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Der Graf von Moret

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»Wo es Revolutionen gibt, Monseigneur; vielleicht nach England, wahrscheinlich nach Frankreich.«

»Und wenn Ihr nach Frankreich kämt, würdet Ihr mir dann etwas verdanken wollen?«

»Ich würde mich glücklich und stolz fühlen. Euch Alles zu verdanken, Monseigneur.«

»Herr Mazarin, ich hoffe, wir werden uns wiedersehen.«

»Das ist mein sehnlichster Wunsch.«

Und der geschmeidige Neapolitaner verbeugte sich bis zur Erde, während er sich, rückwärts schreitend, aus dem Zimmer entfernte.

»Ich habe sagen hören,« murmelte Richelieu vor sich hin, »dass die Ratten ein Schiff verlassen, welches scheitern wird; aber ich wusste noch nicht, dass sie es tun, um das zu erklettern, welches dem Sturme die Spitze bieten wird.«

Dann fügte er leise hinzu:

»Dieser junge Kapitän wird es weit bringen, besonders wenn er die Uniform mit dem Priesterrock vertauscht.«

Darauf erhob sich der Kardinal und ging nach dem Vorgemache, welches er in Gedanken versunken durchschritt, so dass er einen aus Frankreich angekommenen Courier nicht bemerkte.

Latil machte ihn auf denselben aufmerksam. . Der Kardinal gab dem Courier ein Zeichen, näher zu treten.

Dieser übergab ihm einen Brief aus Frankreich.

»O! O!« sagte der Kardinal, welcher bemerkte, dass der Bote ganz mit Staub bedeckt war, »wie es scheint, hat der Brief, den Ihr mir bringt, Eile.«

»Er ist sehr wichtig, Monseigneur.«

Richelieu nahm den Brief und öffnete ihn; er enthielt nur wenige Worte, diese waren indes, wie man sehen wird, von einer gewissen Wichtigkeit.

»Fontainebleau, 17. März 1630.

»Der König reiste nach Lyon ab, kam aber nur bis Troyes.

»Kehrt nach Fontainebleau zurück! – Verliebt! – Seht Euch vor!

»N. S. Fünfundzwanzig Pistolen dem Überbringer. wenn er vor dem 25. d. M. anlangt.«

Der Kardinal überlas zwei- oder dreimal den Brief, der mit zwei Anfangsbuchstaben unterzeichnet war, welche ihm sagten, dass er von Saint-Simon sei. Dieser hatte nicht die Gewohnheit, ihm falsche Mitteilungen zu machen; diese jedoch erschienen ihm so unwahrscheinlich, dass er daran zweifelte.,

»Gleichviel!« sagte er. »Hole mir den Grafen Moret!« gebot er dann Latil. »Er ist im Zuge.«

»Monseigneur wissen,« sagte Latil lachend, »dass der Graf von Moret seine schöne Geißel nach Briancon bringt.«

»Suche ihn auf, wo er ist und um ihn zu bewegen, ohne Zögern zurückzukehren, sage ihm, er sei es, dem ich den Auftrag erteilen wollte, die Nachricht von der Einnahme Pignerols nach Paris zu überbringen.«

Latil verbeugte sich und ging.

XXIV.
Aurora

Wie wir es in einem unserer vorhergehenden Capitel sagten, war Ludwig XIII. in eine Melancholie versunken, welche durch nichts verbannt werden konnte. Ihn marterte das Drängen seiner Mutter; er zitterte bei dem Gedanken, seinen Bruder durch die demselben zuletzt gewährten Gunstbezeigungen zu mächtig gemacht zu haben; er wusste, dass die Königin Anna, trotz seines ausdrücklichen Verbotes, fortfuhr, den spanischen Gesandten zu sehen; der Kardinal, d. h. seine politische Seele, fehlte ihm und das Alles versetzte ihn in die trübste Laune.

Was ihn bei diesem unablässigen Kampfe ganz besonders entnervte, war der Umstand, dass er mit jener instinktmäßigen geistigen Klarheit, die Gott ihm in gewissen Augenblicken verlieh, einsah, dass Richelieu für den Ruhm Frankreichs notwendiger sei, wie er selbst und dass gleichwohl die ganze Welt, die ihn umgab, nur seinen Narren L'Angely und Saint-Simon, den er zu seinem Oberstallmeister ernannt hatte, ausgenommen, sich entweder offen gegen den Mann erklärte, den er für notwendig hielt, oder feindlich gegen denselben intrigierte.

Es gibt immer und zu allen Zeiten eine Welt, welche sich die Welt der rechtschaffenen Leute nennt, die sich gegen neue oder edle Ideen erhebt und welche die Vergangenheit, das heißt das Gebräuchliche, gegen die Zukunft verteidigt, das heißt gegen den Fortschritt. Diese Welt ist des Status quo, welche die Regungslosigkeit gegen die Bewegung verteidigt, den Tod gegen das Leben, und die in Richelieu einen jener Revolutionäre erblickte, welche das Land freilich läutern, es dabei aber aufregen. Richelieu war nun offenbar nicht nur der Feind dieser rechtschaffenen Leute, sondern auch der der, katholischen Welt. Ohne ihn hätte Europa eines tiefen Friedens genossen; Piemont, Spanien, Österreich und Rom, die an demselben Tische saßen, hätten ruhig, ein Blatt nach dem anderen, die Artischocke verzehrt, welche man Italien nennt. Österreich hätte Mantua und Venedig genommen; Piemont Monferrat und Genua; Spanien das Mailändische, Neapel und Sizilien; Rom Urbino, Toscana und die kleinen Herzogtümer; und das sorglose und ruhige Frankreich hätte von der Höhe der Alpen diesem Löwenmahle zugesehen, zu dem es nicht eingeladen war. Wer widersetzte sich also dem Frieden? Richelieu, Richelieu allein. Das war es, worauf der Papst hindeutete; das war es, was Philipp IV. und der Kaiser laut verkündeten; das war es endlich, was im Chore die Königin Maria von Medicis, die Königin Anna von Österreich und die Königin Elisabeth von England sangen.

Nach diesen großen Stimmen, welche Anathema über den Minister riefen, kamen die geringeren Stimmen, die des Herzogs von Guise, der gehofft hatte, mit bei diesem Kriege zu sein, der aber nicht dabei war, und sich nun in sein Gouvernement der Provence flüchtete; Créqui, Gouverneur der Dauphins, welcher sich für berechtigt hielt, das Connetableschwert von seinem Schwiegervater zu erben; Lesdiguières; Montmorency, dem dieses Schwert versprochen worden war und der es seinen Händen entschlüpfen zu sehen fürchtete, nachdem er sich gegen den Kardinal geweigert hatte, den Herzog von Savoyen zu entführen; endlich alle die großen Herren: die Soissons, die Condé, die Conti, die Elboeuf, die über die Hartnäckigkeit des Kardinals erschraken, alle ersten Häuser des Königreiches zu demütigen und auszuplündern.

Ungeachtet und vielleicht sogar wegen alles Dessen hatte Ludwig XIII. sich entschlossen, Paris zu verlassen und das seinem Minister gegebene Versprechen zu halten, zu ihm nach Italien zu kommen. Es versteht sich von selbst, dass dieser Entschluss, welcher den König wieder unter die unmittelbare Vormundschaft des Kardinals stellte, die beiden Königinnen zu lautem Geschrei brachte und sie erklärten, dass sie dem Könige nach Italien folgen würden.

Sie hatten dazu einen vortrefflichen Vorwand: ihre Sorge für die Gesundheit des Königs.

Ungeachtet aller Widersprüche hatte der König den Kardinal von seiner Abreise benachrichtigen lassen und war auch in der Tat am 2l. Februar nach Lyon aufgebrochen. Der Weg, den er verfolgen wollte, ging durch die Champagne und Burgund; die beiden Königinnen und der Ministerrat sollten in Lyon zu ihm stoßen.

Aber die Sachen waren nicht dazu bestimmt, so ruhig vor sich zu gehen. Am Tage nach dem, an welchem der König Paris verlassen hatte, legte sein Bruder Goston. der bis dahin nicht wagte, Orleans zu verlassen, die Strecke nach Paris mit Postpferden zurück, zog mit großem Lärm ein in die Hauptstadt und trat gegen neun Uhr Abends plötzlich bei der Königin-Mutter ein, die ihren Cercle hielt.

Maria von Medicis stand ganz verwundert auf, stellte sich zornig, verabschiedete ihre Damen und schloss sich mit Gaston in ihrem Kabinett ein, in welches kurz darauf die Königin Anna durch eine geheime Tür eintrat.

Hier wurde der durch die Königin Maria ewig erneuerte Vorgeschlagene Vertrag geschlossen, dass Monsieur, im Falle der König stürbe, die Königin Anna heiraten sollte. Diese Vermutung wäre für die Königin Maria eine verlängerte Regentschaft gewesen und gern hätte sie es Gott verziehen, wenn er ihr ihren ältesten Sohn raubte und ihr dafür diesen Ersatz gewährte. Sie war auch, verblendet durch ihren Vorteil, die Einzige, welche es bei diesem Vertrage aufrichtig meinte, denn sie arbeitete dabei ganz entschieden zu ihrem eigenen Nutzen.

Der Herzog von Orleans hatte sein Abkommen mit dem Herzog von Lothringen geschlossen, in dessen Schwester er verliebt war, und hegte keineswegs die Absicht, die Witwe seines Bruders zu heiraten, welche, wie wir wissen, sieben Jahre älter war wie er und bei der er sich überdies an das unangenehme Ereignis mit Buckingham erinnerte. Die Königin Anna ihrerseits verabscheute Monsieur, und da sie ihn noch mehr verabscheute als verachtete, vertraute sie seinem Worte nicht; dessen ungeachtet wurden alle möglichen Versprechungen ausgetauscht und damit Niemand ahnen sollte, was in dem Kabinett vorgegangen sei, man auch überdies die Anwesenheit der Königin Anna in demselben nicht wusste, wurde am nächsten Tage das Gerücht verbreitet, der Herzog von Orleans sei nur nach Paris gekommen, um seiner Mutter zu erklären, dass er bei seiner Liebe für die Tochter des Herzogs von Mantua beharre und dass er fest entschlossen sei, die Abwesenheit seines Bruders zu benutzen, um sich mit der Prinzeß zu vermählen.

Dieses Gerücht wurde dadurch bestätigt, dass Maria von Medicis am nächsten Morgen die junge Prinzeß zu sich nach dem Luxemburg bescheiden ließ und sie beinahe wie eine Gefangene bei sich zurückbehielt.

Gaston seinerseits schlug einen so gewaltigen Lärm über diesen Widerstand gegen seine teuersten Wünsche, dass alle Unzufriedenen anfingen, sich um ihn zu sammeln und dass man ihm zu verstehen gab, wenn er wollte, so würde man sich während der Abwesenheit des Königs offen gegen Richelieu erklären. Man gab ihm die Versicherung, er werde sich dann bald an der Spitze einer Partei erblicken, welche stark genug wäre, nicht nur gegen Richelieu aufzutreten, sondern auch gegen Ludwig XIII. selbst, dessen Sturz wohl auf den seines Ministers folgen könnte. Eine Tatsache von hoher Wichtigkeit ließ einen Augenblick glauben, Gaston hätte die ihm gemachten Vorschläge angenommen. Der Kardinal von La Valette, Sohn des Herzogs von Epernon, und der Erzbischof von Lyon, Bruder des Herzogs von Richelieu, – eben der, welcher sich während der Pest so mutig benommen, hatten zu gleicher Zeit einen Besuch bei dem Herzog von Orleans gemacht. Dieser empfing den Kardinal von La Valette mit der ausgesuchtesten Artigkeit, den Bruder Richelieus aber ließ er im Vorzimmer, ohne ihn eines Wortes oder nur eines Blickes zu würdigen.

 

Gleich am Tage nach der Ankunft Gaston's in Paris hatte die Königin-Mutter an Ludwig XIII. geschrieben, um ihm diese Rückkehr anzuzeigen, welche für Alle unerwartet war, für sie selbst aber wahrscheinlich nicht. Von der Unterredung zwischen Gaston und der Königin Anna, so wie von dem, was zwischen beiden abgemacht worden war, sagte sie selbstverständlich kein Wort; dagegen betonte sie ganz besonders die Liebe Gastons für Maria von Gonzaga.

Ludwig, der bereits in Troyes war, verkündete nach dem Empfange des Briefes seiner Mutter, dass er nach Paris zurückkehren würde; in Fontainebleau aber meldete ihm ein Courier, dass Gaston, sobald er die Rückkehr des Königs erfahren hätte, nach seiner Besitzung Limours abgereist sei.

Drei Tage darauf traf die Nachricht ein, dass der König statt nach Paris zurückzukehren, seine Ostern in Fontainebleau halte.

Was hatte den König zu diesem neuen Entschluss bestimmt? Das wollen wir sogleich sagen.

An dem Abend, an welchem im Luxemburg die Beratung zwischen der Königin-Mutter, Gaston von Orleans und der Königin Anna gehalten worden war, fand diese Letztere, als sie in ihre Gemächer zurückkehrte, Frau von Fargis, die eben aus Spanien zurückkehrte, wohin sie, wie wir wissen, geschickt worden war, um die Politik ihres Gemahls zu ermutigen, der zu erschlaffen schien.

Da der Krieg zwischen Piemont und Frankreich entschieden war, bedurfte es dieser Unterstützung in Madrid nicht mehr und zur großen Freude der Königin Anna wurde Frau von Fargis nach Paris zurückberufen.

Die Königin stieß daher einen Freudenschrei aus, als sie Frau von Fargis erblickte, und als dieselbe ein Knie beugte, um ihr die Hand zu küssen, zog sie sie empor, umarmte und küsste sie.

»Ich sehe,« sagte Frau von Fargis lächelnd, »dass ich während meiner langen Abwesenheit nichts von der Gunst Eurer Majestät eingebüßt habe.«

»Im Gegenteil, meine liebe Freundin,« sagte die Königin, »Eure Abwesenheit ließ mich Eure Treue würdigen, und nie bedurfte ich Eurer so sehr, wie diesen Abend.«

»Dann komme ich ja zur glücklichen Stunde und ich hoffe meiner gnädigen Gebieterin zu beweisen, dass ich mich in der Ferne wie in der Nähe nur mit ihr beschäftige. Aber lasset hören, was es so Wichtiges gibt, dass es die Anwesenheit Eurer demütigen Magd notwendig macht?«

Die Königin erzählte ihr die Abreise des Königs, die Ankunft Gastons und die Art von Vertrag, welche die Folge davon gewesen war.

»Und Eure Majestät trauen Eurem Schwager?« fragte Frau von Fargis.

»Nicht im Geringsten; das Versprechen, welches er mir gab, hat keinen anderen Zweck, als meine Besorgnisse einzuschläfern und mich dahin zu bringen, in Geduld zu warten.«

»Ist denn der König kranker?«

»Moralisch, ja; physisch, nein.«

»Das Moralische ist bei dem Könige Alles, wie Ihr wisst.«

»Was ist aber dann zu tun?« fragte die Königin.

Leiser fügte sie hinzu:

»Ihr wisst, meine Liebe, dass die Astrologen versichern, der König werde das Zeichen des Krebses nicht überleben.«

»Ich habe Eurer Majestät ein Mittel vorzuschlagen.«

Die Königin errötete.

»Ihr wisst wohl, dass ich es nicht annehmen kann!« sagte sie.

»Das ist ärgerlich, denn es wäre das beste! der Beweis dafür ist, dass meine Ansicht mit der des Königs von Spanien, Philipp IV., zusammentrifft.«

»Mein Gott!«

»Wollt Ihr Euch lieber auf das Versprechen dieses Menschen verlassen, der noch nie sein Wort gehalten hat?«

Die Königin bewahrte einige Augenblicke das Schweigen.

Ihr Gesicht an dem Busen ihrer Vertrauten bergend, sagte sie endlich:

»Angenommen nun, meine liebe Fargis, dass ich mit der Erlaubnis meines Beichtvaters das Mittel anwenden wollte, zu dem Ihr mir ratet, – ach, ich schäme mich schon, wenn ich nur daran denke – vorausgesetzt also, ich nähme Euer Mittel an, so würde das doch jedenfalls erst in der äußersten Not geschehen. Könnte man nun nicht bis dahin andere versuchen?«

»Wollt Ihr mir gestatten, meine teure Gebieterin,« sagte Frau von Fargis, indem sie die Hingebung der Königin benützte, um einen Arm um deren Hals zu schlingen, während sie ihre wie Diamanten funkelnden Augen auf sie richtete, »wollt Ihr mir gestatten, Euch von dem Hofe Heinrichs II. eine Legende zu erzählen.welche sich auf die Königin Katharina von Medicis bezieht?«

»Erzählet, meine Teure,« sagte die Königin, indem sie mit einem Seufzer ihren Kopf auf die Schulter der Sirene sinken ließ, deren Stimme anzuhören sie die Unklugheit begangen hatte.

»Nun wohl! Die Legende sagt, dass die Königin Katharina von Medicis, welche in dem Alter von vierzehn Jahren nach Frankreich kam und sogleich mit dem König Heinrich II. vermählt wurde, ebenso wie Eure Majestät elf Jahre verheiratet war, ohne Kinder zu bekommen.«

»Ich bin seit vierzehn Jahren vermählt!« sagte die Königin.

»Das heißt,« sagte Frau von Fargis lachend, »die Vermählung Eurer Majestät rührt vom Jahre 1616 her, die wirkliche Heirat aber erst von 1619.«

»Das ist wahr!« sagte die Königin. »Und woher rührte die Unfruchtbarkeit der Königin Katharina? König Heinrich II. besaß, wie ich glaube, nicht denselben Widerwillen gegen unser Geschlecht wie Ludwig XIII. und Diana von Poitiers ist dafür der Beweis.«

»Gegen die Frauen hegte er allerdings keinen Widerwillen, wohl aber gegen seine Frau.«

»Glaubt Ihr, Fargis, dass der König gegen mich persönlich Widerwillen empfindet?« fragte lebhaft die Königin.

»Ventre-Saint-Gris! Wie der König, sein Vater sagte, und wie noch jetzt der Graf von Moret. auf den Ihr viel zu wenig achtet, sagt; – Widerwillen gegen Eure Majestät? Da müsste er wahrlich schwer zu befriedigen sein!«

Dann sah sie die Königin, welche dieser Zweifel zu reizen schien, mit Blicken an, wie Sappho es getan haben würde, und fuhr fort:

»Wo könnte er solche Augen, einen solchen Mund, solche Haare und —« – sie strich mit der Hand über den gewölbten Hals der Königin – »eine solche Haut finden? Nein, nein, meine Königin, Ihr seid schön unter den Schönsten. Aber zu ihrem Unglück besaß Katharina von Medicis keinen einzigen von allen diesen Vorzügen. Im Gegenteil! Sie war geboren von einem Vater und einer Mutter, die an der abscheulichen Krankheit litten, welche damals allgemein herrschte, und hatte die kalte, feuchte Haut der Schlangen.«

»Was sagt Ihr mir da, meine Liebe?«

»Die Wahrheit. – Wenn daher der junge König, der an die weiße und atlasweiche Haut der Frau von Brézé gewöhnt war, diese lebendige Leiche an seine Seite gleiten fühlte, rief er aus, es sei nicht eine Blume aus dem Garten Pitti, die man ihm geschickt hätte, sondern ein Wurm aus der Gruft der Medicis.«

»Schweig., Fargis! Du machst, dass ich fröstle!«

»Nun wohl, meine.schöne Königin, wer besiegte diesem Widerwillen, den König Heinrich gegen seine Gemahlin empfand? Die, welcher daran lag, dass derselbe aufhörte, eben jene Diana von Poitiers, welche, wenn der König ohne Kinder starb, der Macht eines andern Herzogs von Orleans verfiel, der nicht viel mehr wert war, als der unsrige.«

»Wohin willst Du eigentlich kommen?«

»Dahin, dass wenn der König in ein Weib verliebt würde, von dessen Ergebenheit wir vollkommen überzeugt sein könnten, diese Frau den König, Dank seinen religiösen Gefühlen, bald zu Eurer Majestät zurückführen würde, und dass dann—«

»Nun?«

»Nun, dass dann der Herzog von Orleans von uns abhängig wäre, statt dass wir es jetzt von ihm sind.«

»Ach, meine arme Fargis,« sagte die Königin kopfschüttelnd, »König Heinrich II. war ein Mann.«

»Ist denn König Ludwig XIII. das nicht —?«

Die Königin antwortete durch einen Seufzer.

»Und dann —« sagte sie darauf, »wo könntest Du eine Person finden, die ergeben genug wäre?«

»Ich habe sie schon gefunden,« entgegnete Frau von Fargis.

»Und schöner als —«

Die Königin hielt inne. Hingerissen durch ein erstes Gefühl des Unwillens oder des Zweifels hatte sie sagen wollen: »Schöner als ich?«

Die Fargis verstand sie.

»Schöner als Ihr, meine Königin?« sagte sie. »Nein, denn das ist nicht möglich. Aber sie besitzt eine andere Art der Schönheit. Ihr seid die in ihrer ganzen Pracht aufgeblühte Rose; sie ist die Knospe, so dass man sie in ihrer ganzen Familie nicht anders nennt, als die Aurora.«

»Und gehört dieses Wunder wenigstens einem guten Hause an?« fragte die Königin.

»Einem ganz vortrefflichen. Sie ist die Enkelin der Frau von Flotte, der Oberhofmeisterin der Ehrendamen der Königin-Mutter, die Tochter des Herrn von Hautefort.«

»Und Ihr sagt, dass dieses Mädchen mir ergeben sein würde?«

»Sie würde Ihr Leben für Eure Majestät hingeben, und,« fügte sie lächelnd hinzu, »vielleicht auch noch mehr.«

»Ist sie denn auf die Rolle vorbereitet, die man sie spielen lassen will?«

»Und sie nimmt dieselbe mit Ergebung an?«

»Mit Enthusiasmus! – Das Wohl der Kirche, Majestät! Wir haben für Euch ihren Beichtvater und den Leibarzt des Königs —«

»Was hat Bouvard dabei zu tun?«

»Er wird den König überreden, dass er nur durch zu große Enthaltsamkeit krank ist.«

»Einen Mann, der jährlich zweihundertmal zur Ader lässt oder abzuführen einnimmt? – Das wird sehr schwierig sein!«

»Er übernimmt es.«

»So ist also schon Alles geordnet?«

»Es fehlt nur noch die Zustimmung Eurer Majestät.«

»Aber ich müsste wenigstens dieses Wunder, diese Aurora, sehen, kennenlernen, befragen.«

»Nichts ist leichter, Eure Majestät. Sie befindet sich hier.«

»Wie so, hier?«

»In dem Kabinett, in welchem sich auch Fräulein von Lautrec befand, die uns der Herzog von Richelieu gerade in dem Augenblick entführt hat, als der König anfing, sich mit ihr zu beschäftigen. Aber jetzt ist Richelieu nicht mehr hier.«

»Sie ist also wirtlich dort?«

»Ja, Madame!«

Die Königin sah Frau von Fargis mit einem Blicke an, in welchem man einen Anflug von Zorn lesen konnte.

»Ihr seid erst seit heute wieder hier, und habt schon das Alles vollbracht?« sagte sie. »Wahrlich. Ihr habt keine Zeit verloren, meine Freundin.«

»Ich bin seit drei Tagen zurück, aber ich wollte Eure Majestät nicht eher sehen, als bis Alles bereit wäre.«

»So! Und jetzt ist Alles bereit?«

»Ja, Madame. Aber wenn Eure Majestät das erste Mittel anwenden wollen, welches ich Euch vorschlug, kann das Alles noch aufgegeben werden.«

»O nein! O nein!« entgegnete lebhaft die Königin. »Sagt Eurer jungen Freundin, dass sie eintreten darf.«

»Nennt sie Eure treue Dienerin.«

»Sie möge eintreten.«

Frau von Fargis ging zu der Tür im Hintergrunde und öffnete sie.

»Kommt, Henriette,« sagte sie. »Unsere teure Königin willigt ein, Eure Huldigungen zu empfangen.«

Das junge Mädchen stieß einen Freudenruf aus und stürzte in das Zimmer.

Als die Königin sie erblickte, brach auch sie in einen Schrei aus, – einen Schrei des Erstaunens und der Bewunderung.

»Findet Ihr sie schön genug?« fragte Frau von Fargis.

»Zu schön vielleicht!« entgegnete die Königin.