Antikorruptions-Compliance

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I. Tatbestand des § 263 StGB

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Wegen Betruges macht sich strafbar, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. Sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale müssen in einem Zurechnungszusammenhang stehen, der insbesondere Kausalität voraussetzt.[91] § 263 StGB schützt das Vermögen als Inbegriff aller wirtschaftlichen Güter, die nach der Gesamtrechtsordnung einer Person zugeordnet sind.[92] Es handelt sich um ein sog. Selbstschädigungsdelikt.[93]

1. Täuschung

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Der Betrug schützt das Vermögen nur gegenüber der Schädigung mittels Täuschung.[94] „Täuschen“ umfasst die Vorspiegelung falscher ebenso wie die Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Bei Tatsachen handelt es sich um gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse, die zur Erscheinung gelangt und in die Wirklichkeit getreten und daher dem Beweis zugänglich sind.[95] Unterschieden werden Tatsachen üblicherweise von Werturteilen, bei denen es sich um die bloße Behauptung einer innersubjektiven Bewertung handele, die Ausdruck des Meinens und daher der empirischen Überprüfung entzogen sei.[96] Getäuscht werden kann durch Tun ebenso wie durch Unterlassen.[97]

2. Irrtum

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Die Täuschung muss bei ihrem Adressaten einen Irrtum hervorrufen oder unterhalten. Hierbei handelt es sich um eine Fehlvorstellung, mithin die positive Vorstellung einer der Wirklichkeit widersprechenden Tatsache.[98] Das bloße Fehlen der Vorstellung einer wahren Tatsache (ignorantia facti) begründet nicht die Annahme eines Irrtums.[99] Täuschungshandlung und Irrtum müssen durch einen Zurechnungszusammenhang verknüpft sein, für den insbesondere Kausalität vorausgesetzt ist.[100] Auf die Vermeidbarkeit der Fehlvorstellung kommt es indessen nicht an. Selbst Fälle des leichtfertigen Vertrauens auf die Richtigkeit der Tatsachenbehauptung eines anderen sind vom Schutzumfang des § 263 StGB umfasst.[101]

3. Vermögensverfügung

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Wiederum kausal muss durch den Irrtum eine Vermögensverfügung des Getäuschten veranlasst werden. Dieses ungeschriebene Tatbestandsmerkmal stellt den notwendigen Zurechnungszusammenhang zwischen täuschungsbedingtem Irrtum und Vermögensschaden her.[102] Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das unmittelbar eine Vermögensminderung (Schaden) zurechenbar herbeiführt.[103] Unmittelbarkeit liegt vor, wenn die Vermögensminderung aufgrund der Verfügung ohne zusätzliche deliktische Zwischenhandlungen des Täters oder Dritter eintritt.[104] Der Begriff ist weiter zu verstehen als der zivilrechtliche Verfügungsbegriff und daher nicht auf rechtsgeschäftliches Handeln begrenzt.[105] Vielmehr genügt jede tatsächliche Einwirkung auf das Vermögen.[106]

4. Vermögensschaden

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Die Rechtsprechung definiert den Vermögensschaden als negativen Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverfügung des Getäuschten („Gesamtsaldierung“).[107] Die Annahme eines Vermögensschadens hängt maßgeblich von dem jeweils vertretenen Vermögensbegriff ab.[108] Im Vordergrund steht dabei die Frage, in welchem Umfang normative Kriterien für die Bildung des Vermögensbegriffs maßgeblich sind. Hiervon hängt ab, ob bzw. in welchem Umfang nicht unter dem Schutz der Rechtsordnung stehende wirtschaftliche Werte einbezogen werden (zum Beispiel: nichtige Forderungen). Der BGH vertritt prinzipiell einen wirtschaftlichen Vermögensbegriff.[109]

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Dem Vermögensschaden steht der Erhalt einer Kompensation grundsätzlich entgegen. Eine solche liegt indes nicht in der lediglich nachträglichen Schadensbeseitigung ebenso wenig wie in zivilrechtlichen Herausgabe- oder Schadensersatzansprüchen.[110] In der Rechtsprechung anerkannt ist darüber hinaus das Rechtsinstitut des Gefährdungsschadens in Gestalt einer – begrifflich freilich bereits problematischen – schadensgleichen Vermögensgefährdung. Damit wird ein Vermögensschaden bereits bei einer konkreten Gefährdung des Vermögens angenommen, sofern bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Minderung des Vermögensgesamtwerts zu verzeichnen ist (Beispiel: mangelhafte Buchführung, sofern mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen ist).[111] Zur Begründung der hiermit einhergehenden Vorverlagerung der Betrugsstrafbarkeit wird angeführt, dass die Beeinträchtigung des Vermögens oftmals kein punktuelles Ereignis, sondern prozesshaft ausgestaltet sei. Zudem komme auch Gewinnaussichten eine Bedeutung für das Vermögen einer Person zu, sodass auch entsprechende Chancen und Exspektanzen strafrechtlich schutzwürdig seien.[112] Erforderlich sei aber eine nach wirtschaftlichen Grundsätzen, insbesondere bilanziellen Bewertungsregeln nachvollziehbare Schadensbezifferung in seiner konkreten Höhe.[113]

5. Vorsatz und Absicht rechtswidriger Bereicherung

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Der Täter muss vorsätzlich sowie in der Absicht handeln, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Zu verlangen ist dabei Stoffgleichheit zwischen erstrebtem Vermögensvorteil und verursachtem Schaden.[114]

II. Submissionsbetrug

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Als Submissionsbetrug wird die Absprache mehrerer Bewerber um eine Ausschreibung bezeichnet, nach der einer von ihnen das günstigste Angebot abgibt, wodurch das Bestehen einer tatsächlichen Wettbewerbssituation ausgeschlossen werden soll.[115] Ob in diesen Konstellationen eine Betrugsstrafbarkeit gem. § 263 StGB in Betracht kommt, ist in den Details umstritten. Zwar enthält die Abgabe eines Angebots im Zusammenhang mit einer Ausschreibung die (konkludente) Täuschungserklärung, keine wettbewerbsverzerrende Preisabsprache mit anderen Anbietern getroffen zu haben. Beim Auftraggeber kann hierdurch ein Irrtum erregt werden, der durch Annahme des Angebots in eine Vermögensverfügung mündet.[116] Schwierigkeiten wirft aber die Begründung eines Vermögensschadens auf. Der BGH stellt insoweit auf die Feststellung eines „hypothetischen Wettbewerbspreises“ ab.[117] Dabei handelt es sich um den Preis, der bei unbeeinflusstem Wettbewerb hätte erzielt werden können. Für die hierfür erforderliche Schadensschätzung komme es auf Indiztatsachen an wie etwa die Leistung von Ausgleichszahlungen an Mitbewerber seitens des den Zuschlag Erlangenden oder die Zahlung von Schmiergeldern an in das Vergabeverfahren eingebundene Berater.[118] Die mit einer solchen Schadensfeststellung einhergehenden praktischen Schwierigkeiten sind zumindest bei freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen erleichtert.[119] In diesen Fällen ist der Schaden zumindest in der Höhe der Ausgleichs- und Schmiergeldzahlungen zu beziffern, die als sachfremde Rechnungsposten bei rechtmäßigem Bieterverhalten nicht eingeflossen wären.[120]

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An der Position des BGH wird in erster Linie kritisiert, dass in einem hypothetisch günstigeren Geschäft – sofern sich diese Hypothese überhaupt sachgerecht beziffern lässt[121] – grundsätzlich noch keine vermögenswerte Exspektanz zu sehen sei, sodass ein Eingehungsschaden ausscheide.[122] Möglich sei allein ein Erfüllungsbetrug aufgrund der Nichtigkeit der Preisvereinbarung. Auch der BGH erwägt in den Submissionsfällen die Annahme eines Erfüllungsbetrugs (sofern nicht bereits ein Eingehungsbetrug vorliege). Die Schadensbegründung sei dabei in zweifacher Weise denkbar. Sofern Vorschriften zur Anwendung kämen, die bei unzulässiger Beschränkung des Wettbewerbs durch eine Preisabsprache die Begrenzung des vereinbarten Preises auf den Selbstkostenfestpreis vorsähen, liege der Schaden in der Differenz zwischen diesen beiden Posten. Zumindest komme aber ein Schaden angesichts der zeitweiligen Hinderung an der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber den an der Abrede beteiligten Dritten in Betracht.[123]

III. Subventionsbetrug, § 264 StGB

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Der Schutz staatlicher Subventionen als Vermögenswert vor täuschungsbedingten Verfügungen erfolgt durch § 264 StGB. Auf diese Weise werden zugleich Nachweisschwierigkeiten umgangen, die im Rahmen des § 263 StGB unter dem Aspekt des Vermögensschadens in der Praxis auftreten können.[124] Die Vorschrift zielt darauf ab, die Täuschungshandlung für sich genommen zu pönalisieren, um einem seitens des Gesetzgebers angenommenen Kontrolldefizit im Hinblick auf Subventionsvergabeverfahren entgegenzuwirken.[125] § 264 StGB findet auf die Vergabe und die Verwendung von Subventionen nach Bundes- und Landesrecht Anwendung, wobei der Begriff der Subvention in Abs. 7 legal definiert ist. Soweit über Tatsachen getäuscht wird, muss es sich dabei um subventionserhebliche (Abs. 8) handeln. § 264 StGB dehnt die Strafbarkeit des Betrugs in Bezug auf Subventionen ins Vorfeld aus. Es handelt sich um eine Spezialvorschrift gegenüber dem allgemeinen Betrugstatbestand.[126]

E. Urkundendelikte, §§ 267 ff. StGB

I. Allgemeines

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Auch Urkundendelikte treten als Begleittaten zur strafbaren Korruption auf. Bedeutung erlangen neben § 267 StGB (Urkundenfälschung) insbesondere § 274 StGB (Urkundenunterdrückung; Veränderung einer Grenzbezeichnung) und § 271 StGB ebenso wie strafbares Verhalten im Bereich der Manipulation von Daten und der Fälschung technischer Aufzeichnungen (§§ 268–270 StGB). Schutzgut der Urkundendelikte ist nach verbreiteter Auffassung das Interesse des Rechtsverkehrs an der Zuverlässigkeit und Sicherheit im Umgang mit Urkunden als Beweismittel.[127] Darüber hinaus wird diskutiert, inwieweit auch Individualinteressen wie insbesondere die Dispositionsfreiheit des Einzelnen als Rechtsgut der §§ 267 ff. StGB in Betracht kommen.[128] Sämtliche Urkundenstraftaten werfen eine Vielzahl von Einzelproblemen auf, die indes nicht spezifisch korruptionsrelevant sind. Die Delikte werden daher lediglich in ihren Grundzügen dargelegt.

 

II. Urkundenfälschung, § 267 StGB

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Bei einer Urkunde handelt es sich um eine körperliche Gedankenerklärung, die dazu geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen und seinen Aussteller erkennen lässt.[129] Als gedankliche Erklärung erfasst wird jedweder bewusste geistige Inhalt. Dieser muss hinreichende Festigkeit durch Verbindung mit einem körperlichen Gegenstand aufweisen (Perpetuierungsfunktion).[130] Die Eignung zum Beweis ist nach objektiven Maßgaben zu bestimmen, wobei Gesetz, Herkunft und Vereinbarung entscheidend sind.[131] Die Beweisbestimmung wird durch den Willensakt des Erklärenden festgelegt.[132] Aus der Gedankenerklärung muss sich ein Aussteller erkennen lassen (Garantiefunktion). Mehrheitlich wird dabei darauf abgestellt, wem sich die Erklärung geistig zurechnen lässt, sodass es nicht auf den äußerlichen Akt des Niederschreibens etc. ankommt (Geistigkeitstheorie).[133]

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§ 267 StGB stellt das Herstellen einer unechten Urkunde sowie das Verfälschen einer echten Urkunde unter Strafe. Ebenso strafbar macht sich, wer eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht. Das Herstellen umfasst die Existenzbegründung einer Urkunde. Unecht ist die Urkunde, wenn sie den Anschein erweckt, von einem anderen als ihrem tatsächlichen Aussteller herzurühren.[134] Maßstab zur Bestimmung der Unechtheit ist neuerlich die Geistigkeitstheorie.[135] Es kommt insofern entscheidend darauf an, ob die Urkunde über die Identität des Ausstellers täuscht. Allerdings kann die Frage, wann von einer solchen Identitätstäuschung ausgegangen werden darf, erhebliche Schwierigkeiten aufwerfen. Auf Einzelheiten kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.[136]

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Das Verfälschen einer echten Urkunde liegt vor, wenn die in der Urkunde vermittelte geistige Erklärung nachträglich abgeändert wird, sodass der Anschein erweckt wird, es handele sich hierbei um die Erklärung des eigentlichen Ausstellers.[137] Sollte allerdings die Urkunde in der Weise verändert werden, dass die Urkundenqualität vollständig aufgehoben wird, ist der Tatbestand nicht länger einschlägig. Die Urkundenqualität muss trotz der inhaltlichen Änderungen erhalten bleiben.[138]

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Das Gebrauchmachen einer unechten oder verfälschten Urkunde setzt voraus, dass sie dem zu Täuschenden so zugänglich gemacht wird, dass er eine Möglichkeit zur Wahrnehmung hat.[139] Bereits eine mittelbare Wahrnehmung, bspw. durch zugesandte Kopien, wird von der Rechtsprechung als ausreichend angesehen.[140] Dass von der Urkunde tatsächlich Kenntnis genommen wird, ist jedoch nicht erforderlich.[141]

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Der Täter muss im Hinblick auf die objektiven Tatbestandsmerkmale zumindest mit dolus eventualis gehandelt haben.[142] Darüber hinaus verlangt § 267 StGB ein Handeln zur Täuschung im Rechtsverkehr. Hierfür ist jedenfalls sicheres Wissen erforderlich.[143]

III. Fälschung technischer Aufzeichnungen, § 268 StGB

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§ 268 StGB überträgt den Deliktsaufbau des § 267 StGB auf technische Aufzeichnungen. Dabei enthält § 268 Abs. 2 StGB eine Legaldefinition des Gegenstandes, auf den sich das Täterverhalten richtet. Eine spezifische Fälschungsform in Gestalt der störenden Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang benennt außerdem Absatz 3 der Vorschrift. Die Vorschrift wirft eine Vielzahl von im Detail umstrittenen Einzelfragen auf.[144]

IV. Fälschung beweiserheblicher Daten, § 269 StGB

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Nach § 269 StGB macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht. Der maßgebliche Unterschied der Vorschrift gegenüber § 267 StGB liegt darin, dass Angriffsgegenstand des Täterverhaltens nicht unmittelbar (visuell) wahrnehmbare Urkunden sind.[145] Beweiserhebliche Daten i.S.v. § 269 StGB sind solche, die elektronisch, magnetisch oder in einer sonstigen für die maschinelle Verarbeitung geeigneten Form gespeichert oder übermittelt werden.[146] Erfasst sind sämtliche Informationen, die in einer für die maschinelle Verarbeitung geeigneten Form codiert sind.[147]

V. Mittelbare Falschbeurkundung, § 271 StGB

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§ 267 StGB beansprucht lediglich eine Richtigkeitsgewähr im Hinblick auf die Ausstellerperson. Gleichwohl besteht prinzipiell ein Interesse daran, dass der gesamte Inhalt der Urkunde zutreffend ist. Im Hinblick auf öffentliche Urkunden kommt § 271 StGB diesem Schutzinteresse nach. Die Vorschrift ist erforderlich, um Lücken zu schließen, die § 348 StGB (Falschbeurkundung im Amt) belässt. Daher erfasst § 271 StGB das Bewirken einer öffentlichen Urkunde unrichtigen Inhalts durch eine Person, die selbst nicht dem Täterkreis des § 348 StGB unterfällt.[148]

F. Strafvereitelung, § 258 StGB

I. Allgemeines

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Auch Fälle der Strafvereitelung können mit Korruptionstaten zusammentreffen. Zu denken ist nur an den Fall einer mit dem Ziel der Vereitelung des staatlichen Strafinteresses erfolgten Bestechung eines anderen. § 258 StGB erfasst sowohl die Strafverfolgungs- als auch die Strafvollstreckungsvereitelung. Das Verbot schützt die Rechtspflege, indem vermieden werden soll, dass ein konkretes staatliches Strafinteresse unterlaufen wird.[149]

II. Verfolgungsvereitelung, § 258 Abs. 1 StGB

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Gem. § 258 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gem. wegen einer rechtswidrigen Tat oder einer Maßnahme unterworfen wird. Es bedarf also einer rechtswidrigen Vortat einer anderen Person, um die Strafbarkeit zu begründen. Weder Vollendung noch Beendigung sind dabei erforderlich, sofern eine Versuchsstrafbarkeit vorgesehen ist. Verjährung und Verfahrenshindernisse können den Tatbestand ausschließen.[150]

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Das Vereiteln setzt voraus, dass der Vortäter durch das Verhalten in Bezug auf die Strafverfolgung tatsächlich besser gestellt worden ist.[151] Eine gänzliche Vereitelung liegt bereits vor, wenn der staatliche Verfolgungsanspruch für eine geraume Zeit nicht verwirklicht werden konnte.[152] Sofern der Täter durch sein Verhalten die Ermittlungen beeinträchtigt, kommt es für die Annahme einer Vereitelung i.S.d. § 258 Abs. 1 StGB ebenfalls darauf an, ob hierdurch die Aburteilung wesentlich verzögert wurde. Über die insoweit maßgebliche Zeitspanne besteht Uneinigkeit. Die Vorschläge in der Literatur bzw. die höchstrichterlichen Judikate reichen hier von wenigen Tagen bis zu drei Wochen.[153] Teilweises Vereiteln liegt vor, wenn der Täter durch sein Verhalten erreicht, dass der Begünstigte zumindest im Hinblick auf einen Teil der Strafe oder Maßnahme besser gestellt wird, als es der materiellen Rechtslage entspricht.[154]

III. Vollstreckungsvereitelung, § 258 Abs. 2 StGB

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Aus der spezifischen Perspektive der Korruptionsbegleittat ist für die Vollstreckungsvereitelung gem. § 258 Abs. 2 StGB die Frage relevant, inwieweit der Tatbestand erfüllt werden kann, wenn für den Bestraften eine Geldstrafe übernommen wird. So ist etwa denkbar, dass für ein wegen Korruption bestraftes Vorstandsmitglied eine entsprechende Leistung erbracht wird.[155] Der BGH hat die Strafbarkeit gem. § 258 Abs. 2 StGB in Fällen der Geldzahlung durch einen Dritten freilich abgelehnt.[156]

IV. Subjektive Tatseite

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Sowohl für die Verfolgungs- als auch die Vollstreckungsvereitelung sind in subjektiver Hinsicht Absicht oder Wissentlichkeit im Sinne sicheren Wissens vorausgesetzt.[157] Dabei kann absichtlich handeln, wer bloß bedingten Vorsatz in Bezug auf die Vortat aufweist, während Wissentlichkeit nur gegeben sein kann, wenn auch im Hinblick auf die Vortat direkter Vorsatz vorliegt.[158]

G. Verletzung des Geheimbereichs

I. Allgemeines

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Korruptionsstraftaten gehen nicht selten Hand in Hand mit der Verletzung von Privatgeheimnissen.[159] Im Wesentlichen werden entsprechende Verhaltensweisen – sofern sie strafrechtlich erfasst sind – durch §§ 202a, 203, 204 StGB und die Verletzung von Dienstgeheimnissen im Bereich der Amtsträgerdelikte gem. § 353b StGB geahndet. Darüber hinaus regelt § 23 GeschGehG die Strafbarkeit der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen.

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Unabhängig vom Strafrecht normiert auch § 93 Abs. 1 S. 3 AktG die Pflicht zur Verschwiegenheit, die allerdings sowohl vertrauliche Angaben als auch Geheimnisse betrifft. Vertrauliche Angaben sind Informationen, die der Mitteilende als geheimhaltungsbedürftig ansieht und bei denen bei verständiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass eine Offenbarung zu einer Interessenverletzung der Gesellschaft führen könnte. Geheimnisse sind dagegen geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, die nicht offenkundig sind und im Interesse der Gesellschaft auch nicht offenkundig werden sollen.[160]

II. §§ 202a, 203, 204 StGB

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Gem. § 202a StGB (Ausspähen von Daten) macht sich strafbar, wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft. Dabei sind gem. Absatz 2 der Vorschrift allein solche Daten erfasst, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden. Um Daten i.S.d. § 202a StGB handelt es sich also etwa nicht bei ausgedruckten Computerdateien.[161] An der besonderen Sicherung fehlt es bei frei zugänglichen Daten. Der Tatbestand wird bereits durch das Eindringen in ein fremdes Datensystem erfüllt, ohne dass es auf die Kenntnisnahme der Daten ankommt. Verbreitete Beispiele stellen Trojaner oder Angriffe auf die Administratorenoberfläche von Webseiten dar.[162]

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§ 203 StGB umfasst eine Vielzahl an Vorschriften, die auch im Kontext von Korruptionstaten als Begleitdelikte in Betracht kommen. Besondere Relevanz entfaltet dabei der Fall der unbefugten Offenbarung eines fremden Geheimnisses, das dem Täter als Inhaber eines bestimmten Berufs anvertraut wurde oder sonst bekannt geworden ist. Betroffen sind hiervon daher auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Bei diesen handelt es sich um Tatsachen, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen, an denen der Unternehmer ein wirtschaftliches Interesse hat und die höchstens einem beschränkten Personenkreis bekannt sind.[163] „Offenbaren“ ist jede Mitteilung des Geheimnisses oder der Einzelangabe an einen Dritten.[164]

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§ 204 StGB stellt die Verwertung fremder Geheimnisse unter Strafe. Namentlich genannt werden dabei Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Der Täter muss zur Geheimhaltung nach § 203 StGB verpflichtet sein. Ein Verwerten liegt vor, wenn der Geheimnisinhalt wirtschaftlich zur Gewinnerzielung ausgenutzt wird. Eine Offenbarung des Geheimnisses ist hierfür nicht erforderlich.[165]

 

70

Bei den vorgenannten Vorschriften handelt es sich um relative bzw. absolute Antragsdelikte, § 205 StGB.