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Die Dame von Monsoreau

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Märgi loetuks
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Ohne das Licht von seinem Platze zu verrücken und entschlossen, aus größerer Vorsicht sich auf das einfache Zeugnis seiner Hände zu verlassen, wandte sich der Prinz nach dem Kabinett, dessen Türe er oft mit zitterndem Herzen in jener Zeit geöffnet hatte, wo er hier die Frau Königin von Navarra, blendend von jener Schönheit zu finden hoffte, welche Franz vielleicht mehr schätzte, als es sich für einen Bruder geziemte.



Auch diesmal schlug das Herz von Herrn von Anjou mit aller Gewalt.



Er öffnete tastend den Schrank, untersuchte alle Bretter, gelangte zu dem unteren, und drückte, nachdem er hinten und vorne gedrückt hatte, auch auf eine der Seiten und bemerkte, dass die Leiste wich.



Sogleich schob er seine Hand in den hohlen Raum und fühlte an seinen Fingerspitzen die Berührung einer seidenen Leiter.



Wie ein Dieb, der mit seiner Beute, entflieht, lief der Herzog seinen Schatz mit sich schleppend in sein Zimmer.



Es schlug zwei Uhr. Der Herzog dachte sogleich an den Besuch, der jede Stunde stattfand; er beeilte sich daher, seine Leiter unter dem Kissen eines Lehnstuhles zu verbergen, und setzte sich darauf, Sie war so künstlich gemacht, dass sie in dem engen Raum, in dem sie der Herzog vergraben, hatte, vollkommen verborgen blieb.



Es waren in der Tat kaum fünf Minuten verlaufen als Maugiron im Schlafrock, unter dem linken Arm einen bloßen Degen und in der rechten Hand eine Kerze haltend, erschien.



Während er bei dem Herzog eintrat, fuhr er fort mit seinen Freunden zu sprechen.



»Der Bär ist wütend,« sagte eine Stimme, »er hat vor einem Augenblick Alles zerbrochen; nimm Dich in Acht, Maugiron, dass er Dich nicht verschlingt.«



»Unverschämter!« murmelte der Herzog.



»Ich glaube, Eure Hoheit hat mir die Ehre erwiesen, das Wort an mich zu richten,« sagte Maugiron mit seiner frechsten Miene.



Im Begriffe, loszubrechen, hielt der Herzog wieder an sich, bedenkend, dass ein Streit einen Zeitverlust nach sich ziehen und vielleicht seine Entweichung vereiteln würde.



Er verschluckte seinen Zorn und drehte seinen Stuhl so, dass er dem jungen Manne den Rücken zuwandte.



Maugiron näherte sich, die traditionellen Vorschriften befolgend, dem Bette, um die Leintücher zu untersuchen, und dem Fenster, um sich von dem Vorhandensein der Vorhänge zu überzeugen; er bemerkte bald eine zerbrochene Scheibe, dachte aber, der Herzog hätte sie in seinem Zorne zerschmettert.



»Hollah! Maugiron,« rief Schomberg, »bist Du bereits gefressen, dass Du nichts sprichst? Dann seufze wenigstens, dass man weiß, woran man sich zu halten hat, und Dich rächen kann.«



Der Herzog ließ vor Zorn seine Finger krachen.



»Nein,« erwiderte Maugiron, »mein Bär ist im Gegenteil sehr sanft und völlig bezähmt.«



Der Herzog lächelte schweigend in seiner Dunkelheit.



Und hiernach verließ Maugiron, ohne nur den Prinzen zu grüßen, was doch die geringste einem so hohen Herrn gebührende Höflichkeit war, das Zimmer und verschloss sodann die Türe doppelt.



Der Prinz ließ ihn gewähren; als aber der Schlüssel im Schloss zu knirschen aufgehört hatte, murmelte er;



»Meine Herren, nehmt Euch in Acht, der Bär ist ein sehr feinsinniges Tier.«




Zwölftes Kapitel

Ventre-saint-gris

Sobald der Herzog allein war, zog er, da er wusste, dass er wenigstens eine Stunde Ruhe vor sich hatte, seine Strickleiter unter dem Kissen hervor, entrollte sie langsam und untersuchte jeden Knoten, jede Sprosse mit der ängstlichsten Vorsicht.



»Die Leiter ist gut,« sagte er, »und was sie betrifft, sie bietet man mir nicht als ein Mittel, um die Rippen zu brechen.«



Dann entwickelte er die Leiter vollends gänzlich und zählte zwei und dreißig Sprossen, jede fünfzehn Zoll von der andern entfernt.



»Die Länge ist hinreichend,« dachte er, »auch von dieser Seite ist nichts zu befürchten.«



Er blieb einen Augenblick in ein Nachdenken versunken.



»Ah! wenn ich mir die Sache überlege, sagte er, »die verdammten Mignons schicken mir diese Leiter; ich befestige sie an dem Balkon, sie lassen mich machen, und während ich hinabsteige, schneiden sie die Bande ab… das ist die Falle.«



Dann dachte er abermals nach.



»Ei! nein,« fuhr er fort, »es ist nicht möglich; sie sind nicht so albern, zu glauben, ich würde mich der Gefahr aussetzen, hinabzusteigen, ohne die Türe zu verrammeln, und ist die Türe verrammelt, so mussten sie berechnen, dass ich Zeit habe, zu entfliehen, ehe es ihnen gelungen ist, sie einzustoßen.



»So würde ich es machen,« sagte er umherschauend, »so würde ich es gewiss machen, wenn ich mich zur Flucht entschlösse.



»Wie ist jedoch vorauszusetzen, ich werde an die Unschuld dieser in einem Schranke der Königin von Navarra gefundenen Leiter glauben? Denn welche Person in der ganzen Welt dürfte, mit Ausnahme meiner Schwester Margarethe, das Vorhandensein dieser Leiter kennen?



»Lasst sehen,« wiederholte er, »wer ist der Freund? Das Billet ist unterzeichnet: Ein Freund.



Wer ist der Freund des Herzogs von Anjou, der so gut den Boden der Schränke meiner Wohnung oder der von meiner Schwester kennt?«



Der Herzog hatte kaum diesen Gedanken ausgebildet, der ihm ein siegreicher zu sein schien, als ihn, da er das Billet noch einmal las, um wo möglich die Handschrift zu erkennen, plötzlich eine Idee erfasste.



»Bussy!« rief er.



In der Tat, Bussy, den so viele Damen anbeteten, Bussy, der als ein Held der Königin von Navarra erschien, welche, wie sie selbst in ihren Denkwürdigkeiten zugesteht, Angstschreie ausstieß, so oft er sich schlug, Bussy, der Verschwiegene, Bussy, bewandert in der Wissenschaft der Schränke, war es nicht aller Wahrscheinlichkeit nach Bussy, der Einzige von allen seinen Freunden, auf welchen der Herzog wirklich zählen konnte, war es nicht Bussy, der ihm das Billet zugesandt hatte?



Und die Verlegenheit des Herzogs nahm noch mehr zu.



Alles vereinigte sich jedoch, um den Herzog zu überreden, der Urheber des Billets wäre Bussy. Der Herzog kannte nicht alle Gründe, die der Graf hatte, ihm zu grollen, denn er wusste nichts von seiner Liebe für Diana von Méridor; allerdings vermutete er etwas; da der Prinz Diana geliebt hatte, so musste er begreifen, wie schwierig es war, die schöne junge Frau zu sehen, ohne sie zu lieben; doch dieser leichte Argwohn verschwand darum nicht minder vor den Wahrscheinlichkeiten. Bussy hatte es seine Rechtschaffenheit nicht gestattet, müßig zu bleiben, während man seinen Herrn in Fesseln schlug; Bussy hatte das abenteuerliche Aussehen des Unternehmens verführt; er hatte sich auf seine Weise, nämlich ihm die Freiheit wiedergebend, an dem Herzog rächen wollen. Es unterlag keinem Zweifel mehr, Bussy hatte geschrieben, Bussy wartete.



Um sich vollends aufzuklären, näherte sich der Prinz dem Fenster; er sah in dem Nebel, der vom Flusse aufstieg, drei längliche Silhouetten, welche Pferde sein mussten, und zwei pfostenartige Gegenstände, welche, scheinbar in den Boden gepflanzt, zwei Männer sein mussten.



Zwei Männer, ganz richtig: Bussy und sein getreuer Haudouin.



»Die Versuchung ist mächtig,« murmelte der Herzog, »und die Falle, wenn es eine Falle ist, zu künstlich gestellt, als dass ich mich schämen müsste, wenn ich mich durch dieselbe fangen ließe.«



Franz schaute durch das Schlüsselloch in den Salon; er erblickte seine vier Wächter; zwei schliefen, die zwei andern hatten das Schachbrett von Chicot geerbt und spielten Schach.



Er löschte sein Licht aus. Dann öffnete er sein Fenster und neigte sich über den Balkon.



Der Schlund, den er mit dem Blicke zu ergründen suchte, wurde durch die Finsternis noch furchtbarer. Er wich zurück.



Doch Luft und Raum üben auf den Gefangenen eine so unwiderstehliche Anziehungskraft aus, dass Franz, als er in sein Zimmer zurückkehrte, ersticken zu müssen sich einbildete. Dieses Gefühl ergriff ihn so heftig, dass etwas wie Lebensüberdruß und Gleichgültigkeit gegen den Tod in seinen Geist einzog.



Hierüber ganz erstaunt, dachte der Prinz, der Mut sei ihm gekommen.



Diesen Augenblick der Exaltation benutzend, ergriff er die seidene Leiter, befestigte sie an seinem Balkon mittelst den eisernen Haken, welche sie an einem ihrer Enden bot, wandte sich dann nach der Türe um, die er so gut möglich verrammelte, und kehrte zum Fenster, zurück, fest überzeugt, um das von ihm geschaffene Hindernis zu besiegen, wäre man genötigt, zehn Minuten, das heißt, mehr Zeit zu verlieren, als er brauchen würde, um die unterste Sprosse seiner Leiter zu erreichen.



Er suchte hierauf in der Ferne wieder die Pferde und die Männer zu erschauen, aber er sah nichts mehr.



»Das wäre mir lieber,« murmelte er, »allein fliehen ist besser, als mit dem bekanntesten Freunde fliehen, und noch viel besser, als mit einem unbekannten Freunde.«



In diesem Augenblick herrschte vollständige Finsternis, und das erste Murren des seit einer Stunde drohenden Sturmes fing an am Horizonte zu ertönen; eine große Wolke breitete sich wie ein liegender Elefant von einer Seite des Flusses zur andern aus, wobei sein Kreuz sich an den Palast anlehnte, während sein gekrümmter, Rüssel über die Tour de Nesle ausgestreckt lag und sich an dem südlichen Ende der Stadt verlor.



Ein Blitz spaltete für einen Augenblick die ungeheure Wolke, und es kam dem Prinzen vor, als erblickte er im Graben unter sich diejenigen, welche er vergebens auf dem Ufer gesucht hatte.



Ein Pferd wieherte; es unterlag keinem Zweifel mehr, er wurde erwartet.



Der Herzog rüttelte an der Leiter, um sich zu versichern, dass sie gut befestigt war; dann stieg er auf das Geländer und setzte den Fuß auf die erste Stufe.



Niemand wäre im Stande, die furchtbare Angst zu beschreiben, welche in diesem Augenblick das Herz des Gefangen, der zwischen eine schwache seidene Schnur, als jede Stütze, und die tödlichen Drohungen seines Bruders gestellt war, zusammenschnürte.

 



Doch kaum hatte er den Fuß auf das erste Querholz gestellt, als er bemerkte, dass die Leiter, statt zu schwanken, wie er es erwartet hatte, im Gegenteil steif wurde, und dass die zweite Sprosse sich seinem zweiten Fuße bot, ohne dass die Leiter die in einem solchen Falle ganz natürliche drehende Bewegung zu machen schien.



War es ein Freund oder ein Feind, der unten die Leiter hielt, waren es offene Arme oder bewaffnete Arme, die ihn bei der letzten Sprosse erwarteten? Ein unwiderstehlicher Schrecken bemächtigte sich des Prinzen; er hielt noch den Balkon mit der linken Hand; er machte sogar eine Bewegung, um wieder hinaufzusteigen.



Man hätte glauben sollen, die unsichtbare Person, welche den Prinzen am Fuße der Mauer erwartete, erriete Alles, was in seinem Herzen vorging, denn im demselben Augenblick gelangte ein kleines, sehr sanftes und sehr gleichmäßiges Zucken, eine Art von Aufforderung der Seide an den Fuß des Herzogs.



»Man hält die Leiter unten,« sagte er, »man will nicht, dass ich falle.«



Und er fuhr fort, hinabzusteigen: die Leiter wurde so fest angezogen, dass man hätte glauben sollen, die Sprossen würden durch hölzerne Stangen gehalten. Franz bemerkte, dass man die Sprossen von der Mauer zu entfernen bemüht war, um ihm das Aufstützen seines Fußes zu erleichtern.



Von nun an ließ er sich wie ein Pfeil hinabgleiten, wobei er sich eher an den Händen, als auf den Sprossen senkte und im raschen Schusse den gefütterten Flügel seines Mantels opferte.



Statt die Erde zu berühren, der er sich instinktartig mit seinen Füßen nahe wusste, fühlte er sich plötzlich in die Arme eines Mannes gehoben, der ihm nur die drei Worte zuflüsterte:



»Ihr seid gerettet.«



Dann trug man ihn an den Rand des Grabens und von hier schob man ihn auf einem zwischen Steinen und eingefallener Erde gebahnten Wege fort; er gelangte endlich an den Kamm; hier erwartete ihn ein anderer Mann, der ihn am Kragen fasste und zu sich hinaufzog; als er auch seinem Gefährten hinaufgeholfen hatte, lief er gebückt wie ein Greis bis zum Flusse. Die Pferde waren wirklich an der Stelle, wo Franz sie von Anfang gesehen.



Der Prinz begriff, dass kein Zurückweichen mehr möglich war; er wusste sich völlig der Gnade seiner Retter anheimgegeben.



Hastig lief er zu einem der drei Pferde und schwang sich hinauf; seine zwei Gefährten taten dasselbe . Die Stimme, die bereits ganz leise in sein Ohr gesprochen hatte, sagte mit derselben Kürze und auf dieselbe geheimnisvolle Weise:



»Reitet zu!«



Und alle drei ritten im Galopp davon.



»Das geht bis jetzt gut,« dachte der Prinz, »wir wollen hoffen, dass die Folge des Abenteuers den Anfang nicht Lügen strafen wird.«



»Ich danke, ich danke, mein braver Bussy,« flüsterte ganz leise der Prinz seinem Kameraden zur Rechten zu, der bis an die Nase in einen großen braunen Mantel gehüllt war.



»Reitet zu!« antwortete dieser aus seinem Mantel heraus, und er gab selbst das Beispiel, und die drei Reiter flogen wie Schatten durch die Nacht hin.



So gelangte man zum großen Graben der Bastille, über den man auf einer Brücke ritt, die am Abend zuvor von den Liguisten improvisiert worden war; diese wollten nämlich ihre Verbindungen mit ihren Freunden nicht unterbrechen lassen und ersannen deshalb das Mittel einer Brücke, das, wie man sieht, die Verbindungen ungemein erleichterte.



Die drei Reiter wandten sich gegen Charenton. Das Pferd des Prinzen schien Flügel zu haben. Plötzlich setzte der Gefährte rechts über den Graben und sprengte in den Wald von Vincennes, wobei er nur mit seiner gewöhnlichen lakonischen Kürze dem Prinzen: »Kommt!« zurief.



Der Gefährte links tat dasselbe, jedoch ohne zu sprechen.



Seit dem Augenblick des Aufbruchs war keine Silbe aus dem Munde des Letzteren gekommen.



Der Prinz hatte nicht einmal nötig, sein Ross den Zaum oder die Waden fühlen zu lassen, das edle Tier sprang mit demselben Feuer, das die zwei anderen Pferde geoffenbart hatten, über den Graben, und auf das Gewieher, mit dem es über das Hindernis wegsetzte, antwortete das Gewieher von verschiedenen Pferden aus der Tiefe des Waldes.



Der Prinz wollte anhalten, denn er befürchtete, man führe ihn in einen Hinterhalt.



Doch es war zu spät, das Tier schoss mit solcher Gewalt, dass es das Gebiss nicht mehr fühlte; als es jedoch seine zwei Gefährten ihren Gang etwas mäßigen sah, mäßigte es den seinigen ebenfalls, und Franz befand sich in einer Art von Lichtung, wo acht bis zehn Mann zu Pferde, militärisch aufgestellt, sich durch den Reflex des Mondes, der ihre Panzer versilberte, vor den Augen enthüllten.



»Oh! Oh!« sagte der Prinz, »was soll das bedeuten, mein Herr?«



»

Ventre-saint-gris!

« rief derjenige, an welchen die Frage gerichtet war, »das soll bedeuten, dass wir gerettet sind.«



»Ihr, Heinrich,« rief der Herzog ganz erstaunt, »Ihr, mein Befreier?«



»Ei,« versetzte der Béarner, »was ist da zu staunen, sind wir nicht Verbündete?«



Dann umherschauend, um seinen zweiten Gefährten zu suchen, sagte er:



»Agrippa, wo Teufels bist Du?«



»Hier bin ich,« antwortete d'Aubigné, der die Zähne noch nicht von einander gebracht hatte, »es ist ganz hübsch, dass Ihr Eure Pferde auf diese Art zurichtet, besonders da Ihr so viele habt.«



»Gut, gut,« sagte der König von Navarra, »murre nicht, wenn uns nur zwei ausgeruhte, frische Pferde übrig bleiben, mit denen wir ein Dutzend Stunden in einem Zuge machen können, mehr brauche ich nicht.«



»Aber wohin führt Ihr mich denn, mein Vetter?« fragte Franz unruhig.



»Wohin Ihr wollt, nur müssen wir rasch gehen, denn d'Aubigné hat Recht, die Ställe des Königs von Frankreich sind besser ausgerüstet, als die meinigen, und er ist reich genug, zwanzig Pferde zu Tode reiten zu lassen, wenn er sich in den Kopf gesetzt hat, wir müßten eingeholt werden.«



»Es steht mir in der Tat frei, zu gehen, wohin ich will?« fragte Franz.



»Sicherlich, ich erwarte Eure Befehle.«



»Wohl, also nach Angers.«



»Ihr wollt nach Angers? Gut, nach Angers, es ist wahr, Ihr seid dort zu Hause.«



»Doch Ihr, mein Vetter?«



»Vor Angers verlasse ich Euch und eile nach Navarra, wo meine gute Margot mich erwartet; sie muss sich ohne mich sehr langweilen!«



»Wusste Niemand, dass Ihr hier wart?«



»Ich bin gekommen, um drei Diamanten meiner Frau zu verkaufen.«



»Oh! sehr gut.«



»Und zu gleicher Zeit auch, um ein wenig in Erfahrung zu bringen, ob mich die Ligue wirklich zu Grunde richten würde.«



»Ihr seht, dass dem nicht so ist.«



»Ja, mir Eurer Hilfe.«



»Wie, mit meiner Hilfe?«



»Ja wohl, allerdings, wenn Ihr, statt Euch zu weigern, Führer der Ligue zu werden, da Ihr wusstet, dass sie gegen mich gerichtet war, diese Stellung angenommen und gemeinschaftliche Sache mit den Feinden gemacht hättet, so wäre ich verloren gewesen. Sobald ich hörte, der König habe Euch für Eure Weigerung mit dem Gefängnis bestraft, schwor ich auch, Euch aus demselben zu befreien, und ich habe Euch daraus befreit.«



»Immer noch so einfältig,« sagte der Herzog von Anjou zu sich selbst, »in der Tat, es ist eine Gewissenssache, ihn zu betrügen.«



»Seht, mein Vetter,« sagte lächelnd der Béarner, »geht nach Anjou. Oh, Herr von Guise, Ihr glaubt gewonnenes Spiel zu haben, doch ich schicke Euch hier einen lästigen Kameraden, Nehmt Euch in acht.«

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  Zum Verständnis dieser Sätze erinnern wir den Leser an die Schilderung von Heinrich dem IV. In der Königin Margot von Alexandre Dumas.





Und da man ihnen in diesem Augenblick die von Heinrich verlangten frischen Pferde brachte, schwangen sich beide in den Sattel und sprengten, begleitet von d'Aubigné, der ihnen brummend folgte, im Galopp fort.




Dreizehntes Kapitel

Die Freundinnen

Während Paris kochte, wie das Innere eines Ofens, reiste Frau von Monsoreau, begleitet von ihrem Vater, und von zweien jener Diener, die man damals wie Hilfstruppen zu einer Expedition anwandte, in Märschen von zehn Stunden im Tage nach dem Schlosse Méridor.



Auch sie fing an die Freiheit zu genießen, die den Menschen, welche gelitten haben, so kostbar ist. Das Azurblau des Himmels auf dem Lande, mit dem stets drohenden, wie ein Flor über den schwarzen Türmen der Bastille hängenden Himmel verglichen, das bereits grüne Laubwerk, die schönen Wege, die sich wie lange, schlangenförmige Bänder in dem Grunde der Wälder verloren, Alles dies kam ihr frisch und jung, reich und neu vor, als ob sie wirklich aus dem Grabe hervorgegangen wäre, in das ihr Vater sie versenkt geglaubt hatte.



Der alte Baron war um zwanzig Jahre verjüngt. Wenn man ihn im Gleichgewicht auf den Steigbügeln sah, wie er den alten Jarnac mit den Fersen aufmunterte, hätte man den edlen Herrn für einen von den graubärtigen Ehemännern halten sollen, welche ihre Neuvermählte, verliebt über ihr wachend, geleiten.



Wir unternehmen es nicht, diese lange Reise zu beschreiben. Es gab dabei keine Vorfälle, als Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Zuweilen warf sich Diana ungeduldig aus ihrem Bette, wenn der Mond die Scheiben ihres Zimmers im Gasthof versilberte, weckte den Baron, schüttelte den schweren Schlaf von seinen Leuten, und man reiste bei einem schönen Mondschein ab, um einige Stunden des langen Weges zu gewinnen, den die junge Frau endlos fand.



Man musste sie dann in vollem Marsche sehen, wie sie Jarnac, der ganz stolz darauf war, den andern voraus zukommen, und sodann die Diener an sich vorbeiziehen ließ, und allein auf einem kleinen Hügel zurückblieb, um in die Tiefe des Thales zu schauen, ob ihr nicht Einer folgte… Und wenn das Tal öde war und Diana nichts erblickt hatte, als die auf den Weiden zerstreuten Heerden, oder den schweigsamen Glockenturm irgend eines am Ende der Straße liegenden Fleckens, so kehrte sie ungeduldiger als je zurück.



Dann sagte ihr Vater, der seiner Tochter mit dem Blicke gefolgt war, zu ihr:



»Fürchte nichts, Diana.«



»Fürchten, was, mein Vater?«



»Schaust Du nicht, ob Herr von Monsoreau Dir folge?«



»Ah! es ist wahr, ja, darnach schaute ich,« sagte die junge Frau mit einem neuen Blicke rückwärts.



So kam Diana, von Furcht zu Furcht, von Hoffnung zu Täuschung, gegen das Ende des achten Tages in Méridor an, und wurde auf der Zugbrücke von Frau von Saint-Luc und ihrem Gatten empfangen, welche in Abwesenheit des Barons Gebieter im Schlosse geworden waren.



Dann begann für diese drei Personen jenes Leben, wie es sich jeder Mensch, Virgil, Longus und Theokritos lesend, geträumt hat.



Der Baron und Saint-Luc jagten vom Morgen bis zum Abend. Den Spuren ihrer Pferde folgten die Jäger des Schlosses in beständiger Hast. Man sah Lawinen von Hunden in Verfolgung eines Hasen oder eines Fuchses rollen, und wenn der Donner dieser wütenden Kavalkade in die Wälder überging, bebten Diana und Jeanne, die im Schatten eines Gebüsches auf dem Moos neben einander saßen, ein paar Augenblicke und nahmen dann bald ihr zärtliches, geheimnisvolles Gespräch wieder auf.



»Erzähle mir,« sagte Jeanne, »erzähle mir Alles, was Dir in Deinem Grabe begegnet ist, denn Du warst wirklich für uns tot. Sieh, der blühende Weißdorn wirft uns seine letzten Schneeflöckchen zu und der Holunder sendet seinen berauschenden Wohlgeruch. Eine sanfte Sonne spielt in den großen Zweigen der Eichen. Kein Hauch in der Luft, kein lebendiges Wesen im Park, denn die Hirsche sind so eben entflohen, als sie die Erde zittern fühlten, und die Füchse haben sich rasch in den Bau geflüchtet: erzähle, kleine Schwester, erzähle.«



»Was sagte ich Dir?»



»Du sagtest mir nichts. Du bist also glücklich… Oh! doch das schöne Auge in einen bläulichen Schatten getaucht, die perlmutterartige Blässe Deiner Wangen, das flüchtige, rasche Aufschlagen Deiner Augenlider, während der Mund ein nie vollendetes Lächeln versucht… Diana, Du musst mir viel zu sagen haben.«



»Nichts, nichts.«



»Du bist also sehr glücklich mit Herrn von Monsoreau?«



Diana bebte.



»Du siehst wohl!« rief Jeanne mit einem zärtlichen Vorwurf.



»Mit Herrn von Monsoreau!« wiederholte Diana, »warum hast Du diesen Namen ausgesprochen, warum hast Du dieses Gespenst mitten unter unsern Wäldern, mitten unter unsern Blumen, inmitten unseres Glückes heraufbeschworen…«



»Gut, ich weiß jetzt, warum der dunkle Kreis um Deine Augen, und warum Du sie so oft zum Himmel aufschlägst, doch ich weiß nicht, weshalb Dein Mund zu lächeln versucht.«

 



Diana schüttelte traurig den Kopf.



»Du hast mir, glaube ich, gesagt,« fuhr Jeanne mit ihrem weißen, runden Arm die Schultern von Diana umschlingend fort, »Du sagtest mir, glaube ich, Herr von Bussy habe viel Teilnahme für Dich an den Tag gelegt?«



Diana errötete dergestalt, dass ihr so zartes und so rundes Ohr ganz entflammt zu sein schien.



»Es ist ein reizender Kavalier, dieser Herr von Bussy,« sagte Jeanne und sang:





Un beau chercheur de noise,

C'est le seigneur d'Amboise.



Diana legte ihren Kopf auf den Schoß ihrer Freundin und flüsterte mit einer Stimme, sanfter, als die Grasmücken, wenn sie im grünen Laube ihre Lieder ertönen lassen:





Tendre, fidele aussi

C'est le brave…«



»Bussy! sage es doch…« vollendete Jeanne einen freudigen Kuß auf die Augen ihrer Freundin drückend.



»Genug der Tollheiten,« sprach Diana plötzlich. »Herr von Bussy denkt nicht mehr an Diana von Méridor.«



»Das ist möglich!« versetzte Jeanne, »doch ich möchte wohl glauben, dass er Diana von Méridor sehr gefällt.«



»Sage mir das nicht.«



»Warum? Ist es Dir etwa unangenehm?«



Diana schwieg einen Augenblick.



»Ich sage Dir, Herr von Bussy denkt nicht an mich… und daran tut er wohl. Oh! ich bin feig gewesen…« murmelte die junge Frau.



»Was sagst Du da?«



»Nichts, nichts.«



»Höre Diana, Du fängst wieder an zu weinen, Dich anzuklagen… Du, feig! Du, meine Heldin; Du bist gezwungen worden…«



»Ich glaubte es… ich sah Gefahren, Schlünde unter meinen Füßen… jetzt, Jeanne, kommen mir diese Gefahren chimärisch vor, diese Schlünde, ein Kind könnte mit einem Schritte darüber wegsetzen. Ich bin feig gewesen, sage ich Dir; oh! warum habe ich keine Zeit gehabt, nachzudenken?«



»Du sprichst mir in Rätseln.«



»Nein, das ist es noch nicht,« rief Diana in größter Verwirrung sich erhebend. »Nein, es ist nicht mein Fehler, er, Jeanne, er hat nicht gewollt. Ich erinnere mich der Lage, die mir furchtbar vorkam; ich zögerte, ich schwankte…. mein Vater bot mir seine Unterstützung an und ich hatte Furcht… er, er bot mir seinen Schutz an… doch nicht auf eine Weise, um mich zu überzeugen; der Herzog von Anjou war gegen ihn, der Herzog von Anjou hatte sich mit Herrn von Monsoreau verbunden, wirst Du sagen. Nun, was ist an dem Herzog von Anjou und dem Grafen von Monsoreau gelegen! Wenn man etwas wirklich will, wenn man Einen wirklich liebt… oh! siehst Du, Jeanne, kein Fürst, kein Herr vermöchte mich zurückzuhalten, wenn ich einmal liebte…«



Und ihrer Exaltation preisgegeben, lehnte sich Diana an eine Eiche, als hätte die Seele den Körper gebrochen, und als besäße dieser nicht mehr Kraft genug, sich aufrecht zu halten.



»Beruhige Dich, geliebte Freundin, sei vernünftig…«



»Ich sage Dir, wir sind feig gewesen.«



»Wir… oh! Diana, von wem sprichst Du da? Dieses wir ist beredt, meine teure Diana…«



»Ich will sagen, mein Vater und ich… und hoffe, Du wirst es nicht anders verstehen… Mein Vater ist ein guter Edelmann und konnte mit dem König sprechen; ich bin stolz und fürchte einen Mann nicht, wenn ich ihn hasse… Doch siehst Du? das Geheimnis dieser Feigheit, ich nenne es Dir in wenigen Worten: ich habe begriffen, dass er mich nicht liebte.«



»Du belügst Dich selbst!« rief Jeanne, »wenn Du das glaubtest, so wie ich Dich sehe, so würde ich hingehen und es ihm mit eigenem Munde zum Vorwurf machen… Doch Du glaubst es nicht, Du weißt das Gegenteil, Heuchlerin,« fügte sie mit einer zärtlichen Liebkosung bei.



»Du bist bezahlt, um an die Liebe zu glauben,« versetzte Diana ihren Platz wieder neben Jeanne einnehmend, »Du, die Du Herrn von Saint-Luc einem König zum Trotz geheiratet hast, Du, die er mitten aus Paris entführte, Du, die man vielleicht verfolgt, Du, die Du ihm Acht und Verbannung durch Deine Küsse belohnst.«



»Und er findet sich reichlich belohnt,« rief die mutwillige junge Frau.



»Ich, ich – bedenke ein wenig und sei nicht selbstsüchtig; – ich, die dieser aufbrausende junge Mann zu lieben behauptet, ich, die ich die Blicke des unzähmbaren Bussy fesselte, die Blicke dieses Mannes, der keine Hindernisse kennt, ich habe mich öffentlich verheiratet, ich habe mich den Augen des ganzen Hofes dargeboten, und er hat mich nicht einmal angeschaut; ich habe mich ihm im Kloster der Gypecienne