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Der Graf von Bragelonne

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XXXVI.
Der Tod von Herrn d’Artagnan

Im Widerspruch mit dem, was immer geschieht, sei es in der Politik, sei es in der Moral, hielt Jeder seine Versprechungen, erfüllte Jeder seine Verbindlichkeiten.

Der König rief Herrn von Guiche zurück und jagte den Chevalier von Lorraine weg, so daß Monsieur darüber krank wurde.

Madame reiste nach London ab, wo durch ihre Bemühungen Karl II., ihr Bruder, einen solchen Geschmack an den Rathschlägen von Fräulein von Kéroualle fand, daß das Bündniß zwischen Frankreich und England unterzeichnet wurde, und daß die englischen Schiffe, mit einigen Millionen französischen Goldes befrachtet, einen furchtbaren Krieg gegen die Vereinigten Provinzen eröffneten.

Karl II. hatte Fräulein von Kéroualle ein wenig Dankbarkeit für ihre guten Rathschläge versprochen: er machte sie zur Herzogin von Portsmouth.

Colbert hatte dem König Schiffe, Munitionen, Siege versprochen. Colbert hielt bekanntlich Wort.

Aramis endlich, von Allen derjenige, aus dessen Versprechen man am wenigsten zählen konnte, schrieb an Colbert folgenden Brief in Betreff der Unterhandlungen, die er in Madrid übernommen hatte: »Herr Colbert,

»Ich habe die Ehre, Euch den Ehrwürdigen Vater d’Oliva, den Interimsgeneral der Gesellschaft Jesu, meinen provisorischen Nachfolger, zuzusenden.

»Der Ehrw. Vater wird Euch erklären, Herr Colbert, daß ich die Leitung aller Angelegenheiten des Ordens behalte, welche Frankreich und Spanien betreffen, daß ich aber nicht den Titel eines Generals beibehalten will, da er zu viel Licht auf den Gang der Unterhandlungen werfen würde, mit denen Seine Katholische Majestät mich zu beauftragen die Gnade hat. Ich werde diesen Titel aus Befehl Seiner Majestät wieder führen, wenn die Arbeiten, die ich im Einklang mit Euch unternommen habe, zur Verherrlichung Gottes und seiner Kirche zu einem guten Ziele gelangt sind.

»Der E. V. d’Oliva wird Euch von der Einwilligung unterrichten, die S. K. M. zur Unterzeichnung eines Vertrages gibt, der die Neutralität Spaniens im Falle eines Krieges zwischen Frankreich und den Vereinigten Provinzen sichert.

»Diese Einwilligung wäre gültig, selbst wenn England, statt sich thätig zu benehmen, sich nur daraus beschränkte, daß es neutral bliebe.

»Was Portugal betrifft, von dem wir mit einander gesprochen haben, so kann ich Euch versichern, daß es mit allen seinen Mitteln dazu beitragen wird, den Allerchristlichsten König in seinem Krieg zu unterstützen.

»Ich bitte Euch, Herr Colbert, mir Eure Freundschaft bewahren zu wollen, so wie auch an meine tiefe Zuneigung zu glauben und meinen Respect Seiner Allerchristlichsten Majestät zu Füßen zu legen.

»Unterz.: Der Herzog von Alameda.«

Aramis hatte also mehr gehalten, als er versprochen; man hatte nur noch zu erfahren, wie der König, Herr Colbert und Herr d’Artagnan einander getreu wären.

Im Frühling, wie es Herr Colbert vorhergesagt, zog die Landarmee ins Feld.

Sie marschirte in herrlicher Ordnung dem Hofe von Ludwig XIV. voran; dieser brach zu Pferde auf und führte, umgeben von Wagen voll von Damen und Höflingen, zu diesem blutigen Feste die Elite seines Königreichs.

Die Officiere des Heeres hatten allerdings keine andere Musik, als das Geschütz der holländischen Forts; doch dies war genug für eine große Anzahl, welche in diesem Kriege Ehrenstellen, Anvancement, das Glück oder den Tod fand.

Herr d’Artagnan ging ab, ein Corps von zwölf tausend Mann Reiterei und Fußvolk commandirend, mit denen er die verschiedenen Plätze nehmen sollte, welche die Knoten des strategischen Netzes bilden, das man Friesland nennt.

Nie wurde ein Heer glänzender zu einer Expedition geführt, die Officiere wußten, daß der Gebieter, eben so klug, eben so schlau, als er muthig war, nicht einen Menschen, nicht einen Zoll breit Erde ohne Noth opfern würde.

Er hatte die alten Kriegsgewohnheiten: vom Lande leben, den Soldaten singend, den Feind weinend halten.

Der Kapitän der Musketiere setzte seine Eitelkeit darein, zu zeigen, daß er sein Handwerk verstehe. Man sah nie die Gelegenheiten besser gewählt, die Handstreiche besser unterstützt, die Fehler des Belagerten besser benützt. Die Armee von d’Artagnan nahm zwölf kleine Plätze in einem Monat.

Er war beim dreizehnten, und dieser hielt sich seit fünf Tagen. D’Artagnan ließ den Laufgraben eröffnen, ohne daß er zu vermuthen schien, diese Leute müßten sich je ergeben.

Die Pionniere und die Arbeiter waren im Heere dieses Mannes ein Corps voll Wetteifer und Ideen, weil er sie als Soldaten behandelte, weil er ihr Geschäft glorreich zu machen wußte, und sie nur tödten ließ, wenn er es nicht anders thun konnte.

Man mußte auch sehen, mit welchem gewaltigen Eifer die Arbeiten in dem sumpfigen Erdboden Hollands von Statten gingen. Die Torfmoore und die Lettenklumpen schmolzen, wie die Soldaten sagten, gleich der Butter in den großen Oefen der friesischen Hausfrauen.

Herr d’Artagnan schickte einen Courier an den König ab, um ihm seine letzten Siege melden zu lassen, was seine treffliche Laune und seine Geneigtheit, den Damen gehörig zu huldigen, verdoppelte.

Diese Siege von Herrn d’Artagnan gaben dem Fürsten so viel Majestät, daß ihn Frau von Montespan nur noch Ludwig den Unbesiegbaren nannte.

Fräulein de la Vallière, welche den König nur Ludwig den Siegreichen nannte, verlor auch viel in der Gunst Seiner Majestät. Uebrigens hatte sie oft rothe Augen, und für einen Unbesiegbaren ist nichts so widerwärtig, als eine Geliebte, welche weint, während Alles um ihn her lächelt. Das Gestirn von Fräulein de la Vallière neigte sich am Horizont in den Wolken und in den Thränen.

Doch die Heiterkeit von Frau von Montespan verdoppelte sich mit dem Glück des Königs und tröstete ihn über jede andere Ungunst.

Seine Majestät wollte diese Verdienste anerkennen; er schrieb an Herrn Colbert:

»Herr Colbert, wir haben ein Versprechen gegen Herrn d’Artagnan zu erfüllen, der die seinigen hält. Ich thue Euch zu wissen, daß es Zeit ist, sich der Zusage zu entledigen. Die Bestallungsbriefe sollen Euch zugeschickt werden.

»Ludwig.«

Herr Colbert, der den Abgesandten von d’Artagnan bei sich behalten hatte, gab diesem Officier dem zu Folge einen Brief von sich für d’Artagnan und ein mit Gold incrustirtes Kästchen von Ebenholz, das scheinbar nur einen geringen Umfang hatte, aber ohne Zweifel sehr schwer war, da man dem Boten eine Wache von fünf Mann beigesellte, um es ihm tragen zu Helfen.

Diese Leute kamen gegen Tagesanbruch vor den Platz, welchen d’Artagnan belagerte, und erschienen in der Wohnung des Generals.

Man antwortete ihnen, ärgerlich über einen Ausfall, den am Tage vorher der Gouverneur, ein hinterhältischer Mensch, gemacht, wobei man die Werke aufgefüllt, sieben und siebenzig Mann getödtet und eine Bresche wiederherzustellen angefangen, sei Herr d’Artagnan mit zehn Compagnien Grenadiere ausgezogen, um die Arbeiten wieder aufnehmen zu lassen.

Der Abgesandte von Herrn Colbert hatte Befehl, Herrn d’Artagnan überall, wo er wäre und zu welcher Stunde des Tags oder der Nacht es sein möchte, aufzusuchen. Er begab sich also nach den Laufgräben, gefolgt von seiner Escorte, Alle zu Pferde.

Man sah aus der kahlen Ebene Herrn d’Artagnan mit seinem goldbetreßten Hut, seinem langen Rock und seinen goldenen Ausschlägen. Er kaute an seinem weißen Schnurrbart und war nur damit beschäftigt, daß er mit seiner linken Hand den Staub abschüttelte, welchen auf ihn die den Boden aufreißenden Stückkugeln warfen.

In diesem furchtbaren Feuer, das die Lust mit Pfeifen erfüllte, sah man die Officiere die Schaufel handhaben, Soldaten Schiebkarren führen und die großen Faschinen, welche sich getragen oder geschleppt von zehn bis zwanzig Mann erhoben, die Vorderseite der bis ins Herz durch die wüthende Anstrengung des seine Soldaten anfeuernden Generals wiedereröffneten Tranchén bedecken.

In drei Stunden war Alles wiederhergestellt. D’Artagnan fing an sanfter zu sprechen. Er war ganz beruhigt, sobald ihm der Kapitän der Pionniere meldete, der Laufgraben sei wieder wohnbar.

Dieser Mann hatte kaum zu sprechen aufgehört, als ihm eine Kanonenkugel ein Bein wegriß und er in die Arme von d’Artagnan sank.

Dieser hob seinen Soldaten auf und trug ihn ruhig, mit allen Arten von Schmeicheleien, unter dem begeisterten Beifallsgeschrei der Regimenter, in den Laufgraben hinab.

Von da an war es kein Eifer mehr, sondern ein Wahnwitz. Zwei Compagnien liefen bis zu den Vorposten, die sie in einer Secunde umgestürzt hatten. Als ihre Kameraden, welche d’Artagnan nur mit großer Mühe zurückhielt, jene aus den Basteien aufgepflanzt sahen, brachen sie auch vor, und bald begann ein wüthender Sturm bei der Contrescarpe, von der das Heil des Platzes abhing.

D’Artagnan sah, daß es nur ein Mittel gab, seine Armee aufzuhalten, das, sie im Platze einzuquartieren; er trieb alle Welt gegen die zwei Breschen, welche die Belagerten auszubessern trachteten; der Anstoß war furchtbar. Achtzehn-Compagnien nahmen daran Theil, und d’Artagnan begab sich mit dem Reste aus einen halben Kanonenschuß vom Platz, um den Sturm durch eine staffelförmige Ausstellung zu unterstützen.

Man hörte deutlich die Schreie der Holländer, welche auf ihren Stücken von den Grenadieren von d’Artagnan niedergestochen wurden; der Kampf nahm zu mit der Verzweiflung des Gouverneur, der seine Stellung Fuß für Fuß vertheidigte.

Um ein Ende zu machen und das Feuer zum Schweigen zu bringen, das nicht nachließ, sandte d’Artagnan eine neue Colonne ab; wie ein Bohrer durchlöcherte diese die noch soliden Posten, und man erblickte bald aus den Wällen, im Feuer, in erschrockenem Lauf die von den Belagerern verfolgten Belagerten.

 

In diesem Augenblick hörte der General, athmend und voll Jubel, an seiner Seite eine Stimme sagen:

»Mein Herr, wenn es Euch gefällig wäre, von Herrn Colbert.«

Er erbrach das Siegel eines Briefes, welcher folgende Worte enthielt:

»Herr d’Artagnan, der König beauftragt mich, Euch kundzuthun, daß er Euch zum Marschall von Frankreich ernannt hat, zur Belohnung Eurer guten Dienste und der Ehre, die Ihr den Waffen Seiner Majestät macht.

»Der König ist entzückt über Eure Eroberungen; er befiehlt Euch besonders, die Belagerung, die Ihr begonnen habt, mit Glück für Euch und mit günstigem Erfolg für ihn zum Ende zu führen.«

D’Artagnan stand aufrecht, das Gesicht erhitzt, den Blick funkelnd. Er schlug die Augen auf, um die Fortschritte seiner Truppen aus den ganz in rothe und schwarze Wolken gehüllten Mauern zu sehen.

»Ich habe beendigt,« erwiederte er dem Boten, »die Stadt wird in einer Viertelstunde übergeben sein.«

Dann las er weiter:

»Das Kistchen, Herr d’Artagnan, ist mein Geschenk. Ihr werdet nicht ärgerlich sein, wenn Ihr seht, daß, während Ihr Krieger das Schwert zieht, um den König zu vertheidigen, ich die Künste des Friedens belebe, um Euch mit Belohnungen zu schmücken, die Eurer würdig.

»Ich empfehle mich Eurer Freundschaft, Herr Marschall, und bitte Euch, an meine volle Ergebenheit zu glauben,

»Colbert.«

Trunken vor Freude, machte d’Artagnan dem Boten ein Zeichen, und dieser näherte sich mit dem Kästchen in der Hand. Doch in dem Augenblick, wo es der Marschall genauer anschauen wollte, erscholl eine mächtige Explosion auf den Wällen und zog seine Aufmerksamkeit nach dieser Seite der Stadt.

»Es ist sonderbar,« sagte d’Artagnan, »ich sehe die Fahne des Königs noch nicht aus den Mauern, und man hört noch nicht Chamade schlagen.«

Er schickte frische drei hundert Mann unter der Führung eines Officiers voll Eifer ab und befahl, eine andere Bresche zu schießen.

Dann wandte er sich ruhiger gegen das Kästchen um, das ihm der Abgesandte von Colbert darreichte. Das war sein Gut; er hatte es gewonnen.

D’Artagnan streckte den Arm aus, um das Kästchen zu öffnen, als eine Kanonenkugel, welche von der Stadt kam, die Lade zwischen den Händen des Officiers zermalmte, d’Artagnan auf die volle Brust traf und ihn auf eine Böschung niederwarf, während der mit Lilien geschmückte Stab aus den zertrümmerten Seiten des Kästchens fiel und unter die ohnmächtige Hand des Marschalls rollte.

D’Artagnan versuchte es, sich zu erheben. Man hatte geglaubt, er sei ohne Wunde niedergeworfen worden. Ein furchtbarer Schrei brach aus der Gruppe seiner erschrockenen Officiere hervor. Der Marschall war mit Blut bedeckt; die Blässe des Todes stieg langsam zu seinem edlen Antlitz empor.

Auf die Arme gestützt, die sich von allen Seiten ausstreckten, um ihn auszunehmen, konnte er noch einmal seine Blicke nach dem Platze wenden und die weiße Fahne aus dem Kamm der Hauptbastei unterscheiden; schon taub für die Geräusche des Lebens, vernahm er schwach das Rasseln der Trommeln, die den Sieg verkündigten.

Nun faßte er krampfhaft mit seiner Hand den Stab, auf dessen Sammet goldene Lilien gestickt waren, senkte auf ihn seine Augen, welche nicht mehr die Kraft hatten, zum Himmel emporzuschauen, und fiel nieder, die seltsamen Worte murmelnd, Worte, die den erstaunten Soldaten kabbalistische zu sein schienen, Worte, welche einst so viele Dinge aus Erden vorstellten, und die Niemand, den Sterbenden ausgenommen, mehr verstand:

»Athos, Porthos, auf Widersehen Aramis,

auf immer Lebewohl!«

Von den vier tapferen Männern, deren Geschichte wir erzählt, war nur noch ein einziger Leib übrig. Gott hatte die Seelen zu sich genommen.

Ende der dritten und letzten Abtheilung
der
drei Musketiere