Handbuch Arzthaftungsrecht

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III. Arzthaftungsrechtliche Besonderheiten der gerichtlichen Verjährungshemmung

150

Hier ist nicht der Platz, die vielen Möglichkeiten der Hemmung nach § 204 BGB aufzuzeigen. Es sollen nur einzelne, im Arzthaftungsrecht typische Probleme der §§ 204 BGB und 167 ZPO aufgezeigt werden.

1. Klagezustellung an einen Krankenhausarzt

151

Soll wegen einer vollstationären Krankenhausbehandlung neben dem Krankenhausträger als Vertragspartner auch ein an der Behandlung beteiligter Arzt, z.B. Operateur, mit verklagt werden, stellt sich oft das Problem, dass die Anschrift des Arztes nicht bekannt ist und auch vom Krankenhausträger nicht herausgegeben wird. Ist der Arzt zum Zeitpunkt der Klagerhebung noch in demselben Krankenhaus beschäftigt, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Klage an dessen Arbeitsstelle zustellen zu lassen, wobei es erforderlich ist, dass der Zustellungsempfänger und dessen Funktion im Krankenhaus so konkret und genau bezeichnet werden, dass von einer ernsthaften Möglichkeit ausgegangen werden kann, die Zustellung durch Übergabe werde gelingen.[147] Sind diese Angaben hinreichend präzise in der Klagschrift enthalten, dann führen nach der Auffassung des BGH nicht gebotene Rückfragen und Zwischenverfügungen zur Privatanschrift des Arztes nicht dazu, dass die Zustellung nicht als demnächst i.S.d. § 167 ZPO erfolgt gilt. Bei diesen nicht gebotenen Rückfragen handelt es sich um Verzögerungen, die nicht der klagenden Partei zuzurechnen sind, sondern um solche innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebes, die der Partei nicht zum Nachteil gereichen sollen.

2. Fehlerhafte Trägerbezeichnung

152

Schwierigkeiten bereitet gelegentlich die Bezeichnung des Trägers eines Krankenhauses. Es gehört zur Praxis, dass die Internetseite des Krankenhausträgers aufgesucht und dort das Impressum angesehen wird. Dort finden sich dann z.B. Angaben wie „Klinikverbund XY GmbH“. Die weiteren Angaben zu den einzelnen Kliniken des Klinikverbundes erfolgen dann ohne genauere Hinweise auf die Trägerschaft und die Rechtsform. Es soll nicht selten vorkommen, dass in diesen Fällen die Klage gegen die „Klinikverbund XY GmbH“ gerichtet wird, die Beklagtenseite dann allerdings einwendet, dass die einzelnen Kliniken als Tochtergesellschaften jeweils von eigenen Gesellschaften mit beschränkter Haftung getragen werden. Hier stellt sich die Frage, ob dieser Fehler mit einer Rubrumsberichtigung oder mit einem Parteiwechsel zu beheben ist, was verjährungsrechtlich bei Klagen kurz vor dem Verjährungsablauf von Bedeutung für die Hemmung nach § 204 BGB sein kann.

153

Die Rechtsprechung ist mit der Auslegung großzügig. Soll im Arzthaftungsprozess nach dem Gesamtzusammenhang des Klagvorbringens zweifelsfrei der Träger des Krankenhauses in Anspruch genommen werden, in dem die behauptete Fehlbehandlung erfolgte, kann die Fehlbezeichnung dieses Trägers nach § 319 ZPO berichtigt werden.[148] Gleiches gilt damit selbstverständlich auch für die Frage, ob in der Korrektur des Passivrubrums eine bloße Parteiberichtigung oder ein Parteiwechsel i.S.d. § 263 ZPO vorliegt. Auch hier ist das tatsächlich Gewollte durch Auslegung des gesamten Inhaltes der Klagschrift zu ermitteln.[149]

154

Dennoch sollte sich die Klägerseite derartigen Auslegungsanstrengungen nicht unbedingt aussetzen und vor Zustellung der Klagschrift gerne den Handelsregisterauszug einsehen oder auch direkt beim vermeintlichen Krankenhausträger die Trägerschaft abklären.

155

Wird jahrelang gegen den vermeintlichen Krankenhausträger prozessiert und bringt der Beklagte dann erst den Einwand, er sei gar nicht der Träger, so geschehen in einem Fall, in welchem gegen das Land wegen eines Fehlers im als AöR konstituierten Universitätsklinikum geklagt wurde, dann kann sich der Beklagte nicht mehr mit Erfolg auf fehlende Passivlegitimation berufen.[150]

3. Verjährungshemmung durch Zuständigkeitsbestimmungsantrag

156

Der negative Ausgang einer Behandlung kann auf Fehlern in verschiedenen Phasen der Behandlung im ambulanten und stationären Bereich beruhen. Es gehört daher zum Alltag, dass verschiedene Behandlungsträger gesamtschuldnerisch verklagt werden. Haben die verschiedenen Behandlungsträger ihren Gerichtsstand bei unterschiedlichen Gerichten, ist ein Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das im Rechtszug nächst höhere Gericht zu stellen. Mit Einreichung dieses Antrages bei dem höheren Gericht wird die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt, sofern nach Erledigung des Gesuchs die Klage innerhalb von drei Monaten erhoben wird.

157

Für die Hemmung der Verjährung ist es in diesem Fall unerheblich, ob der Antrag als zulässig angesehen wird oder nicht.[151] Ist z.B. ungewiss, ob der Schaden schon am Ort der ersten Behandlung eingetreten ist oder – mitverursacht durch dortige Fehler – erst im Zuge der weiteren Behandlung, dann könnte das nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO angerufene Oberlandesgericht einen gemeinsamen Erfolgsort annehmen und den Antrag damit als unzulässig zurückweisen. Das ändert an der Verjährungshemmung jedoch nichts, es sei denn, der Antrag wird missbräuchlich nur zur Verjährungshemmung eingesetzt.[152]

4. Keine Verjährungshemmung durch unzulässige Streitverkündung

158

Dagegen kommt es für die Hemmungswirkung der Streitverkündung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB darauf an, dass der Antrag zulässig ist. Das ist er insbesondere dann nicht, wenn die Haftung der Beklagtenpartei nicht alternativ zur Haftung des Streitverkündeten steht, sondern auch aus der Sicht des Streitverkünders unabhängig vom Ausgang des Verfahrens ein Anspruch gegen den Streitverkündeten besteht.[153] Die Streitverkündung kann also bei mehreren, an einer fehlerhaften Behandlung beteiligten Behandlern problematisch sein.

159

Ein typischer und zulässiger Fall der Streitverkündung ist dann gegeben, wenn darüber Streit besteht, ob ein Durchgangsarzt einen Fehler im Bereich seiner öffentlich-rechtlichen Aufgabe oder im Bereich der von ihm übernommenen Behandlung begangen hat. Hier kann es im Fall der Klage gegen die Berufsgenossenschaft aus Amtshaftung geboten sein, dem Durchgangsarzt den Streit zu verkünden oder umgekehrt bei einer Klage gegen den Durchgangsarzt der zuständigen Berufsgenossenschaft. Die Ansprüche stehen bei fahrlässiger Handlung des Durchgangsarztes im Verhältnis der Alternativität.

5. Streitgegenstand und Hemmung nach § 204 BGB

160

Wie bereits unter Rn. 52 ff. angesprochen, ist Streitgegenstand der Klage auf Schadensersatz aus fehlerhafter Behandlung grundsätzlich die Behandlung als einheitlicher Lebenssachverhalt. Treten im Rahmen der Begutachtung andere als die ausdrücklich gerügten Behandlungsfehler zu Tage, sind auch diese Streitgegenstand und die Verjährung ist auch insoweit durch das Verfahren gehemmt.

161

Dagegen werden Aufklärungsrüge und Behandlungsfehlervorwürfe als unterschiedliche Streitgegenstände gewertet,[154] so dass die allein auf fehlerhafte Behandlung gestützte Klage Ansprüche aus unzureichender Risikoaufklärung nicht hemmt.[155]

162

Allerdings kann sich eine Kenntnis vom Aufklärungsfehler erst im laufenden Verfahren ergeben, wenn der klagende Patient fest davon ausgeht, dass er durch ein fehlerhaftes Vorgehen geschädigt wurde, dann aber im Rahmen der Begutachtung erfährt, dass es sich bei der Schädigung um ein bekanntes dem Eingriff anhaftendes Risiko handelt. Dennoch bietet es sich an, vorsorglich und hilfsweise für den Fall, dass ein Behandlungsfehler verneint wird, die Aufklärungsrüge zu erheben.

163

Unterschiedliche Streitgegenstände nimmt das OLG Köln in einer Entscheidung vom 5.3.2018 an hinsichtlich der vom Erben eingeklagten Schmerzensgeldansprüche des Verstorbenen und der später wegen eigener psychischer Folgeschäden geforderten Schadensersatzansprüche.[156] Letztere waren nach Ansicht des OLG verjährt, weil die Verjährungshemmung sich zunächst auf die ererbten Ansprüche beschränkte.

G. Das Gebot des sichersten Weges, Verjährungsdiskussionen und Einredeverzichte

164

Wer als Anwältin/Anwalt der Patientin/des Patienten nicht vom eigenen Haftpflichtversicherer in die höchst unangenehme Rolle des „damaligen Bevollmächtigten und jetzigen Streithelfers der Arztseite“[157] gedrängt werden möchte, weil die Hoffnung des Haftpflichtversicherers auf eine Abwehr der Anwaltshaftung nur noch auf der Behauptung ruht, einen schadenskausaler Behandlungsfehler habe es gar nicht gegeben, sollte in allen Grenzsituationen das Gebot des sichersten Weges im Blick behalten. Dieser Hinweis darf in einem an die Praxis und insbesondere an die anwaltlichen Praktiker gerichteten Handbuch nicht fehlen, auch wenn dies nicht der Ort für eine anwaltshaftungsrechtliche Ausarbeitung ist. Unabhängig davon verschlechtert auch dort, wo die Schwelle zur Anwaltshaftung noch nicht überschritten ist, eine unnötig in Kauf genommene Verjährungsdiskussion die Position der Klägerin/des Klägers.

 

165

Zunächst ist aber einer Argumentationsfigur entgegenzutreten, die bei Verjährungsdiskussionen gelegentlich in Schriftsätzen der Passivseite zu finden ist und die dahin geht, der Klägerseite sei grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen, weil sie nicht dem Gebot des sichersten Weges gefolgt sei oder weil sie keinen Einredeverzicht eingeholt habe. Die Frage nach grob fahrlässiger Unkenntnis ist eine gänzlich andere als die nach dem sichersten Weg oder die nach der Sinnhaftigkeit der Einholung eines Einredeverzichts. Dass die Aktivseite zu einem früheren Zeitpunkt etwas hätte tun können, liegt in der Natur der mindestens dreijährigen Verjährungsfrist, sagt aber nichts dazu aus, ob eine für die Klagerhebung ausreichende Kenntnis in verjährungsrelevanter Zeit vorgelegen hat. Und ohne ausreichende Kenntnis oder ohne grob fahrlässige Unkenntnis beginnt die Verjährung nicht und muss auch kein Einredeverzicht eingeholt werden.

166

Dennoch haben die verschiedenen Fallkonstellationen und die vorstehend zu den einzelnen Themen aufbereiteten Entscheidungen der Obergerichte und des Bundesgerichtshofs gezeigt, dass zur Frage der Kenntnis, der grob fahrlässigen Unkenntnis und zur Frage der Verjährungshemmung noch eine erhebliche Bandbreite von Argumentationsmustern in der Welt ist.

167

Kommen wir zurück auf die Diskussion, inwieweit Unmutsäußerungen oder Vorwürfe der Patientenseite als durchgreifendes Indiz für eine bereits vorliegende Kenntnis von einer schadenskausalen Standardunterschreitung zu werten sind, führen die „patientenfreundlichen“ Stimmen in der Literatur[158] gewichtige Argumente an. Dennoch sollte die Anwältin/der Anwalt auf Aktivseite grundsätzlich dort, wo dies zum Zeitpunkt der Beauftragung noch möglich ist, schon die Diskussion über diese Frage vermeiden. Dort, wo nicht lediglich Unmutsäußerungen oder Unzufriedenheit in verjährungsrelevanter Zeit festzustellen sind, sondern bereits konkrete Vorwürfe ausformuliert oder gar Schadensersatzforderungen geltend gemacht wurden, ist es für die Gerichte schwer erkennbar, dass hier noch keine den Schadensersatzanspruch begründende Umstände bekannt gewesen sein sollen, der Patient bzw. sein Anwalt lediglich den Versuch einer Substantiierung unternommen hat.

168

Dabei muss in der anwaltlichen Vertretung auf Aktivseite ein Phänomen im Blick behalten werden, auf welches J. Prütting hinweist, dass nämlich in der I. Instanz und gelegentlich auch in der II. Instanz eine Tendenz zu beobachten ist, dass auch im Interesse der Erledigung des Geschäftsaufkommens Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis leichter bzw. früher angenommen wird.[159] Das unausgesprochene, manchmal sogar direkt angedeutete Motto, was sollen wir hier die Verjährung verneinen und die ganze Beweisaufnahme durchführen, wenn dann möglichweise in der II. Instanz Verjährung angenommen wird, gehört zu der nicht ganz seltenen Erfahrung der Praxis.

169

Die Klagabweisung wegen Verjährung führt dann gelegentlich zum Aufgeben der Patientenseite. Geht die Sache in die Berufung und korrigiert das Oberlandesgericht die verjährungsrechtliche Beurteilung der I. Instanz, kommt es erst in der II. Instanz zu der sachverständig beratenen Klärung des Anspruchsgrundes. Und da diese Klärung selbst bei Bestätigung eines Behandlungsfehlers oft nur zu einem Teilerfolg führt, steht am Ende der Teilerfolg mit einer die Klägerseite belastenden Kostenquote für zwei (evtl. auch drei + Zurückverweisung) Instanzen. Dem nicht rechtschutzversicherten Mandanten bleibt von dem erzielten Erfolgt nach Abzug der ihm auferlegten Kosten dann ein deutlich geminderter Betrag, wenn überhaupt etwas übrigbleibt.

170

Verjährungsdiskussionen sollten daher soweit irgend möglich von Aktivseite vermieden werden. Soweit noch Klärungsbedarf vor einer Klagerhebung gesehen wird oder soweit sich Verhandlungen hinziehen und nicht eindeutig feststellbar ist, dass die Verjährung noch gehemmt ist, bietet es sich an, bei dem Gegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung einzuholen. Das gilt auch dann, wenn nach eigener Überzeugung der Ablauf der Verjährung noch nicht droht, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Patientin/der Patient einer Diskussion darüber ausgesetzt wird, ob in diesem Fall nicht Besonderheiten vorgelegen hätten, die eine Nachfrage oder Prüfung sehr nahegelegt hätten. Typischerweise würde dann die Bitte um einen Einredeverzicht mit dem Hinweis verbunden werden, dass man zwar noch keine drohende Verjährung sehe, aber Diskussionen über dieses Thema und über die Reichweite von Verjährungshemmungen ausschließen wolle.

171

Wird ein Einredeverzicht ausgesprochen ist Vorsicht bei bestimmten Einschränkungen geboten. Schränkt der Haftpflichtversicherer den Einredeverzicht auf den „Rahmen des Versicherungsvertrages“ ein, stellt dies eine der Patientenseite unbekannte Größe dar. Deshalb sollte zumindest in größeren Schadensfällen auf eine Klarstellung zur Reichweite dieser Einschränkung gedrungen werden.

172

Zu beachten ist weiter, dass der Einredeverzicht für sich genommen zwar zu einer kurzen Verjährungshemmung (vom Eingang der Anfrage bis zur Erteilung des Verzichts) führen kann[160], aber die Verjährung nicht bis zu dem kalendermäßig bestimmten Ablauf des Verzichts hemmt. Verjährungshemmung und befristeter Einredeverzicht sind unabhängig voneinander zu prüfen. So kann die Verjährungshemmung über den Ablauf des befristeten Einredeverzichts hinaus reichen.[161] Der Anspruch kann aber auch während des laufenden Einredeverzichts verjähren mit der Folge, dass nach dem Eintritt der Verjährung vor Ablauf des Einredeverzichts aufgenommene Verhandlungen keine verjährungshemmende Wirkungen mehr entfalten können.[162] Auch vorbehaltlose Zahlungen auf den Schadensersatzanspruch können dann nicht mehr zu einem Neubeginn der bereits abgelaufenen Verjährung führen.[163] Der Einredeverzicht muss daher, will man sich durch ihn absichern lassen, vor seinem Ablauf auch dann verlängert werden, wenn zu diesem Zeitpunkt Verhandlungen laufen.

173

Das ist auch zu beachten, wenn ein Schlichtungsstellenverfahren eingeleitet werden soll. Mit Urteil vom 17.1.2017[164] hatte der BGH das Verfahren vor einer Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen bzw. Gutachterkommission zwar hinsichtlich der Hemmung der Verjährung grundsätzlich dem § 204 Abs. 1 Ziff. 4 BGB zugeordnet. Diese Entscheidung darf jedoch nicht dazu verleiten, den Verzicht auf die Einrede der Verjährung im Verhältnis zum Schlichtungsstellenverfahren so zu behandeln wie im Verhältnis zu einem Klagverfahren. Mit seiner Entscheidung vom 10.11.2020[165] hat der BGH klargestellt, dass der befristete Verzicht auf die Einrede der Verjährung den Gläubiger nur von der Notwendigkeit der alsbaldigen gerichtlichen Geltendmachung entheben soll. Für andere Hemmungstatbestände gelte dies vorbehaltlich einer gegenteiligen Erklärung des Schuldners nicht. Der Gläubiger muss sich mithin um eine Verlängerung des Einredeverzichts bemühen, wenn vor Einleitung des Schlichtungsstellenverfahrens die Verjährungsfrist abgelaufen war und der Schuldner nur wegen eines befristeten Verzichts die Einrede nicht erheben darf.

174

Wird vor Ablauf eines kalendermäßig befristeten Einredeverzichts mehrfach ein neuer Einredeverzicht für z.B. ein weiteres Jahr ausgesprochen, wirken die so sukzessive ausgesprochenen Einredeverzichte auch mit der Einschränkung „soweit noch nicht verjährt“ in der Weise, dass sich die Passivseite in dem rechtzeitig vor Ablauf des letzten Einredeverzichts eingeleiteten Klagverfahren nicht auf den Eintritt der Verjährung berufen kann, wenn zum Zeitpunkt des ersten Einredeverzichts Verjährung noch nicht eingetreten war.[166]

175

Gerät ein Klagverfahren in Stillstand und endet die Hemmung nach § 204 Abs. 2 BGB, tritt bei dann laufenden Vergleichsverhandlungen ebenfalls keine Hemmung nach § 203 BGB ein, wenn die Verjährung vor Klagerhebung bereits abgelaufen war und nur der Einredeverzicht der Verjährungseinrede im Klagverfahren entgegenstand.[167] Das muss bei auch im Arzthaftungsprozess nicht ganz seltenen Verhandlungspausen in gerichtlichen Verfahren wegen Vergleichsverhandlungen unbedingt beachtet werden. Hier bleibt, wenn sich Verhandlungen über mehr als 6 Monate zu erstrecken drohen, nur die Einholung eines neuen Einredeverzichts.

3. Kapitel Haftungstatbestände

A. Behandlungsfehler1 – 811

I. Ärztlicher Standard1 – 40

1. Einleitung1 – 4

2. Der Sorgfaltsmaßstab als Grundlage der Behandlung5 – 40

a) Der „Standard“ als sorgfaltsbegründendes Merkmal9 – 22

aa) Das zeitliche Moment des Standards11 – 14

bb) Festlegungsbefugnis des medizinischen Standards15 – 18

cc) Der Standard als Korridor19 – 22

b) Die ärztliche Sorgfaltspflicht23 – 28

aa) Verschulden24, 25

bb) Weiterbildungsverpflichtung26 – 28

c) Der Facharztstandard29 – 40

aa) Facharztstandard bei Anfängern33, 34

bb) Facharztstandard bei Narkosen35 – 37

cc) Facharztstandard bei Vertretung38 – 40

II. Diagnosefehler41 – 66

1. Diagnoseirrtum44 – 51

2. Diagnosefehler oder Befunderhebungsfehler52 – 61

3. Überdiagnostik62 – 66

III. Therapiefehler – was ist das?67 – 101

1. Allgemeine Begrifflichkeit67

 

2. Standardverstoß68 – 83

a) Standardbestimmung68 – 72

b) Grundkenntnisse73, 74

c) Bedeutung des Fachgebiets75 – 77

d) Fachgebietsüberschreitung78 – 83

3. Leitlinien und Abgrenzung84 – 101

a) Leitlinien85 – 94

b) Richtlinien95 – 98

c) Empfehlungen99 – 101

IV. Allgemeine Organisationsfehler/Delegation/Entlassmanagement102 – 238

1. Ziel des Kapitels102

2. Grundsätzliches zu Organisationspflichten103 – 112

3. Praxisrelevante Fallgruppen113 – 164

a) Organisatorische Rahmenbedingungen der personellen und sachlichen Ausstattung115 – 136

b) Organisatorische Rahmenbedingungen der Hygiene137 – 155

c) Allgemeine organisatorische Sturzvorkehrungen156 – 164

4. Entlassmanagement165 – 210

a) Historische Entwicklung/Zielsetzung und Vorgaben165 – 172

b) Rahmenvertrag zum Entlassmanagement173 – 175

c) Organisatorische Vorgaben176 – 210

aa) Entlassplan und SOP176 – 180

bb) Spezielle Einwilligung des Patienten181 – 187

cc) Entlassbrief188 – 195

dd) Arznei-, Heil- und Hilfsmittel196 – 201

ee) Arbeitsunfähigkeit202 – 204

ff) Kommunikation mit weiteren Leistungserbringern205 – 210

5. Delegation ärztlicher Leistungen211 – 238

a) Begriffsbestimmungen212 – 219

b) Rechtliche Grundlagen220 – 222

c) Formelle und materielle Voraussetzungen der Delegation223 – 237

d) Aufzählung delegierbarer Leistungen in der Praxis238

V. Fehler im arbeitsteiligen Geschehen239 – 294

1. Fehlerpotential bei Schnittstellen239 – 244

2. Einzelaspekte der Arbeitsteilung245 – 269

a) Vertrauensgrundsatz245 – 255

b) Kommunikations- und Überwachungsdefizite256 – 268

aa) Die „Problemfelder“ des Falles265

bb) Fazit266 – 268

c) Übersicht zu möglichen Problemkonstellationen269

3. Risikohäufung bei Kooperation am Beispiel des fachübergreifenden Bereitschaftsdienstes270 – 294

a) Vision der Verwaltungen270 – 272

b) Zulässigkeit273 – 275

c) Risikoerhöhung276 – 283

d) Problematik des Einzelfalls284 – 292

e) Mögliche Risikominimierung293, 294

VI. Geburtsschadensrecht: Haftung des Geburtshelfers295 – 401

1. Gründe für die Zunahme von Arzthaftungsfällen295 – 305

a) „Prinzessin-auf-der-Erbse-Syndrom“297, 298

b) Anwaltliche Erklärungen299 – 304

aa) Wandel im Medizinrecht300 – 302

bb) „Dr. Google“303

cc) Patientenschutzorganisationen304

c) Risiko- und Fehlerkultur305

2. Zum Paradigmenwechsel im Bereich der Geburtshilfe306 – 334

3. Zur Typologie ärztlicher Behandlungsfehler335 – 362

a) Grundsätzliches335, 336

b) Geburtsschadensfallgruppen337, 338

c) Kausalität339

d) Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers340 – 345

e) Unterlassene Befunderhebung346 – 348

f) Verletzung der Befundsicherungspflicht349, 350

g) Dokumentationsfehler351 – 354

h) Anfängerbehandlung355 – 360

i) Organisationsmangel361, 362

4. Aufklärungsfehler363 – 377

5. Typische geburtshilfliche Risikofälle und ihre Behandlung durch die Rechtsprechung378 – 396

a) Intrauterine Asphyxie379 – 387

b) Vorzeitiger Blasensprung388, 389

c) Frühgeburtsgefahr390, 391

d) Intrauterine Wachstumsrestriktion392 – 394

e) Geburt eines deprimierten Kindes395, 396

6. Fazit397 – 401

VII. Pflegefehler402 – 448

1. Einführung402, 403

2. Rechtliche Grundlagen404 – 406

3. Verantwortungsbereiche407, 408

4. Welche Betreuung ist geschuldet?409 – 411

5. Haftungsrelevante Fehler in der Pflege412 – 431

a) Exsikkose/Mangelernährung413 – 416

b) Sturz417 – 423

aa) Sturz im allgemeinen Lebensbereich421

bb) Sturz bei Transfer- oder Pflegemaßnahme422

cc) Sturz von der Toilette423

c) Dekubitus424 – 430

d) Fixierung431

6. Beweislast432 – 434

7. Freiheitseinschränkende Maßnahmen435 – 437

8. Betreuerbestellung438

9. Pflegedokumentation439 – 446

a) Inhalt und Umfang der Pflegedokumentation439 – 444

b) Einsichtnahme in die Pflegedokumentation445

c) Aufbewahrungspflichten446

10. MDK-Gutachten447, 448

VIII. Hygienefehler449 – 497

1. Vorbemerkung449 – 457

2. Rechtliche Grundlagen458 – 466

a) Allgemeine rechtliche Grundlagen458 – 462

b) Besondere rechtliche Grundlagen für den niedergelassenen Bereich463 – 465

c) Sonstige rechtliche Grundlagen466

3. Hygienemangel/-fehler467

4. Darlegungs- und Beweislast468 – 492

a) Vorbemerkung468, 469

b) Voll beherrschbarer Risikobereich470 – 481

c) Sekundäre Darlegungslast482 – 492

5. Hygienefehler als grober Behandlungsfehler493

6. MRSA Screening bei Aufnahme494

7. Aufklärung über Risiko MRSA Infektion495

8. Einsichtsrecht in Niederschriften gemäß § 23 Abs. 4 IfSG496

9. Ausblick497

IX. Arzneimitteltherapiefehler498 – 577

1. Einführung498

2. Behandlungsfehler499 – 533

a) Therapiewahl500 – 525

aa) Arzneimittelanamnese500 – 511

bb) Indikationsstellung512 – 514

cc) Fehler in der konkreten Arzneimitteltherapie515 – 517

dd) Besonderheiten der Patientenaufklärung bei Arzneimitteltherapie518 – 525

b) Beobachtungs- und Reaktionspflichten des verordnenden Arztes526 – 528

c) Haftungsverteilung zwischen Arzt und Apotheker529 – 533

3. Spezielle Konstellationen der Arzneimitteltherapie534 – 543

a) Rezepturarzneimittel535 – 540

b) Herstellung von Arzneimitteln durch den Arzt541 – 543

4. Abgrenzung: Arzneimittelrechtliche Gefährdungshaftung544 – 577

a) Arzneimittelhaftung des pharmazeutischen Unternehmers545 – 562

b) Auskunftsanspruch arzneimittelgeschädigter Patienten563 – 577

aa) Inhalt des Auskunftsanspruchs564 – 569

bb) Prozessuales zum Auskunftsanspruch570 – 575

cc) Auskunftsanspruch gegen Behörden576, 577

X. Medizinproduktefehler578 – 729

1. Einführung578 – 582

2. Wichtige Definitionen583 – 599

a) Definition des Medizinprodukts584 – 587

b) Zubehör zum Medizinprodukt588 – 593

c) Aktives Medizinprodukt594 – 597

d) Einmalprodukt598, 599

3. Inverkehrbringen, Bereitstellung auf dem Markt und Inbetriebnehmen von Medizinprodukten600 – 605

4. Medizinprodukte aus „Eigenherstellung“606 – 619

5. Sonderanfertigungen620 – 626

6. Etiketten und Gebrauchsanweisungen von Medizinprodukten in deutscher Sprache627 – 631

7. Klinische Prüfungen von Medizinprodukten632 – 640

8. Wichtige Vorschriften aus der Medizinprodukte-Betreiberverordnung641 – 729

a) Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Betreiberverordnung641 – 651

b) Betreiberpflichten652 – 656

c) Allgemeine Anforderungen an das Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten657 – 679

d) Besondere Anforderungen für bestimmte Tätigkeiten680 – 684

e) Beauftragter für Medizinproduktesicherheit685 – 689

f) Instandhaltung von Medizinprodukten690 – 693

g) Aufbereitung von Medizinprodukten694 – 712

aa) Rechtliche Vorgaben zur Aufbereitung von Medizinprodukten694 – 704

bb) Aufbereitung von Einmalprodukten705 – 707

cc) Arten der Aufbereitung von Medizinprodukten bis zum 25.5.2021708 – 711

dd) Anzeigepflicht bei der Behörde712

h) Besondere Pflichten bei implantierbaren Medizinprodukten713 – 716

i) Meldepflichten bei Vorkommnissen mit Medizinprodukten717 – 724

j) Strafvorschriften und Ordnungswidrigkeiten im Medizinprodukterecht725 – 729

XI. Zahnarzthaftung730 – 779

1. Einleitung730

2. Behandlungsvertrag731 – 749

a) Dienstvertrag731 – 736

b) Vertragsinhalt und Nebenpflichten737 – 749

aa) Vertrag mit Kassenpatienten738 – 746

bb) Vertrag mit Privatpatienten747, 748

cc) Notfallbehandlung749

3. Nachbesserungsrecht750 – 754

a) aus Patientensicht751 – 753

b) aus Behandlersicht754

4. Entfallen der Vergütung755 – 762

a) Wertlosigkeit/Unbrauchbarkeit757

b) Behandlungsfehler = Kündigungsgrund?758

c) Faktische Nutzung des Zahnersatzes759, 760

d) Kündigung des Behandlungsvertrages und Vertrauensverlust761

e) Aufklärungsversäumnisse762

5. Rückforderung des Honorars und Kosten der Neuanfertigung763 – 772

a) Gefahr der Doppelbefriedigung765 – 767

b) Passivlegitimation768

c) Höhe des materiellen Schadenersatzes769

d) Vorschusszahlungen770 – 772

6. Umfang des Haftpflichtversicherungsschutzes773 – 779

a) Erfüllungsschadenklausel773 – 776

b) Praktische Auswirkungen777 – 779

XII. Digital Health780 – 811

1. Einleitung780

2. Digitale Technik781 – 788

a) Robotik 783, 784

b) Künstliche Intelligenz (KI)785 – 788

aa) Schwache KI786

bb) Starke KI787, 788

3. Haftungsrechtliche Erwägungen789 – 808

a) Robotik789 – 796

aa) Gesetzliche Grundlagen789

bb) Haftung des Herstellers790 – 792

cc) Haftung des Arztes bzw. Krankenhauses793 – 796

b) KI797 – 808

aa) Schwache KI798

bb) Starke KI799 – 808

4. Fazit809 – 811

B. Aufklärungsfehler812 – 1013

I. Rechtsgrundlagen812 – 825

II. Arten der Aufklärung826 – 849

1. Selbstbestimmungsaufklärung826 – 839

a) Diagnoseaufklärung829, 830

aa) Begriff829

bb) Grenzen830

b) Verlaufsaufklärung831 – 834

aa) Begriff831

bb) Abgrenzung zur Risikoaufklärung832, 833

cc) Misserfolgsrisiko834

c) Risikoaufklärung835 – 837

aa) Begriff835, 836

bb) Praxisrelevanz837

d) Beweislast838, 839

2. Sicherungsaufklärung (therapeutische Aufklärung)840 – 842

a) Begriff840, 841

b) Beweislast842

3. Aufklärung über Behandlungsfehler843 – 846

4. Wirtschaftliche Aufklärung847 – 849

III. Art und Weise der Aufklärung850 – 900

1. Aufklärungsgespräch, § 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB850 – 863

a) Grundsatz persönliches Aufklärungsgespräch850 – 856

b) Dokumentation des Aufklärungsgesprächs857 – 861

c) Aushändigung von Abschriften des Aufklärungs- und Einwilligungsbogens, § 630e Abs. 2 S. 2 BGB862, 863

2. Verständlichkeit des Aufklärungsgesprächs864 – 867