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Der Graf von Moret

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XIII.
Ein Horoskop

Das Gerücht, von der Schwangerschaft der Königin hatte sich bereits im Monate März 1638 verbreitet. Die einzige Person, welche hiervon nichts hörte, war Ludwig XIII.

Erst am 11. Mai wurde ihm hiervon officiell die Mittheilung gemacht.

Ein gewisser Herr von Chavigny, Unterminister im Cabinete Richelieu's und jedenfalls ein sehr schlauer Kopf und aalglatter Charakter, weil er sich gleichzeitig bei dem Cardinal und bei der Königin Anna in Gunst zu bringen wußte, wurde mit der in Rede stehenden Mittheilung beauftragt.

Herr von Chavigny traf im Louvre den König, als derselbe eben zur Jagd aufbrechen wollte.

»Was habt Ihr mir zu sagen?« frug Ludwig XIII., die Stirne runzelnd, weil er befürchtete aufgehalten zu werden; »wegen Staatsangelegenheiten wendet Euch an den Cardinal.«

»Sire!« sagte Herr von Chanigny, »ich bitte um Gnade für einen armen Gefangene.«

»Das geht mich so wenig an als die Staatsangelegenheiten, sondern den Cardinal. Bittet ihn um Gnade, denn der Gefangene muß sein Feind, folglich auch mein Feind sein.«

»Sire!« fuhr Chantgny fort, »Die Königin glaubt, daß Eure Majestät wegen der Nachricht, die ich bringe, für Ihren Schützling etwas thun würde.«

Dieser Schützling war der arme La Porte, der seit fast dreizehn Jahren in der Bastille saß, weil er in dem Corridor Wache gehalten, als die Herzogin von Chevreuse den Herzog von Buckingham zur Königin führte.

»Welche Nachricht bringt Ihr mir?« frug der König verdrießlich weiter.

»Die Nachricht, daß die Königin sich in gesegneten Umständen befindet.«

»So, « erwiderte Ludwig XIII. ziemlich gleichgültig, »wenn es wirklich wahr ist und mit rechten Dingen zugehe, könnte es nur vom 5. December her sein.«

Der König hatte wirklich seit jenem Datum seine Gemahlin nicht mehr besucht. – Jetzt aber ging er nach den Gemächern der Königin, um sie zu begrüßen.

Nach kaum zehn Minuten war er wieder zurück, Sein Gesicht strahlte von boshafter Freude und er sagte zu Chavigny, der seine Rückkunft abgewartet hatte:

»Gebe Gott, daß es ein Dauphin ist, damit sich mein lieber Bruder recht ärger.«

»Und La Porte, Sire?« frug Chavigny.

»Morgen verläßt er die Bastille, aber unter der Bedingung, daß er sich nach Schuamur begibt.«

Am 13. Mai 1638 wurde der arme La Porte wirklich in Freiheit gesetzt.

Es war damals Sitte, daß vornehme Personen ihren Kindern bei der Geburt das Horoskop stellen ließen.

Man hielt es für so wichtig, dem zu erwartenden königlichen Kinde das Horostop stellen zu lassen, daß darüber sogar Staatsrathssitzungen abgehalten wurden.

Richelieu, der in dieser Beziehung trotz seiner Allmacht nicht gegen den Strom zu schwimmen vermochte, denn auch damals wie heut zu Tage kämpften mit der Dummheit Götter selbst vergebens, beschränkte sich also statt aller Opposition auf die Wahl eines geeigneten und ihm selbst zu Gesicht stehenden Individuums.

Monsieur Duval, dessen wir bereits als Leibwahrsager der verbannten Königin-Mutter Erwähnung gethan, durfte es ungeachtet seines großen Rufes, selbstverständlich nicht sein.

Es hielt aber schwer, einen Zweiten zu finden, der sich mit ihm an Renommée zu messen vermochte – In ganz Frankreich war sein gesuchter Rivale ganz sicher nicht zu finden. Richelieu ließ daher sein Auge in das Ausland schweifen.

Da erinnerte er sich eines gewissen Tommaso Campanella, der eben in den Kerkern der Inquisition zu Mailand festgehalten wurde.

Dieser außerordentliche Mann, geboren zu Stillo in Calabrien den 5. September 1568, also zur Stunde, als Richelieu sich seiner erinnerte, fast siebzig Jahre alt, hatte durch seine Freisinnigkeit und insbesondere durch sein streng rationalistisches Werk: »Philosophia sensibus demonstrata« (Neapel 1591) den ingrimmigsten Haß der Inquisition auf sich gelenkt und wurde er von da an um so wüthender und schonungsloser verfolgt, weil er selbst dem Dominicanerorden seit seinem 15. Lebensjahre angehörte.

Campanella mußte aus seiner Heimat fliehen und trieb sich nun mehrere Jahre in der Fremde herum. In Bologna, wo er sich zuletzt verborgen hielt, ließ ihm die Inquisition seine sämmtlichen Papiere heimlich entwenden, um selbe als Grundlage eines Processes zu benutzen.

Im Jahre 1599 beging er die Unvorsichtigkeit, in seine Vaterstadt zurückzukehren. Hier wurde er der spanischen Regierung politisch verdächtig und man schleppte ihn nach Neapel in's Gefängniß, in welchem er volle 26, sage sechsundzwanzig Jahre verbrachte, nachdem man ihn siebenmal auf die Folter gespannt hatte, ohne von ihm auch nur ein einziges Geständniß zu erpressen.

Wie groß der Haß seiner Feinde gewesen, wie gefährlich ihnen dieser liberale Denker erschienen sei, beweist wohl am schlagendsten, daß mehrfache Versuche des Papstes Urban VIII., sein Loos zu erleichtern, fehlschlugen und dieser gleichfalls freisinnige Nachfolger Christi erst im Mai 1626 seine Auslieferung nur unter dem Versprechen, ihn als Ketzer richten zu lassen, erwirken konnte.

Zum Scheine wurde auch wirklich über ihn in Rom zu Gericht gesessen und er bis zum Jahre 1629 der Form wegen in Haft gehalten. Hierauf stellte ihn Urban VIII. nicht nur auf freien Fuß, sondern setzte ihm auch einen ansehnlichen Jahresgehalt aus und pflog mit ihm einen beständigen und näheren Umgang.

Die Verfolgungen seiner Feinde wußten ihm jedoch auch dieses kurze Glück zu vergällen und Urban VIII., nebenbei gesagt aus der Familie Barberini und durch die Familie Sanelli ein Verwandter der Frau Marquise von Rambouillet, ertheilte ihm selbst den Rath, sich für einige Zeit nach Frankreich zu begeben, mit Recht befürchtend, daß ihn in Rom seine Macht vor Gift und Dolch nicht dauernd zu schützen vermöchte.

Campanella flüchtete sich glücklich nach Marseille. Aber seine Sehnsucht nach italienischem Boden war in ihm stärker als alles Andere. – Je mehr er sich dem hohen Greisenalter näherte, um so glühender erwachte in ihm der Wunsch, in seiner Heimat zu sterben.

Er sollte aber selbe nie mehr wiedersehen, denn in Mailand wurde er von spanischen Spionen erkannt, ergriffen und abermals in die Kerker der Inguisition geworfen.

Es kostete Richelieu viele Mühe und Opfer, um Campanella den Klauen seiner Feinde zu entreißen. Aber da dem Cardinal Alles gelang, was er ernstlich wollte, so erhielt auch Campanella nach langen und mühsamen Verhandlungen endlich die Erlaubniß nach Frankreich gehen zu dürfen, jedoch nur unter der von ihm beschworenen Bedingung, nie mehr nach Italien zurückzukehren.

Campanella, der im Ganzen über dreißig Jahre in den schauderhaftesten Kerkern zugebracht hatte, überlebte diese Bedingung nicht lange. Denn kaum nach einem Jahre, als er nach Paris gekommen war, starb er im Dominicanerkloster in der Rue St. Honoré am 21. Mai 1639.

Doch kehren wir zu Campanella und seinem Horoscope zurück.

Es ist ein merkwürdiger Zufall, daß die Geburt der Königin am 5. September 1638 erfolgte, also an demselben Tage, an welchem auch Campanella vor genau siebzig Jahren das Licht der Welt erblickt hatte.

Das Nachfolgende entnehmen wir einem Chronisten der damaligen Zeit.

Am 5. September 1638, an einem Sonntage, fünf Uhr Früh, wurde dem Könige gemeldet, daß die Königin, welche seit Abends elf Uhr bereits Wehen litt, bald entbinden dürfte.

Der König begab sich mit den vorgeschriebenen Geburtszeugen zu ihr, Halb zwölf Uhr zeigte die Hebamme an, daß ein Dauphin geboren sei.

Der König nahm das Kind unmittelbar aus den Händen der Hebamme und zeigte es am Fenster, den Leuten unten zurufend:

»Ein Sohn! Meine Herren, ein Sohn!«

Der Cardinal war in St. Quentin, als dieses Ereigniß geschah. Er schrieb dem Könige einen Glückwunsch und forderte ihn auf. das Kind Theodor zu nennen, d.h. den von Gott Geschenkten. Der König aber beschloß, er solle gleich ihm Ludwig heißen.

Gleichzeitig übersandte der Cardinal auch der Königin seinen Glückwunsch, welcher aber sehr laconisch abgefaßt war und diese Kürze mit den Schlußworten entschuldigte: »Große Freude hat nicht viele Worte.«

Am Tage nach der Geburt des Dauphin erschien Campanella, bat jedoch das Horoskop bis zur Rückkehr des Cardinals verschieben zu dürfen.

Der Cardinal traf von St. Quentin in Paris ein.

Campanella, der innerlich selbst sehr wenig Zutrauen zur Astrologie besaß, obwohl er darüber ein Werk, betitelt: »Astrologicorum libri VII, « erschienen in Frankfurt 1617 und Lyon 1629, geschrieben, suchte verschiedene Vorwände, um seine Wahrsagekunst nicht erproben zu müssen; aber Richelieu gab ihm sehr deutlich zu verstehen, daß man ihn nicht umsonst aus dem Kerker befreit und überdies eine Pension von 2000 Livres ausgesetzt habe.

Campanella verfügte sich also zum Dauphin. Er ließ denselben völlig entkleiden und betrachtete ihn aufmerksam. dann entfernte er sich wieder.

Nach drei Stunden schickte die Königin zu Campanella, denn sie wollte so bald als möglich wissen, welche Zukunft ihren Sohn erwarte.

Der in die Enge getriebene kühne Astrolog erwiderte aber, seine Beobachtungen an dem Leibe des Kindes seien noch nicht hinlänglich gewesen. Er ließ den Dauphin also nochmals auskleiden.

Endlich that er folgenden Ausspruch:

»Das Kind wird wollüstig sein wie Heinrich IV. Es wird sehr stolz sein. Es wird lange und unter Mühen regieren. Sein Ende wird ein trauriges sein und eine große Verwirrung in der Kirche und im Lande herbeiführen.«

Der schwedische Gesandte Grotius schrieb an Oxenstierna am zwölften Tage nach der Geburt des Dauphins:

»Der Dauphin hat bereits die dritte Amme, denn er trinkt nicht nur alle Milch hinweg, sondern er beißt auch. Bei der Geburt besaß er bereits zwei Vorderzähne. Die Nachbarn; Frankreichs mögen auf ihrer Hut sein vor einer so frühzeitigen Raubgier.«

Das Horoscop Campanella's ging in Erfüllung und nicht minder die Besorgniß des Gesandten Grotius.

 

Heut zu Tage, nach eines Copernicus und Galileis Entdeckungen und den scharfen Berechnungen der Größe und der Entfernung der Weltkörper durch welche die Erde im ungeheuren Weltenraume zum bloßen Punkte herabsank, ist der Astrologie wohl für immer das Scepter aus der Hand gerissen, zum großen Mißbehagen der Finsterlinge, welche der Menschheit gar so gerne die Dummheit als Einfalt, den Aberglauben als Religion hinaufschwatzen möchten.

An Versuchen, die Ehre der Astrologie den vernichtenden Wahrheiten der Astronomie gegenüber zu retten, hat es selbst in neuerer Zeit nicht gefehlt.

So schrieb z.B. ein Professor J. W. Pfaff eine »Astrologie,« Bamberg 1816, und ein zweites Werk: »Ueber Planetenconjunctionen und den Stern der drei Weisen,« ebendaselbst 1821.

Natürlich wurde der Herr Professor sammt seinen beiden Büchern tüchtig ausgelacht und dadurch hoffentlich anderen seines Gleichen die Luft benommen, heut zu Tage in solches Unsinn wissenschaftliche Methode bringen zu wollen.

XIV.
Cinq-Mars

Mit der Geburt des Dauphin, eine Geburt, für deren Zustandekommen von Richelieu seit Jahren so viel gewagt worden war, schloß jedoch für den Cardinal keineswegs die lange Reihe jener Cabalen und Machinationen ab, mit welchen dieser außerordentliche Mann bisher zu kämpfen gehabt hatte. Das Schicksal wollte nun einmal, daß er bis zu seinem letzten Athemzuge fortwährend seine Stellung gefährdet, ja sogar abermals sein Leben schwer bedroht sehen sollte, denn noch weit bedenklicher als die Verschwörung eines Chalais und von Amiens gestaltete sich zu Anfang des Jahres 1642 jene des senkt Henri Cinq-Mars, Marquis Coiffier de Nuzé, zweiter Sohn des Marschalls Antoine Coiffier, Marquis d'Effiat.

Des Namens Cinq-Mars hatte Richelieu schon am 5. December 1637 zu Marschall Schomberg als einer Person erwähnt, welche er dem Könige zum Ersatz für Auroras Verlust als Favorite zuzuweisen gedachte.

Zu jener Zeit war Cinq-Mars erst siebzehn Jahre alt. Um ihn dem Könige in die Reihe zu bringen, machte der Cardinal damals den Knaben Cinq-Mars zum Capitän einer Compagnie im königlichen Leibregiment und zum Garderobemeister Ludwigs XIII. welcher den bildhübschen jungen Menschen in der That auch sehr bald nach seiner Art lieb gewann und ihn statt des in Ungnade gefallenen St. Simon schon im Jahre 1639, also mit seinem neunzehnten Jahre, zum Oberstallmeister ernannte.

Cinq-Mars fühlte sich aber inmitten seines äußeren Glückes höchst unbehaglich; denn erstens ekelte ihn der Preis, um welchen er die Gunst des König erkaufen mußte, und zweitens knirschte er unwillig unter dem Joche des Cardinals, welchem er Alles mitthilen mußte, was der König that und sprach. – Auch behandelte ihn Richelieu ziemlich wegwerfend, und Cinq-Mars merkte gar wohl, daß, wenn der Cardinal heute oder morgen statt seiner ein passenderes Werkzeug in der Umgebung des Königs fände, er ihn gewiß ohne alle Umstände beseitigen würde.

Cinq-Mars hatte überdies in den Augen des Cardinals ein Verbrechen begangen, welches er ihm nun und nimmer zu verzeihen vermochte. Als nämlich die erste Vorstellung von »Mirame« stattfand, wobei, wie wir wissen, dieses Machwert durchfiel, bemerkte Richelieu in der Lage des Königs zwei sehr junge Leute, welche, selbst als der Vorhang aufgezogen war, immer miteinander laut sprachen und nie applaudirtetn. – Der Zweite dieser jungen Leute war der Marquis von Foutrailles, sehr klein und verwachsen. Seit Pisanis Tod war er der merkwürdigste Bucklige von Paris.

Foutrailles zu strafen fand der Cardinal schon wenige Tage daraus Gelegenheit. Der Knirps antichambrirte mit Ruvigny und mehreren Anderen bei dem Cardinal, um bequem den neuen spanischen Gesandten zu sehen.

Richelieu trat ins Vorzimmer, um den Gesandten dort zu begrüßen, und sagte zu Foutrailles:

»Tretet bei Seite! der Gesandte ist nicht gekommen, um in Frankreich Mißgeburten zu sehen.«

Foutrailles trat zurück, indem er dem Cardinal ewige Rache schwur. – Er schloß sich von da an noch inniger an Cinq-Mars und unterließ keine Gelegenheit um seinem Freunde zu Gemüthe zu führen, wie unrecht es sei, den König, der ihn mit Wohlthaten überhäufe, an den Cardinal zu verrathen und demselben einen Spion abzugeben.

Im Herbste 1641 bat Cinq-Mars ohne Vorwissen des Cardinals den König um das Commando über die Truppen, welche die Zufuhren in das französische Lager zu Arras bringen sollten. – Ludwig XIII. sagte zu, Richelieu aber, der mit dem schwachen Könige mitunter eine sehr dictatorische Sprache zu führen pflegte, schlug rundweg seine Einwilligung ab, und Cinq-Mars, der seine Ernennung bereits überall ausgeplaudert hatte, war tief beschämt.

Von diesem Augenblicke an war der Bruch zwischen Richelieu und Cinq-Mars ein offener.

Der bucklige Foutrailles glaubte nun, seine Stunde sei gekommen. Er gab Cinq-Mars den kühnen Rath, den verhaßten ersten Ministers durch Meuchelmord bei Seite zu schaffen.

Cinq-Mars schauderte vor diesem Plane nicht zurück, sah sich aber nach einem sicheren Zufluchtsorte im Falle des Mißlingens und nach einer mächtigen Partei um, die ihn beschützen konnte. Gaston sagte ihm seinen Schutz zu, als er sich mit seinem Plane an ihn wandte; doch wünschte Monsieur, daß der Herzog von Bouillon vorerst dafür gewonnen werde. Zugleich sollte mit Spanien unter-handelt und mit demselben ein bewaffneter Einfall in Frankreich vorbereitet werden. Der Herzog von Bouillon ließ sich wirklich durch Cinq-Mars Vertrauten de Thou, für den Plan gewinnen und kam nach Paris.

Der Cardinal, der Verdacht schöpfte, schickte Bouillon zur Armee nach Italien. – Indessen wurde Foutrailles mit dem Entwurfe eines Traktates nach Spanien geschickt, um zu unterhandeln. Dem über Richelieu geschmiedeten Mordplan trat nebst Anderen auch der Oberst der Musketiere des Königs, Herr von Treville, bei, jedoch nur für den Fall, als der König dazu ausdrücklich den Befehl ertheilen würde. Da aber unter dieser Bedingung auf Herrn von Treville nicht gerechnet werden konnte, so ließ Cinq-Mars die Officiere zweier Regimenter, die er in der Auvergne geworben hatte, nach Lyon kommen und verabredete mit ihnen den Mord.

Foutrailles hatte in der Zwischenzeit in Madrid mit Glück gewirkt, denn er kam mit einem Traktate zurück, welchem zufolge Spanien sich verpflichtete, 12.000 Mann Fußvolk und 5000 Reiter von altgedienten deutschen und spanischen Kerntruppen, ferner einen Artillerie-Park zu stellen und überdies 400.000 Thaler sogleich auszubezahlen.

Alle in Frankreich zu erobernden Plätze sollten an den Herzog Gaston von Orleans übergeben werden und dieser außerdem das Obercommando und 12.000 Thaler monatlich erhalten. Außerdem wurden Cinq-Mars und Bouillon, kaiserliche Generalspatente und je 80.000 Dukaten zugesichert. Man sieht, daß die Rädelsführer ihre Person bei ihrem Vaterlandsverrathe durchaus nicht vergaßen.

Ferner wurde stipulirt, daß weder Spanien noch der Herzog von Orleans ohne gegenseitige Einwilligung Frieden schließen sollten; letzterer sollte sich und seine ganze Partei für Feinde Schwedens und aller Feinde des Kaisers und des Königs von Spanien erklären.

Ludwig XIII., Richelieu und Cinq-Mars waren zur Armee an der Grenze von Spanien abgegangen Perpignan wurde belagert und der König begab sich mit Cinq-Mars in's Lager, während Richelieu, der den Todeskeim bereits in sich trug, in Narbonne zurückbleiben mußte. Diese Abwesenheit des Cardinals vermehrte die Kühnheit des jungen Hochverräthers. Cinq-Mars suchte sich in der Armee einen Anhang durch Bestechung zu verschaffen. Auch der Marschall Schomberg ließ sich scheinbar gewinnen, verrieth aber gleichzeitig Alles dem Cardinal, der das Bedenkliche seiner Lage einsah und sich nach Tarrascon zurückzog, angeblich um den dortigen Gesundbrunnen zu trinken, in der That aber, um den Dolchen der Meuchelmörder zu entgehen.

Da erlitten die Franzosen bei Hennecourt eine große Niederlage. Ludwig XIII., erschreckt und rathlos, bestürmte den Cardinal, auf welchen er nachgerade vergessen zu haben schien, mit Bitten, wieder die Zügel der Regierung in die Hand zu nehmen.

Nun war es um Cinq-Mars geschehen, denn Richelieu stellte das stolze Begehren, daß der König ihm selbst Alles bekenne, was Cinq-Mars und dessen Anhang wider ihn seither gethan und gesprochen.

Ludwig XIII. willfahrte und schloß seine Mittheilungen, die er dem Cardinal machte mit folgenden charakteristischen Worten:

»Seit einem halben Jahre ist mir Cinq-Mars zum Brechen zuwider. Der Mensch schlagt sich mit Dirnen herum, ist höchst ungefällig und undankbar. Stunden lang hat er mich oft warten lassen. Ein Königreich würde zu seinen Verschwendungen nicht hinreichen. Wißt Ihr, wie viel Paar Stiefel er hat? Ueber dreihundert!«

Foutrailles, der Wind bekam, rieth Cinq-Mars zur Flucht, aber dieser lachte ihn aus.

»Nun denn,« sagte der Bucklige, »Ihr mögt noch immer leidlich aussehen, wenn man Euch auch um einen Kopf kürzer macht; ich aber bin mit dem meinen schon zu klein, als daß ich ihn hergeben könnte.«

Drei Tage später, am 14. Juni 1642, wurden Cinq-Mars, de Thou und der Herzog von Bouillon verhaftet.

Cinq-Mars war so verblendet, auch jetzt nach zu glauben, der König habe ihn nur verhaften lassen, um ihn vor dem Cardinal zu schützen. Aber bald wurde er so muthlos, daß er im Gefängnisse den besoldeten Creaturen des Cardinals sehr compromittirende Geständnisse machte. Vorsichtiger und standhafter benahm sich de Thou, aber ganz in unnützer Weise, denn der tiefverächtliche Gaston von Orleans legte, um sich abermals zu retten, nicht nur ein umfassendes Geständniß ab, sondern lieferte auch den Traktat mit Spanien und die Verzeichnisse aller Verschworenen aus, ohne daß er darum angegangen worden wäre.

Nach dieser schönen That erbettelte sich Monsieur von Richelieu eine anständige Apanage unter der Angabe, daß er bis auf weiteres in Venedig seinen Aufenthalt nehme. Aber auch das Exil wurde ihm nachgesehen und er nur vorn Hofe verbannt.

Das Urtheil über Cinq-Mars und de Thou ließ nicht lange auf sich warten. Es lautete, daß beide des Hochverrathes und der Majestätsbeleidigung schuldig, aller Aemter, Ehrenstellen und Würden entsetzt, ihrer Güter beraubt und durch das Schwert hinzurichten seien.

Der Herzog von Bouillon, ebenso schuldig als diese Zwei, jedenfalls aber weit schuldiger als de Thou, kam mit heiler Haut davon, indem ihm zwar sein souveränes Fürstenthum Sedan genommen, dagegen aber im Innern Frankreichs Domänen im gleichen Werthe zugewiesen wurden.

Das Urtheil wurde noch an demselben Tage, an welchem es gefällt war, nämlich am 12. September 1642, auch vollzogen. Beide Delinquenten starben mit Unerschrockenheit.

Der König hatte sich genau die Stunde berichten lassen, in welcher die Hinrichtung erfolgen würde.

Als er vermuthete, daß die Zeit gekommen sei, in welcher Cinq-Mars und de Thou das Schaffot zu besteigen hatten, zog er eben im Garten von Saint Germain lustwandelnd, seine Uhr und sagte boshaft lächelnd:

»In diesem Augenblicke wird der liebe Freund sein Gesicht sehr garstig verzichten.«

Richelieu verließ Lyon gleich am Tage der Execution; seine Reise nach Paris glich einem Triumphzuge. Stolz und Selbstzufriedenheit spiegelte sich in seinen Mienen, obwohl eine unheilbare Krankheit seinen Teint fast dunkelbraun gefärbt hatte.

Noch während des Processes Cinq-Mars, nämlich am 3. Juli, war die Königin-Mutter in Köln, im Hause des Malers Rubens, in der allergrößten Dürftigkeit gestorben, nachdem sie ihren letzten Schmuck veräußert und ihren letzten Diener entlassen mußte. Ob der zürnende Schatten Heinrichs IV. durch ihr elendes Ende wohl versöhnt worden sein mag?

Für Ludwig XIII. bleibt es jedenfalls ein schwerer Vorwurf, daß er als Sohn nicht wenigstens für die nothwendigsten Bedürfnisse seiner Mutter sorgte, wenn er auch als König die Pflicht hatte, die unverbesserliche Intriguantin und unversöhnliche Feindin Frankreichs außer Land zu schaffen.