Antikorruptions-Compliance

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2. Teil Deutsches Recht › 8. Kapitel Amtsträgerbestechung (§ 335a) und im ausländischen Geschäftsverkehr (§ 299)

8. Kapitel Amtsträgerbestechung (§ 335a) und im ausländischen Geschäftsverkehr (§ 299)

Inhaltsverzeichnis

I. Phänomen und Verfolgung von Auslandsbestechung

II. Die Bestechung ausländischer Amtsträger, § 335a StGB

III. Bestechung im ausländischen geschäftlichen Verkehr § 299 StGB

Literatur:

Androulakis Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007; Bannenberg Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle – Eine kriminologisch-strafrechtliche Analyse, 2002; Bernsmann/Gatzweiler Verteidigung bei Korruptionsfällen, 2. Aufl. 2014; Beukelmann Bestechung im geschäftlichen Verkehr im Ausland, FS Imme Roxin, S. 201; Boers/Theile/Karlieczek Wirtschaft und Strafrecht – Wer reguliert wen?, Ritsumeikan Law Review 2004, S. 109; Brodowski Bestechung und Bestechlichkeit europäisch-ausländischer Amtsträger de lege praevia und de lege nova – Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 10.7.2015 – 1 StR 399/14, HRRS 2016, 14; Dann Und immer ein Stück weiter – Die Reform des deutschen Korruptionsstrafrechts, NJW 2016, 203; ders. Erleichterungs- und Beschleunigungszahlungen im Ausland – kein Fall des IntBestG?, wistra 2008, 41; Gänßle Das Antikorruptionsstrafrecht – Balsam aus der Tube der symbolischen Gesetzgebung?, NStZ 1999, 543; Greeve Korruptionsdelikte in der Praxis, 2005; Haft/Schwoerer Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr, FS Weber, S. 367; Horrer Bestechung durch deutsche Unternehmen im Ausland – Strafrechtsentwicklung und Probleme, 2011; Hoven Auslandsbestechung – Eine rechtsdogmatische und rechtstatsächliche Untersuchung, 2018; Hoven/Kubiciel Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern nach § 108e StGB, NK 2014, 339; Kappel/Junkers Die Strafbarkeit der „Auslandsbestechung“ nach der Einführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption vom 26.11.2015, NZWiSt 2016, 382; Kirch-Heim Sanktionen gegen Unternehmen – Rechtsinstrumente zur Bekämpfung unternehmensbezogener Straftaten, 2007; Krause/Vogel Bestechungsbekämpfung im internationalen Geschäftsverkehr, RIW 1999, 488; Krumpholz Das Verbot von Boykott-Erklärungen – Die 24. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, NJW 1993, 113; Kubiciel/Spörl Gesetz zur Bekämpfung der Korruption – Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, KPKp 4/2014; Kutschaty Deutschland braucht ein Unternehmensstrafrecht, ZRP 2013, 74; Lenk Zur Nichtanwendbarkeit des § 299 Abs. 3 StGB bei Inlandstaten mit Auslandsbezug, wistra 2014, 50; Meißner Der „ausländische Bedienstete“ i.S.d. § 335a Abs. 1 Nr. 2a StGB, StV 2017, 128; Mansdörfer Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts – zugleich eine Untersuchung zu funktionalen Steuerungs- und Verantwortlichkeitsstrukturen bei ökonomischem Handeln, 2011; Münkel Bestechung und Bestechlichkeit ausländischer Amtsträger – De lege lata und de lege ferenda, 2013; Nagel Entwicklung und Effektivität internationaler Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, 2007; Nichols Are Faciliating Payments Legal?, Virginia Journal of International Law 54 (2013), 127; Papathanasiou Amtsträgerkorruption unter Beteiligung ausländischer und internationaler Bediensteter – die neue Gleichstellungsklausel des § 335a StGB, wistra 2016, 175; Pelz Die Bekämpfung der Korruption im Auslandsgeschäft, StraFo 2000, 300; ders. Steuerliche und strafrechtliche Schritte zur Bekämpfung der Korruption im Auslandsgeschäft, WM 2000, 1566; Rönnau Angestelltenbestechung in Fällen mit Auslandsbezug, JZ 2007, 1084; Rübenstahl/Dust Der ausländische Amtsträger (insbesondere anderer EU-Mitgliedsstaaten) im deutschen Korruptionsstrafrecht – gestern, heute und morgen – zugleich Besprechung des Beschlusses des BGH vom 10.6.2015 – 1 StR 399/14, JR 2016, 106; Schaupensteiner Gesamtkonzept zur Eindämmung der Korruption, NStZ 1996, 409; Schettgen-Sarcher/Bachmann/Schettgen Compliance Officer – Das Augsburger Qualifizierungsmodell, 2014; Schuster/Rübenstahl Praxisrelevante Probleme des internationalen Korruptionsstrafrechts, wistra 2008, 201; Senn/Weddle Never Been To The U.S.? You May Still Be Charged Under The FCPA, Expert Guide – Fraud and White Collar Crime 2014; Spörl Das Verbot der Auslandsbestechung, 2019; Strauss Easing out – The FCPA facilitation payment exception, Boston University Law Review 93 (2013), 235; Taschke Die Bekämpfung der Korruption in Europa auf Grundlage der OECDKonvention, StV 2001, 78; Tinkl Strafbarkeit von Bestechung nach dem EUBestG und dem IntBestG, wistra 2006, 126; Theile Wirtschaftsstrafverfahren: Entstehung eines neuartigen Verfahrenstyps?, NK 2005, 142; Vormbaum Probleme der Korruption im geschäftlichen Verkehr. Zur Auslegung des § 299 StGB, FS Schroeder, S. 649; Voss Vorfeldstrafbarkeit und Vorfeldtatbestände im Vermögensstrafrecht, 2000; Walther Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption, Der Betrieb 2016, 95; Weidemann Zum Abzugsverbot des § 4 V Satz 1 Nr. 10 EStG: Erfasst § 299 II StGB auch „Auslandssachverhalte“?, DStZ 2002, 329; Weigend Internationale Korruptionsbekämpfung – Lösung ohne Problem?, FS Jakobs, S. 747.

I. Phänomen und Verfolgung von Auslandsbestechung

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Effektive Compliance gegen Korruption im Ausland setzt ein Verständnis von ihren Abläufen sowie dem Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden in transnationalen Bestechungsfällen voraus. Im ersten Kapitel werden gängige Methoden zur Verschleierung von Auslandskorruption skizziert. Hier können Compliance-Maßnahmen ansetzen: Geschäfte, die die hier beschriebenen Strukturmerkmale aufweisen, können einer intensiven Prüfung unterzogen werden. Das zweite Kapitel beleuchtet die Realitäten der strafrechtlichen Verfolgung und zeigt, welche Sanktionsrisiken Mitarbeitern und Unternehmen in der Praxis drohen.

1. Verschleierung von Bestechungszahlungen an ausländische Empfänger

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Für die Verdeckung von Bestechungszahlungen ins Ausland werden unterschiedliche Methoden genutzt. In den berühmt gewordenen „Siemens“-Fällen erfolgten die Zahlungen aus „schwarzen Kassen“ und damit außerhalb der Buchführung. Über fingierte Rechnungen wurden Gelder vom Unternehmen abgezogen und auf verschiedenen ausländischen Konten für Bestechungszahlungen bereitgehalten. Eine weitere – und die in der Praxis verbreitete – Möglichkeit der Verschleierung von Auslandsbestechungszahlungen ist der Einsatz von ausländischen Vermittlern. Hierbei wird einem Berater vor Ort für seine Unterstützung bei der Auftragsvergabe ein Honorar gezahlt, von dem ein Teil für die Zahlung von Bestechungsgeldern vorgesehen ist. Dieses Vorgehen hat für die Täter den Vorteil, dass die Bücher formal korrekt erscheinen und die Ausgaben steuerlich absetzbar sind.

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Da das Modell der Vermittlerverträge den Finanz- und Ermittlungsbehörden jedoch mittlerweile weitgehend bekannt ist, lassen sich hohe Provisionszahlungen[1] nicht mehr risikolos als Betriebsausgaben geltend machen.[2] Schwieriger nachzuweisen sind Scheingeschäfte mit lokalen Unternehmen, die vor Ort mit den Entscheidungsträgern zusammenarbeiten. Mitarbeiter deutscher Unternehmen schließen hier mit den ausländischen Subunternehmen Verträge über Werkleistungen oder die Lieferungen von Ersatzteilen ab, die tatsächlich nie erbracht werden. In einem Verfahren konnte Mitarbeitern nachgewiesen werden, dass sie einen Vertrag über den Bau einer Zufahrtsstraße zur ausländischen Produktionsstätte des Unternehmens über 2 Mio. EUR abgeschlossen hatten – obwohl die Zufahrtsstraße bereits zuvor für einen deutlich geringeren Betrag von 45 000 EUR errichtet worden war.[3] Die im Rahmen des Scheingeschäfts geleisteten Zahlungen hatte der Vertragspartner absprachegemäß an Entscheidungsträger vor Ort weitergeleitet.

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Ein vergleichsweise neues Phänomen der Verschleierung von Bestechungszahlungen ist das „Outsourcing“ von Korruption. Hierbei werden illegale Zuwendungen im Interesse des deutschen Unternehmens vollständig durch eine ausländische Firma verabredet und realisiert. Der entscheidende Vorteil für das Unternehmen liegt darin, dass korruptive Zahlungen auf diese Weise keinen Niederschlag in der Buchführung finden. Ein Weg zum Outsourcing von Bestechungsleistungen führt über Joint Ventures. In einigen Staaten wird der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen oder die Gründung von Tochtergesellschaften in bestimmten Branchen von der Beteiligung eines lokalen Partnerunternehmens abhängig gemacht. In Entwicklungs- und Schwellenländern sollen regionale Unternehmen von Kapital und Know-How der ausländischen Firmen profitieren, während diese im Gegenzug Unterstützung beim Umgang mit staatlichen Verwaltungsabläufen und Vergaberichtlinien erhalten. Wenngleich in der jüngeren Vergangenheit eine Tendenz zur Liberalisierung staatlicher Joint Ventures-Politik zu beobachten ist, bleiben projektbezogene Kooperationen deutscher Unternehmen mit ausländischen Firmen – aus dem Tatortstaat oder einem Drittland – aktuell. Bestechungszuwendungen können dann über das Partnerunternehmen geleistet werden, ohne dass entsprechende Zahlungen in den Büchern des deutschen Verbandes erscheinen. Übernimmt der deutsche Partner zum Ausgleich an anderer Stelle Kosten, ist dies durch die Joint Venture-Absprache gedeckt.

 

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Eine noch weitergehende Distanzierung von den Bestechungszahlungen kann durch die Veräußerung der Ware an einen lokalen (Zwischen-)händler erreicht werden. Das Vorgehen sieht dabei so aus, wie es in Abb. 2 skizziert wird: Ein deutsches Unternehmen möchte seine Produkte ins Ausland verkaufen. Hierzu bedient es sich eines Zwischenhändlers, der in Kontakt mit den staatlichen Entscheidungsträgern tritt. Der Händler schließt einen selbstständigen Vertrag mit der Behörde (zu 15 Mio. EUR) und vereinbart die Zahlung von Bestechungsgeldern (in Höhe von 1,5 Mio. EUR) mit den zuständigen Amtsträgern. Daraufhin veräußert das deutsche Unternehmen seine Produkte (zu 12,5 Mio. EUR, mit einem eigenen Gewinn von 5 Mio. EUR) an den Zwischenhändler; der Geschäftsvorgang ist damit in der Buchführung abgeschlossen. Wie der Vergleich zur klassischen Beraterkonstellation in Abb. 1 zeigt, ändern sich allein die Zahlungswege, während die empfangenen Summen sowie der Profit des deutschen Unternehmens identisch bleiben.

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Abb. 1:

Beraterkonstellation


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Abb. 2:

„Outsourcing“ von Korruption


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Der Austausch von Beraterfirmen durch Handelsunternehmen bleibt dabei ein rein nomineller; tatsächlich agiert der lokale Zwischenhändler in dem Geschäft regelmäßig nicht als selbstständiger Lieferant, sondern erbringt die gleiche Vermittlungsleistung wie ein Berater. Wirtschaftlich betrachtet findet das Geschäft weiterhin zwischen dem staatlichen Auftraggeber und dem deutschen Unternehmer statt. Da der Vertragsschluss mit der staatlichen Behörde vor Ankauf des Produktes erfolgt – und für diesen eine conditio sine qua non darstellt – kann es sich bei dem Zwischenhändler um eine reine Scheinfirma ohne eigenes Kapital handeln, die lediglich als Zahlungsstelle fungiert. Während Beraterprovision und Bestechungszahlungen zuvor vom deutschen Unternehmen in das Angebot eingepreist und anschließend an den Vermittler überwiesen werden mussten, können die Beträge nunmehr durch einen Aufschlag bei Weiterveräußerung erlangt werden. Die korruptiven Zahlungen werden somit vollständig in den Tatortstaat verlagert und sind den Büchern des deutschen Unternehmens nicht mehr zu entnehmen.

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Ein ebenfalls effektiver Weg, um eine Unrechtsabrede zu verschleiern, ist die Vereinbarung von Zuwendungen an gemeinnützige Einrichtungen oder das Sponsoring von Vereinen. Solche Zahlungen sind als Ausdruck von Corporate Social Responsibility üblich und erwecken nicht auf den ersten Blick den Verdacht einer korruptiven Zahlung. Mit der Überweisung an eine lokale Organisation sind die Gelder im Tatortstaat; ein weiterer Transfer ist für die deutschen Ermittlungsbehörden ohne funktionierende Rechtshilfe nicht mehr nachweisbar. Ähnlich funktionieren Offset-Geschäfte: Um den Auftrag zu erlangen, verpflichtet sich das deutsche Unternehmen zur Re-Investition eines bestimmten Gewinnanteils über Offset-Geschäfte. Verträge mit lokalen Unternehmen werden dabei von Entscheidungsträgern vermittelt und bereits im Vorfeld der Auftragsvergabe verhandelt. Auf diese Weise können Amtsträger eigenen oder von Verwandten betriebenen Firmen Gewinne sichern oder durch überhöhte Entgelte illegale Zuwendungen verdecken. Anders als bei den klassischen Scheingeschäften werden lokale Unternehmen hier nicht als bloße Zahlungsstellen ohne tatsächliche oder adäquate Gegenleistung eingesetzt. Werden Drittvorteile für regionale Unternehmen zu angemessenen Vertragskonditionen vereinbart, ist der korruptive Charakter des Geschäfts nach außen nicht erkennbar. Da den Zahlungen des deutschen Unternehmens tatsächliche Arbeitsleistungen gegenüberstehen, lässt sich eine Unrechtsabrede in der Buchführung nicht nachweisen.

2. Strafrechtliche Verfolgung von Auslandsbestechung

a) Verfolgungszahlen

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Deutsche Staatsanwaltschaften führen vergleichsweise wenige Verfahren zu transnationalen Bestechungsdelikten. Für betroffene Unternehmen können die Ermittlungen jedoch unangenehm sein, da sie häufig mit Durchsuchungen und Beschlagnahmen von Datenträgern und Akten verbunden sind.

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Nach dem Bundeslagebild Korruption wurden im Jahr 2017 insgesamt 212 Fälle von Bestechung und Bestechlichkeit im ausländischen Wettbewerb registriert.[4] Damit stieg die Zahl der Taten gegenüber dem Vorjahr deutlich; 2016 waren 146 Fälle erfasst worden. Die Verurteilungsstatistik von 2017 weist lediglich 13 Verurteilungen nach § 299 StGB aus, wobei diese Zahl mehrheitlich inländische Bestechungstaten erfassen dürfte.

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Für die Bestechung ausländischer Amtsträger nach § 335a StGB zeigt das Lagebild noch geringere Fallzahlen: im Jahr 2016 wurden 6 und im Jahr 2017 9 Fälle registriert. Den Berichten der Bundesregierung für die Evaluation durch die OECD Working Group on Bribery zufolge wurden seit Inkrafttreten der OECD Anti-Bribery Convention im Jahr 1999 insgesamt 67 Fallkomplexe von Auslandsbestechung („foreign bribery cases“) registriert, deren Verfolgung zu einer Sanktionierung von 328 Einzelpersonen und 18 juristischen Personen führte.[5] Die Zahlen beziehen sich allerdings nur auf transnationale Korruptionssachverhalte und nicht zwingend auf eine nachgewiesene Bestechung ausländischer Amtsträger nach § 335a StGB; auch Sanktionen wegen § 299 StGB oder flankierender Delikte wie Untreue oder Steuerhinterziehung werden erfasst.

b) Herausforderungen bei der Ermittlung transnationaler Bestechungssachverhalte

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Der Nachweis einer Auslandsbestechung gestaltet sich für die Ermittlungsbehörden regelmäßig schwierig. Sie begegnen nicht nur den „üblichen“ Herausforderungen eines Wirtschaftsstrafverfahrens,[6] sondern sind auch mit zunehmend professionellen Verschleierungstechniken und den Besonderheiten eines transnationalen Sachverhalts konfrontiert.

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Bereits die Generierung eines Anfangsverdachts stellt sich als eine entscheidende Hürde für die Ahndung von Auslandsbestechungen dar. Da es bei Bestechungsdelikten keine unmittelbaren Verletzten gibt, ist der Kreis potentieller Anzeigeerstatter gering.[7] Unterlegene Konkurrenten werden in der Regel über keine verlässlichen Informationen verfügen, die einen Anfangsverdacht begründen könnten. Eine von der Verfasserin zur Bestechung ausländischer Amtsträger durchgeführte Studie zeigt, dass die wichtigsten Informationen von Mitarbeitern des Unternehmens sowie – insbesondere – von den Finanzbehörden stammen, die durch die Buchführung des Unternehmens auf Fälle von Auslandsbestechung aufmerksam werden.[8]

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Der Nachweis rechtswidriger Zahlungen an den ausländischen Empfänger wird durch die zunehmende Verlagerung der Zahlungen in den Tatortstaat erschwert. Steht der Zahlung des Unternehmens formal eine Gegenleistung – etwa ein Beratervertrag – gegenüber, so müssen die Ermittlungsbehörden nachweisen, ob Gelder an den Entscheidungsträger weitergereicht worden sind. Eine Vielzahl möglicher Beweismittel (Zeugen, Bankauskünfte) befindet sich außerhalb des Zuständigkeitsbereichs deutscher Staatsanwaltschaften. Der Zugang zu den notwendigen Informationen setzt daher eine Rechtshilfe durch den Tatortstaat voraus, die in der Praxis oft nicht oder nur schleppend geleistet wird.[9] Die Ermittlungsbehörden sind daher in besonderer Weise auf eine Kooperation der Unternehmen und Informationen aus internen Untersuchungen angewiesen.

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Die Studie der Verfasserin hat zudem gezeigt, dass der erfolgreiche Tatnachweis maßgeblich von der personellen und technischen Ausstattung der zuständigen Staatsanwaltschaft abhängt.[10] Schwerpunktstaatsanwaltschaften oder spezialisierte Abteilungen, bei denen Expertise und Logistik vereint sind, konnten die rechtlichen und tatsächlichen Probleme der Ermittlungstätigkeit besser bewältigen als Staatsanwaltschaften ohne entsprechende Kapazitäten.[11] Durch das Ungleichgewicht der Ressourcenverteilung entsteht eine bedenkliche Verfolgungsheterogenität zwischen den Bundesländern.

c) Verfahrenserledigungen

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Angesichts der Komplexität der Ermittlung transnationaler Korruptionssachverhalte zeigt sich die Tendenz, eine streitige Hauptverhandlung durch frühzeitige Einstellungen gegen Auflagen zu vermeiden.[12] Die aufwendige und oft schwerfällige Ermittlung transnationaler Korruption erhöht die Bereitschaft der Staatsanwaltschaften, Verfahren gegen eine Geldleistung einzustellen.[13] In der von der Verfasserin durchgeführten Studie erfolgten Einstellungen nach § 153a Abs. 1 StPO regelmäßig zu einem Zeitpunkt, in dem der Sachverhalt noch nicht ausermittelt war.[14] Als häufiger Grund für eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflage erwies sich auch eine Kooperationsbereitschaft des Unternehmens und eine eigenständige Aufarbeitung des Sachverhaltes im Rahmen interner Untersuchungen.

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Für die Verteidigung stellt die Einstellung nach § 153a StPO eine Möglichkeit dar, eine streitige Hauptverhandlung zu vermeiden und das Verfahren (weitgehend) abseits der öffentlichen Wahrnehmung zu beenden. Auf diese Weise kann das Unternehmen vor Reputationsschäden bewahrt werden, die mit einer Anklageerhebung gegen seine (ehemaligen) Mitarbeiter verbunden sein können.[15] Die Kehrseite dieses Vorgehens besteht darin, dass die Verteidigung einem Einstellungsangebot der Staatsanwaltschaft nicht selten auch dann zustimmt, wenn angesichts einer schwachen Beweislage ein Freispruch zu erwarten gewesen wäre.[16] Der Druck einer öffentlichen Hauptverhandlung bildet hier ein – fragwürdiges – Gegengewicht zu den Beweisproblemen der Ermittlungsbehörden.

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Das Phänomen der Minimierung des Ermittlungsaufwandes setzt sich in einer Beschränkung der Anklagevorwürfe fort. Kann eine Auslandsbestechung nicht belegt werden, ermöglichen Untreue, Bilanz- und Steuerstraftaten eine Sanktionierung des Täters für Handlungen im Vorfeld oder im Zusammenhang mit der vermuteten Korruption. Die für den Nachweis der Auslandsbestechung erforderliche aufwendige Ermittlungsarbeit wird durch den Rekurs auf einfach zu beweisende Begleitdelikte entbehrlich.[17] Dies verleitet nicht nur die Staatsanwaltschaften dazu, ihre Ermittlungen ressourcenschonend auf einfach zu belegende Tatvorwürfe zu beschränken; auch der Gesetzgeber wird motiviert, den Katalog voraussetzungsarmer Straftatbestände kontinuierlich zu erweitern und das Strafrecht insbesondere durch die Schaffung weiterer abstrakter Gefährdungsdelikte zu entgrenzen.[18]