Schuldrecht Besonderer Teil II

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I. Wirksamer Mietvertrag

Wirksamer Mietvertrag

I.Vertragsschluss mit Inhalt gem. § 535

SoftwarenutzungRn. 9

II.Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen (z.B. §§ 108, 134, 138, 142 Abs. 1, 177)

hier ausgewählte Probleme:

Wucherischer MietvertragRn. 21 ff.

Anfechtung nach Überlassung des MietobjektsRn. 24 ff.

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Notwendige Voraussetzung für die Entstehung der mietvertraglichen Primäransprüche ist der Abschluss eines wirksamen Mietvertrages. Wie bei jedem Vertrag ist die Prüfung in zwei Schritten vorzunehmen: Zustandekommen des Vertrages durch Angebot und Annahme und Wirksamkeit des Vertrages, d.h. Bestehen etwaiger Wirksamkeitserfordernisse und Nichtbestehen etwaiger Wirksamkeitshindernisse.[1]

1. Vertragsschluss mit Inhalt gem. § 535

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Es gelten die allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss durch Angebot und Annahme.[2] Ein Mietvertrag ist dann geschlossen, wenn die zwischen den Parteien konkret vereinbarten Hauptleistungspflichten dem Typus des § 535 entsprechen. Dabei müssen sich die Vertragspartner zumindest über die sog. „essentialia negotii“ einig werden.

Unter den „essentialia negotii“ eines Vertrages versteht man diejenigen Punkte, über die die Parteien bei Vertragsschluss eine Einigung erzielen müssen, da diese Punkte weder durch dispositive Gesetzesvorschriften noch durch eine ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157) festgelegt werden können. Ein Vertrag kann nur zustande kommen, wenn diese Punkte nach der Einigung bestimmt oder zumindest eindeutig bestimmbar sind.[3] Auch § 154, der die Rechtsfolgen des offenen Dissenses regelt, ist auf die essentialia negotii nicht anwendbar, da nach § 154 der Vertrag nur „im Zweifel“ nicht geschlossen ist. Fehlt aber eine Einigung über die vertragswesentlichen Punkte, kann der Vertrag auf jeden Fall nicht geschlossen sein (sog. „Totaldissens“)[4].

a) Vertragspartner

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Zu den essentialia des Mietvertrages gehört zunächst die Festlegung der Personen, die als Vermieter und Mieter Rechte und Pflichten übernehmen sollen. Dabei können auf einer oder beiden Seiten auch mehrere Personen stehen, also ein Vertrag mit mehreren Vermietern oder Mietern geschlossen werden. Denkbar ist ein Mietvertrag auch als echter Vertrag zugunsten eines Dritten i.S.d. § 328.

Hinweis

Stehen auf einer Seite mehrere Personen, sind diese hinsichtlich der sie aus dem Vertrag treffenden Pflichten in der Regel Gesamtschuldner (§ 427) und hinsichtlich der Rechte Mitgläubiger i.S.d. § 432.

b) Mietsache

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Zu den essentialia des Mietvertrages gehört ferner die Festlegung des Mietobjekts. Anders als bei der Pacht[5] bezieht sich der Mietvertrag nur auf Sachen i.S.d. §§ 90, 90a.

Da § 93 nur die Einräumung dinglicher Sachenrechte betrifft, können auch einzelne wesentliche Bestandteile zum Gegenstand eines Mietvertrages gemacht werden.[6]

Beispiel

Vermietung einzelner Räume in einem Haus zu Wohnzwecken, Vermietung einer Hauswand als Plakatfläche zu Werbezwecken, Vermietung einer Garage auf einem Grundstück.

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Entgegen ihres engeren Wortlauts ist die Auslegungsregel des § 311c auch auf Mietverträge anzuwenden, so dass im Zweifel das Zubehör eines Mietobjekts (§§ 97, 98) ebenfalls vermietet wird.[7]

Beispiel

V vermietet dem M ein Wohnhaus. Der Mietvertrag erstreckt sich beispielsweise auf den Briefkasten oder die auf dem Dach des Hauses angebrachte Satellitenempfangsanlage.[8]

8

Bei der Vermietung von Räumen erstreckt sich das Recht des Mieters auf Gemeinschaftsflächen und -räume des Hauses sowie gemeinschaftlich genutzte Gebäudeteile.[9] Allerdings steht dem Mieter hier nur ein Mitbenutzungsrecht zu.

Beispiel

Bei der Vermietung einer Wohnung gehören daher der Eingangsbereich, Hausflur, Aufzug oder das Treppenhaus zum Mietobjekt dazu und sind mitvermietet.

9


Ob eine Vereinbarung über die Möglichkeit einer Softwarenutzung als Mietvertrag anzusehen ist, hängt unter anderem davon ab, ob man die vereinbarte „Zugriffsmöglichkeit“ auf ein Computerprogramm als Gewährleistung des Gebrauchs einer „Sache“ qualifizieren kann.

Beispiel

Das Einordnungsproblem stellt sich bei den sog. „ASP“-Verträgen.[10] Bei diesen stellt der Anbieter auf einem Server Software bereit und gestattet seinem Vertragspartner, diese Software für eine begrenzte Zeit über Schnittstellen und Datenleitungen, insbesondere über das Internet „von außen“ zu nutzen. Anders als beim Kauf eines Datenträgers mit der Software verbleibt die Software also auf dem Server des Anbieters.

Stellt man auf das im Softwareprogramm verkörperte „geistige Werk“ (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a ff. UrhG) ab, gelingt die Einordnung als Mietvertrag nicht: ein geistiges Immaterialgut ist keine Sache i.S.d. § 90. Die Möglichkeit der Nutzung von Immaterialgütern wird im Wege eines Lizenzvertrages eingeräumt (siehe z.B. §§ 31 ff. UrhG).

Beispiel

Der Buchautor gewährt dem Verleger mittels eines Lizenzvertrages das Recht, sein Werk zu vervielfältigen (= Druck) und zu verbreiten (Vertrieb der Druckexemplare).

Ist hingegen die Möglichkeit der Nutzung des Servers mit Computerprogramm die entscheidende Leistung des Anbieters, geht es um die Gewährung des Gebrauchs einer beweglichen Sache (Server), so dass ein Mietvertrag in Betracht kommt. Die Einordnung geschieht nicht anders als bei sonstigen Sachen, die ein geistiges Werk speichern („Werkträgern“), etwa Diskette, DVD oder Buch: Geht es den Parteien gerade darum, (nur) das körperliche Werkexemplar (Server, Diskette, Buch, DVD, etc.) zu nutzen, liegt eine Sachnutzung vor.[11] Soll der Vertragspartner hingegen in die Lage versetzt werden, das geistige Werk unabhängig von dem konkreten Exemplar zu nutzen, scheidet ein Mietvertrag aus. Der ASP-Vertrag im Beispiel stellt bei Entgeltlichkeit folglich einen Mietvertrag dar.[12]

c) Hauptleistungspflichten gem. § 535/Abgrenzungen

10

Ferner müssen die Parteien die sie treffenden Hauptleistungspflichten – und damit den Vertragstyp – festlegen. Wenn die Parteien einen Mietvertrag schließen, einigen sie sich auf die in § 535 typisierten Hauptleistungspflichten. Ob das der Fall ist, richtet sich nach dem Inhalt der Einigung, der ggf. durch Auslegung gem. §§ 133, 157 zu ermitteln ist.

Wenn Sie die Vereinbarung der vertragsschließenden Personen auslegen und dahin untersuchen, ob sie sich tatsächlich auf den Vertragstyp „Mietvertrag“ verständigt haben, sind unter Umständen Ausführungen zu anderen verwandten Vertragstypen notwendig. Sehen wir uns die wichtigsten Abgrenzungsfälle an:

aa) Leihe

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Von der Leihe unterscheidet sich der Mietvertrag vor allem dadurch, dass der Entleiher kein Entgelt zu entrichten hat.

bb) Pacht

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Von der Pacht unterscheidet sich der Mietvertrag dadurch, dass er sich nur auf eine Sache i.S.d. §§ 90, 90a beziehen kann (siehe oben unter Rn. 6) und kein Fruchtziehungsrecht kennt, vgl. § 581 Abs. 1 S. 1. Die Abgrenzung stellt sich insbesondere bei der Vermietung von Räumen zu gewerblichen Zwecken. Von einem Pachtverhältnis ist nur auszugehen, wenn die zu überlassenden Räume für einen bestimmten gewerblichen Betrieb nicht nur geeignet, sondern auch so eingerichtet und ausgestattet sind, dass sie alsbald für den Betrieb mit Gewinn benutzt werden können (vgl. § 99 Abs. 1).[13]

Beispiel

M möchte mit V einen Vertrag schließen, der ihn in die Lage versetzt, bestimmte Räume des V für den Betrieb einer Kneipe zu nutzen. Soll der V dem M nicht nur die Räume, sondern auch das gesamte Inventar zur Verfügung stellen, mit dem sich eine Kneipe betreiben lässt (Tische, Stühle, Theke, Schankanlage, etc.), ist von einem Pachtvertrag auszugehen.

cc) Mietkauf

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Kann oder will ein Interessent den Kaufpreis für eine Sache nicht sofort aufbringen und ist er sich auch nicht sicher, ob er die Sache tatsächlich dauerhaft behalten möchte, bevorzugt er in der Regel den Abschluss eines Mietvertrages mit Kaufoption, kurz: „Mietkauf“. Durch die vereinbarte Kaufoption wird dem Mieter das Recht eingeräumt, durch einseitige Erklärung das Mietverhältnis fristlos zu beenden und die Sache zu einem vorher festgelegten Preis zu kaufen, wobei die bisher gezahlten Mieten ganz oder teilweise auf den Kaufpreis angerechnet werden.

Beispiel

 

M möchte gerne, dass seine Tochter das Klavierspiel erlernt. Da er nicht sicher ist, ob seine Tochter wirklich Gefallen am Klavier findet, scheut er den Kauf eines solchen Instruments. Mit dem Händler V vereinbart er deshalb, dass er ein neues Klavier erst einmal mit einer Mindestlaufzeit von 12 Monaten zu einem bestimmten Zins mietet. Nach Ablauf der 12 Monate kann das Mietverhältnis mit einer Frist von drei Monaten ordentlich gekündigt werden. M darf ab dem 12. Monat außerdem jederzeit entscheiden, ob er das Klavier zu einem festgelegten Preis kauft, wobei 50 % der bis dahin gezahlten Mietraten auf den Kaufpreis angerechnet werden.

Bis zur Ausübung der Kaufoption findet auf den Vertrag Mietrecht Anwendung, auf den durch Option wirksam gewordenen Kaufvertrag Kaufrecht.[14] Tritt als Vermieter/Verkäufer ein Unternehmer auf und schließt der Mieter/Käufer den Vertrag als Verbraucher oder Existenzgründer, ist außerdem an die Anwendung des § 506 Abs. 2 zu denken (siehe dazu unten unter Rn. 498 ff.).

dd) Leasing

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Der Begriff des „Leasingvertrages“ ist Ihnen im Alltag sicher schon häufig begegnet. Allein ein Blick in die Angebote von Kfz-Händlern genügt, um festzustellen, dass der Leasingvertrag beim Erwerb teurer Güter eine wichtige Rolle spielt. Eine ausführliche gesetzliche Regelung erfährt das „Leasing“ trotz seiner praktischen Bedeutung nicht. Es handelt sich folglich um einen im BGB nicht typisierten Vertrag, dessen Ausgestaltung und Variation allein der privatautonomen Vereinbarung der Parteien zu entnehmen ist. Allerdings muss es ja irgendwelche anerkannten Merkmale für den Typ „Leasing“ geben – sonst würden wir diesen Begriff schließlich nicht verwenden.

Der „Leasingvertrag“ zeichnet sich dadurch aus, dass der Leasinggeber dem Leasingnehmer das Leasingobjekt gegen einen regelmäßig in Raten zu zahlenden Betrag („Leasingrate“) überlässt, aber – anders als der Vermieter – keinerlei Instandhaltungspflicht übernimmt.[15] Dem Gewährleistungsinteresse des Leasingnehmers wird zum Ausgleich dafür in der Weise Rechnung getragen, dass der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Ansprüche abtritt, die dem Leasinggeber aus seinem Kaufvertrag mit dem Lieferanten des Leasingobjekts wegen Mängeln oder gegen sonstige Dritte etwa aus unerlaubter Handlung zustehen (sog. „leasingtypische Abtretungskonstruktion“).[16]

Hinweis

Die Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte geht ins Leere, wenn der Lieferant mit dem Leasinggeber – wirksam! – einen Gewährleistungsausschluss vereinbart hatte. Da Lieferant und Leasinggeber regelmäßig als Unternehmer i.S.d. § 14 handeln, findet § 476 Abs. 1 S. 1 keine Anwendung. Wenn der Leasingnehmer als „Verbraucher“ handelt, könnte man die Einschaltung des Leasinggebers als unzulässige Umgehung eines Verbrauchsgüterkaufs i.S.d. § 476 Abs. 1 S. 2 zwischen Lieferant und Leasingnehmer ansehen und dem Lieferanten eine Berufung auf den Gewährleistungsausschluss versagen. Dies wird jedoch abgelehnt, da der Leasingnehmer mit dem Lieferanten gar keinen Kaufvertrag schließen wollte, sondern aus wirtschaftlichen Gründen eine Nutzung der Sache über den Leasingvertrag mit Ratenzahlung bevorzugte.[17] Der Leasingnehmer bleibt bei Mängeln aber nicht rechtlos: Geht die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Lieferanten ins Leere, ist der – in der Praxis durch AGB geregelte – Ausschluss der eigenen Gewährleistungshaftung des Leasinggebers nach § 307 Abs. 1 S. 1 unwirksam. Dann haftet der Leasinggeber selbst wieder nach §§ 535 ff.[18]

Ist der Leasinggeber selbst Hersteller, scheidet eine Abtretung von Gewährleistungsansprüchen ausnahmsweise aus – hier gibt es außer dem Leasinggeber ja keinen Lieferanten.

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Der Leasingvertrag wird überwiegend als „atypischer Mietvertrag“ angesehen, so dass zur Ausfüllung von Regelungslücken oder bei unwirksamen Regelungen Mietrecht angewendet werden kann.[19] Der Leasingvertrag kann (muss aber nicht) mit einer Kaufoption („Übernahme zum Restwert“) verbunden sein, die der Leasingnehmer am Ende der vereinbarten Laufzeit ausüben kann und wodurch im Anschluss an den Leasingvertrag ein Kaufvertrag zwischen den Parteien wirksam wird.

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Der Leasingvertrag kennt verschiedene Varianten. Die häufigsten sind das „Finanzierungsleasing“ und das „Operating-Leasing“.

Hinweis

Die Unterscheidung zwischen beiden Varianten ist wichtig, da die in § 506 Abs. 2 i.V.m. § 506 Abs. 1 in Bezug genommenen Regelungen (insbesondere Form und Widerrufsrecht!) nur auf Finanzierungsleasingverträge Anwendung finden. Für das „Operating-Leasing“ gelten diese Regelungen hingegen nicht.

Beim „Finanzierungsleasing“ vereinbaren die Parteien eine feste Laufzeit (ggf. mit Verlängerungsoption) und legen die Pflichten des Leasingnehmers so fest, dass im Ergebnis die eigenen Aufwendungen des Leasinggebers zum Erwerb des Leasingobjekts vollständig ausgeglichen werden und der Leasinggeber seinen kalkulierten Gewinn erzielen kann, ohne einen weiteren Leasingvertrag abschließen zu müssen (sog. „volle Amortisation“).[20] Dieses Ziel wird typischerweise dadurch erreicht, dass der Leasingnehmer neben den Leasingraten am Ende der Leasingzeit außerdem zur Abnahme des Leasingobjekts zum Restwert verpflichtet wird oder aber – neben der Rückgabe der Sache – eine Ausgleichszahlung in Höhe der Differenz zwischen vereinbartem Restwert und einem tatsächlichen Minderwert schuldet.[21] Der Leasinggeber verwertet in der zweiten Variante das zurückgegebene Leasingobjekt selbst. Er erhält somit durch die gezahlten Leasingraten, die Ausgleichszahlung des Leasingnehmers und den Verkaufserlös aus der Weiterveräußerung sein für die Anschaffung der Sache eingesetztes Kapital wieder zurück und erzielt zusätzlich seinen kalkulierten Gewinn.

Beim „Operating-Leasing“ ist der Vertrag demgegenüber gerade nicht darauf angelegt, dass der Leasinggeber allein durch diesen Vertrag seine volle Amortisation erreicht. Vielmehr gelingt ihm das nur durch ein mehrfaches Verleasen.[22] Nach Abschluss des ersten Leasingvertrages wird das Leasingobjekt zurückgegeben und erneut an einen anderen Leasingnehmer verleast. Man erkennt das „Operating-Leasing“ daran, dass die Vertragslaufzeit gar nicht fest vereinbart wird und ein jederzeitiges Kündigungsrecht ohne volle Wertersatzpflicht des Leasingnehmers besteht oder die Vertragslaufzeit so kurz bemessen ist, dass eine Amortisation in dieser Zeit nicht erreicht werden kann.[23]

d) Beginn des Mietverhältnisses

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Der Beginn des Mietverhältnisses gehört ebenfalls zu den wesentlichen Punkten, über die die Parteien eine Einigung erzielen müssen. Das Datum, an dem das Mietverhältnis starten soll, muss also zumindest in eindeutig bestimmbarer Weise festgelegt werden.

Beispiel

V vereinbart mit M, das Mietverhältnis beginne „mit Übergabe des Mietobjekts“. Zwar ist das Datum hier nicht kalendermäßig bestimmt. Jedoch lässt sich dieses anhand des Termins der tatsächlich erfolgten Übergabe eindeutig festlegen.[24]

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Zumindest der Vermieter[25] schuldet eine kontinuierliche Erfüllung seiner Leistungspflichten. Deshalb begründet der Mietvertrag ein sog. „Dauerschuldverhältnis“. Eine exakte zeitliche Festlegung der Dauer des Mietverhältnisses gehört jedoch nicht zu den essentialia negotii. Den Parteien steht es frei, das Mietverhältnis zu befristen, also einen Endtermin festzulegen. Der Mietvertrag kann auch auf unbestimmte Zeit geschlossen werden, vgl. § 542. Fehlt eine Angabe zur Mietzeit, ist der Vertrag im Zweifel auf unbestimmte Zeit geschlossen.[26]

2. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen

a) Allgemeine Wirksamkeitserfordernisse

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Nachdem Sie unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien die Vereinbarung eines Mietvertrages mit den Pflichten gem. § 535 festgestellt haben, müssen Sie als nächstes die Wirksamkeit dieses Vertrages untersuchen. Dabei kommen zum einen die Wirksamkeitserfordernisse in Betracht, also die Tatbestände, die die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages aussprechen.[27] Sie denken hier insbesondere an § 177 beim Vertragsschluss durch einen Vertreter und an die §§ 107, 108 bei Beteiligung eines beschränkt Geschäftsfähigen.

b) Allgemeine Wirksamkeitshindernisse

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Die Wirksamkeitshindernisse sprechen die endgültige Unwirksamkeit des Vertrages aus. Sie prüfen gedanklich die allgemeinen Regeln durch.[28]

Eine Formnichtigkeit kommt – anders als beim Finanzierungsleasingvertrag[29] – bei Mietverträgen nicht in Betracht, da sie formfrei geschlossen werden können.

Hinweis

Das Formgebot des § 550 für auf mehr als ein Jahr befristete Mietverträge sieht bei Verletzung keine Nichtigkeit des Mietvertrages, sondern nur der Befristungsvereinbarung vor.

Von den allgemeinen Wirksamkeitshindernissen sind v.a. der sittenwidrige Mietvertrag, insbesondere der Mietwucher (§ 138) und die Anfechtung (§ 142 Abs. 1) hervorzuheben.

aa) Mietwucher (§ 138 Abs. 2)

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Nach § 138 Abs. 2 ist ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen, nichtig.[30]

Ein „auffälliges Missverhältnis“ zwischen Leistung und Gegenleistung i.S.d. § 138 Abs. 2 liegt vor, wenn die vom Schuldner zu erbringende Leistung um 100 % oder mehr über dem Wert der Gegenleistung liegt (sog. „Grenze des Doppelten“).[31]

Daran hält man auch beim Mietvertrag grundsätzlich fest. Grundsätzlich liegt also beim Mietvertrag ein wucherisches Missverhältnis vor, wenn die vereinbarte Gesamtmiete die ortsübliche Miete für vergleichbare Mietobjekte um mehr als 100 % übersteigt.[32] Entscheidend sind die Verhältnisse bei Vertragsschluss und nicht die spätere Entwicklung.[33] Bei der Vermietung von Wohnräumen wird die Grenze wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit des Mieters – erheblich niedriger angesetzt. Hier liegt ein auffälliges Missverhältnis bereits dann vor, wenn die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 % übersteigt.[34]

In subjektiver Hinsicht muss der Wucherer die Schwächen auf Seiten des bewucherten „ausgebeutet“ haben. Nicht nur beim auffälligen Missverhältnis, sondern auch in der Rechtsfolge des Mietwuchers differenzieren wir nach Mietverträgen über Wohnraum und Mietverhältnissen über andere Sachen:

Bei Mietverträgen über Wohnraum führt der Wuchertatbestand dazu, dass die wucherische Miete durch die angemessene Vergleichsmiete ersetzt und der Mietvertrag mit dieser „Ersatzmiete“ gilt.[35] Der Vertrag ist also nicht insgesamt nichtig. Diese Korrektur der von § 138 angeordneten Gesamtnichtigkeit dient dem Schutz des Wohnraummieters, der andernfalls sein Besitzrecht an der Wohnung verlöre und zur Herausgabe der geräumten Wohnung verpflichtet wäre (§ 985 bzw. § 812 Abs. 1 S. 1). Bereits zu viel gezahlte Miete kann er aus § 812 Abs. 1 S. 1 zurückfordern, da in Höhe der Differenz zwischen vereinbarter und tatsächlich geschuldeter Miete von Anfang an keine Zahlungspflicht bestand.

Bei sonstigen Mietverträgen bleibt es hingegen dabei, dass der Vertrag nach § 138 Abs. 2 insgesamt nichtig ist.[36] Der Mieter kann seine Mietzahlungen nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 817 S. 1 zurückfordern. Umgekehrt kann der Vermieter die dem Mieter überlassene Mietsache nach § 985 bzw. § 812 Abs. 1 S. 1 herausverlangen. § 817 S. 2 steht dem Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 nicht entgegen, da die Sittenwidrigkeit nicht in der Überlassung des Mietobjekts als solcher begründet ist, sondern in der anstößigen Vereinbarung einer unangemessen hohen Miete als Entgelt für die Nutzungsmöglichkeit der Sache.