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Zweiter Band

I
Die beiden Schotten

Robert Stuart welchen Fräulein von St André vom Zimmer der Verwandlungen aus, das so schnell und so seltsam wieder in Dunkelheit versetzt wurde, bemerkt hatte; Robert Stuart, welchen das junge Mädchen im Anfang so boshaft für den Prinzen von Condé gehalten, war, nachdem er seinen zweiten Stein geworfen und somit dem König einen zweiten Brief zugesandt hatte, wie gesagt eiligst verschwunden.

Bis zum Chatelet war er stark gelaufen; aber einmal dort, hatte er sich vor Verfolgung sicher gefühlt und war, abgesehen von der Begegnung mit zwei oder drei Straßendieben, an denen er auf den Brücken vorbeigekommen war, die aber der Anblick seines langen Degens und seines am Gürtel hängenden Pistols in Entfernung gehalten hatte, ziemlich ruhig zu seinem Freund und Landsmann Patrick zurückgekehrt.«

Dort hatte er sich mit der scheinbaren Ruhe, die er seiner Selbstbeherrschung verdankte, schlafen gelegt; aber so groß auch diese Selbstbeherrschung war, so ging sie doch nicht so weit, daß sie dem Schlafe gebot, und so kam es, daß er sich zwei oder drei Stunden lang in seinem oder vielmehr in seines Landsmannes Bett herumwälzte, ohne darin die Ruhe zu finden, die ihn seit drei Nächten floh.

Erst gegen Tagesanbruch schien der Geist, durch die Müdigkeit überwältigt, den Körper zu verlassen und gestattete dem Schlaf seine Stelle einzunehmen. Aber nun gehörte dieser Körper so vollständig dem Schlaf an und versank in eine so tiefe Lethargie, daß Jedermann ihn für einen gänzlich vorn Leben verlassenen Leichnam gehalten haben würde.

Uebrigens hatte er am Tag zuvor seinem Versprechen gemäß seinen Freund Patrick bis zum Abend erwartet, allein der Bogenschütze war am Abend zuvor von seinem Capitän, welcher Befehl erhalten hatte keinen einzigen Mann aus dem Palast zu lassen – wir wissen schon warum – in den Louvre consignirt worden, und hatte somit die Kleider Roberts nicht benutzen können.

Abends sieben Uhr hatte sich Robert Stuart, da er keine Nachricht von seinem Freund erhalten, nach dem Louvre begeben und daselbst die strengen Befehle, die ertheilt worden, so wie die Veranlassung dazu erfahren.

Er war sodann in den Straßen von Paris umhergeschweift und hatte hundert verschiedene Lesarten, eine wunderbarer als die andere über die Ermordung des Präsidenten Minard gehört dem seine Todesart weit mehr Glanz verschaffte, als irgend ein Art seines Lebens.

Robert Stuart, der sich der Unwissenheit der Einen und der Neugierde der Andern erbarmte, hatte seinerseits und nach guten Quellen, wie er versicherte, diesen Tod mit all seinen wahren Einzelheiten und wirklichen Umständen erzählte aber es versteht sich von selbst, daß seine Zuhörer kein Wort von seiner Darstellung hatten glauben wollen.

Wir wissen für diese Ungläubigkeit keinen andern Grund anzuführen, als daß diese Darstellung die einzige wahre war.

Er hatte überdieß die Raschheit und Strenge er fahren, womit das Parlament sein Urtheil gegen den Rath Dubourg zu vollstrecken gedachte, dessen Hinrichtung, wie man versicherte, binnen achtundvierzig Stunden auf dem Greveplatz stattfinden sollte.

Gegen diese Starrköpfigkeit der Richter hatte Robert Stuart kein anderes Mittel gewußt, als daß er eine neue und noch bestimmtere Epistel an den König erließ.

Nach seiner Wache war sein Freund Patent der endlich aus dem Louvre entlassen worden, in aller Geschwindigkeit nach Hause geeilt, seine Leiter, wie er sagte, hinaufgestiegen und in sein Zimmer gestürzt mit dem Ruf:

»Feuer!«

Er hatte dieß für das einzige Mittel gehalten, um Robert Stuart zu wecken als er sah, daß das Geschmetter der Thüre, die er zugeschlagen, der Stühle, die er herumgestoßen und des Tisches, den er verrückt hatte, nicht genügten, um ihn aus seinem Schlafe zu rütteln.

Patricks Geschrei, noch weit mehr als der Sinn desselben, erweckte Robert endlich; das Geräusch drang bis zu ihm, aber seine Ideen klärten steh nicht sogleich. Die erste war, daß man ihn verhaften wolle ; er streckte daher den Arm gegen seinen Degen aus, der im Bettgange stand und zog ihn halb aus der Scheide.

»Ei, ei, « rief Patrick lachend, »es scheint Du bist mit großer Streitlust aufgewacht, mein lieber Stuart, beruhige Dich nur und vor allen Dingen steh auf, es ist Zeit«

»Ah, Du bists?« sagte Sinnen

»Freilich bin ichs. Ich will Dir ein andermal mein Zimmer leihen, Du kannst darauf zählen, damit Du mich umbringen kannst, wenn ich heim komme.«

»Was willst Du? Ich schlief.«

»Ich sehe es wohl und gerade das wundert mich; Du schliefest.«

»Patrick ging ans Fenster und zog die Vorhänge.

»Da sieh her, sagte er.

Der helle Tag drang ins Zimmer.

»Wie viel Uhr ist es denn?« fragte Stuart.

»Zehn Uhr hat es schon in allen Kirchen von Paris geschlagen, « sagte der Bogenschütze.

»Ich erwartete Dich gestern den ganzen Tag, und ich kann sogar sagen die ganze Nacht.

Der Bogenschütze machte seine Bewegung mit den Schultern.

»Was willst Du?« sagte er, »ein Soldat ist blos ein Soldat, und wäre er auch ein schottischer Bogenschütze; wir waren den ganzen Tag und die ganze Nacht im Louvre consignirt, aber heute bin ich frei, wie Du siehst.«

»Das heißt, Du verlangst jetzt Dein Zimmer zurück, Patrick?«

»Nein aber ich erbitte mir Deine Kleider.«

»Ah, es ist wahr, ich hatte die Frau Räthin vergessen.«

»Glücklicher, Weise vergißt sie mich nicht, wie Dir diese Wildpretpastete beweisen kann, die auf dem Tisch steht und nur auf unsern gnädigen Appetit wartet. Hat der Deinige sich eingestellt? der meine steht schon seit zwei Stunden auf dem Posten.«

»Und um auf meine Kleider zurückzukommen. . .«

»Ja, richtig: nun wohl Du begreifst daß meine Räthin nicht mir Nichts Dir Nichts meine vier Stockwerke heraufklettern kann. Nein, diese Pastete ist nur ein Bote; sie überbrachte mir einen Brief des Inhalts, daß man mich von 12 Uhr an – dieß ist die Stunde, wo unser Rath nach dem Parlament absegelt – bis vier Uhr, wo er in den Hafen der ehelichen Glückseligkeit zurückkehrt, erwarte.« Fünf Minuten nach 12 Uhr werde ich also bei ihr sein und ihre Hingebung dadurch belohnen, daß ich mich, in einem Costüm einfinde, das sie nicht blosstellen kann, vorausgesetzt daß Du noch in den gleichen Gesinnungen gegen Deinen Freund verharrst.«

»Meine Kleider sind zu Deiner Verfügung«, lieber Patrick, « sagte Robert. »Sie liegen, wie Du siehst, auf diesem Stuhle da und warten nur, auf einen Besitzergreifer. Gib mir dagegen die Deinigen und verfügt über diese hier ganz nach Deinem Gutdünken.«

»Sogleich; aber zuvörderst wollen wir ein Wort mit dieser Pastete plaudern; Du brauchst nicht aufzustehen, um an der Unterhaltung Theil zu nehmen; ich werde den Tisch an Dein Bett rücken. Hier! ist es recht so?«

»Ganz vortrefflich, mein lieber Patrick.«

»Jetzt« – Patrick zog seinen Dolch und über reichte ihn seinem Freunde am Stiel – Jetzt schneide mir, während ich Etwas zum Anfeuchten hole, diesem Burschen da den Bauch auf und sag mir dann, ob meine Räthin nicht eine Frau von Geschmack ist.«

Robert gehorchte dem Befehl mit derselben Pünktlichkeit, womit ein schottischer Bogenschütze selbst den Befehlen seines Hauptmanns gehorcht haben würde, und als Patrick mit beiden Händen den runden Bauch einen vollen Weinkruges streichelnd, an den Tisch zurückkam, fand er die Kuppel des gastronomischen Gebäudes bereits abgehoben.

»Ah ! beim heiligen Dunstan!« sagte er, »ein Hase, der mitten unter sechs Rebhühnern im Lager sitzt! Welch ein schönes Land, wo das Haar und die Feder in so holder Eintracht beisammen leben! Nennt Herr Rabelais es nicht das Schlaraffenland Robert mein Freund, folge meinem Beispiel. Verliebe Dich in eine Juristenfrau, mein Junge, statt in ein Soldatenweib, und dann brauche ich nicht wie Pharao sieben fette Kühe im Traum zu sehen, um Dir den doppelten Ueberfluß der Güter des Himmels und der Erde zu prophezeien. Laß uns sie benützen mein lieber Stuart, sonst wären wir nicht würdig sie erhalten zu haben.«

Um seine Lehre praktisch zu beweisen, setzte sich, der Bogenschütze an den Tisch und nahm eine erste Portion, welche Demjenigen was er die Vorhut seines Appetits nannte alte Ehre machte, auf seinen Teller.

Robert aß gleichfalls. Mit zwanzig Jahren ißt man immer, welche Bekümmernisse auch den Geist befangen halten mögen.

Er aß also schweigsamen sogar sorgenvoller als sein Freund, aber er aß doch.

Uebrigens wurde Patrick durch die Idee demnächst seine Räthin zu sehen so heiter gestimmt, daß er für Beide plauderte.

Es schlug halb zwölf.

Patrick erhob sich hastig von der Tafel zermalmte ein letztes Stück von der goldenen Kruste der Pastete unter seinen Zähnen, die so weiß waren wie die des Wolfes in seinen Bergen, trank ein letztes Glas Wein und begann die Kleider seines Landsmannes anzulegen.

In diesem Aufzug hatte er das eigenthümlich steife Wesen, das die Kriegshelden unserer Tage gewöhnlich haben; wenn sie ihre Uniformen gegen städtische Kleider vertauschen.

Das Gesicht und, die Haltung eines Soldaten bargen in der That immer Etwas von seiner Uniform und verrathen ihn überall, wohin er gehen, unter welchem Costüm er auftreten mag.

Der Bogenschätze war nichtsdestoweniger in diesem Anzug ein schöner Kavalier mit blauen Augen, rothen Haaren und einer frischen glänzenden Haut.

Als er sich in einem Spiegelbruchstück betrachtete, schien er zu sich selbst zu sagen: »Wenn meine Räthin nicht zufrieden ist, so muß sie wahrhaftig sehr heikel sein.

Gleichwohl wandte er sich, sei es nun aus Mißtrauen gegen sich selbst oder weil er Roberts Beistimmung zu erhalten wünschte, gegen seinen Kameraden und fragte ihn:

»Wie findest Du mich, lieber Freund?«

»Ei, ganz vortrefflich von Gesicht und Haltung ;sich zweifle nicht, daß Du einen tiefen Eindruck auf Deine Räthin hervorbringst.«

 

Das war es just was Patrick wollte, und er sah sich nach Wunsche bedient.

Er lächelte, machte seinen Kragen zurecht und reichte Robert die Hand.

»Nun denn auf Wiedersehen, « sagte er, »ich eile sie zu beruhigen, denn die arme Frau muß in Todesangst sein, sie hat mich seit zwei Tagen nicht gesehen und Nichts von mir gehört.«

Er machte eine Bewegung gegen die Thüre, blieb aber stehen und fügte hinzu:

»Appropos, ich brauche Dir nicht zu sagen, daß meine Uniform Dich nicht verurtheilt hier zu bleiben Du bist nicht in meinen vierten Stock consignirt, wie ich es gestern in dem Louvre war. Du kannst frei und im hellen Sonnenschein, wenn solcher vorhanden ist, oder im Schatten, wenn sich keine Sonne zeigt, in der Stadt umher gehen, und wenn Du nur unter meinen Kleidern keinen schlimmen Handel bekommst – was ich Dir aus zwei Gründen empfehle : erstens weil man Dich verhaften, ins Chatelet führen und dort erkennen würde, zweitens weil ich, Dein unschuldiger Freund, wegen Verlassung meiner Uniform gestraft würde – wenn Du also, ich wiederhole Dies, unter meinen Kleidern nur keinen schlimmen Handel bekommst, so bist Du frei wie ein Spatz.«

»In dieser Beziehung hast Du Nichts zu fürchten, Patrick, « antwortete der Schotte, »ich bin von Natur nicht sehr händelsüchtig.«

»Hem, hem!« machte der Bogenschütze, indem erden Kopf schüttelte »Ich möchte mich nicht darauf verlassen, Du bist ein Stück von einem Schotten, und Du mußt, wie jeder Mensch, der jenseits der Tweed aufgewachsen ist, Stunden haben wo es nicht rathsam ist Dich scheel anzusehen. Im Uebrigen begreifst Du, daß ich Dir blos einen Rath gebe und weiter Nichts. Ich sage Dir suche keine Händel, aber wenn man mit Dir anbinden will, bei meinem heiligen Schutzpatron, so weiche nicht aus Zum Henker, es handelt sich darum die Ehre; der Uniform aufrecht zu erhalten, und wenn Du Deine Gegner nicht bei Zeit umbrächtest, so hast Du, merk Dies wohl, an Deiner Seite einen Claymore und einen Dirk, die von selbst aus der Scheide springen würden.«

»Sei ruhig, Patrick, Du wirst mich hier finden, wie Du mich verlassen hast.«

»Nein, nein, Du sollst Dich nicht langweilen, eiferte der starrköpfige Bergbewohner, »denn es ist ganz trostlos in meinem Zimmer da ; Abends zwar ist die Aussicht nicht unangenehm, weil man gar Nichts sieht, aber bei Tag sieht man Nichts als Dächer und Glockenthürme, wenn nämlich der Rauch und der Nebel es gestattet.«

»Dann ist es hier immer noch so gut wie in unserem viel geliebten Vaterland, wo es beständig regnet, « bemerkte Robert.

»Bah!« sagte Patrick, »und wenn es schneit.«

Und zufrieden, daß er sein Schottland in atmosphärischer Beziehung wieder zu Ehren gebracht, entschloß sich Patrick endlich zu gehen, blieb aber an der Treppe noch einmal stehen, öffnete die Thüre wieder und sagte:

»Alles das war blos Scherz: Lauf herum, wo Du willst, fang Händel an und schlage Dich nach Herzenslust ; wenn Du nur ohne Löcher in Deiner Haut und folglich auch in Deinem Wamms nach Hause kommst, so ist Alles recht, aber, lieber Freund, ich habe Dir eine einzige ernstliche Vorstellung ans Herz zu legen, und die mußt Du wohl bedenken.«

»Welche ?«

»Mein Freund, in Anbetracht der schwierigen Umstände, worin wir leben, und der Drohungen, die schändliche Ketzer sich gegen den König erlauben, bin ich genöthigt Schlag acht Uhr wieder im Louvre zu sein; man hat auf heute Abend den Appell um eine Stunde früher angesagt.«

»Du wirst mich bei Deiner Rückkehr hier wieder treffen.«

»Nun, so behüte Dich Gott!«

»Viel Vergnügen!«

»Das erwartet mich sicher, « sagte der Bogenschütze mit der Geberde eines verliebten Siegers.

Und dießmal ging er, leicht wie ein Eroberer, stolz wie der schönste Herr am Hof, eine Melodie aus seinem Heimathland trällernd, die bis zu Robert Bruce hinaufgehen mochte.

Der arme schottische Soldat war in dieser Stunde weit glücklicher als der Vetter des Frankenkönigs, als der Bruder des Königs von Navarra, als der junge und schöne Ludwig von Condé.

Wir werden übrigens sogleich erfahren, was der Prinz in diesem Augenblick that und sagte; aber wir sind genöthigt noch einige Augenblicke in Gesellschaft mit Meister Robert Stuart zu verweilen.

Dieser hatte, wie er seinem Freunde gesagt, zwei Gegenstände ernster Ueberlegung, die wichtig genug waren, daß er sich bis vier Uhr Nachmittags nicht langweilte; er hielt ihm also Wort und erwartete ihn.

Von vier bis fünf Uhr wartete er noch immer, aber mit größerer Ungeduld.

Dieß war die Stande, wo er sich an die Thüre des Parlaments zu stellen gedachte, um frische Nachrichten, nicht über die Verurtheilung des Rathes Dubourg, sondern über den Beschluß in Betreff seiner Hinrichtung zu erhalten.

Um halb sechs ertrug er es nicht mehr und ging ebenfalls aus hinterließ jedoch seinem Landsmann ein paar Zeilen, worin er ihm sagte, er könne ruhig sein, er werde ihm Schlag sieben Uhr seine Uniform ganz sicher zurückbringen.

Die Nacht begann hereinzubrechen; Robert ging in großer Hast bis vor das Thor des Palastes.

Eine ungeheure Volksmenge hatte sich auf dem Platz versammelt; die Sitzung des Parlaments dauerte noch.

Dieß erklärte ihm das Ausbleiben seines Freunde Patrick, aber er erfuhr auf diese Art nicht, was drinnen verhandelt wurde.«

Erst um sechs Uhr gingen die Räthe auseinander.

Was vom Ergebniß der Sitzung zu Roberts Ohren gelangte, war unheilvoll.

Die Hinrichtungsart war beschlossen worden der Rath sollte auf dem Scheiterhaufen sterben.

Nur wußte man nicht, ob die Hinrichtung am nächsten, am zweitnächsten oder erst am dritten Tag, das heißt am 22, am 23 oder am24 stattfinden sollte. Vielleicht gab es sogar noch mehrere Tage Aufschub, damit die arme Königin, Maria Stuart, die sich Tags zuvor verletzt hatte, anwohnen konnte.

Aber Dieß sollte nur dann geschehen, wenn die Wunde leicht genug war, um die Hinrichtung nicht länger als eine Woche zu verschieben.

Robert Stuart verließ den Platz des Palastes in der Absicht nach der Rue du Battoir-St. André zurückzukehren.

Aber er sah von Ferne einen schottischen Bogenschützen, der sich schon vor der Stunde des Appells nach dem Louvre verfügte.

Jetzt kam ihm eine Idee: er wollte unter dem Costüm seines Freundes in den Louvre eindringen und daselbst das heißt an zuverlässiger Quelle, Nachrichten über die junge Königin einziehen, deren Gesundheitsumstände einen so furchtbaren Einfluß auf das Leben des Verurtheilten haben sollten.

Er hatte beinahe zwei Stunden vor sich und begab sich nach dem Louvre.

Weder am ersten nach am zweiten Thor wurde ihm eine Schwierigkeit gemacht. Er befand sich also im Hofe.

Kaum war er da, so meldete man einen Abgesandten des Parlaments.

Dieser Abgesandte des Parlaments wünschte im Namen der erlauchten Versammlung, deren Botschafter er war, mit dem König zu sprechen. Man ließ Dandelot kommen.

Dandelot holte die Befehle des Königs ein.

ach zehn Minuten kam er zurück mit dem Auftrag in eigener Person den Rath einzuführen.

Robert Stuart begriff daß er mit einiger Geduld und Gewandtheit erfahren konnte, was er zu erfahren wünschte, wenn der Rath weggegangen war. Er wartete also.

Der Rath blieb beinahe eine Stunde bei dem König.

Robert hatte bereits so lange gewartet, daß er entschlossen war auch noch bis ans Ende zu warten.

Endlich kam der Rath heraus.

Dandelot der ihn begleitete, sah sehr traurig, ja sogar düster aus.

Er sagte ganz leise dem Capitän der schottischen Gendamerie einige Worte ins Ohr und entfernte sich.

Diese Worte bezogen sieh augenscheinlich auf die Botschaft des Rathes.

»Meine Herrn, « sagte der Capitän der schottischen Garde zu seinen Leuten, »ich melde Euch hiermit daß übermorgen ein außerordentlicher Dienst stattfindet, wegen der Hinrichtung des Rathes Anne Dubourg auf dem Greveplatz.«

Robert Staat wußte was er wissen wolltet; er that also schnell einige Schritte gegen das Thor, aber ohne Zweifel besann er sich anders, denn er blieb plötzlich stehen, und nach einigen Minuten tiefen Nachdenkens kam er zurück und verlor sich inmitten seiner Kameraden, was beiden Anzahl der Mannschaft und der Dunkelheit der Nacht sehr leicht war.

II.
Was sich unter einem Bett zutragen kann

Der Prinz Condé hatte als er in den Saal der Verwandlungen trat Dandelot für den folgenden Mittag um zwölf Uhr ein Rendezvous bei seinem Bruder, dem Admiral gegeben. Es drängte ihn dermaßen Coligny und besonders dein jüngeren und weniger ernsten Dandelot die Ereignisse der Nacht zu erzählen, daß er sich schon vor der festgesetzten Stunde in der Rue Bethisy einfand.

Dandelots seinerseits war schon vor dem Prinzen gekommen. Er befand sich seit einer Stunde bei Coligny und die verliebte Laune des Fräuleins von St André war zwischen diesen beiden ernsten Geistern ernster verhandelt worden, als zwischen dem Prinzen und Dandelot.

Die Verbindung des Marschalls von St André mit den Guises war keine bloße Familienverbindung, sondern ein religös-politischer Bund gegen die calvinistische Partei und die Art, wie man mit dem Rath Anne Dubourg verfuhr, bewies, das man ganz und gar nicht geneigt war mit Sectirern viele Umstände zu machen.

Die beiden Brüder hatten sich über das Billet des Fräuleins von St. André die Köpfe zerbrochen; vergebens hatten sie alle ihre Erinnerungen zu Rathe gezogen, keiner von Beiden hatte die Schriftzüge erkannt, und man hatte bei der Frau Admiralin, die in ihrem Zimmer eingeschlossen ihre Andachtsübungen hielt angefragt, ob sie von ihren Erinnerungen nicht besser bedient werde, als ihr Gatte und ihr Schwager.

Bei jeder andern Veranlassung würden Dandelot und besonders Coligny sich dagegen ausgesprochen haben, daß ihr Vetter, der Prinz von Condé, sich auf diese abenteuerlichen Tollheiten einlasse, allein selbst die ehrlichsten Herzen schließen Gewissenscapitulationen ab und glauben in den äußersten Umständen Etwas nachgeben zu müssen.

Nun war es von großer Wichtigkeit für die calvinistische Partei, daß Herr von Joinville Fräulein von St André nicht heirathete, und wenn anders das Rendezvous des Fräuleins nicht dem Prinzen von Joinville galt, was sich nicht wohl annehmen ließ, so war es mehr als wahrscheinlich, daß Herr von Condé, wenn er überhaupt Etwas sah, einen solchen Lärm aufschlug, daß die Sache der Familie Guise zu Ohren kam und irgend ein Bruch erfolgte.

Noch mehr ; aus dieser Indiscretion des Prinzen wußte höchst wahrscheinlich eine Widerwärtigkeit für ihn selbst entstehen; und dann konnte der Prinz, der zwischen der katholischen und der calvinistischen Religion schwankte, vielleicht Protestant werden, zumal da Coligny und Dandelot ihn nach dieser Seite hinzogen.

Oft ist ein Mann für eine Partei mehr werth als ein Sieg.

Nun aber war dieser schone, junge und tapfere Prinz nicht blos ein Mann, sondern auch ein siegreicher Kriegsheld.

Man erwartete ihn also im Hotel Coligny mit Einer Ungeduld, woran er selbst keinen Begriff hatte.

Er kam, wie wir gesagt haben, vor der bezeichneten Stunde, und als die beiden Brüder ihn zu einer Generalbeichte aufforderten, begann er eine Erzählung, worin er, sagen wirs zur Ehre seiner Wahrhaftigkeit, Nichts von Allem verschwieg was ihm widerfahren war.

Er erzählte Alles was er gesehen und gehört, er überging nicht einen einzigen Umstand und gestand sogar die Lage ein, in die er sich versetzt hatte.

Als Mann von Geist machte der Prinz gleich Anfangs einige Witze über sieh selbst, um den Andern zuvorzukommen, und damit diese, nachdem die Sache einmal geschehen war, sich nicht über ihn lustig machen konnten.

»Und jetzt, « fragte der Admiral nachdem der Prinz seine Erzählung beendet hatte, »was gedenket ihr jetzt zu thun?«

»Bei Gott, « sagte Condé, »etwas höchst Einfaches, und wobei ich mehr als je auf Euern Beistand rechne, mein lieber Dandelot; ich will meine Expedition erneuern..«

Die beiden Brüder schauten sich an.

Sie waren ganz mit dem Prinzen einverstanden; gleichwohl glaubte Coligny, seine Ehre gebiete ihm einige Einwendungen zu machen.

Aber beim ersten Wort, das er wagte um dem Prinzen abzurathen, legte dieser die Hand auf seinen Arm und sagte zu ihm:

»Mein lieber Admiral, wenn Ihr in diesem Punkt nicht mit mir einverstanden seid, so laßt uns von etwas Anderem reden, denn mein Entschluß ist gefaßt, und es würde mich gar zu hart ankommen mit demjenigen Mann, den ich am meisten in der Welt liebe und verehre, d h. mit Euch zu rechten.«

Der Admiral verneigte sich als ein Mann, der sich in einen Entschluß, dessen Bekämpfung er nicht in seine Macht gestellt sieht, ergibt, war aber im Grunde seines Herzens hoch erfreut über die Beharrlichkeit seines Vetters.

 

Es wurde also ausgemacht, daß Dandelot am heutigen Abend, wie am gestrigen, im dem Prinzen Gelegenheit verschaffen solle in den Saal der Verwandlungen zu gelangen.

»Man bestellte sich auf ein Viertel vor Zwölf in denselben Gang wie am Abend zuvor.

Das Losungswort wurde dem Prinzen anvertraut, damit er ohne Schwierigkeiten herein konnte. Dann forderte er sein Billet zurück.

Nun gestand der Admiral dem Prinzen, daß er, da weder er selbst noch sein Bruder die Schrift zu erkennen vermocht, das Bittet der Frau Admiralin geschickt habe, die man aber um diese Stunde nicht stören dürfe, da sie ihr Andachtsübungen halte.

Dandelot verpflichtete sich es noch am Abend im Cirkel der Königin Catharina seiner Schwägerin einzufordern und der Admiral seinerseits versprach seine Frau daran zu erinnern, daß sie das Billet in den Louvre mitnehmen müsse.

Nachdem diese verschiedenen Punkte abgemacht waren verabschiedeten sich Dandelot und der Prinz von dem Admiral, Dandelot um auf seinen Posten der Prinz um in seine Wohnung zurückzukehren.

Der Rest des Tages verging für den Letzterer eben so langsam und fieberisch wie der vorhergehende Tag.

Endlich verflossen die Stunden eine um die andere, und es wurde halb Zwölf.

Aus dem was unserem Robert Stuart drei Stunden vor dem Eintritt des Prinzen in den Palast widerfahren, weiß man bereits, von welchen Gedanken der Hof in Anspruch genommen wurde.

Man sprach im Louvre von Nichts als von der Hinrichtung des Rathes Dubourg, welche der König selbst aus den nächstfolgenden Tag festgesetzt hatte.

Der Prinz fand Dandelot tief betrübt; da jedoch diese Hinrichtung von unwiderlegliche Weise die Summe des Credits darstellte, welchen Herr von Guise, der erklärte Verfolger des Rathes Dubourg bei dem Könige genoß, so wünschte Dandelot nur um so sehnlicher das Gelingen der Mystifikation womit Herr von Joinville bedroht war, damit seine Feinde inmitten ihres blutigen Triumphes wenigstens lächerlich gemacht würden.

Wie am Abend zuvor, war der Gang in Dunkelheit gehüllt; wie am Abend zuvor, war der Saal der Verwandlungen nur von der silbernen Lampe beleuchtet; wie am Abend zuvor, war der Toilettentisch vorbereitet; wie am Abend zuvor, warteten die armen Leuchter nur auf Befehl, um von Neuem die zauberischen Schönheiten von gestern zu bestrahlen.

Nur stand dießmal das Geländer des Alkovens offen.

Dieß war eine weitere Anzeige, welche bekräftigte daß das Rendezvous nicht abbestellt worden war.

Da nun der Prinz Schritte im Gang zu vernehmen glaubte, so schlüpfte er rasch unter das Bett, ohne daß er sich die Mühe nahm dieselben Betrachtungen wie gestern anzustellen ; ein Beweis, daß man sich an Alles gewöhnt, sogar an das Versteckspielen unter den Decken.

Der Prinz hatte sich nicht getäuscht, es waren allerdings Tritte, die er im Gang gehört hatte, und diese Tritte suchten allerdings den Saal der Verwandlungen, denn sie hielten vor dem Eingang inne und der Prinz hörte das leichte Knarren einer Thüre, die sich in ihren Angeln dreht.

»Gut, « sagte er, »unsere Verliebten haben heute mehr Eile als gestern. Das ist ganz einfach, sie haben sich seit vierundzwanzig Stunden nicht gesehen.«

Die Tritte näherten sich leise, wie wenn Jemand verstohlener Maßen eintritt.

Der Prinz reckte seinen Kopf vor und sah die nackten Beine eines Bogenschützen der schottischen Garde.

»Oh, oh! machte der Prinz, »was soll das heißen?«

Und er reckte den Kopf noch etwas mehr vor, so daß er nach den Beinen auch den Leib sah.

Er hatte sich nicht getäuscht, es war wirklich ein Bogenschütze der schottischen Garde, der hereingekommen war.

Nur schien der neue Ankömmling im Zimmer eben so fremd zu sein wie er selbst es gestern gewesen; auch er hob die Vorhänge und die Teppiche der Tische in die Höhe, aber da ihm Nichts von alle dem eine sichere Zufluchtestätte zu verbeißen schien, so näherte er sich dem Bett, und da er wie der Prinz das Versteck für gut hielt, so schlüpfte er hinab, aber aus der entgegengesetzten Seite von derjenigen, wo Herr von Condé selbst so eben hinabgeschlüpft war.

Ehe jedoch der Schotte Zeit hatte sich unter dem Bett bequem zu machen, verspürte er die Spitze eines Dolche an seinem Herzen, während eine Stimme ihm ins Ohr sagte:

»Ich weiß nicht, wer Ihr seid, noch welche Absicht Euch hierher fährt, aber kein Wort, keine Bewegung, sonst seid Ihr ein Mann des Todes.«

»Ich weiß nicht, wer Ihr seid, noch welche Absicht Euch hierher führt, antwortete der neue Ankömmling im gleichen Ton, »aber ich nehme von Niemand Bedingungen an: stoßet also immerhin zu, wenn es Euch gut dünkt; Euer Dolch ist am rechten Platz, ich fürchte den Tod nicht.«

»Ah, ah!« sagte der Prinz, »Ihr scheint mir ein tapferer Mann zu sein, und die Tapfern sind mir immer willkommen. Ich bin der Prinz Ludwig von Condé, mein Herr, und stecke meinen Dolch wieder in die Scheide. Ich hoffe daß Ihr jetzt dasselbe Vertrauen gegen mich zeigen und mir sagen werdet wer Ihr seid.«

»Ich bin Schotte gnädigster Herr, und heiße Robert Stuart.«

»Dieser Name ist mir unbekannt, mein Herr.

Der Schotte schwieg.

»Würde es Euch gefallen, « fuhr der Prinz fort, »mir zu sagen, in welcher Absicht Ihr in dieses Zimmer kommt und warum Ihr Euch unter dieses Bett versteckt habt?«

»Ihr seid mir mit dem Beispiel des Vertrauens vorangegangen, gnädigster Herr ; es wäre Euer würdig fortzufahren und mir zu sagen, in welcher, Absicht Ihr selbst hier seid.«

»Wahrhaftig, das ist leicht, « sagte der Prinz indem er sich bequemer legte, »ich bin in Fräulein von St. André verliebt.«

»In die Tochter des Marschalls?« fragte der Schotte.

»Just in diese, mein Herr. Da ich nun auf indirectem Weg in Erfahrung gebracht, daß sie heute Abend ihrem Geliebten hier ein Stelldichein gegeben, so habe ich die strafbare Neugierde gehabt, den glücklichen Sterblichen erfahren zu wollen, welcher die Gunst des ehrsamen Fräuleins genießt, und habe mich unter dieses Bett gesteckt, wo ich mich, ehrlich gestanden, nicht ganz behaglich fühle. Sprecht jetzt Ihr, mein Herr.«

»Gnädigster Herr, man soll nicht sagen, daß ein Unbekannter einem Prinzen weniger Vertrauen schenke als dieser Prinz einem Unbekannten geschenkt ha:t Ich bin es, der vorgestern und gestern an den König geschrieben hat.«

»Ah, zum Henker! und der die Fensterscheiben des Marschalls von St André als Briefpost benützte?«

»Ich bin derselbe.«

»Entschuldigt, « sagte der Prinz, »aber dann. . .«

»Was, gnädigster Herr ?«

»Wenn ich mich recht erinnere, so habt Ihr in diesem Brief, wenigstens im ersten, den König bedroht?«

»Ja, gnädigster Herr, für den Fall, daß er dem Rath Dubourg seine Freiheit nicht wieder schenke.«

»Und um Eurer Drohung mehr Gewicht zugeben, sagtet Ihr, das Ihr es gewesen seid, der den Präsidenten Minard getödtet habe?« fragte der Prinz, dem es bei dieser unmittelbaren Nachbarschaft mit einem Manne, der einen solchen Brief geschrieben hatte, nicht ganz wohl zu Muthe war.

»Allerdings, gnädigster Herr, bin ich es der den Präsidenten Minard getödtet hat, « antwortete der Schotte ohne daß man seiner Stimme das mindeste Beben anmerkte.

»Würdet Ihrs vielleicht gar wagen dem König Gewalt anzuthun?«

»Ich bin in dieser Absicht hierher gekommen.«

»In dieser Absicht!« rief der Prinz, welcher vergaß, wo er sich befand und wie gefährlich es für ihn war gehört zu werden.

»Ja, gnädigster Herr, aber ich möchte Euer Hoheit zu bemerken geben, daß sie etwas laut spricht, und daß unsere gegenseitige Stellung uns die Verpflichtung auferlegt leise zu sprechen.«

»Ihr habt Recht, « sagte der Prinz.«

»Ja bei Gott, mein Herr, laßt uns leise sprechen denn wir reden von Dingen die in einem Palast wie der Louvre übel klingen.«

Und er fuhr wirklich mit gedämpfter Stimme fort:

»Zum Henker, es ist ein großes Glück für Seine Majestät, daß ich, mich am bestimmten Platz eingefunden habe, obschon ich in einer ganz andern Absicht gekommen bin.«

»Ihr gedenket Euch also meinem Plane zu widersetzen?«