Antikorruptions-Compliance

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E. Ausblick





I. Das Dilemma



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Zumal auf schwierigen Märkten im globalen Süden befinden sich Unternehmen häufig in Problemlagen: Beamte fordern Bestechungszahlungen für Alltagshandlungen, auf die das Unternehmen im Grunde Anspruch hat (Verzollung, Aushändigung von Frachtgut, Bewilligungen, Steuerbescheide, Transport von Gütern etc.). Bezahlt das Unternehmen, riskiert es nicht nur lokal rechtliche Schwierigkeiten, es kann neuerdings auch zu Hause vor Gericht gestellt werden. Verweigert das Unternehmen, der erpresserischen Forderung nachzukommen, wird es Aufträge an weniger skrupulöse Konkurrenten verlieren und es riskiert, die Geschäftsbasis im betreffenden Land insgesamt einzubüßen.



57








NRO, wie Transparency International, schlagen schlicht vor, die Zahlung zu verweigern:

resist

 lautet ihre Losung. Das mag bei kleinen Alltagszahlungen oder aber für sehr große Unternehmen auch bei großen Aufträgen praktikabel sein, die meisten Unternehmen werden sich diese Haltung alleine aber nicht leisten können.



58





Multinationale Unternehmen haben in der Vergangenheit bei Großaufträgen direkt den Kontakt zum Staatspräsidenten des betreffenden Landes gesucht, unter Umständen gar mit der Drohung des Abzugs aus dem Land (wie z.B. Ikea in Russland). Das können sich KMU aber in der Regel nicht leisten.






II. Collective Action: High Level Reporting Mechanism



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Zur Sicherung vor Erpressung haben Industrieverbände vorgeschlagen, in problematischen Staaten spezielle

business ombudsmen

 mit direktem Bezug zur Staatsleitung zu propagieren. In der Ukraine wurde ein solches Ombuds-Büro mit der Hilfe der Europäischen Entwicklungsbank (EBRD) eingerichtet. In ähnlicher Weise hat Präsident Santos von Kolumbien, auf Anregung der OECD hin, einen

High Level Reporting Mechanism

 in seinem Präsidialamt geschaffen (die

Secretaría de Transparencia

).



60





Der

business ombudsman

 ist ein Anwendungsfall der

collective action,

an der nicht nur Unternehmen, sondern weitere Stakeholders, insbesondere auch der betreffende Staat teilnehmen.






III. Human Rights Compliance



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Es ist darauf verwiesen worden, dass Compliance ein offenes Gefäß ist. Neben den klassischen Risikofeldern wie Korruption, Geldwäsche, Preisabsprachen und Risiken am Arbeitsplatz, können die etablierten Compliance Programme mit weiteren Inhalten gefüllt werden.



62





Gegenwärtig sind intensive Diskussionen im Gange, Unternehmen für schwere Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in Pflicht zu nehmen. Neben den generellen Rechtsquellen, wie die OECD

Guidelines for Multinational Enterprises

und die UN

Guiding Principles on Business and Human Rights,

werden etwa Sonderregeln zur Zwangsarbeit international umgesetzt. Unternehmensverbände und

Multistakeholder

-Gruppen (wie die

Partnering against Corruption Initiative,

 PACI, des World Economic Forum) beschäftigen sich mit der freiwilligen Ausdehnung der Compliance Regime in Antizipation staatlicher Regelungen auch auf weitere Bereiche der Menschenrechte. In ähnlicher Weise beschäftigt sich derzeit die Bekleidungsmittelindustrie – aufgeschreckt durch den Einsturz von Rana Plaza in Bangladesch – mit Arbeiterschutz in ihrer Lieferkette. Insgesamt wird das Thema Compliance über die klassischen Risikofelder hinaus diverse Erweiterungen erfahren. Dabei werden die Erfahrungen der Praxis der Antikorruptions-Compliance von großer Bedeutung sein.





Anmerkungen









Heimann/Pieth

 S. 94;

Hoven

 S. 16 f., S. 548.









Vgl. etwa die Aufzählung bei

Trechsel/Pieth

 Art. 322

septies

 Rn. 5.









Hoven

 S. 15.









Heimann/Pieth

 S. 222.









Machiavelli

 Il Principe, 1513.









Hobbes

 Leviathan, 1651.









Bueno de Mesquita/Smith

 S. 1 f., S. 128.









Richter

 S. 64.









Bueno de Mesquita/Smith

 S. 4 f., S. 119.









Hoven

 S. 244.









Heimann/Pieth

 S. 75.









Neugebauer

 S. 132 ff.









Man spricht von

transfer pricing

 oder von

base erosion.









Heimann/Pieth

 S. 38 f.









Hoven

 S. 237;

Pieth

 Strafrecht Besonderer Teil, S. 345.









Vgl. International Bar Association/Basel Institute on Governance, The International Bar Association Judicial Integrity Initiative: Judicial Systems and Corruption, 5.5.2016.









Pub. L. No. 95–213, 91 Stat. 1494 (FCPA 1977).









Heimann/Pieth

 S. 71 f.









Pieth

 OECD S. 10;

Heimann/Pieth

 S. 72 f.









Jimmy Carter im Vorwort zu

Heimann/Pieth

 S. XIII.









Jimmy Carter im Vorwort zu

Heimann/Pieth

 XIII;

Pieth

 OECD S. 11.









Vgl. the Commission on Transnational Corporations des ECOSOC und später das Committee on an International Agreement on Illicit Payments;

Pieth

 International Efforts to Combat Corruption, A-1039.









Pub. L. No. 100–148, 102 Stat. 1107 (FCPA 1988);

Tarullo

 S. 674.









OECD Council, United States Proposal on the Issue of Illicit Payments, note by the Secretary-General, 23 March 1989, incl. Annex, United States Proposal for an International Agreement on Illicit Payments, 14 March 1989 (C(89)49).









International Chamber of Commerce Rules on Combatting Corruption, 2011 ed., Erstveröffentlichung 1977.









Pieth

 OECD S. 13 ff.









OECD Recommendation of the Council on Bribery in International Business Transactions of 27 May 1994;

Pieth

 OECD S. 16 f.









Revised Recommendation of the Council of the OECD on Combatting Bribery in International Business Transactions, 23.5.1997;

Pieth

 OECD S. 17 f.









Convention on Combatting Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, verabschiedet am 21.11.1997, unterzeichnet am 17.12.1997;

Pieth

 OECD S. 18 ff.









Heimann/Pieth

 S. 59 ff.









Korte

 S. 401 ff.;

Zerbes

 S. 74 ff.









Zerbes

 S. 77 ff.









Annex I: Good Practice Guidance on Implementing Specific Articles of the Convention on Combatting Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 2009.









Failure of commercial organizations to prevent bribery;

 Ausnahme für

adequate systems;

 vgl.

Pieth/Ivory

 S. 28 f.







 



Krit. aber

Pieth

 Braucht Deutschland ein Unternehmensstrafrecht?, S. 276 ff.









Art. 5 OECD-Konvention; N 27 Official Commentary.









Vgl. eine vergleichbare Situation in Kanada: Die Absetzung der Justizministerin, weil sie nicht bereit war, mit der Firma SNC-Lavalin (dem Hauptsponsor des kanadischen Premierministers) einen Vergleich einzugehen: dazu

Pieth

 9.3.2019 SWI: Corruption: is Trudeau like Blair (verfügbar unter: www.swissinfo.ch/eng/opinion_corruption--is-trudeau-like-blair-/44811912).









Heimann/Pieth

 S. 87 ff.









Heimann/Pieth

 S. 93.









Bonucci

 S. 534 ff.









Pieth

 OECD S. 45 f.









FATF, International Standards on Combatting Money Laundering and the Financing of Terrorism and Proliferation, The Financial Action Task Force Recommendations (angenommen 15.2.2012).









Recommendation of the Council for Further Combatting Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 26.11.2009.









OECD Working Group on Bribery, Public Consultation Document, Review of the 2009 OECD Anti-Bribery Recommendation, 22.3.–30.4.2019.









Heimann/Pieth

 S. 149 ff.









Pieth

 Wirtschaftsstrafrecht, S. 168 f.









Inter-American Convention Against Corruption, 29.3.1996.









Pieth

 Wirtschaftsstrafrecht, S. 169.









OAS-Monitoring: Mechanism for Follow-Up on the Implementation of the Inter-American Convention Against Corruption (MESICIC).









Strafrechtsübereinkommen über Korruption, ETS Nr. 173, 27.1.1999; Zivilrechtsübereinkommen über Korruption, ETS Nr. 174, 4.11.1999.









Vgl. die Berichte der GRECO (Groupe d‘Etats contre la corruption), verfügbar unter

www.coe.int/en/web/greco/home

.









EU: Rechtsakt des Rates vom 26.5.1997 über die Ausarbeitung des Übereinkommens aufgrund von Art. K.3 Abs. 2 Buchst. c) des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (ABlEG Nr. C 195/01 v. 25.6.1997).









Gless

 S. 164 f.









Gless

 S. 165 ff.









United Nations Convention against Corruption (angenommen 31.10.2003).









Pieth

 Beitrag der UN Konvention S. 7 ff.









UN-Monitoring: Conference of the States Parties to the UNCAC, Implementation Review Group (Art. 63 UNCAC).









Rede von James D. Wolfensohn vor dem Board of Govenors an der Jahresversammlung der Weltbank und dem internationalen Währungsfonds in Washington DC am 1.10.1996.









Heimann/Pieth

 S. 21.









Heimann/Pieth

 S. 193 ff.









Heimann/Pieth

 S. 194.









Heimann/Pieth

 S. 214 f.









Pieth

 FS Schwenzer, S. 1375 ff.









Wilske

 Contemporary Asia Arbitration Journal 2010, 228.









Vgl. den Fall Metal-Tech v. Uzbekistan, zusammengefasst in

Betz

 S. 110 ff.









Vgl.

Kreindler/Gesualdi

 S. 391 ff.









Betz

 S. 73 ff.;

Crivellaro

 S. 109 ff.









Pieth/Betz

 A Toolkit for Arbitrators, passim.









Heimann/Pieth

 S. 221.









Pieth

 Anti-Korruptions-Compliance, Leitfaden, V.









Frankreich:

Loi Sapin

 II.









USA, vgl.

Beale

 ZStW 2014, 52.









Koukol

 passim.









Pieth

 Anti-Korruptions-Compliance, Leitfaden, S. 2, S. 63.









Moosmayer

 Rn. 362 ff.;

Pieth

 Wirtschaftsstrafrecht, S. 77;

ders.

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 2.









Heimann/Pieth

 S. 222.









Pieth

 Wirtschaftsstrafrecht, S. 78.









Moosmayer

 Rn. 71 ff.;

Pieth

 Wirtschaftsstrafrecht, S. 80;

Pieth

 Anti-Korruptions-Compliance, Leitfaden, S. 65 ff.;

ders.

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 49 ff.









Moosmayer

 Rn. 144 ff.;

Pieth

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 53 ff.; ein Gegenbeispiel ist das Verhalten von VW in der Krise 2015.









Moosmayer

 Rn. 147 ff.









Pieth

 Wirtschaftsstrafrecht, S. 81.









Heimann/Pieth

 S. 230.









Heimann/Pieth

 S. 227 f.









Heimann/Pieth

 S. 228 f.









Heimann/Pieth

 S. 228.









Bespiel-Fall Alstom/Schweiz: Strafbefehl in der Untersuchung gegen Alstom Network Schweiz AG vom 22.11.2011, S. 5 (Para 11).









Vgl. zu diesen Listen

Zerbes

 S. 155.









Zum Fall Statoil/Iran: United States v. Statoil, ASA, Court Docket Number: 06-CR-960 (Southern District of New York), vom 13.10.2006 (abrufbar unter

www.justice.gov/criminal-fraud/case/united-states-v-statoil-asa-court-docket-number-06-cr-960

); vgl. auch

Letzien

 S. 16 f.









Der Hedgefond gab zu, daß er mehr als 100 Mio. Dollar an Bestechungsgeldern an Beamte in der Demokratischen Republik Kongo, Libyen und anderen Ländern gezahlt hat, um Geschäfte mit natürlichen Ressourcen zu tätigen; DOJ Justice News, 29.9.2016: „Och- Ziff Capital Management Admits to Role in Africa Bribery Conspiracies and Agrees to Pay $ 213 Million Criminal Fine“.









Moosmayer

 Rn. 175 ff.;

Pieth

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 85.









Pieth

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 87, S. 92.









OECD Recommendation of the Council for further Combatting Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 26.11.2009, Rec. IX;

Moosmayer

 Rn. 181 ff.;

Puschke/Singelnstein

 NK 2015, 339 ff.









Pieth

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 101 ff.









Dazu

Pieth

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 105.









Heimann/Pieth

 S. 235 ff.;

Pieth

 Wirtschaftsstrafrecht, S. 171;

ders.

 Harmonising Anti-Corruption Compliance, S. 106.









Heimann/Pieth

 S. 235 ff.









OECD Guidelines for Multinational Enterprises, erstmals angenommen 1976, revidiert 2011.









Die sog.

Ruggie-Principles

: John Ruggie, Protect, Respect and Remedy: A Framework for Business and Human Rights, 2008; United Nations Human Rights Council, Guiding Principles on Business and Human Rights: Implementing the United Nations „Protect, Respect and Remedy“ Framework 2011.









Vgl. den

Report on Supply Chain Compliance

 zu

forced labor, trafficking, and modern slavery

.









Dazu NZZ vom 24.4.2015, 27: „Trümmer und Tote erzwingen ein Umdenken“; vgl. auch Public Eye: Rana Plaza – Fabrikeinsturz in Bangladesch (abrufbar unter

www.publiceye.ch/de/themen/mode/gesundheit-sicherheit-arbeitsplatz/bangladesch/rana-plaza

);

Kaleck/Saage-Maass

 S. 99;

Pieth

 AJP 2017, 1007.






2. Teil Deutsches Recht





2. Teil Deutsches Recht



Inhaltsverzeichnis

 





1. Kapitel



Amtsträgerbestechung







2. Kapitel



Mandatsträgerbestechung







3. Kapitel



Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB)







4. Kapitel



Korruption im Gesundheitswesen







5. Kapitel



Sport und Korruption







6. Kapitel



Steuerstrafrechtliche Aspekte der Antikorruptions-Compliance







7. Kapitel



Sonstige Begleit- und Anschlussdelikte







8. Kapitel



Amtsträgerbestechung (§ 335a) und im ausländischen Geschäftsverkehr (§ 299)







9. Kapitel



Strafanwendungsrecht







10. Kapitel



Unternehmenssanktionen – Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen (Verbände)







11. Kapitel



Vermögensabschöpfung







12. Kapitel



Vertretung und Verteidigung von Individualbetroffenen







13. Kapitel



Vertretung und Verteidigung von Unternehmen













2. Teil Deutsches Recht

 › 1. Kapitel Amtsträgerbestechung





1. Kapitel Amtsträgerbestechung



Inhaltsverzeichnis




        A.

        Übersicht






B.



Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 332, 334 StGB)







C.



Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung (§§ 331, 333 StGB)







Literatur (Auswahl):



Bauchrowitz

 Der immaterielle Vorteilsbegriff der Bestechungsdelikte im StGB, 1988;

Bock

 Einführung in die „Korruptionsdelikte“ bei Amtsträgern, JA 2008, 199;

ders./Borrmann

 Vorteilsannahme (§ 331 StGB) und Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) durch Kultursponsoring?, ZJS 2009, 625;

Bott/Hiéramente

 Ausschluss einer Korruptionsstrafbarkeit durch institutionalisierte Vorabbewilligung?, NStZ 2015, 121;

Deiters

 Die dogmatische Struktur der sogenannten Unrechtsvereinbarung, FS Rengier, 2018, S. 209;

Dölling

 Die Neuregelung der Strafvorschriften gegen Korruption, ZStW 112 (2000), 334;

Dorschfeldt

 Strafbarkeit von Facilitation Payments. Betrachtung der Strafbarkeit korruptiver Beschleunigungs- und Sicherungszahlungen, 2016;

Greco

 Annäherungen an eine Theorie der Korruption, GA 2016, 249;

Hardtung

 Erlaubte Vorteilsannahme – §§ 331 StGB, 70 BBG, 10 BAT, 1994;

Heinrich

 Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht. Auslegungsrichtlinien unter besonderer Berücksichtigung des Rechtsguts der Amtsdelikte, 2001;

ders

. Die Entwicklung des Begriffs des Amtsträgers, wistra 2016, 471;

Herrmann/Sandkuhl

 Beamtendisziplinarrecht – Beamtenstrafrecht, 2014;

Jutzi

 Genehmigung der Vorteilsannahme bei nicht in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehenden Amtsträgern, NStZ 1991, 105;

Kindhäuser

 Voraussetzungen strafbarer Korruption in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, ZIS 2011, 461;

Kubiciel

 Facilitation Payments: A Crime?, ZIS 2015, 473;

Kuhlen

 Zu den Tathandlungen bei der Vorteilsannahme u