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Dandelot faßte wacker seinen Entschluß.

»Nun, gnädigster Herr,« sagte er, »so gestehet mir, daß die Liebe einigen Antheil an Eurer Expedition hat, damit ich einen etwaigen Verweis wenigstens wegen einer Sache erhalte, die ein Edelmann gestehen kann.«

»Oh, in dieser Beziehung will ich Euch Nichts verhehlen, Dandelot: auf Ehre, die Liebe ist der einzige Grund, weßhalb ich Euch um diesen Dienst ersuche.«

»Nun denn, gnädigster Herr,« sagte Dandelots »es bleibt also dabei, um Mitternacht werde Ich Euch in den Saal der Verwandlungen einführen.«

»Dank, Dandelot,« sprach der Prinz, indem er ihm die Hand reichte, »und wenn Ihr je in einer Angelegenheit dieser oder irgend einer andern Art eines Beistandes bedürft, so bitte ich Euch Niemand anders als mich darum anzugehen.«

Nachdem er sodann beiden Brüdern die Hände gedrückt, stieg Heinrich von Condé rasch die Treppe des Hotels Coligny hinab.

VIII.
Der Saal der Verwandlungen

Erinnert Euch, theure Leser, der fieberischen Stunden, welche ihr langsam eine um die andere zähltet, als Ihr dem Augenblick Eures ersten Rendezvous entgegenharrtet, oder noch besser, denket an die qualvollen Bangigkeiten zurück, die Euch das Herz zusammenschnürten, wenn Ihr der unglücksschwangern Minute entgegensahet, welche Euch den Beweis für die Untreue Eurer Angebeteten bringen sollte, dann könnt Ihr Euch einen Begriff machen, wie langsam und schmerzlich sich für den armen Prinzen von Condé dieser ewige Tag hinschleppte.

Er versuchte es jetzt mit dem bekannten Recept der Aerzte und Philosophen aller Zeiten, nämlich daß man die Kümmernisse des Geistes durch körperliche Anstrengungen bekämpfen müsse. Er befahl sein schnellstes Roß schwang sich hinauf, überließ ihm den Zügel oder glaubte dieß wenigstens Zeit thun, und nach einer Viertelstunde befanden sich Roß und Reiter in St. Cloud, wo Herr von Condé indeß als er sein Hotel verließ keineswegs einen Besuch beabsichtigt hatte.

Er trieb sein Pferd in eine entgegengesetzte Richtung. Nach einer Stunde befand er sich wieder an demselben Platz das Schloß von St. Cloud war für ihn der Diamantberg der Schiffer von Tausend und eine Nacht, wohin die Schiffe unaufhörlich zurückkommen, da alle ihre Anstrengungen um sich zu entfernen nutzlos bleiben, Das Mittel der Philosophen und Aerzte, das bei andern Leuten unfehlbar ist, wollte, wie es scheint, bei dem Prinzen von Condé nicht verfangen. Er war Abends zwar körperlich wie gerädert, aber moralisch noch eben so krank, eben so bekümmert wie am Morgen.

Als der Tag sich neigte, kehrte er erschöpft, niedergeschlagen, sterbend in sein Hotel zurück.

Sein Kammerdiener überreichte ihm drei Briefe, denen er ansah, daß sie von den ersten Damen des Hofes kamen: er öffnete sie nicht einmal. Der Kammerdiener meldete ihm, ein junger Mensch sei den Tag über sechsmal in#s Hotel gekommen, um, wie er behauptet, dem Prinzen Mittheilungen der wichtigsten Art zu machen, er habe jedoch trotz der dringendsten Vorstellungen seinen Namen verweigert; allein der Prinz beachtete diese Nachricht ebenso wenig, als wenn man zu ihm gesagt hätte: »Gnädigster Herr, es ist schön Wetter,« oder: »Gnädigster Herr, es regnet.«

Er ging in sein Schlafzimmer und schlug mechanisch ein Buch auf. Aber welches Buch konnte die Bisse dieser Schlange übertäuben, die an seinem Herzen nagte?

Er warf sich auf sein Bett. Aber so schlecht er in der legten Nacht geschlafen hatte, so müde er vom heutigen Rennen geworden war, so rief er doch vergebens den Freund, den man Schlaf nennt, und der gleich andern Freunden in den Tagen des Glückes an Eurer Seite steht, aber, wenn man feiner am meisten bedarf, in den Augenblicken des Mißgeschickes sich fern hält.

Endlich kam die so ersehnte Stunde: eine Uhr ließ zwölf Glockenschläge vernehmen; der Nachtwächter ging vorbei und rief:

»Es hat zwölf Uhr geschlagen.«

Der Prinz nahm seinen Mantel, gürtete sein Schwert um, hing seinen Dolch an und ging.

Unnütz zu fragen, welche Richtung er einschlug.

Zehn Minuten nach zwölf Uhr stand er vor dem Louvrethor.

Die Schildwache hatte die Losung, der Prinz brauchte sich blos zu nennen: er trat ein. Ein Mann erging sich in dem Corridor, auf welchem die Thüre des Zimmers der Verwandlungen sich öffnete.

Condé zögerte einen Augenblick. Dieser Mann kehrte ihm den Rücken zu; aber bei dem Geräusch, das der Prinz machte, drehte er sich um, und unser Verliebter erkannte Dandelot, der ihn erwartete.

»Hier bin ich,« sagte dieser, »um Euch meinem Versprechen gemäß gegen jeden Liebhaber oder Ehemann beizustehen, der Euch den Weg versperren könnte.

Condé drückte mit fieberischer Hand die Hand seines Freundes.

»Dank!« sagte er, »aber ich habe meines Wissens Nichts zu fürchten: ich bin nicht der Mann, den man liebt.«

»Zum Teufel, warum kommt Ihr aber hierher?«t fragte Dandelot.

»Um zu sehen, wen man liebt. . . aber, still, hier kommt Jemand.«

»Wo? Ich sehe Niemand.«

»Aber ich, ich höre Tritte.«

»Zum Henker!« sagte Dandelot, »was für feine Ohren doch die Eifersüchtigen haben.«

Condé zog seinen Freund in eine Vertiefung und von da sahen sie Etwas wie einen Schatten herbeikommen, der, vor der Thüre des Saales der Verwandlungen angelangt, einen Augenblickstehen blieb, lauschte, sich umschaute, dann aber, als er Nichts hörte und Nichts sah, die Thüre aufstieß und eintrat.

»Es ist nicht Fräulein von St. André,« murmelte der Prinz; »diese da ist um einen Kopf größer.«

»Also Fräulein von St. André erwartet Ihr?« fragte Dandelot. »Ich erwarte sie nicht; ich laure ihr auf.«

»Aber wie könnte Fräulein von St. André. . . «

»Still!«

»Gleichwohl. . .«

»Seht, mein lieber Dandelot, um Euer Gewissen zu beruhigen, nehmt dieses Billet hier; bewahret es wie den Stern Eurer Augen; leset es mit Muße, und wenn ich zufällig heute Nacht nicht entdecken sollte was ich suche, so gebt Euch Mühe unter allen Handschriften, die Ihr kennen den Herrn dieser da aufzufinden.«

»Darf ich dieses Billet meinem Bruder mittheilen?«

»Er hat es bereits gelesen: vor ihm habe ich keine Geheimnisse. Ach, ich gäbe viel dafür, um zu erfahren, wer dieses Billet geschrieben hat.«

»Morgen werde ich es Euch zurückschicken.«

»Nein, ich werde es selbst bei Euch holen; laßt es Eurem Bruder; vielleicht werde ich Euch selbst Etwas zu erzählen haben. . . Ei sehet, da kommt dieselbe Person heraus.«

Der Schatten, der in's Zimmer gegangen war, kam wirklich heraus und schlug diesmal die Richtung der beiden Freunde ein; glücklicher Weise war dieser Corridor, wahrscheinlich mit Vorbedacht, schlecht beleuchtet, und in ihrer Vertiefung befanden sie sich außerhalb des Wegs, so wie in gänzlicher Dunkelheit.

Aber aus dem schnellen und sichern Schritt, womit dieser Schatten trotz der Finsterniß einherging, war leicht zu ersehen, daß er mit dem Weg vollkommen vertraut war.

Im Augenblick, wo er an den beiden Freunden vorbeikam, drückte Herr von Condé Dandelot die Hand.

»Lanoue!« murmelte er.

Lanoue war eine der Frauen Catharinas von Medici, und zwar, wie man sagte, die Lieblings und Vertrauensdame der Königin Mutter.

Was hatte sie hier zu thun, wenn sie nicht durch das im Billet angezeigte Rendezvous berufen wurde?

Im Uebrigen hatte sie die Thüre nicht geschlossen, sondern halb offen gelassen: folglich wollte sie wie der kommen.

Es war kein Augenblick zu verlieren, denn das nächste Mal wurde die Thüre höchst wahrscheinlich hinter ihr geschlossen.

Alle diese Betrachtungen fuhren dem Prinzen blitzschnell durch den Kopf; er drückte noch einmal Dandelots Hand und stürzte auf den Saal der Verwandlungen zu.

Dandelot machte eine Bewegung, um ihn zurückzuhalten: Condé war schon fern.

Wie er gedacht hatte, wich die Thüre unter einem einfachen Druck, und er befand sich im Zimmer.

Dieses Zimmer, eines der schönsten im Louvre, ehe Carl IX. die kleine Gallerie beginnen ließ, führte seinen mythologischen Namen von den Tapisserien, die es bedeckten.

Die Hauptgegenstände dieser Gemälde, bei denen die Nadel mehr als einmal siegreich gegen den Pinsel gekämpft hatte, waren in der That die Fabeln von Perseus und Andromeda, von der Medusa, vom Gott Pan, von Apollo und Daphne.

Diejenige aber, welche die Aufmerksamkeit ganz besonders anzog, war, sagt ein Geschichtsschreiber, die Fabel von Jupiter und Danae.

Danae war von so zarter und kunstfertiger Hand ausgeführt, daß man auf ihrem Gesicht das Entzücken gewahrte, womit sie den Goldregen fühlte, sah und hörte.

Sie war als Königin der andern Tapisserien von einer silbernen Lampe beleuchtet, die von Benvenuto Cellini selbst sculptirt und nicht, wie man versicherte, gegossen worden war. Und in der That, welcher andere als der florentinische Meiselkünstler hatte sich schmeicheln können einen Silberblock in eine Blumenvase umzuschaffen, aus welcher die Flamme selbst als Lichtblume hervorstrahlt!

Diese Danae bildete die Wände eines Alkovens, und die Lampe, welche die unsterbliche gemalte Danae beleuchtete, hatte zugleich die Bestimmung all die lebendigen sterblichen Danaen zu bestrahlen, welche in dem Bett, worüber sie hing, den Goldregen der Jupiter dieses irdischen Olymps erwarten sollten, den man den Louvre nannte.

Der Prinz schaute um sich, hab die Fenster und Thürvorhänge auf um sich zu vergewissern, daß er allein sei, stieg dann nach dieser genauen Durchsuchung über das Geländer weg, legte sich auf den Teppich und schlüpfte unter das Bett.

Für diejenigen unserer Leser, die mit dein Ameublement des sechzehnten Jahrhunderts nicht vertraut sind, wollen wir sagen was das Geländer war.

Geländer nannte man die gallerieartige Verzäunung aus kleinen Pfeilern, die sich um die Betten herumzog, um die Alcoven zu schließen, wie man sie nach heutzutage im Chor der Kirchen und Capellen und in Ludwigs XIV. Schlafzimmern in Versailles sieht.

 

Wir haben geglaubt, der Leser würde uns, indem er mit Herrn von Condé über das Geländer stiege und zwar so schnell, wie wirs ihn thun ließen, mit seinen Bemerkungen verschonen, allein bei näherer Ueberlegung matten wir doch der Erklärung nicht ausweichen, sondern ihr lieber mit frischem Muth entgegen gehen.

Der Prinz, sagten wir, legte sich aus den Teppich und schlüpfte unter das Bett

Ach ja, allerdings, dieß war eine lächerliche Stellung und unwürdig eines Prinzen, zumal wenn dieser Prinz Condé heißt. Ader was wollt Ihr? Es ist nicht meine Schuld, wenn der junge, schöne, verliebte Prinz von Condé bis zur Lächerlichkeit eifersüchtig war, und da ich die Thatsache in der Geschichte des Prinzen verzeichnet finde, so wird man mir erlauben, nicht scrupulöser zu sein als der Geschichtsschreiber.

Und Ihre Bemerkung, lieber Leser, ist so wahr und so verständig, daß der Prinz, als er kaum unter dem Bett war, ganz aus dieselben Betrachtungen gerieth und mit den strengsten Selbstvorwürfen sich fragte, welche unanständige Figur er unter diesem Bett machen würde, wenn ihn auch nur ein Bedienter entdecken sollte, zu welchen zahllosen Sticheleien und boshaften Spöttereien er seinen Feinden reichlichen Stoff liefern würde, mit welcher Schmach er sich in den Augen seiner Freundes zu bedecken riskire. Er ging so weit, darüber dass zornige Gesicht des Admirals auf der Tapisserie zu erblicken glaubte, denn wenn wir uns als Kinder oder Männer in einer zweifelhaften Lage befinden, so ist die Person an die wir denken, deren Dazukommen und Vorwürfe wegen unserer Narrheit wir am meisten fürchten, immer diejenige, die wir am meisten lieben und verehren.

»Der Prinz ertheilte sich also – wir bitten den gewissenhaften Leser davon überzeugt zu sein, all die Verweise, die ein Mann von seinem Character und, seiner Stellung in einer solchen Lage sich er theilen mußte; aber das Ergebniß all seiner Betrachtungen war, darüber etwa zwanzig Centimeter tiefer, wie man heutzutage sagen wurde, unter das Bett schlüpfte und sich möglichst bequem da ein richtete.

Ueberdieß hatte er an etwas ganz anderes zu denken.

Er mußte sich über das Benehmen klar werden, das er einzuhalten hätte, wenn er sich einmal den beiden Liebenden gegenüber befände.

Das Einfachste schien ihm plötzlich hervorzurücken und ohne lange Erklärungen mit seinem Nebenbuhler den Degen zu kreuzen.

So einfach indeß diese Maßregel war, so schien sie ihm doch bei näherer Ueberlegung nicht ohne Gefahr zu sein, wenn auch nicht für seine Person, so doch für seine Ehre. Wer dieser Nebenbuhler immer sein mochte, so war er zwar allerdings ein Mitschuldiger an der Coketterie des Fräuleins von St. André aber ein sehr unschuldiger Mitschuldiger.

Der Prinz ging also von seinem ersten Plane ab und beschloß ganz kalt zuzusehen und zuzuhören, was sich unter den Augen und vor den Ohren eines Nebenbuhlers zutragen würde. Er hatte eben diesen großen Act der Selbstverleugnung vollbracht, als das sehr laute Schlagen seiner Uhr ihm plötzlich eine Gefahr enthüllte, an die er nicht gedacht hatte. Damals waren, wie übrigens die Beschäftigung Carls V. In St. Just beweist, die Taschen und Pendeluhren nicht blos Luxusgegenstände, sondern auch Phantasiestücke, und gingen weit weniger nach der Hoffnung des Mechanikers, als nach ihrer eigenen Laune; So kam es, daß die Uhr des Herrn von Condé die der Louvreuhr um eine halbe Stunde nachging, auf einmal zwölf schlug.

Herr von Condé wurde, wie man bereits gesehen hat, von einer ungewöhnlichen Ungeduld heim gesucht. Er fürchtete, seines Uhr könnte, wenn sie geendet hätte, Lust bekommen von vorn anzufangen, und ihn durch ihren Schlag zu verrathen; deßhalb nahm er das indiscrete Kleinod in die Höhlung seiner linken Hand, hielt den Griff seines Dolches fest daraus. drückte ihn fest gegen das Zifferblatt, und unter diesem Druck, der das doppelte Gehäuse zertrümmertet hauchte die unschuldige Uhr ihren letzten Seufzer aus.

Die menschliche Ungerechtigkeit war befriedigt.

Kaum war diese Execution vollendet, als die Zimmerthüre von Neuem mit einem Geräusche aufging, welches die Augen des Prinzen auf sie lenkte: er sah jetzt Fräulein von St. André mit lauernden Blicken und lauschendem Ohr hereintreten, auf den Zehen hinter der abscheulichen Creatur einhergehend, die sich Lanoue nannte.

IX.
Die Toilette der Venus

Wenn wir sagen, sie sei auf Zehen hinter dieser abscheulichen Lanoue einhergeschlichen, so täuschen wir uns, nicht in Bezug auf Lanoue, sondern auf Fräulein von St. André.

Einmal im Saal der Verwandlungen, ging Fräulein von St. André nicht mehr hinterher, sondern vor Lanoue her.

Lanoue blieb hinten, um die Thüre zu schließen.

Das junge Mädchen stellte sich vor einen Toilettentisch, worauf zwei Leuchter standen,welche nur auf die mittheilsame Flamme, die ihnen das Leben geben sollte, warteten, um mit ihrem ganzen Glanze zu leuchten.

»Ihr seid gewiß daß man uns nicht gesehen hat; meine liebe Lanoue?« fragte sie mit jener holden Stimme, welche, nachdem sie im Herzen des Prinzen die Liebe entzündet sehr seinen Zorn entflammte.

»Oh, fürchtet Nichts, gnädiges Fräulein,« antwortete die Kupplerin. »In Folge des Drohbriefes, der gestern dem Könige zukam, sind die strengsten Befehle ergangen, und nach zehn Uhr Abends sind die Thore des Louvre verschlossen worden.«

»Für Jedermann?« fragte das junge Mädchen.

»Für Jedermann.«

»Ohne Ausnahme?«

»Ohne Ausnahme.«

»Selbst für den Prinzen Condé.

Lanoue lächelte.

»Für den Prinzen von Condé ganz besonders, gnädiges Fräulein.«

»Ihr wißt es gewiß Lanoue?«

»Ganz gewiß, gnädiges Fräulein.«

»Ah! Drum. . .«

»Das junge Mädchen hielt inne.

»Was habt Ihr denn von dem Herrn Prinzen zu fürchten?«

»Sehr viel, Lanoue.«

»Wie so, sehr viel?«

»Ja, und ganz besonders Etwas.«

»Was?«

»Daß er mich bis hierher verfolgen könnte.«

»Bis hierher?«

»Ja.«

»Bis in den Saal der Verwandlungen?«

»Ja.«

»Aber wie kann er denn wissen, daß das gnädige Fräulein da ist?«

»Er weiß es, Lanoue.«

»Der Prinz hörte, wie man wohl begreift, mit der gespanntesten Aufmerksamkeit zu.

»Wer konnte es ihm mittheilen?«

»Ich selbst.«

»Ihr?«

»Ja, ich selbst in meiner Einfalt.«

»Oh, mein Gott.«

»Denk Dir nur, gestern habe ich im Augenblick, wo er mich verlassen wollte, in Folge eines Scherzes die Unvorsichtigkeit begangen ihm, mein Schnupftuch zuzuwerfen; in diesem Schnupftuch befand sich das Billetchen, das Du mir soeben überreicht hattest.«

»Aber es war nicht unterzeichnet!«

»Zu allem Glück nicht.«

»Das ist wirklich ein großes Glück, Jesus Maria.«

Die Kupplerin bekreuzte sich andächtig.

»Und,« fuhr sie fort, »Ihr habt Euer Schnupftuch nicht zurückgefordert?«

»Doch. Ich habe Mezieres den Tag über sechs mal zu ihm geschickt; der Prinz war schon am Morgen ausgeritten und Abends um 9 Uhr noch nicht zurückgekehrt.«

»Ah, ah!« murmelte der Prinz, »das ist der Page mit der Angelschnur, der so dringend darauf bestand mich zu sprechen.«

»Ihr trauet diesem jungen Menschen, gnädiges Fräulein?«

»Er ist in mich vernarrt.«

»Die Pagen sind sehr schwatzhaft; es gibt ein Sprichwort darüber.«

»Mezieres ist nicht mein Page, sondern mein Sklave,« sagte das junge Mädchen im Ton einer Königin. »Ah, Lanoue; dieser verwünschte Herr von Condé! Es kann ihm nichts Schlimmeres begegnen, als was ich ihm wünsche.«

»Dank, Schönste der Schönen!« murmelte der Prinz. »Ich werde Eurer vortrefflichen Gesinnungen gegen mich gedenken.«

»Nun wohl, gnädiges Fräulein,« sagte Lanoue, »für heute Nacht könnt Ihr ruhig sein. Ich kenne den Kapitän der schottischen Garde und ich werde ihm den Herrn Prinzen empfehlen.«

»In wessen Auftrag?«

»Ganz auf eigene Faust! Seid ruhig, das wird genügen.«

»Ah, Lanoue!»

»Was wollt Ihr, gnädiges Fräulein? Während man für die Andern sorget, darf man wohl auch ein wenig an sich selbst denken.«

»Dank, Lanoue; denn dieser Gedanke allein störte das Vergnügen, das ich mir von der heutigen Nacht versprach.«

Lanoue schickte sich an wegzugehen.

»He, Lanoue,« sagte Fräulein von St. André »ehe Du weggehst, zünde mir doch diese Leuchter an: ich will nicht in dieser Dunkelheit bleiben; diese großen halbnackten Figuren machen mir Angst; es ist mir, als wollten sie sich von der Tapisserie abheben und auf mich zukommen.«

»Ah, wenn sie kommen,« sagte Lanoue, indem sie am Kaminfeuer ein Papier anzündete, »so könnt »Ihr ganz ruhig sein, sie thun es dann blos, um Euch als die Göttin Venus einzubeten.«

Und sie zündete den fünfarmigen Leuchter an, so daß das schöne junge Mädchen in einer Flammenglorie den Blicken des Prinzen ausgesetzt blieb.

Sie war entzückend im Wiederstrahl des Toilettenspiegels, in ihrem durchsichtigen Gaskleid, durch welches das Rosenroth des Fleisches hervorschimmerte

In der Hand hielt sie einen blühenden Myrtenzweig, den sie als einen Kranz in ihr Haar steckte.

Priesterin der Venus, hatte sie sich mit der heiligen Blüthe geschmückt.

Als das junge Mädchen jetzt allein im Zimmer war oder wenigstens sich allein glaubte, begann sie kokett und verliebt sich im Spiegel zu betrachten, bog mit ihren rosigen Fingerspitzen ihre schwarzen, sammtweichen Augenbrauen und drückte ihre flache Hand aus die goldene Garde ihrer Haare.

So geschmückt und in einer Positur, die ihre feine und geschmeidige Taille hervorhob, wiegte sich das junge Mädchen, frisch wie Quellwasser, roth wie eine Morgenwolke, heiter wie die Jungfrauschaft, lebendig wie jene ersten Frühlingspflanzen, die voll Lebensdrang den letzten Schnee durchbrechen, vor dem Spiegel, und so glich sie, wie Lanoue gesagt hatte, der Venus Cytherea, aber der Venus in ihrem vierzehnten Jahr, am Morgen wo sie, am Ufer stehend, im Begriff ihren Einzug im himmlischen Hofe zu halten, sich zum letzten Mal im Spiegel des Meeres betrachtete, noch abgekühlt von seiner letzten Berührung.

Nachdem sie ihre Augenbrauen krumm gebogen, ihre Haare geglättet, durch einen Augenblick Ruhe ihren Wangen, welche ein unruhiger und hastiger Gang allzu warm bepurpurt hatte, ihren rosigen Ton wiedergegeben, gab das junge Mädchen die Beäugelung ihres Gesichtes im Spiegel auf; ihre Augen senkten sich vom Hals auf die Schultern und schienen ihre Brust zu suchen, die in dunstigen Spitzenwogen, jenen Wolken gleich, welche der erste; Hauch des Nordwinds verjagt, verloren war.

Sie war so schon mit ihren leuchten Augen ihren erröthenden Wangen, dem halboffenen Munde; den Zähnen, die gleich einer doppelten Perlenreihe in einem Korallenkästchen funkelten; sie war so wahrhaft das Abbild der Wollust, daß der Prinz in diesem Augenblick ihre Kotetterie, ihren Haß ihre Drohungen vergaß und im Begriff stand aus seinem Versteck hervorzukommen,sich ihr zu Füßen zu werfen und zu rufen:

»Was Himmels willen, junges Mädchen, liebe mich seine Stunde und nimm für diese Stunde der Liebe mein Leben hin!«

Zum Glück oder Unglück für ihn, denn wir haben die Vor- oder Nachtheile nicht erwogen, welche die Ausführung dieses plötzlichen Gedankens hätte haben dürfen, drehte sich das junge Mädchen nach der Thüre um und sagte oder stammelte vielmehr:

»Ach, Geliebtester meines Herzens, wirst Du denn nicht kommen?«

Dieser Ausruf und dieser Anblick gaben dem Prinzen seinen ganzen Zorn zurück, und Fräulein, von St. André erschien ihm von Neuem als das hassenswertheste Geschöpf der Erde.

»Sie ging nachdem nächsten Fensters zog die dichten Vorhänge hinweg, versuchte das schwere Fenster zu öffnen, und da es ihren zarten länglichen Händen an Kraft zu einem solchen Geschäft mangelte, so begnügte sie sich, ihren Kopf an das kostbare Glas zu drücken.

Das Gefühl der Frische, das sich ihrer Stirne mittheilte, veranlaßte sie ihre schmachtenden Augen wieder aufzuschlagen; sie blieben eine Weile unklar und wie geblendet, dann begannen sie allmählig die Gegenstände zu unterscheiden, und hefteten zuletzt auf einem in einen Mantel gehüllten Manne, der unbeweglich in Steinwurfsweite vom Louvre stand.

Der Anblick dieses Mannes entlockte dem Fräulein ein Lächeln, und es unterliegt keinem Zweifel, daß der Prinz, wenn er dieses Lächeln gesehen hätte, den boshaften Gedanken, der es hervorgerufen, geahnt haben würde.

Uederdieß wäre er, wenn er nahe genug gewesen wäre, um dieses Lächeln zu sehen, auch nahe genug gewesen, um die Worte zu hören,, die in triumphirendem Ton zwischen den Lippen des jungen Mädchens hervorglitten: »Er ist's!«

 

Dann fügte sie mit einem Ausdruck unnennbaren Spottes hinzu:

»Gehet immerhin spazieren, mein lieber Herr von Condé, ich wünsche Euch viel Vergnügen zu Eurem Spaziergang.«

Es war augenscheinlich, daß Fräulein von St. André den Mann im Mantel für den Prinzen von Condé hielt.

Und dieser Irrthum war ganz natürlich

Fräulein von St. André war aufs Genaueste von den Besuchen unterrichtet, welche der Prinz seit drei Monaten jeden Abend incognito unter ihren Fenstern abstattete, aber sie hatte sich wohl gehütet Etwas davon gegen ihn verlauten zu lassen, denn wenn sie gesagt hätte,daß sie es bemerkt habe, so hätte sie auch eingestanden, daß sie sich seit drei Monaten leise mit einem Gedanken beschäftigte, den sie laut verläugnete.

Fräulein von St. André glaubte also den Prinzen am Ufer zu sehen.

Nun war der Anblick des am Ufer spazierenden Prinzen, während sie davor zitterte ihm im Louvre zu begegnen, das allerberuhigendste Bild, das Frau Luna, diese blasse und melancholische Freundin der Verliebtem ihr zeigen konnte.

Beeilen wir uns jetzt unsern Lesern, die recht gut wissen, daß der Prinz nicht allgegenwärtig war, folglich nicht zu gleicher Zeit innen und außen unter dem Bett und am Ufer sein konnte, mitzutheilen, wer dieser in einen Mantel gehüllte Mann war, welchen Fräulein von St. André für den Prinzen hielt, der nach ihrer Ansicht mit den Zähnen klappern mußte.

Dieser Mann war unser Hugenotte von gestern, unser schottischer Freund, Robert Stuart, der statt der erwarteten Antwort auf sein Schreiben in Erfahrung gebracht hatte. Daß die Herrn vom Parlament den Tag über Alles aufgeboten, damit die Hinrichtung Anne Dubourgs am morgenden oder übermorgenden Tag vor sich gehen sollte; es war Robert Statut, entschlossen einen zweiten Versuch zu wagen.

In Folge dieses Entschlusses sah das junge Mädchen in demselben Augenblick, wo das boshafte Lächeln auf ihren Lippen schwebte, den Mann am Ufer seinen Arm aus dem Mantel hervorstrecken, eine Bewegung machen, die sie für eine drohende Geberde hielt, und mit großen Schritten hinwegeilen.

Zu gleicher Zeit hörte sie ein ähnliches Geklirre wie in der letzten Nacht, das heißt das Zersplittern einer Fensterscheibe.«

»Ah!« rief sie, »er war es nicht!

Und die Rosen ihres Lächelns verschwanden augenblicklich unter den Veilchen ihrer Haut.

Oh, diesmal schauerte sie in allem Ernst, nicht mehr vor Vergnügen, sondern vor Schreck; sie ließ den Fenstervorhang zurückfallen und kam taumelnd und blaß zurück, um sich auf die Lehne des Canapees zu stützen auf welchem sie vor einigen Minuten noch so schmachtend hingegossen gelegen hatte.

Wie am vorhergehenden Tag, war eines der Fenster in der Wohnung des Marschalls von St. André zertrümmert worden.

Nur war es diesmal eines der Fenster von der Seineseite her, aber es gehörte noch immer zur Wohnung ihres Vaters.

Wenn der Marschall, wie am vorhergehenden Tag, noch auf, oder wenn er schon zu Bette gegangen war, aber plötzlich aus dem Schlafe geschreckt wurde und ans Zimmer seiner Tochter klopfte jedoch keine Antwort erhielt. was konnte da geschehen?

Sie zitterte jetzt voll Angst und fiel halb in Ohnmacht, zum großen Erstaunen des Prinzen, der die plötzliche Veränderung auf dem Gesichte des jungen Mädchens gesehen hatte, ohne ihre Ursache errathen zu können; sie befand sich in jenem Zustand gänzlicher Erschöpfung, wo Alles was geschehen kann Demjenigen was ist vorzuziehen ist, als die Thüre sich öffnete und Lanoue hastig eintrat.

Sie war beinahe eben so verstört wie das Mädchen selbst.

»Oh, Lanoue, sagte Diese, »weißt Du, was so eben geschehen ist?«

»Nein, gnädiges Fräulein,« antwortete die Kupplerin, »aber es muß etwas sehr Schreckliches sein, denn Ihr seid todtenblaß.«

»Sehr schrecklich in der That, und Du mußt mich augenblicklich in meine Wohnung zurückbegleiten.«

»Und warum Das, gnädiges Fräulein?«

»Du weißt, was gestern um Mitternacht geschehen ist?«

»Das gnädige Fräulein meint den Stein, der mit einem Drohbrief gegen den König umbunden war?«

»Ja. »Dasselbe ist so eben wieder geschehen, Lanoue, ein Mann, ohne Zweifel der gleiche, »den ich für den Prinzen von Condé hielt, hat, wie gestern so eben einen Stein geworfen und eine Fensterscheibe des Marschalls zertrümmert.«

»Und Ihr habt Angst?«

»Allerdings, Du begreifst, Lanoue, ich fürchte, mein Vater könnte an meine Thüre klopfen, und wenn er keine Antwort bekommt, aus Mißtrauen oder Unruhe mein Zimmer öffnen, das er dann leer finden würde.«

»Oh, wenn Ihr Das fürchtet, gnädiges Fräulein,« sagte Lanoue, »so könnt Ihr Euch beruhigen.«

»Warum?«

»Eurer Vater ist bei der Königin Catharina.«

»Bei der Königin Morgens um ein Uhr?«

»Ach, gnädiges Fräulein, es hat sich ein großer Unfall zugetragen.«

»Was denn?«

»Ihre Majestäten sind heute auf die Jagd geritten.«

»Nun?«

»Nun, gnädiges Fräulein, das Pferd der kleinen Königin (so nannte man Maria Stuart) hat gestrauchelt, Ihre Majestät ist gefallen, und da sie im dritten Monat schwanger ist, so fürchtet man, sie möchte sich verletzt haben.«

»Ah, mein Gott!«

»So daß der ganze Hof auf den Beinen ist.«

»Ich glaube es wohl.«

»Daß alle Ehrenfräulein sich in den Vorzimmern oder bei der Königinmutter befinden.«

»Und Du hast mich nicht benachrichtigt, Lanoue?«

»Ich habe die Sache so eben erst selbst erfahren, gnädiges Fräulein, und habe mir nur die Zeit genommen hinzulaufen, um mich von der Wahrheit zu versichern.«

»Dann hast Du ihn gesehen?«

»Wen?« »

»Ihn.«

»Natürlich.«

»Nun wohl?«

»Nun wohl, gnädiges Fräulein, die Sache ist verschoben. Ihr begreift wohl, daß er sich in einem solchen Augenblick nicht entfernen kann.«

»Und auf wann verschoben?«

»Auf morgen.«

»Wo?«

»Hier.«

»Zur selben Stunde?«

»Ja.«

»So komm schnell, Lanoue.«

»Da bin ich schon, gnädiges Fräulein, Laßt mich nur zuvor die Kerzen auslöschen.«

»In Wahrheit,« rief das junge Mädchen, »Man sollte glauben, ein böser Geist sei gegen uns entfesselt.«

»Oh, im Gegentheil,« sagte Lanoue, indem sie die letzte Kerze ausblies.

»Wie so, im Gegentheil?« fragte Fräulein von St. André vom Gange her.

»Allerdings; dieser Unfall wird Euch Eure Freiheit schenken.«

Und sie eilte dem Fräulein nach.

Die Tritte der beiden Weggehenden verhallten bald in den Tiefen des Ganges.

»Also morgen,« sagte seinerseits der Prinz, der aus seinem Versteck hervorkam und das Geländer wieder überstieg, ohne über den Namen seines Nebenbuhlers klüger geworden zu sein, als er gestern war. »Morgen, übermorgen, alle Tage, wenn es sein muß aber bei der Seele meines Vaters, ich werde bis zum Aeußersten schreiten.«

Und er verließ gleichfalls den Saal der Verwandlungen, schlug im Corridor die entgegengesetzte Richtung von Fräulein von St. André und Lanoue ein, schritt durch den Hof und erreichte die Straßenthüre, ohne daß inmitten der Verwirrung, welche die beiden obenerwähnten Vorfälle im Louvre hervorgerufen hatten, Jemand daran dachte, wohin oder woher zu fragen.