geregelt; das Bestreben des Gesetzgebers, für zahlreiche Fälle des namensrechtlichen Integrationsbedarfs eine Regelung zu finden, führte zu einer überzogenen und systematisch kritikwürdigen Kasuistik von Kollisionsnormen und selbstbegrenzten Sachnormen. Zudem wurde der Name ehelicher und der nichtehelicher Kinder teilweise unterschiedlich geregelt. Die geltende Fassung des Art. 10 geht auf das FamNamRG von 1993 und das KindRG von 1998 zurück; das Namenskollisionsrecht umfasst neben einer gesetzlichen Grundanknüpfung (Abs. 1) Rechtswahlbestimmungen für den Ehenamen (Abs. 2) und den Namen von Kindern (Abs. 3). Das PStRG 2007[46] fügte mit Wirkung zum 24.5.2007 in Art. 47 Möglichkeiten der Namensangleichung durch materiell-rechtliche Erklärung bei Statutenwechsel von ausländischem zu deutschem Namensstatut ein (Rn 678).[47] Mit Wirkung vom 29.01.2013[48] wurde Art. 48 eingefügt,[49] der die Rechtsprechung des EuGH (Rn 674) zu den namensrechtlichen Auswirkungen der Personenfreizügigkeit (Art. 21 AEUV) umsetzen soll und hierbei die Aufgabe bewältigen muss, den Grundsatz der kollisionsrechtlichen Namensbestimmung (Rn 670) nicht zugunsten einer Registeranerkennung im EU-Ausland eingetragener Namen aufzugeben, was wiederum mit einem materiellen Namenswahlrecht bei deutschem Namensstatut erreicht wird. Beide Normen sind keine Kollisionsnormen (daher nicht bei Art. 10 eingeordnet), sondern Sachnormen des deutschen Rechts, die bei deutschem Namensstatut und bestimmten Fallgruppen des Auslandsbezuges Anwendung finden.

I. Grundsatzanknüpfung

1. Personalstatut

670

Art. 10 Abs. 1 knüpft das Namensstatut an das Personalstatut, also das Heimatrecht des Namensträgers an. Die Lösung trägt der Bedeutung des Namens für die Identifikation und die Persönlichkeit des Namensträgers Rechnung. Diese Anknüpfung war bis 1986 nicht unumstritten; der Familienname wird nämlich zumeist durch familienrechtliche Verhältnisse (Abstammung, Adoption, Ehe) vermittelt, so dass im Interesse der Funktion des Namens als Ausdruck der Familienzugehörigkeit eine Anknüpfung an das Statut in Betracht kommt, welches das jeweilige familienrechtliche Verhältnis bestimmt. Art. 10 Abs. 1 sieht eine solche Ausnahme nicht vor; durch eine Wahl des Namensstatuts kann jedoch für bestimmte familienrechtliche Verhältnisse eine einheitliche Namensführung in der Familie erreicht werden.

671

Das italienische IPRG knüpft in Art. 24 Namensänderungen aufgrund familienrechtlicher Vorgänge akzessorisch an das jeweilige familienrechtliche Statut an. Schließt eine Italienerin mit einem Deutschen die Ehe, so bestimmt sich – aus Sicht des deutschen IPR – die Namensführung für den Ehemann nach deutschem Recht, für die Ehefrau nach italienischem Recht. Das italienische IPR unterstellt den Ehenamen dem Ehewirkungsstatut, bei gemischtnationalen Ehegatten nach Art. 29 Abs. 2 italIPRG dem Recht des Staates, wo der Schwerpunkt der ehelichen Lebensführung liegt. Eine solche von der deutschen namensrechtlichen abweichende ehewirkungsrechtliche Qualifikation des Ehenamens durch das verwiesene IPR ist im Rahmen der Rückverweisungsprüfung (Art. 4 Abs. 1) beachtlich.[50] Leben die Ehegatten in Deutschland, so führt die Rückverweisung seitens des italienischen Rechts zu einem einheitlichen Namensstatut; die Ehegatten können nach § 1355 BGB einen Ehenamen wählen. Leben die Ehegatten dagegen in Italien, so nimmt das italienische Recht die Verweisung für das Ehenamensstatut der Ehefrau an; die Ehegatten haben verschiedene Namensstatuten. Da das italienische materielle Recht nicht die Wahl eines Ehenamens vorsieht, können die Ehegatten (vorbehaltlich Art. 10 Abs. 2) keine Bestimmung nach § 1355 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB treffen. Auch der deutsche Ehemann kann eine solche Bestimmung nicht alleine treffen (zB den Namen der Ehefrau für sich als Ehenamen wählen), denn § 1355 BGB geht von einer gemeinsamen Bestimmung aus.

2. Qualifikation

672

Die namensrechtliche Qualifikation bestimmt über die gesamte Namensführung; das umfasst den Familiennamen, den Vornamen, Zwischennamen (zB den US-amerikanischen middle name,[51] Vatersnamen [Patronyme][52], die verbreitet in Skandinavien und slawischen Rechtsordnungen vorkommen), Schreibweisen sowie grammatikalische Besonderheiten der Namensführung (zB die slawische Besonderheit der Führung des Familiennamens durch Frauen in femininer Form [Gorbatschowa]) sowie die Führung von Adelstiteln als Namensteile, von Künstlernamen und von Pseudonymen. Ebenfalls nach dem Namensstatut beurteilt sich die Zulässigkeit zivilrechtlicher Namensänderungen (durch Erklärung des Namensträgers) sowie behördlicher Namensänderungen; dabei sind regelmäßig nur Behörden des Heimatstaates für eine behördliche Namensänderung zuständig.

673

Nicht namensrechtlich, sondern deliktsrechtlich werden Namensschutzansprüche qualifiziert. Die Namensführung ist dabei eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage des Namensschutzes.

3. Ausländische Registereintragung, Art. 48

674

Ausgehend von der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des Namensstatuts (Rn 670) hat die Eintragung des Namens in einem ausländischen Personenstandsregister keine Bedeutung, sofern diese Eintragung nicht mit dem Recht übereinstimmt, das im Zeitpunkt der Eintragung aus deutscher Sicht Namensstatut war. Der Name wird materiell-rechtlich durch das vom IPR berufene Namensstatut bestimmt und nicht verfahrensrechtlich durch Anerkennung eines behördlichen Aktes. Eine verfahrensrechtliche Anerkennung (Rn 2595 ff) ist nur dann zu prüfen, wenn der Name durch ein ausländisches Gericht mit Rechtskraftwirkung festgestellt bzw geändert wurde; Registereintragungen sind hingegen keine anerkennungsfähigen Entscheidungen. Dieses Prinzip kann im Verhältnis der EU-Mitgliedstaaten nicht mehr ausnahmslos gelten. Der EuGH[53] hat entschieden, dass es die Ausübung des Rechts der Personenfreizügigkeit (Art. 21 AEUV) behindern kann, wenn die Behörden eines Mitgliedstaats es ablehnen, den Nachnamen eines Unionsbürgers so anzuerkennen, wie er anlässlich seines Gebrauchmachens von der Freizügigkeit in einem anderen Mitgliedstaat dort bestimmt wurde; eine Abweichung zwischen zwei verschiedenen Namen für dieselbe Person führe zu Missverständnissen und Nachteilen, welche die Freizügigkeit behinderten; dies gilt insbesondere auch, wenn der Unionsbürger die Staatsangehörigkeit des die Namensanerkennung ablehnenden Staates ist. Der EuGH[54] lässt es jedoch zu, dass die Anerkennung eines solchen Namens verweigert wird, wenn sie auf einem mit dem nationalen Recht berechtigterweise verfolgten objektiven Zweck beruht, der die Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigt. Die Ansicht des EuGH ist aus kollisionsrechtlicher Sicht fragwürdig: Es setzt sich der zuerst in einem Mitgliedstaat registrierte Name durch, der im Registrierungsstaat nach dem gemäß dortigem IPR berufenen Namensrecht bestimmt wurde.

675

Die vom EuGH geforderte Anerkennung des im anderen Mitgliedstaat registrierten Namens erreicht Art. 48 durch ein materielles Namenswahlrecht: Bei deutschem Namensstatut kann eine Person den während eines gewöhnlichen Aufenthalts[55] in einem anderen Mitgliedstaat der EU erworbenen und in ein Personenstandsregister eingetragenen Namen in öffentlicher Urkunde (Art. 48 S. 3) rückwirkend auf die Eintragung oder mit Wirkung nur für die Zukunft wählen. Mit der Namenswahl kann zudem eine Namensangleichung nach Art. 47 Abs. 1 (Rn 678) verbunden werden (Art. 48 S. 4). Die vom EuGH EU-rechtlich zugelassene Einschränkung greift Art. 48 S. 1 letzter Hs auf: Die Wahl ist unzulässig, wenn sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist – also dem deutschen ordre public widerspricht. Der EuGH[56] behandelt systematisch zutreffend diesen Vorbehalt am Maß der Zulässigkeit einer Beschränkung der Freizügigkeit (Rn 674) und lässt die Prinzipien der Unveränderbarkeit, der Identifikationsfunktion und der grundsätzlichen Indisponibilität des Namens im deutschen Recht nicht als ausreichend gelten. So kommt es dazu, dass neben die ursprünglichen Fälle zufälliger misslicher Namensdivergenz (in zwei Heimatrechten oder bei Geburt in einem anderen als dem Heimatstaat) die bewusste Namensmanipulation durch den Namensträger unter den Schutz der Personenfreizügigkeit gelangt. Ob ein adelig klingender Phantasienamen, den sich der deutsche Namensträger während einem gewöhnlichen Aufenthalt im UK auf bloße Erklärung (deed poll) hin, hat eintragen lassen, gegen den deutschen ordre public verstößt, ist sehr fraglich, da das deutsche Recht (Art. 109 Abs. 3 WRV, Art. 123 GG) Adelsbezeichnungen als Namensbestandteil nicht verbietet und Art. 109 Abs. 3 WRV kaum den Zweck hat, nur „echte“ Adelsnamen zu gestatten.[57]

 

676

Die Eltern eines Kindes sind beide deutsche Staatsangehörige und miteinander verheiratet; sie führen keinen gemeinsamen Ehenamen, leben in London, wo auch das Kind geboren wird. Dort wird im englischen Geburtenregister als Nachname des Kindes ein aus den Familiennamen des Vaters und der Mutter zusammengesetzter Doppelname eingetragen, was nach englischem Recht zulässig ist, nach dem gemäß Art. 10 Abs. 1 anwendbaren deutschen Namensstatut des Kindes jedoch nicht. Die in England wirksame Namensführung ist in Deutschland dadurch „anzuerkennen“, dass dieser Name gemäß Art. 48 gewählt werden darf. Damit bleibt es bei deutschem Namensstatut und es ist dennoch Art. 21 AEUV genügt. Keine Wahlmöglichkeit nach Art. 48 besteht, wenn das Kind in Deutschland geboren wurde, jedoch ein Elternteil britischer Staatsangehöriger ist und die Geburt des Kindes mit Angabe des Doppelnamens bei einem britischen Konsulat in Deutschland registrieren lässt. In diesem Fall eröffnet jedoch Art. 10 Abs. 3 S. 1 Nr 1 die Möglichkeit der Wahl des britischen Heimatrechts eines Elternteils zum Namensstatut des Kindes, so dass dieses – vorbehaltlich des ordre public (Art. 6) – den im UK geführten Namen unmittelbar kollisionsrechtlich erwirbt.[58] Nicht von Art. 48 erfasst ist auch der reine „Namenstourismus“, bei dem die Eltern einen kurzfristigen (nicht gewöhnlichen) Aufenthalt in England vor der Geburt begründen, um gezielt die Unterschiede im Namensrecht zu nutzen.

Literatur:

Freitag Die Namenswahl nach Art. 48 EGBGB, StAZ 2013, 69; Mankowski Art. 48 EGBGB – viele Fragen und einige Antworten, StAZ 2014, 97; Otto „Scheinadeliger“ Namenserwerb durch „deed poll“ und der deutsche ordre public, StAZ 2016, 225.

II. Statutenwechsel

1. Wandelbarkeit

677

Das Namensstatut ist wandelbar, es beurteilt sich nach dem jeweiligen Heimatrecht. Der unter dem bisherigen Namensstatut erworbene Name bleibt als wohlerworbenes Recht beim Statutenwechsel erhalten, sofern nicht das neue Namensstatut materiell eine Änderung anordnet. Das deutsche Recht tat dies bisher nicht, es erfolgte keine Anpassung der Bildung des Namens an ein neues Namensstatut, auch nicht auf Wunsch des Namensträgers.[59] Wird deutsches Recht durch Statutenwechsel zum Namensstatut von Ehegatten, so kann ein Ehename nach § 1355 BGB auch dann bestimmt werden, wenn bereits unter dem bisherigen Namensstatut ein Ehename bestimmt worden war.[60]

2. Angleichung der Namensführung

678

a) Art. 47 ermöglicht seit dem 24.5.2007[61] bei einem Wechsel des Namensstatuts von einem ausländischen Recht zum deutschen Recht eine Angleichung des unter fremdem Namensstatut erworbenen Namens an deutsche Namensformen. Diese Möglichkeit bestand bisher nur für Vertriebene und Spätaussiedler nach § 94 BVFG. Art. 47 erlaubt nicht nur die „Eindeutschung“ des bisher geführten Namens durch Ablegen von Namensbestandteilen, die das deutsche Recht nicht vorsieht, Annahme der Grundform eines nach dem Geschlecht oder Verwandtschaftsverhältnis abgewandelten Namens oder Annahme einer deutschsprachigen Form (Weglassung von diakritischen Buchstabentypen, Akzenten etc). Nicht zulässig ist dagegen eine Übersetzung eines Namens mit Wortbedeutung in die deutsche Sprache.[62]

Der ehemalige US-Staatsangehörige John Smith kann sich als Deutscher Johannes Schmidt, die ehemalige Tschechin Anna Mullerova nun Anna Müller nennen. Der ehemalige Italiener Giovanni Cacciatore kann sich hingegen als Deutscher nicht Johannes Jäger nennen.

679

b) Geregelt wird auch die Problematik des Übergangs von einer Rechtsordnung, die keine Unterscheidung von Vor- oder Familiennamen kennt. Der Namensträger kann aus dem bisher geführten Namen Vor- oder Familiennamen bestimmen (Art. 47 Abs. 1 Nr 1) und bei Fehlen von Vor- oder Familiennamen sogar einen solchen selbst wählen (Art. 47 Abs. 1 Nr 5). Diese weit gefasste Regelung bedarf wohl der Einschränkung, da in manchen Rechtsordnungen zwar die im deutschen Recht geläufige Unterscheidung zwischen Vor- und Familiennamen fehlt, aber durchaus funktional ein Namensbestandteil der Individualisierung der Person und andere Bestandteile der Herkunftsbeschreibung aus einer Familie dienen.

Der aus Karl May, Durch die Wüste, bekannte Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gosarah könnte nach Einbürgerung in Deutschland zunächst gemäß Art. 47 Abs. 1 Nr 3 den im deutschen Recht nicht vorgesehenen Namensbestandteil „Hadschi“ (=Mekkapilger) ablegen, was die auf diesen Ehrentitel stolze Romanfigur gewiss nicht täte. Sodann könnte er aus der Namenskette Vor- und Nachnamen bestimmen. Da funktional „Halef Omar“ den Namensträger individualisiert und „Ben [Sohn des…] Abul Abbas“ sowie „Ibn [Enkel des] …“ die Familienzugehörigkeit bezeichnen, sollte die Wahlmöglichkeit nach Art. 47 Nr 1 darauf beschränkt werden, als Familienname „Ben Abul Abbas“, „Ibn Dawuhd al Gosarah“ oder Teile hiervon zu bestimmen. Halef Omar ist nach dem alten Namensstatut funktional „Vorname“ und sollte dies auch nach Angleichung bleiben. Dies entspricht übrigens der Praxis in Algerien, Tunesien und Marokko nach Einführung eines französisch orientierten Personenstandsrechts durch die Kolonialmacht, was der Grund dafür ist, dass noch heute zahlreiche Staatsangehörige dieser Staaten mit „Ben“ beginnende Familiennamen haben, die auch nicht mehr in weiblicher Form („Bint“ [Tochter des]) geführt werden.

Problematisch ist überdies, wie zu verfahren ist, wenn in solchen Fällen notweniger Anpassung der Namensträger die Wahl nach Art. 47 nicht trifft. Insoweit wird weiterhin eine Vor- und Nachnamensbestimmung durch den Standesbeamten erfolgen müssen.

680

c) Die Angleichung erfolgt durch Erklärung des Namensträgers gegenüber dem Standesbeamten. Ist der Name Ehename, so kann die Erklärung während des Bestehens der Ehe nur von beiden Ehegatten abgegeben werden (Art. 47 Abs. 1 S. 2).

Literatur:

Staudinger/Hepting/Hausmann (2013) Art. 47 EGBGB Rn 32 ff; Hepting Die Angleichung in Art. 47 EGBGB, StAZ 2008, 161.

III. Namensstatutwahl: Ehegatten

1. Bedeutung, Vornahme der Wahl

681

a) Art. 10 Abs. 2 gibt Ehegatten die Möglichkeit, den nach der Eheschließung zu führenden Namen durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten unter bestimmten Voraussetzungen nach einer anderen Rechtsordnung zu wählen als nach ihren jeweiligen Namensstatuten. Dies bedeutet zunächst eine Rechtswahl und erst in zweiter Stufe eine materielle Bestimmung des Namens; Art. 10 Abs. 2 trifft keine Bestimmung, wie der Ehename gebildet werden darf, sondern erlaubt, dass sich die Ehegatten der Namensbestimmungsmöglichkeiten einer Rechtsordnung bedienen.[63] Über den Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 hinaus können die Ehegatten auch eine Rechtsordnung wählen, die keine materielle Wahl des Ehenamens zulässt, sondern den Ehenamen (wie § 1355 BGB aF) gesetzlich festlegt oder das Institut des Ehenamens, wie das US-amerikanische Recht und die meisten lateinamerikanischen Rechte, überhaupt nicht kennt.

682

b) Die Namensstatutwahl kann bei oder nach der Eheschließung erfolgen, also auch, wenn die Ehe im Ausland geschlossen wurde; es gilt hierfür keine Frist; die Wahl wirkt sich aber immer nur für die künftige Namensführung aus. Die Ehegatten können auch eine Rechtswahl treffen, wenn die Ehe vor dem Inkrafttreten des neuen Art. 10 Abs. 2 am 1.4.1994 geschlossen worden ist und die Ehegatten von einer der Möglichkeiten der Namens- oder Namensstatutwahl nach Art. 10 aF oder Art. 220 aF Gebrauch gemacht haben. Wird deutsches Recht nach Art. 10 Abs. 2 Namensstatut, so kann ein Ehename auch dann bestimmt werden, wenn die Ehegatten unter anderem Namensstatut bereits einen Ehenamen bestimmt haben (vgl Rn 677).

683

Partner einer im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe können nicht nach Art. 10 Abs. 2 im Inland ein Ehenamensstatut wählen; da eine gleichgeschlechtliche Ehe aus deutscher Sicht als Eingetragene Lebenspartnerschaft zu qualifizieren ist,ist Art. 10 Abs. 2 über die Verweisung aus Art. 17b Abs. 2 S. 1 EGBGB anzuwenden, so dass unter im Übrigen gleichen Voraussetzungen nur die Wahl eines Lebenspartnerschaftsnamensstatuts zulässig ist.[64]

684

c) Formell ist eine Erklärung gegenüber dem Standesbeamten erforderlich; nach der Eheschließung abgegebene Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. Es muss sich nicht um einen deutschen Standesbeamten handeln;[65] ein – funktionsähnlicher – ausländischer Standesbeamter kann substituiert werden.

2. Wählbare Rechtsordnungen

685

Die Wahlmöglichkeiten sind an dem Bedarf der Ehegatten ausgerichtet, sich in eine ihnen vertraute Rechtsordnung (Nr 1) oder in eine Rechtsordnung, in der sie ihre Ehe (voraussichtlich) führen (Nr 2), zu integrieren. Die Namensbestimmung kann nach dem Heimatrecht eines der Ehegatten erfolgen, wobei auch ein nicht effektives Heimatrecht oder ein neben der deutschen Staatsangehörigkeit bestehendes anwendbar ist; Art. 5 Abs. 1 gilt insoweit nicht; hat ein Ehegatte gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so kann die Ehenamensbestimmung nach deutschem Recht (§ 1355 BGB) erfolgen.

686

Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr 1 kann auch eingreifen, wenn die Ehegatten ein gemeinsames Namensstatut nach Art. 10 Abs. 1 haben: Hat die Ehefrau die italienische, der Ehemann die italienische und die österreichische Staatsangehörigkeit und leben die Ehegatten in Bozen, so sind beide (effektiv) Italiener, haben also ein italienisches Namensstatut nach Art. 10 Abs. 1. Sie können dennoch aus deutscher Sicht wirksam einen Ehenamen nach österreichischem Recht wählen, weil es hierzu nicht auf die Effektivität des gewählten Heimatrechts ankommt; eine solche Wahl kann deshalb von Interesse sein, weil das italienische Recht einen Ehenamen nicht vorsieht und lediglich, ursprünglich gewohnheitsrechtlich begründet (jetzt Art. 143-bis cc), die Zufügung des Namens des anderen Ehegatten kennt.[66]

3. Hinkende Namensführung

687

Die Zulassung einer Wahl des Namensstatuts aus deutscher Sicht kann zu hinkenden Namensverhältnissen führen, wenn das Heimatrecht (eines) der Ehegatten die Rechtswahl nicht anerkennt. Eine solche Namenswahl erweist sich dann de facto nur als wirksam für das Inland, kann aber auch hier zu ungewollten Verwicklungen führen; solche misslichen Folgen lassen sich nur durch eingehende Beratung verhindern, die darauf abzielen muss, dass von der Möglichkeit zur Wahl nicht nach Laune, sondern nur nach umfassender Abwägung der Interessen an der Integration der Namensführung in der einen oder anderen betroffenen Rechtsordnung Gebrauch gemacht wird.

688

Der iranische Staatsangehörige Hashemi Ali Rahman und die deutsche Staatsangehörige Johanna Müller haben in Deutschland gewöhnlichen Aufenthalt. Sie wählen nach Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr 2 als Ehenamen gemäß § 1355 BGB den Namen „Müller“. Als Hashemi Ali Müller eine entsprechende Änderung seines Reisepasses beim Generalkonsulat der Islamischen Republik Iran in Frankfurt beantragt, wird dieser Antrag mit der – aus iranischer Sicht zutreffenden – Begründung abgelehnt, er heiße weiterhin Rahman. Die Filiale der Hausbank der Ehegatten will jedoch bei Vorlage seines auf den Namen „Rahman“ lautenden iranischen Reisepasses Herrn Müller kein Konto auf den Namen „Müller“ eröffnen.