Gegen die Angst

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TAG 4

DIE HEIMAT VERLASSEN

Der Herr sagte zu Abram: „Geh fort aus deinem Land, verlass deine Heimat und deine Verwandtschaft und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde! Ich werde dich zum Stammvater eines großen Volkes machen und dir viel Gutes tun; dein Name wird überall berühmt sein. Durch dich werden auch andere Menschen am Segen teilhaben. Wer dir Gutes wünscht, den werde ich segnen. Wer dir aber Böses wünscht, den werde ich verfluchen! Alle Völker der Erde sollen durch dich gesegnet werden.“ Abram gehorchte und machte sich auf den Weg (1. Mose 12,1–4a).

Abraham und Sarah führten in der Stadt Haran, im Südosten der heutigen Türkei, ein angenehmes Leben. Abraham war fünfundsiebzig Jahre alt, Sarah zehn Jahre jünger. Haran war eine florierende Stadt im Fruchtbaren Halbmond und lag an einer der wichtigsten Handelsrouten, die die Weltreiche des Ostens mit dem Mittelmeer und Ägypten verbanden.

Doch eines Tages spürte Abraham (oder Abram, wie er damals noch hieß), wie Gott zu ihm sagte: „Geh fort aus deinem Land, verlass deine Heimat und deine Verwandtschaft und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde.“ Ich frage mich, wie Abraham wohl gespürt hat, dass Gott zu ihm redete. Hatte er eine reale Stimme gehört? Oder hat Gott zu ihm gesprochen, wie er üblicherweise zu uns spricht?

Bei vielen Gelegenheiten in meinem Leben habe ich gespürt, dass Gott mit mir geredet hat. Doch ich habe niemals eine reale Stimme gehört oder eine Vision gehabt. Als ich sechzehn war, kam eine Frau aus der Gemeinde auf mich zu und sagte: „Gott hat mir gesagt, dass du Pastor werden sollst.“ Als ich sie fragte, wie Gott ihr das mitgeteilt hätte, erwiderte sie: „Ich habe es in meinem Herzen gespürt.“ Ich antwortete ihr, ich hätte andere Pläne, trotzdem fühlte ich mich durch ihre Worte geehrt. Ein Jahr später, nachdem ich in einem Gottesdienst gesprochen hatte, spürte ich selbst in mir diese starke Überzeugung, dass ich Pastor werden sollte. Kurz bevor ich ans College ging, kamen mehrere Leute auf mich zu und meinten, mein Theologiestudium sei ein Fehler; ich könnte doch in der Wirtschaft, Politik oder Medizin Karriere machen. Aber ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, den nagenden Gedanken, dass ich Pastor werden sollte.

Acht Jahre später erklärte mir der Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche in Missouri, er und der Bezirkssuperintendent hätten die Erkenntnis gewonnen, dass Gott mich berufen wolle, eine neue Gemeinde zu gründen. Und wieder hatten Menschen, die ich respektierte, jede Menge Argumente, warum ich mich nicht darauf einlassen sollte, warum die neue Gemeinde zum Scheitern verurteilt sei. Aber ich konnte den sehr beharrlichen Traum oder die tiefe Überzeugung, dass ich eine neue Gemeinde gründen sollte, nicht abschütteln.

Mit beiden Entscheidungen war ein Risiko verbunden. Bei keiner hatte ich die Garantie, dass das tatsächlich der Wille Gottes war, aber ich glaubte, genau das tun zu müssen. Vielleicht hatten ja auch die anderen recht, die mir abrieten. Und bei beiden Entscheidungen (und natürlich bei den unzähligen anderen, kleineren Entscheidungen, die ich im Laufe meines Lebens getroffen habe) musste ich Opfer bringen. Sie bargen die durchaus realistische Möglichkeit des Scheiterns. Viele Ängste und Sorgen bedrängten mich. Aber wie froh bin ich heute, dass ich ja gesagt habe, und nicht nein.

Wenn Sie Abrahams Geschichte im ersten Buch Mose weiterlesen, werden Sie feststellen, dass er in Kanaan und später in Ägypten vor viele Herausforderungen gestellt wurde. Doch am Ende ist diese Geschichte überliefert, weil Abraham „Ja!“ gesagt hat. Abraham und Sarah wurden gesegnet und durch sie auch alle Völker der Erde.

Die Herausforderung an uns Menschen heute ist, dass Gott normalerweise in einem Flüstern zu uns spricht und nicht laut und deutlich. Wir spüren, dass Gott uns zu etwas drängt, wenn wir etwas in der Bibel lesen, das in eine Lebenssituation hinein spricht, oder wenn wir eine Predigt oder ein Lied hören, die eine Saite in unserem Herzen anklingen lassen. Gott spricht auch zu uns, wenn wir beten oder meditieren, oder durch Freunde oder Angehörige. Aber das ist keine „Schrift an der Wand“ oder eine hörbare Stimme, die jeden Zweifel in uns erstickt.

Darum suchen wir in der Bibel nach einer Antwort. Wir vertiefen uns in den Dienst und die Botschaft Jesu. Wir reden mit anderen und fragen sie um Rat und um ihre Meinung in Bezug auf das, was wir für den Ruf Gottes halten. Wir überprüfen die Botschaft oder den Ruf auch mit unserem menschlichen Verstand. Alle diese Faktoren helfen uns zu erkennen, ob die Gedanken von Gott kommen.

Doch am Ende des Tages war Abrahams Vision von dem verheißenen Land wohl kaum „vernünftig“. Es schien sogar absolut unvernünftig, seine Frau und seinen ganzen Haushalt zu entwurzeln und mit ihnen in ein fremdes Land zu ziehen, ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben, aufzubrechen in ein Land, in dem große Gefahren auf sie warten könnten. Trotzdem machten sich Abraham und Sarah auf den Weg.

Auch Sie stehen manchmal vor der Herausforderung, dass Sie, um diesem leisen Flüstern zu folgen, einen Glaubensschritt wagen und an einen Ort ziehen müssen, an dem Sie noch nie gewesen sind. Überprüfen Sie diesen Ruf, soweit es in Ihrer Macht steht, anhand der Bibel und versuchen Sie, mit der Hilfe von vertrauenswürdigen Freunden und Ihrem eigenen Verstand, Ihre Entscheidung zu treffen. Aber vergessen Sie nicht, dass wir manchmal den Auftrag haben aufzubrechen, auch wenn es keinen Sinn macht. Aber wenn Sie wirklich Gottes Ruf hören, werden Sie feststellen, dass Gott mit Ihnen geht, Sie segnet und Sie, wie bei Abraham und Sarah, zu einem Segen werden lässt.

Herr, hilf mir, auf das Drängen deines Geistes zu hören. Mach mir klar, ob es wirklich dein Ruf ist. Und hilf mir, dir zu vertrauen und deinem Ruf zu folgen, wohin auch immer du mich führen wirst.

TAG 5

RINGEN MIT GOTT

Dann betete er: „Herr, du Gott meines Großvaters Abraham und meines Vaters Isaak … Bitte rette mich vor meinem Bruder Esau! Ich habe große Angst, dass er uns alle umbringt, die Frauen und auch die Kinder!“ … Mitten in der Nacht stand Jakob auf und überquerte den Fluss Jabbok an einer seichten Stelle, zusammen mit seinen beiden Frauen, den beiden Mägden und den elf Kindern. Auch seinen Besitz brachte er auf die andere Seite. Nur er blieb noch allein zurück. Plötzlich stellte sich ihm ein Mann entgegen und kämpfte mit ihm bis zum Morgengrauen (1. Mose 32,10–12.23–25).

Wenn Sie ein Unrecht begangen haben, wenn Sie jemanden getäuscht oder ihm etwas Wertvolles weggenommen haben, dann wird irgendwann der Tag kommen, an dem Sie sich dem begangenen Unrecht stellen müssen. Die Angst vor diesem Tag, die ständige Sorge und Furcht, sind manchmal eine größere Strafe als die Konfrontation selbst.

Jakob und Esau waren Zwillinge, aber Esau war kurz vor Jakob zur Welt gekommen. Also war er der Erstgeborene, und das wiederum bedeutete, dass er das Erstgeburtsrecht hatte. Als ältestem Sohn stand Esau nach dem Tod seines Vaters der doppelte Anteil am Erbe zu, und er würde das Familienoberhaupt werden.

Aber Jakob war klüger und gerissener als sein Bruder, und außerdem der Liebling seiner Mutter. Sie zog ihn ihrem Erstgeborenen vor. Eines Tages erwischte Jakob Esau in einem schwachen Moment. Sein älterer Bruder hatte den ganzen Tag schwer gearbeitet und kam ausgehungert nach Hause. Jakob überredete ihn, ihm sein Erstgeburtsrecht für eine Schale Eintopf zu verkaufen. Aber die eigentliche List kam später, als Isaak, der Vater der Jungen, alt und schwach geworden war. Da sie wusste, dass Isaak nahezu blind war, überredete Jakobs Mutter ihn, sich für Esau auszugeben und seinem Bruder Isaaks Segen zu stehlen. Isaak legte die Hand auf Jakobs Kopf, ohne zu merken, wen er vor sich hatte, und gab dem jüngeren Sohn den Segen, der für den älteren bestimmt war. Jetzt war es offiziell. Das Erstgeburtsrecht würde an Jakob fallen.

Als Esau erfuhr, was geschehen war, zog er los, um seinen jüngeren Bruder zu töten. Jakob floh in ein fremdes Land. Dort lebte er viele Jahre, gründete eine Familie und vermehrte seinen Besitz. Doch irgendwann, das wusste Jakob, müsste er nach Kanaan zurückkehren, denn das war das Land der Verheißung. Und das bedeutete, dass er sich dem Mann würde stellen müssen, den er betrogen hatte, dem Bruder, der ihm nach dem Leben trachtete.

Haben Sie einem anderen Menschen schon mal etwas so Schlimmes angetan, dass Sie diesen Menschen am liebsten nie wieder gesehen hätten? Ich denke an eine Frau, die unter Alkoholeinfluss Auto gefahren war. Sie geriet auf die Gegenfahrbahn und raste frontal in ein anderes Fahrzeug hinein. Dabei kamen ein Vater und sein kleines Kind ums Leben. Ich denke an einen Mann, der seine Frau mit ihrer besten Freundin betrogen hatte. Oder an den Finanzberater, der seine Kunden um Hunderttausende Dollar geprellt hatte. Jeder von ihnen hatte anderen großen Schmerz zugefügt, und alle scheuten sich, den Menschen, denen sie Unrecht getan hatten, gegenüber zu treten.

Jakob hoffte, dass sich der Zorn seines Bruders mit den Jahren gelegt hätte. Aber je näher er seiner Heimat kam, desto größer wurde seine Angst. Er schickte einen Teil seiner Viehherden als Friedensgabe voraus, um Esau milde zu stimmen. Doch an dem Abend, bevor er Kanaan erreichte, wurde Jakobs Angst übermächtig. In tiefer Not schrie er zu Gott, und Gott kam zu ihm.

Die Geschichte aus 1. Mose 32,22–32 erscheint im hebräischen Urtext ein wenig mysteriös. Dort lesen wir, dass Jakob die ganze Nacht mit einem Mann kämpfte. Doch gegen Morgen, wenn nicht schon lange vorher, wird Jakob klar, dass er mit Gott ringt. Ich frage mich jedoch, ob Jakob nicht auch in gewisser Weise mit sich selbst kämpfte – mit dem Mann, der er gewesen war, und dem Mann, der er einmal sein würde.

 

Haben Sie schon einmal mit Gott gekämpft? Ich schon, nämlich dann, wenn ich mich gefragt habe, ob ich Gott enttäuscht hätte, oder wenn ich das Gefühl hatte, dass Gott mich enttäuscht hatte. Tief verletzt oder frustriert habe ich mich dann an Gott gewandt, manchmal flach auf dem Gesicht liegend in der Dunkelheit, und manchmal habe ich auf langen Spaziergängen Gott meine Fragen entgegen geschleudert. Habe ich in diesen Augenblicken mit Gott gekämpft? Oder ließ Gott mich gewähren, damit ich Dampf ablassen konnte, bis ich schließlich erkannte, dass ich eigentlich mit mir selbst kämpfte?

Lesen Sie die Psalmen, dann werden Sie feststellen, dass eine große Anzahl der Psalmen Klagepsalmen sind – Klagelieder, die die Gedanken der Psalmisten, die mit Gott gekämpft haben, in Worte fassen. Wenn wir unsere Fragen, Enttäuschungen oder Zweifel vor unserem Schöpfer ausbreiten, kann das viel bewirken. Solange wir kämpfen, halten wir an Gott fest. Wir fordern Gottes Segen ein, so wie Jakob es tat. Und überrascht und freudig werden wir am Ende feststellen, dass Gott uns sein Erbarmen und seine Gnade schenkt, wenn wir nicht loslassen.

Nach diesem nächtlichen Ringen mit Gott wachte Jakob am nächsten Morgen als veränderter Mensch auf. Und als er seinem Bruder schließlich gegenübertrat, empfing er ganz unerwartetes Erbarmen. Für ihn ganz überraschend, nahm Esau sein ehrliches Bekenntnis und seinen Versuch der Wiedergutmachung an.

Gibt es in Ihrem Leben jemanden, dem Sie Unrecht getan haben, den Sie noch aufsuchen müssen, um das geschehene Unrecht wieder gut zu machen? Vielleicht haben Sie Angst vor dem, was geschieht, wenn Sie das tun. Jakob hatte auch Angst und war deshalb gezwungen, mit dem Mann, der er gewesen war, mit dem Mann, der er werden würde, und dem Gott, dem er vertraute, zu kämpfen. Durch den Kampf fand Jakob den Mut und die Entschlossenheit, zu tun, was Gott von ihm erwartete.

Danke, dass du mir gestattest, mit dir zu ringen, wenn ich verwirrt, zornig oder einfach nur ängstlich bin. Hilf mir, an dir festzuhalten, den Segen zu suchen und mich nicht von dir abzuwenden. Hilf mir, um Vergebung zu bitten, und selbst Vergebung zu gewähren. Lege mir die Menschen aufs Herz, mit denen ich mich versöhnen muss, und führe mich, wenn ich mich um Wiedergutmachung bemühe. Amen.

TAG 6

VOM GEFANGENEN ZUM PREMIERMINISTER

Kaum hatte Josef sie erreicht, da entrissen sie ihm sein vornehmes Gewand und warfen ihn in den leeren Brunnenschacht. Dann setzten sie sich, um zu essen. Auf einmal bemerkten sie eine Karawane mit ismaelitischen Händlern. … Sie kamen von Gilead und waren unterwegs nach Ägypten. Da sagte Juda: „Was haben wir davon, wenn wir unseren Bruder töten und den Mord an ihm verheimlichen? Nichts! Los, wir verkaufen ihn an die Ismaeliter“ (1. Mose 37,23–27).

[Jahre später sagten Josefs Brüder]: „Was ist, wenn Josef sich jetzt doch noch rächen will und uns alles Böse heimzahlt, was wir ihm angetan haben?“ … Aber Josef erwiderte: „Habt keine Angst! Ich maße mir doch nicht an, euch an Gottes Stelle zu richten! Was er beschlossen hat, das steht fest! Ihr wolltet mir Böses tun, aber Gott hat Gutes daraus entstehen lassen. Durch meine hohe Stellung konnte ich vielen Menschen das Leben retten. Ihr braucht also nichts zu befürchten. Ich werde für euch und eure Familien sorgen“ (1. Mose 50,19–21a).

Josef war der elfte Sohn Israels (Jakobs), aber ganz anders als die meisten jüngeren Söhne zu der damaligen Zeit war er Israels Lieblingssohn. Das wurde eines Tages offensichtlich, als Jakob mit einem langen, wunderschönen Gewand nach Hause kam, das er für Josef hatte anfertigen lassen. Darüber ärgerten sich Josefs ältere Brüder.

Und dann träumte Josef, dass sich seine Brüder eines Tages vor ihm verneigen würden. Hier ein guter Rat: Sollten Sie jemals träumen, dass Ihre Geschwister sich eines Tages vor Ihnen verneigen werden, behalten Sie das lieber für sich!

Josef hatte diesen Rat nicht beherzigt. Und eines Tages, als er seine Brüder aufsuchte, die mit den Herden auf eine neue Weide gezogen waren, beschlossen sie, ihn umzubringen. Zuerst warfen sie ihn in eine ausgetrocknete Zisterne, um ihn dort sterben zu lassen. Doch dann hatten sie eine bessere Idee: Wir verkaufen ihn einfach an eine Karawane ismaelitischer Sklavenhändler!

Aber das war erst der Beginn von Josefs Leidenszeit. Die Sklavenhändler verkauften ihn an einen ägyptischen Beamten mit Namen Potiphar. Josef übte sich in Demut und strengte sich an, gute Arbeit für seinen Herrn zu leisten, aber Potiphars Frau fand Interesse an ihm. Als Josef ihre Avancen zurückwies, beschuldigte sie ihn der versuchten Vergewaltigung, und Josef kam ins Gefängnis. Josef war vom verwöhnten Lieblingssohn eines wohlhabenden Viehzüchters zu einem Sklaven abgestiegen, der in einem ägyptischen Gefängnis saß. Sein Leben hatte sich in einen Albtraum verwandelt.

Geschichten wie die von Josef geschehen auch in der heutigen Zeit. Einundzwanzig Jahre lang saß Darryl Burton im Staatsgefängnis von Missouri für einen Mord, den er nicht begangen hatte. Wichtige Beweise für seine Unschuld hatte die Staatsanwaltschaft zurückgehalten. Anfangs war er verbittert, zornig auf ein System, das ihn zu Unrecht verurteilt hatte. Aber eines Tages schrieb er einen Brief an Jesus mit folgenden Worten: „Jesus, wenn du tatsächlich da bist und mir hilfst, hier herauszukommen, werde ich dir nicht nur dienen, sondern der Welt von dir erzählen.“ Er begann für die zu beten, die gegen ihn ausgesagt hatten, und für die, die den Beweis für seine Unschuld bewusst zurückgehalten hatten. Ganz langsam verschwand seine Bitterkeit. An ihre Stelle traten Erbarmen und Mitgefühl.

Vielleicht haben Sie von Angehörigen oder Freunden Zurückweisung erfahren, Sie wurden verraten, schlecht behandelt oder irgendwelcher Dinge beschuldigt, die Sie nicht begangen haben. Vielleicht kennen Sie den Schmerz erfahrenen Unrechts, und vielleicht auch die Angst, dass Ihr Leben nie mehr besser werden wird – dass es Ihr Schicksal sein könnte, für immer zu leiden.

Bestimmt erlebte Josef in seinem ägyptischen Gefängnis Augenblicke der Angst, der Sorge und Verzweiflung. Bestimmt hat er wie der Psalmist geschrien: „Herr, wie lange wirst du mich noch vergessen?“

Trotzdem hielt er an seinem Vertrauen auf Gott fest und bemühte sich, „das Richtige“ zu tun. Im ersten Buch Mose lesen wir: „Aber der Herr war auf Josefs Seite und sorgte dafür, dass der Gefängnisverwalter ihm wohlgesinnt war.“ Josef wurde die Aufsicht über seine Mitgefangenen übertragen, und seine Fähigkeit, Träume zu deuten, führte ihn am Ende vor den Pharao, dessen beunruhigende Träume niemand sonst auslegen konnte. Josef erklärte dem Pharao, seine Träume seien Warnungen vor einer bevorstehenden Hungersnot. Der Pharao holte Josef aus dem Gefängnis und übertrug ihm die Aufgabe, das Land auf die Hungersnot vorzubereiten und die Verteilung des Korns während der Hungersnot zu organisieren – eine Aufgabe, die mit der eines Premierministers gleichzusetzen war.

Eines Tages kamen Josefs Brüder aus dem Land Kanaan, wo die Hungersnot ebenfalls herrschte. Sie hatten kein Korn mehr und knieten vor dem Beamten des Pharaos nieder. Den Bruder, den sie viele Jahre zuvor in die Sklaverei verkauft hatten, erkannten sie nicht. Am Ende vergab Josef seinen Brüdern und rettete seine Familie und auch die Zukunft Israels, indem er sie nicht nur mit Korn versorgte, sondern dem Volk auch Land in der fruchtbaren Deltaregion Ägyptens zur Verfügung stellte.

Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt in den Worten Josefs: „Ihr wolltet mir Böses tun, aber Gott hat Gutes daraus entstehen lassen.“ So verfährt Gott mit den schmerzlichen Dingen in unserem Leben.

Darryl Burtons Fall wurde schließlich von den Gerichten noch einmal neu aufgerollt. Die Beweise, die im ersten Prozess zurückgehalten worden waren, wurden vorgelegt, und im Jahr 2008 wurde Darryl rehabilitiert und aus dem Gefängnis entlassen. Getreu seines Versprechens, das er Jesus in seinem Brief gegeben hatte, begann er ein Theologiestudium am Seminar und wurde zum evangelisch-methodistischen Pastor ordiniert. Jetzt arbeitet er als Gemeindepastor in unserer Church of the Resurrection und gründete erst vor kurzer Zeit das Miracle of Innocence, eine Arbeit für zu Unrecht verurteilte Gefangene. Darryl ist ein ganz bemerkenswerter Mensch. Er ist ein lebendes Beispiel dafür, dass Gott aus den schlimmen Dingen in unserem Leben etwas Gutes und Schönes entstehen lässt.1

Geben Sie nicht auf, wenn es in Ihrem Leben stetig nach unten geht. Das haben auch Josef und Darryl erlebt. Halten Sie durch, vertrauen Sie und tun Sie weiterhin, was richtig ist. Gott wird heilbringend eingreifen und Gutes aus Ihrem ungerechtfertigten Leiden entstehen lassen.

Herr, ich glaube, dass du Gutes aus dem Schmerz, den Widrigkeiten und Ungerechtigkeiten des Lebens entstehen lassen kannst. Hilf mir, dir in den schwierigen Zeiten zu vertrauen, weiterzumachen und das „Richtige“ zu tun, auch wenn andere mir Unrecht tun. Ich bete, dass du aus den Nöten meiner Vergangenheit etwas Schönes und Erlösendes werden lässt. Amen.

1 Mehr über Darryl erfahren Sie unter darrylburton.org.

TAG 7

SENDE DOCH LIEBER EINEN ANDEREN

Mose hütete damals die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro, des Priesters von Midian. Eines Tages trieb er die Herde von der Steppe hinauf in die Berge und kam zum Horeb, dem Berg Gottes. Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch schlug. … Der Herr sah, dass Mose sich dem Feuer näherte, um es genauer zu betrachten. Da rief er ihm aus dem Busch zu: „Mose, Mose!“ „Ja, Herr“, antwortete er.

[Gott sagte:] „Ich sende dich zum Pharao, denn du sollst mein Volk Israel aus Ägypten herausführen!“ … Doch Mose bat: „Herr, sende doch lieber einen anderen“ (2. Mose 3,1–2.4.10; 4,13).

Haben Sie schon einmal Angst vor etwas gehabt? Vielleicht vor einer neuen Arbeitsstelle, einer einschneidenden beruflichen Veränderung oder einer ganz besonderen Herausforderung in der Schule? Vielleicht war es auch das Gefühl, dass Gott einen Dienst von Ihnen erwartet oder einen bestimmten Auftrag für Sie hat, zum Beispiel eine Missionsreise? Ich habe bei vielen Gelegenheiten Angst erlebt, wenn ich mich von Gott gerufen fühlte, oder einfach nur, wenn andere etwas an mich herantrugen, mit dem ich mich unwohl fühlte.

Mose wuchs in Ägypten auf; nach seiner Geburt kam es zur ersten Adoptionsgeschichte in der Bibel. Um sein Leben zu retten, gab seine Mutter ihn weg. Ein neues Zuhause fand er bei der Tochter des Pharaos, und so wuchs er als Prinz von Ägypten im Haus des Pharaos auf. Doch im Alter von vierzig Jahren tötete er einen ägyptischen Aufseher, der einen israelitischen Sklaven ausgepeitscht hatte, und musste aus Ägypten fliehen. Er erreichte die große Wüste Sinai. Dort heiratete er und hütete die Viehherden seines Schwiegervaters.

Hirten waren in Ägypten eher gering geachtet. Mose, der in der obersten Gesellschaftsschicht aufgewachsen war und gelebt hatte, gehörte nun zur untersten Schicht und musste hart für den Lebensunterhalt seiner Familie arbeiten. Gott erwählte mit Mose einen Mann, der ganz unten war, für eine wichtige Aufgabe, die weit reichende Folgen hatte und die Welt verändert hat. So ähnlich ist es ja auch bei Josef schon gewesen.

An jenem Tag hütete Mose seine Herde, als er einen brennenden Busch entdeckte. Doch der Busch verbrannte nicht. Mose sagte sich: „Das muss ich mir aus der Nähe ansehen“ (2. Mose 3,3). Aufmerksamkeit ist eine wesentliche Eigenschaft für das geistliche Leben. Gott spricht zu uns häufig in einer Weise, die wir nur wahrnehmen können, wenn unsere Sinne geschärft sind. Wir sollen wachsam bleiben, neugierig sein, über Gottes Flüstern oder das Zusammenspiel von Ereignissen nachdenken.

Als Mose sich dem Busch nähert, um ihn sich genauer anzusehen, vertraut ihm Gott seine Sorge um die Israeliten an, die unter der ägyptischen Knechtschaft leiden. Und dann sagt Gott zu dem achtzigjährigen Mose: „Ich möchte, dass du nach Ägypten zurückkehrst, um mein Volk aus der Knechtschaft zu führen.“

Der Ruf war eindeutig, aber Mose hatte Angst. Er war aus Ägypten geflohen, ein Flüchtling vor dem Gesetz. Wie konnte er zurückkehren? „Wer bin ich, dass ich das tun soll?“, wandte er ein. „Ich bin ein achtzigjähriger Hirte.“

Gott erwiderte: „Ja, aber ich werde bei dir sein.“

„Aber was, wenn die Israeliten mich fragen, wer dieser Gott ist, der in einem brennenden Busch zu mir gekommen ist?“

„Sag ihnen: ‚Ich bin für euch da‘ hat mich zu euch gesandt – der Gott eurer Vorfahren, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.“

 

„Aber was, wenn sie mir nicht glauben oder nicht auf mich hören?“

„Ich gebe dir einige Demonstrationen meiner Macht.“

„Aber Herr, ich kann nicht gut sprechen – ich stottere.“

„Ich werde dir helfen zu sprechen!“

Schließlich brach es aus Mose hervor: „Herr, sende doch lieber einen anderen!“

Ich liebe diese Geschichte! Wie oft melden sich unsere Ängste zu Wort, wenn wir das Gefühl haben, etwas tun zu sollen. Uns fallen eine ganze Reihe von Ausreden ein, warum wir dem Ruf nicht folgen können. Seltsamerweise gestattet uns Gott, unsere Argumente gegen seinen Auftrag vorzubringen. Wenn Mose an jenem Tag von dem brennenden Busch weggegangen wäre, voller Zufriedenheit, weil er mit guten Argumenten Gott nahe gelegt hatte, sich einen anderen für seinen Auftrag zu suchen, hätte er das einzigartige und größte Abenteuer seines Lebens verpasst – ein Abenteuer, bei dem Gott ihn gebrauchte, ein Volk zu befreien und eine Nation zu bilden.

Dasselbe gilt für die Aufgaben, die Gott für uns hat. Vielleicht die Mitarbeit in der Sonntagsschule, Engagement für die Hilfsbedürftigen in der Stadt, eine Rede in der Öffentlichkeit, ein Gespräch mit jemandem über den Glauben, der Kampf gegen eine Ungerechtigkeit, die Sie miterlebt haben, oder die Verteidigung einer Person, die schikaniert, drangsaliert oder gehänselt wird. Was immer es ist, zu dem Sie sich von Gott gedrängt fühlen, vermutlich haben Sie eine ganze Palette hervorragender Ausreden parat, warum Sie lieber die Finger davon lassen sollten. Es sind Ihre Ängste, die sich in Ihrem Kopf zu Wort melden.

Doch die größten Abenteuer und die bedeutsamsten Augenblicke in Ihrem Leben werden Sie erleben, wenn Sie dem Drängen Gottes, das Ihnen Angst macht, nachgeben. Wie bei Mose ist Gottes einfache Antwort auf Ihre Ängste: „Hab keine Angst; ich werde bei dir sein.“

Herr, du weißt, wie oft ich mich von meinen Ängsten und Entschuldigungen davon habe abhalten lassen, Dinge zu tun, die du von mir wolltest. Hilf mir, aufmerksam zu sein und die brennenden Dornbüsche in meinem Leben wahrzunehmen, und schenke mir den Mut, ja zu sagen, wenn ich eher nein sagen möchte. Ich bete in Jesu Namen. Amen.

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