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Die beiden Dianen

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XX.
Vom Nutzen der Freunde

Lassen wir Aloyse die Erzählung, welche für diese Präliminarien nur die Unterlage gewesen sind, fortsetzen und vollenden.

»Meinem Mann, dem braven Perrot,« sagte sie zu Gabriel, der ihr aufmerksam zuhorchte, »waren auch die Gerüchte welche sich über Diana verbreiteten, und die Spöttereien zu Ohren gekommen, die man sich über Herrn von Montgommery erlaubte. Doch er wußte nicht, ob er seinen Gebieter den er vertrauensvoll und glücklich sah, davon in Kenntniß setzen, oder ob er ihm das abscheuliche Gewebe verbergen sollte, in das ihn die ehrgeizige Frau verstrickt hatte. Er theilte mir seine Zweifel mit, denn ich gab ihm gewöhnlich gute Rathschläge, und er hatte meine Verschwiegenheit und Festigkeit erprobt. Aber hier war ich wie er in Verlegenheit, wozu man sich entschließen sollte.

»Eines Abends befanden wir uns, Perrot und ich, gerade hier in diesem Zimmer, gnädiger Herr, denn der Graf von Montgommery behandelte uns nicht als Diener sondern als Freunde, und er hatte sogar in Paris die patriarchalische Gewohnheit der Winterabende in der Normandie beibehalten, wo Herren und Knechte sich an demselben Heerd nach der gemeinschaftlichen Arbeit des Tages wärmen. Der Graf saß nachdenkend und den Kopf in der Hand vor dem Feuer. Er ging gewöhnlich Abends zu Frau von Poitiers, doch seit einiger Zeit ließ sie ihm oft sagen, sie wäre krank und könnte ihn nicht empfangen. Er dachte ohne Zweifel an dieses; Perrot besserte die Riemen an einem Panzer aus, und ich spann.

»Es war am 7. Januar 1539, an einem kalten, regnerischen Abend, und am Tag nach Epiphanie. Erinnert Euch an dieses unheilschwangere Datum, gnädiger Herr.«

Gabriel machte ein Zeichen, daß er kein Wort verliere, und Aloyse fuhr fort:

»Plötzlich meldete man Herrn von Langeais, Herrn von Boutières und den Grafen von Sancerre, drei Edelleute des Hofes, Freunde unseres Gebieters, doch noch mehr Freunde von Madame d’Étampes. Alle drei waren in große, dunkle Mäntel gehüllt, und obgleich sie lachend eintraten, kam es mir doch vor, als ob sie das Unglück mitbrächten und mein Instinkt täuschte mich leider nicht.

Der Graf von Montgommery stand auf und ging den Eintretenden mit jenen gastfreundlichen, anmuthigen Manieren, die ihm so gut standen, entgegen.

»Seid willkommen, meine Freunde,« sprach er zu den drei Edelleuten, indem er ihnen die Hand drückte.

Auf ein Zeichen nahm ich ihnen ihre Mäntel ab, und alle drei setzten sich.

»Welches Glück führt Euch in meine Wohnung?« fuhr der Graf fort.

»Eine dreifache Wette,« antwortete Herr von Boutières, »und Eure Gegenwart hier, mein lieber Graf, macht, daß ich die meinige in diesem Augenblick gewinne.«

»Ich,« sagte Herr von Langeais, »ich hatte die meinige schon gewonnen.«

»Und ich,« versetzte der Graf von Sancerre, »ich werde Die meinige sogleich gewinnen, das sollt Ihr sehen.«

»Und was habt Ihr denn gewettet, meine Herren?« fragte Montgommery.

»Langeais hatte mit d’Enghien gewettet, der Dauphin wäre diesen Abend nicht im Louvre,« sagte Herr von Boutières. »Wir gehen an Ort und Stelle und erhalten den erforderlichen Beweis, daß d’Enghien verloren hat.«

»Was Herrn von Boutières betrifft,« sprach der Graf von Sancerre, »so hatte er mit Herrn von Montejan gewettet, Ihr wäret diesen Abend zu Hause, mein lieber Graf, und Ihr seht, daß er gewonnen hat.«

»Und Du hast auch gewonnen, Sancerre, dafür stehe ich Dir,« versetzte seinerseits Herr von Langeais, »denn im Ganzen bilden die drei Wetten nur eine, und wir hätten mit einander verloren oder gewonnen. Sancerre, Herr von Montgommery, hat hundert Pistolen gegen d’Aussun gewettet, Frau von Poitiers wäre diesen Abend krank.«

Euer Vater, Gabriel, erbleichte furchtbar.

»Ihr habt in der That gewonnen, Herr von Sancerre,« sagte er mit erschütterter Stimme, »denn die Frau Großseneschallin ließ mich so eben benachrichtigen, sie könne Niemand empfangen, weil sie plötzlich unpäßlich geworden sei.«

»Ah!« rief der Graf von Sancerre, »ich sagte es doch! Meine Herren, Ihr werdet's mir gegen d’Aussun bezeugen, daß er mir hundert Pistolen schuldig ist.«

Und Alle lachten wie die Narren. Doch der Graf von Montgommery blieb ernsthaft.

»Meine Freunde,« sagte er mit einem etwas bitteren Tone, »wollet Euch nun herbeilassen, mir dieses Räthsel zu erklären.«

»Meiner Treue! sehr gern,« erwiderte Herr von Boutières, »doch entfernt diese guten Leute.«

»Wir waren schon an der Thüre, Perrot und ich, doch der Herr Graf gebot uns durch ein Zeichen, zu bleiben, und sprach zu den jungen Edelleuten:

»Es sind ergebene Freunde, und da ich über nichts zu erröthen habe, so habe ich auch nichts zu verbergen.«

»Es sei,« erwiderte Herr von Langeais, »das riecht zwar ein wenig nach der Provinz, doch die Sache geht im Ganzen mehr Euch an, als uns, Graf. Ich bin auch sicher, daß sie das große Geheimniß schon wissen, denn es ist in der Stadt im Umlauf und Ihr werdet herkömmlicher Weise der Letzte sein, der es erfährt.«

»Aber sprecht doch!« rief der Graf von Montgommery.

»Mein lieber Graf,« sagte Herr von Langeais, »wir werden sprechen, denn es ist uns peinlich, einen Edelmann wie wir und einen galanten Mann, wie Ihr seid, so täuschen sehen zu sollen. Doch wenn wir sprechen, so geschieht es unter der Bedingung, daß Ihr die Offenbarung mit Philosophie, das heißt lachend, hinnehmt, denn ich versichere Euch, dies Alles ist Euren Zorn nicht werth, und überdies wäre Euer Zorn hier zum Voraus entwaffnet.«

»Ich warte, und wir werden sehen,« erwiderte der gnädige Herr mit kaltem Tone.

»Lieber Graf,« sprach sodann Herr von Boutières, der jüngste und unbesonnenste der drei Edelleute, »Ihr kennt die Mythologie nicht wahr, Ihr wißt ohne Zweifel die Geschichte von Diana und Endymion? Doch welches Alter glaubt Ihr, daß Endymion zur Zeit seiner Liebschaft mit Diana–Phöbe gehabt habe? Wenn Ihr Euch einbildet, er habe vierzig gezählt, so enttäuscht Euch, mein Theater, denn er zählte noch nicht einmal zwanzig Jahre, und sein Bart war noch nicht gewachsen. Ich weiß das von meinem, Hofmeister, der vollkommen damit vertraut war. Und deshalb ist diesen Abend Endymion nicht im Louvre, deshalb ist Diana Luna untergegangen und unsichtbar, ohne Zweifel wegen des Regens, und deshalb endlich seid Ihr zu Hause, Herr von Montgommery . . . Woraus Folgt, daß mein Hofmeister ein großer Mann ist, und daß wir unsere drei Wetten gewonnen haben. Es lebe die Freude!«

»Beweise?« fragte kalt der Graf.

»Beweise!« versetzte Herr von Langeais »Ihr könnt sie selbst holen. Wohnt Ihr nicht zwei Schritte von der Luna?«

»Das ist richtig. Ich danke!« sprach der Graf.

Und er stand auf. Die drei Freunde mußten ebenfalls aufstehen, sie waren ziemlich abgekühlt und beinahe erschrocken über das strenge, düstere Wesen von Herrn von Montgommery.

»Ah! Graf,« sagte Herr von Sancerre, »begeht keine Albernheit, keine Unklugheit, und erinnert Euch, daß es eben so wenig gut ist, sich am jungen Löwen, als am alten Löwen zu reiben.«

»Seid unbesorgt!« erwiderte der Graf.

»Ihr grollt uns darum nicht im Mindesten?«

»Je nachdem,« entgegnete er.

Dann geleitete er sie zurück, oder er trieb sie vielmehr bis zur Thüre, und als er sich wieder umwandte, sagte er zu Perrot:

»Meinen Mantel und meinen Degen.«

Perrot brachte Beides.

»Ist es wahr. daß Ihr das wußtet, Ihr Leute?« fragte der Graf seinen Degen umschnallend.

»Ja, gnädiger Herr,« antwortete Perrot mit niedergeschlagenen Augen.

»Und warum habt Ihr mich nicht davon in Kenntniß gesetzt?«

»Gnädiger Herr! . . .« stammelte mein Gatte.

»Es ist richtig; Ihr waret nicht Freunde, sondern nur gute Leute.«

Dabei klopfte er freundschaftlich auf die Schulter seines Stallmeisters. Er war sehr bleich, sprach jedoch mit einer gewissen feierlichen Ruhe. Er sagte zu Perrot:

»Ist es schon lange, daß diese Gerüchte im Umlauf sind?«

»Gnädiger Herr,« erwiderte Perrot, »es sind fünf Monate, daß Ihr Frau Diana von Poitiers liebt, da Eure Heirath auf den Monat November festgestellt worden ist. Und man versichert, der Dauphin habe Diana einen Monat nachdem sie Euer Gesuch entgegengenommen, geliebt; doch man spricht erst seit zwei Monaten davon und es sind keine vierzehn Tage, daß ich es weiß. Die Gerüchte haben erst seit der Vertagung Eurer Heirath Haltbarkeit gewonnen, und man spricht nur insgeheim davon aus Furcht vor seiner Hoheit dem Dauphin. Ich habe gestern einen von den Leuten von Herrn de la Garde geschlagen, weil er so unverschämt war, in meiner Gegenwart darüber zu lachen, und der Baron de la Garde hat es nicht gewagt, mir deshalb einen Verweis zu geben.«

»Man wird nicht mehr darüber lachen,« sprach der gnädige Herr mit einem Tone, der mich schauern machte.

Als er fertig war, fuhr er mit der Hand über seine Stirne und sagte zu mir:

»Aloyse, hole mir Gabriel, ich will ihn umarmen.«

»Gnädiger Herr Gabriel, Ihr schliefet Euren Cherubimschlaf und Ihr finget an zu weinen, als ich Euch weckte und aufhob. Ich hüllte Euch in eine Decke und brachte Euch so zu Eurem Vater. Er nahm Euch in seine Arme, schaute Euch eine Zeit lang stillschweigend an, als wollte er durch Euren Anblick Ruhe gewinnen, und drückte dann auf Eure schönen, halbgeschlossnen Augen einen Kuß. Eine Thräne rollte zu gleicher Zeit auf Euer rosiges Antlitz, die erste Thräne, die dieser starke, muthige Mann in meiner Gegenwart vergossen hatte. Er übergab Euch sodann wieder mir und sprach:

»Ich empfehle Dir mein Kind, Aloyse.«

»Ach! dies ist das letzte Wort, das er an mich gerichtet hat. Es ist in meinem Innern geblieben und ich höre es noch.«

»Ich will Euch begleiten, gnädiger Herr,« sagte nun mein braver Perrot.

»Nein, Perrot,« antwortete Herr von Montgommery, »ich muß allein sein, bleibe.«

 

»Aber gnädiger Herr . . .«

»Ich will es,« sagte er.

Man durfte keine Einwendung machen, wenn er so sprach, und Perrot schwieg.

»Der Graf nahm unsere Hände und sagte:

»Gott befohlen! meine guten Freunde; nein! nicht Gott befohlen, auf Wiedersehen!«

Und dann ging er ruhig und mit sicherem Schritte hinaus, als würde er in einer Viertelstunde wiederkehren.

Perrot sagte nichts; doch sobald sein Herr außen war, nahm er ebenfalls seinen Mantel und seinen Degen. Wir wechselten kein Wort, und ich suchte ihn nicht zurückzuhalten, er that seine Pflicht, indem er dem Grafen folgte, und war es auch zum Tode. Er streckte die Arme nach mir aus, weinend warf ich mich darein, und nachdem er mich zärtlich geküßt hatte, eilte er auf der Spur von Herrn von Montgommery fort. Dies Alles hatte keine Minute gedauert, und wir hatten keine Sylbe gesprochen.

»Als ich allein war, fiel ich auf meinen Stuhl und schluchzte und betete. Der Regen hatte sich außen verdoppelt, und der Wind brauste und heulte mit aller Gewalt. Doch Ihr, gnädiger Herr Gabriel, waret wieder friedlich in Euren unterbrochenen Schlaf versunken, aus dem Ihr nur als eine Waise erwachen solltet.«

XXI.
Worin nachgewiesen ist, daß die Eifersucht zuweilen die Titel vor der französischen Revolution abzuschaffen vermochte

»Das Hotel Brézé, das Frau Diana damals bewohnte, war wie Herr von Langeais gesagt hatte, nur zwei Schritte von dem unsrigen entfernt, in der Rue du Figuier Saint-Paul, wo dieses Unglücksgbäude noch besteht.

Perrot folgte seinem Herrn von ferne, sah ihn vor der Thüre von Frau Diana stille stehen, anklopfen und eintreten. Er näherte sich sodann. Herr von Montgommery sprach mit Stolz und Sicherheit zu den Bedienten, welche sich seinem Fortschreiten widersetzen wollten und behaupteten, ihre Gebieterin wäre krank in ihrem Zimmer. Doch der Graf ging weiter und Perrot benützte die Unruhe, um hinter ihm durch die offen gebliebene Thüre zu schlüpfen . . . Er kannte genau die Gelegenheit des Hauses, da er mehr als eine Botschaft zu Frau Diana gebracht hatte. Ungehindert stieg er in der Dunkelheit hinter Herrn von Montgommery hinauf, war es, weil man ihn nicht bemerkte, oder weil man kein Gewicht auf den Stallmeister legte, sobald der Herr den Befehl gebrochen hatte.

Oben auf der Treppe fand der Graf zwei Kammerfrauen der Herzogin, welche ganz unruhig aussahen und ihn fragten, was er zu einer solchen Stunde wolle. Es hatte in der That zehn Uhr auf allen Glockenthürmen der Umgegend geschlagen. Herr von Montgommery antwortete mit Festigkeit, er wolle auf der Stelle Frau Diana sehen, er habe ihr ohne Verzug wichtige Dinge mitzutheilen, und wenn sie ihn nicht empfangen könne, so werde er warten.

Er sprach sehr laut und so, daß er in dem nahen Schlafzimmer der Herzogin gehört werden mußte.

Eine von den Frauen trat in dieses Zimmer ein, kam bald zurück und sagte:

Frau von Poitiers liege zu Bette, aber sie werde kommen, um mit ihm zu reden, und er möge sie im Sprechzimmer erwarten.

Der Dauphin war also nicht da, oder er benahm sich sehr furchtsam für einen Sohn von Frankreich! Herr von Montgommery folgte ohne Schwierigkeit den zwei Frauen, welche mit Kerzen in der Hand vorangingen, in das Sprechzimmer.

Perrot, der im Schatten auf den Stufen der Treppe gekauert geblieben war, ging nun vollends hinauf und verbarg sich hinter einer hochschäftigen Tapete in einem Corridor, der gerade das Schlafzimmer von Frau Diana von Poitiers von dem Sprechzimmer trennte, wo Herr von Montgommery sie erwartete. Im Hintergrunde dieses weiten Ganges befanden sich zwei vermauerte Thüren, von denen die eine einst in das Sprechzimmer, die andere in das Schlafzimmer geführt hatte. Perrot schlüpfte hinter die Thürvorhänge, welche man der Symmetrie wegen gelassen hatte, und er sah zu seiner Freude, daß er, wenn er horchen würde, Alles hören konnte, was in dem einen oder in dem andern Zimmer vorging. Nicht als wäre mein braver Mann durch eine gemeine Neugierde angetrieben worden: die letzten Worte des Grafen, als er uns verließ, und ein geheimer Instinkt machten ihn darauf aufmerksam, daß sein Herr große Gefahr lief, und gerade in diesem Augenblick stellte man ihm vielleicht eine Falle, und er wollte in der Nähe bleiben, um ihm in der Noth beizustehen.

Leider, wie Ihr sehen werdet, gnädiger Herr, ist keines von den Worten, die er hörte und mir später mittheilte, im Stand, das geringste Licht über die dunkle und unselige Frage zu verbreiten, die Euch heute beschäftigt.

Herr von Montgommery hatte nicht zwei Minuten gewartet, als Frau von Poitiers mit einer gewissen Hast in das Sprechzimmer eintrat.

»Was soll das bedeuten, Herr Graf,« fragte sie, »und woher rührt dieser nächtliche Ueberfall, nachdem ich Euch habe bitten lassen, heute nicht zu kommen?«

»Ich will Euch das mit zwei aufrichtigen Worten sagen, Madame. Doch schickt zuerst Eure Frauen weg. Nun hört mich. Ich werde kurz sein. Man hat mir so eben mitgetheilt, Ihr gebet mir einen Nebenbuhler, dieser Nebenbuhler sei der Dauphin, und er befinde sich gerade heute Abend bei Euch.«

»Und Ihr habt es geglaubt, da Ihr herbeieilt, um Euch zu versichern?« versetzte Frau Diana mit stolzem Tone.

»Ich habe gelitten, Diana, und ich eilte herbei, um bei Euch ein Mittel gegen mein Leiden zu suchen.«

»Nun habt Ihr mich gesehen,« sprach Frau von Portiers. »Ihr wißt, daß sie gelogen, laßt mich zur Ruhe gehen. Entfernt Euch in des Himmels Namen, Jacques.«

»Nein, Diana,« sagte der Graf, ohne Zweifel unruhig über den Eifer, mit dem sie ihn entfernen wollte, »nein, denn wenn sie gelogen hätten, indem sie behaupteten, der Dauphin wäre hier, so haben sie vielleicht nicht gelogen, wenn sie versicherten, er würde diesen Abend kommen, und es wäre mir sehr lieb, wenn ich sie ganz und gar von der Verleumdung überzeugen könnte.«

»Ihr werdet also bleiben, mein Herr?«

»Ich werde bleiben, Madame. Legt Euch nieder, wenn Ihr krank seid, Diana, ich werde mit Eurer Erlaubniß Euren Schlaf hüten.«

»Mit welchem Rechte, mein Herr, würdet Ihr das thun?« rief Diana. »Unter welchem Titel? Bin ich nicht noch frei?«

»Nein, Madame,« erwiderte mit festem Tone der Graf, »es steht Euch nicht frei, einen rechtschaffenen Edelmann, dessen Bewerbungen Ihr angenommen habt, zum Gespötte des Hofes zu machen.«

»Ich werde wenigstens diese letzte Anmaßung nicht billigen,« sprach Frau Diana. »Ihr habt ebenso wenig das Recht, hierzu bleiben, als die Anderen ein Recht haben, Euch zu verspotten. Ihr seid nicht mein Gatte, nicht wahr? So viel ich weiß, führe ich nicht Euren Namen?«

»Ei! Madame,« rief nun Herr von Montgommery in einer Art von Verzweiflung, »was liegt mir daran, daß man mich verspottet! Mein Gott! das ist hier nicht die Frage, Ihr wißt es wohl, Diana; nicht meine Ehre blutet und schreit, sondern meine Liebe. Hätte ich mich durch die Spöttereien dieser drei Fante beleidigt gefunden, so würde ich ganz einfach meinen Degen gezogen haben. Doch mein Herz war zerrissen, Diana, und ich eilte herbei. Meine Würde! mein Ruf! Das ist es nicht, um was es sich handelt, keines Wegs; es handelt sich darum, daß ich Euch liebe, daß ich verrückt, daß ich eifersüchtig bin, daß Ihr mir gesagt und bewiesen habt, Ihr liebet mich, und daß ich Jeden tödten werde, der es wagt, diese Liebe zu berühren, die mein Gut ist, und wäre es der Dauphin, wäre es der König selbst, Madame! Ich werde mich nichts um den Namen meiner Rache bekümmern, das versichere ich Euch. Doch so wahr Gott lebt, ich werde mich rächen.«

»Und worüber denn, wenn es Euch beliebt? Und warum?« fragte hinter Herrn von Montgommery eine gebieterische Stimme.

Perrot schauerte, denn durch den schwach beleuchteten Gang sah er den Herrn Dauphin, der nunmehr König ist und hinter dem Dauphin das höhnisch harte Gesicht von Herrn von Montmorency erscheinen.

»Ah!« rief Frau Diana, indem sie in in einen Lehnstuhl sank und die Hände rang, »das habe ich befürchtet.«

»Herr von Montgommery stieß Anfangs nur einen gewaltigen Schrei aus, dann hörte ihn Perrot mit ziemlich ruhiger Stimme sagen:

»Gnädigster Herr Dauphin . . . ein einziges Wort, habt die Gnade! sagt mir, daß Ihr nicht hierherkommt, weil Ihr Frau Diana von Poitiers liebt und weil Frau Diana von Poitiers Euch liebt.«

»Herr von Montgommery,« erwiderte der Dauphin mit einem noch bewältigten Zorn, »ein einziges Wort auf Befehl! sagt mir, daß ich Euch nicht hier finde, weil Frau Diana Euch liebt, und weil Ihr Frau Diana liebt.«

Da die Scene sich so gestaltete, so standen hier nur noch einander gegenüber der Erbe des größten Thrones der Welt und ein einfacher Edelmann; doch zwei Männer, zwei gereizte eifersüchtige Nebenbuhler, zwei leidende Seelen, zwei zerrissene Herzen.

»Ich war der angenommene und bezeichnete Gemahl von Frau Diana, man wußte es, Ihr wußtet es,« erwiderte Herr von Montgommery, der schon den Titel wegließ, auf den der Prinz ein Recht hatte.

»Versprechen in die Luft, vergessenes Versprechen!« rief Heinrich, »und wenn sie vielleicht auch jünger sind, als die Ewigen, so sind die Rechte meiner Liebe darum nicht minder sicher, und ich werde sie behaupten.«

»Ah! der Unkluge! er spricht von seinen Rechten!« rief der Graf, schon trunken von Eifersucht und Wuth. »Ihr wagt es also, zu behaupten, diese Frau gehöre Euch?«

»Ich sage, daß sie wenigstens nicht Euch gehört,« versetzte Heinrich. Ich sage, daß ich bei Madame mit ihrer Erlaubniß bin, und daß, wie mir scheint, nicht dasselbe bei Euch der Fall ist. Ich erwarte also ungeduldig, daß Ihr weggeht, mein Herr.«

»Wenn Ihr so ungeduldig seid, nun so laßt uns mit einander gehen, das ist ganz einfach.«

»Eine Aufforderung!« rief Montmorency, der nun vortrat. »Ihr wagt es, mein Herr, einen Dauphin von Frankreich herauszufordern?«

»Es gibt hier keinen Dauphin von Frankreich,« erwiderte der Graf, »es gibt nur einen Menschen, der so anmaßend ist, zu behaupten, er werde von der Frau geliebt, die ich liebe.«

Ohne Zweifel machte er einen Schritt gegen Heinrich, denn Perrot hörte Frau Diana rufen:

»Er will den Prinzen beschimpfen! er will den Prinzen tödten! zu Hilfe!«

Und ohne Zweifel verlegen über die seltsame Rolle, die sie spielte, stürzte sie hinaus, trotz Herrn von Montmorency, der ihr sagte, sie möchte sich beruhigen, sie hätten zwei Schwerter gegen eines, und ein gutes Gefolge unten. Perrot sah Frau Diana durch den Corridor eilen und schluchzend in ihr Schlafzimmer fliehen, indem sie ihre Frauen und die Leute des Dauphin rief.

Doch ihre Flucht dämpfte die Hitze der zwei Gegner durchaus nicht; Herr von Montgommery nahm voll Bitterkeit das Wort Gefolge, das man ausgesprochen, auf und rief:

»Mit dem Schwerte seiner Leute gedenkt ohne Zweifel Seine Hoheit der Dauphin die Beleidigungen, die man ihm angethan, zu rächen?«

»Nein, mein Herr,« erwiderte Heinrich stolz, »das meinige wird genügen, um einen Frechen zu bestrafen.«

Beide legten schon die Hand an den Griff ihres Degen; doch Herr von Montmorency trat dazwischen und sprach:

»Verzeiht, gnädigster Herr, derjenige, welcher morgen vielleicht König sein wird, hat nicht das Recht, heute sein Leben zu wagen. Ihr seid nicht ein Mensch, Hoheit, Ihr seid eine Nation: ein Dauphin von Frankreich schlägt sich nur für Frankreich.«

»Wohl!»« rief Herr von Montgommery, »doch ein Dauphin von Frankreich, der Alles hat, entreißt mir dann nicht diejenige, in welche ich einzig mein Leben gesetzt, diejenige, welche für mich mehr ist, als meine Ehre, mehr als mein Kind in der Wiege, mehr als meine unsterbliche Seele; denn sie hätte mich dies Alles vergessen gemacht, diese Frau, die mich vielleicht hinterging! doch nein, sie täuschte mich nicht, das ist unmöglich; ich liebe sie zu sehr! Gnädigster Herr, verzeiht mir meine Heftigkeit, meinen Wahnsinn, und laßt Euch herbei, mir zu sagen, daß Ihr Diana nicht liebt. Zu einer Frau, die man liebt, kommt man nicht begleitet von Herrn von Montmorency und escortirt von acht bis zehn Reitern! das hätte ich bedenken sollen.«

»Diesen Abend,« sprach Herr von Montmorency, »wollte ich Seiner Hoheit mit einer Escorte folgen, weil man mich insgeheim benachrichtigt hatte, es würde ihr heute ein Hinterhalt gestellt werden. Ich mußte jedoch Seine Hoheit auf der Schwelle dieses Hauses allein gehen lassen. Aber der Lärm Eurer Stimme, mein Herr, drang bis zu uns und verpflichtete mich, weiter zu gehen und dem Rathe unbekannter Freunde, die mich zu so gelegener Zeit behutsam machten, ganz und gar Glauben zu schenken.«

»Ich kenne sie, diese unbekannten Freunde!« erwiderte bitter lachend der Graf. »Es sind ohne Zweifel dieselben, die auch mich benachrichtigt haben, der Dauphin wäre diesen Abend hier, und es ist ihnen ihr Plan nach Wünschen gelungen, ihnen und ihr, welche sie handeln ließ. Denn ich nehme an, daß Madame d’Étampes nur durch einen auffallenden Scandal Frau von Poitiers kompromittieren wollte. Der Herr Dauphin hat nun, indem er nicht zögerte, seinen Liebesbesuch mit einem Heere zu machen, wunderbar diesen wunderbaren Plan unterstützt! Ah! es ist so weit gekommen, Heinrich von Valois, daß Ihr nicht mehr die geringste Schonung für Frau von Brézé habt? . . . Ihr erklärt sie also öffentlich für Eure officielle Geliebte? Sie gehört also wirklich und unwiderruflich Euch, diese Frau? Es ist nicht mehr daran zu zweifeln, es ist nichts mehr zu hoffen! Ihr habt mir sie in der That gestohlen, und mit ihr mein Glück, und mit ihr mein Leben.«Nun wohl! Donner und Blut! ich habe nun keine Schonung mehr zu beobachten. Daß Du ein Sohn von Frankreich bist, Heinrich von Valois, ist kein Grund, nicht mehr Edelmann zu sein, und Du wirst mir Rechenschaft ablegen über Deine Pflichtvergessenheit, oder Du bist nur ein Feiger!«

 

»Elender!« rief der Dauphin, indem er seinen Degen zog und auf den Grafen zuging; doch Herr von Montmorency warf sich ihm abermals entgegen.

»Gnädigster Herr, ich sage Euch noch einmal, daß der Erbe des Thrones sein Schwert nicht kreuzen wird eines Weibes wegen mit einem . . .«

»Mit einem Edelmanm der älter ist als Du, erster Baron der Christenheit!« unterbrach ihn der Graf außer sich. »Jeder Edelmann ist übrigens so viel werth als der König, und die Könige sind nicht immer so klug gewesen, als Ihr behaupten wollt, Ihr Leute, und zwar aus Gründen! Carl von Neapel hat Alfons von Arragonien herausgefordert, Franz I., was noch nicht so lange her ist, hat Karl V. herausgefordert. Das war König gegen König: es mag sein! Herr von Nemours, der Neffe des Königs, hat einen einfachen spanischen Kapitän gefordert. Die Montgommery sind so viel werth als die Valois, und da sie sich mehrere Male mit den Kindern von Frankreich oder von England vermählt haben, so können sie sich wohl mit ihnen schlagen. Die alten Montgommery führten die französischen Lilien im zweiten und dritten Felde. Seit ihrer Rückkehr nach England, wohin sie Wilhelm dem Eroberer folgten, war das Wappen der Montgommery azurblau mit einem Löwen mit goldenen Klauen und silberner Zunge, und dabei der Wahlspruch: Garde bien, und drei Lilien auf rothem Grunde. Auf, Hoheit, da unsere Wappen ähnlich sind, wie unsere Schwerter, so folgt einer guten Regung des Ritterthums! Ah! wenn Ihr diese Frau liebtet, wie ich sie liebe, und wenn Ihr mich haßtet, wie ich Euch hasse! doch nein: Ihr seid nur ein schüchternes Kind, das glücklich ist, sich hinter seinem Hofmeister verbergen zu können.«

»Herr von Montmorency, laßt mich,« rief der Dauphin, der sich gegen Montmorency sträubte, welcher ihn zurückhalten wollte.

»Gottes Ostern! nein, ich werde es nicht zugeben, daß Ihr Euch mit diesem Wüthenden schlagt. Zurück! herbei?« rief er mit lauter Stimme.

Und man hörte auch deutlich Frau Diana, welche sich über die Treppe neigte, aus Leibeskräften rufen:

»Zu Hilfe! kommt herauf, Ihr Leute, wollt Ihr Eure Herren erwürgen lassen?«

Dieser Dalilahs-Verrath, denn sie waren im Ganzen zu Zwei gegen Einen, trieb ohne Zweifel die blinde Wuth des Grafen auf’s Aeußerste. Vor Schrecken in Eis verwandelt, hörte ihn Perrot sagen:

»Bedarf es der höchsten Beleidigung, um Euch, Deinen Unterhändler und Dich, Heinrich von Valois, von der Nothwendigkeit, mir Genugthuung zu geben, zu überzeugen?«

Perrot nahm an, daß er sodann auf den Dauphin zugegangen war und die Hand gegen ihn erhoben hatte. Heinrich stieß ein dumpfes Gebrülle aus. Doch Herr von Montmorency hielt wahrscheinlich den Arm des Prinzen zurück, denn während er stärker als je: »Zu Hilfe! zu Hilfe!« schrie, hörte Perrot, der nicht mehr sehen konnte, den Prinzen ausrufen:

»Sein Handschuh hat meine Stirne, gestreift, er kann nur noch von meiner Hand sterben, Montmorency!«

Dies Alles war mit der Schnelligkeit des Blitzes vorgefallen. In demselben Augenblick erschienen die Leute von der Escorte. Es entstand ein heftiger Kampf, und man vernahm einen gewaltigen Lärmen von stampfenden Füßen und klirrenden Schwertern. Herr von Montmorency schrie:

»Bindet den Wüthenden.«

Und der Dauphin: »Tödtet ihn nicht! im Namen des Himmels tödtet ihn nicht!«

Der zu ungleiche Kampf dauerte nur eine Minute.

Perrot hatte nicht einmal Zeit, hinzuzulaufen, um seinem Herrn zu helfen. Als er auf die Thürschwelle kam, sah er einen von den Reitern auf dem Boden ausgestreckt und drei andere mit blutenden Wunden. Doch der entwaffnete Graf war schon gebunden und wurde von fünf bis sechs Reitersknechten gehalten, welche ihn zu gleicher Zeit angefallen hatten. Perrot, den man im Tumult nicht bemerkte, glaubte den Interessen von Herrn von Montgommery nützlicher zu sein, wenn er frei blieb; und es dadurch in seiner Macht behielte, seine Freunde zu benachrichtigen oder ihm bei einer günstigeren Gelegenheit beizustehen. Er kehrte daher geräuschlos an seinen Posten zurück und wartete hier, das Ohr auf der Lauer und die Hand am Schwert, da Herr von Montgommery weder todt noch verwundet war, auf den Augenblick, sich zu zeigen und ihn vielleicht zu retten, denn Ihr werdet sogleich sehen, gnädiger Herr, daß es meinem braven Mann weder an Muth noch an Kühnheit fehlte. Doch er war eben so weise als tapfer und wußte geschickt seinen Vortheil zu fassen. Für den Augenblick konnte er nur beobachten; was er auch mit großer Kaltblütigkeit und Aufmerksamkeit that.

Obgleich gebunden, rief Herr von Montgommery immer noch:

»Sagt ich es Dir nicht, Heinrich von Valois, Du würdest nur zehn Schwerter dem meinigen und den gehorsamen Muth Deiner Soldaten meiner Beleidigung entgegensetzen!«

»Ihr seht, Herr von Montmorency,« sprach der Dauphin bebend.

»Man kneble ihn!« rief Herr von Montmorency statt jeder Antwort, »ich werde Euch sagen lassen,« fuhr er fort indem er sich an die Soldaten wandte, »ich werde Euch sagen lassen, was Ihr mit ihm zu thun habt. Bis dahin bewacht ihn auf das Schärfste. Ihr steht mir mit Eurem Kopfe für ihn.«

Hiernach verließ er das Sprechzimmer und zog den Dauphin mit sich fort. Sie durchschritten den Gang, wo Perrot hinter der Tapete verborgen war, und traten bei Frau Diana ein.

Perrot ging an die entgegengesetzte Wand und drückte sein Ohr an die andere vermauerte Thüre.

Die Scene, der er beigewohnt hatte, war vielleicht minder schrecklich, als die, welche er nun vernehmen sollte.«