Tasuta

Die Dame von Monsoreau

Tekst
iOSAndroidWindows Phone
Kuhu peaksime rakenduse lingi saatma?
Ärge sulgege akent, kuni olete sisestanud mobiilseadmesse saadetud koodi
Proovi uuestiLink saadetud

Autoriõiguse omaniku taotlusel ei saa seda raamatut failina alla laadida.

Sellegipoolest saate seda raamatut lugeda meie mobiilirakendusest (isegi ilma internetiühenduseta) ja LitResi veebielehel.

Märgi loetuks
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Sechzehntes Kapitel
Worin Chicot einschläft

Alle diese Anordnungen der Angevins waren einmal dem König, und dann Chicot nicht entgangen. Heinrich Gebärdete sich ungeduldig im Innern des Louvre, die Rückkehr seiner Freunde von ihrem Spaziergang mit den Herren von Anjou erwartend.

Chicot folgte von ferne der Promenade, prüfte als Kenner, was Niemand so gut verstehen konnte, wie er, und schlug, nachdem er sich von den Absichten von Bussy und Quélus überzeugt hatte, den Weg nach der Wohnung von Monsoreau ein.

Monsoreau war ein schlauer Mann, konnte aber nicht darauf Anspruch machen, Chicot zu betören; der Gascogner brachte ihm viele Beileidsbezeigungen im Auftrage des Königs; wie sollte er ihn nicht vortrefflich aufnehmen? Chicot fand Monsoreau im Bette.

Der Besuch am vorhergehenden Abend hatte alle Federn dieser kaum wiederaufgebauten Organisation gebrochen, und Remy beobachtete, eine Hand am Kinn, mit ärgerlichem Gesicht die ersten Anfälle des Fiebers, das sein Opfer wieder zu ergreifen drohte.

Nichtsdestoweniger vermochte Monsoreau das Gespräch aufrecht zu halten und seinen Zorn gegen den Herzog von Anjou so geschickt zu verbergen, dass jeder Andere außer Chicot denselben nicht geargwohnt hätte.

Doch je verschwiegener und zurückhaltender er war, desto eher entdeckte der Gascogner seinen Gedanken.

»In der Tat,« sagte er zu sich selbst, »es kann ein Mann nicht so leidenschaftlich für Herrn von Anjou eingenommen sein, ohne irgend etwas Verborgenes unter dem Spiele zu haben.«

Chicot, der sich auf Kranke verstand, wollte ebenfalls wissen, ob das Fieber des Grafen nicht eine Komödie, nach Art der vor Kurzem von Nicolas David gespielten, wäre.

Doch Remy täuschte nicht, und bei den ersten Pulsschlägen von Monsoreau dachte Chicot:

»Dieser ist wirklich krank und kann nichts unternehmen. Es bleibt Herr von Bussy; wir wollen ein wenig sehen, wozu er fähig ist.«

Und er lief in das Hotel Bussy, das er ganz blendend von Lichtern, ganz duftend von Dünsten fand, welche Gorenflot freudige Ausrufe entlockt hätten.

»Verheiratet sich Herr von Bussy?« fragte er einen Lackei.

»Nein, mein Herr,« erwiderte dieser, »Herr von Bussy versöhnt sich mit mehreren vornehmen Herren des Hofes, und man feiert diese Versöhnung durch ein prachtvolles Mahl.«

»Wenn er sie nur nicht vergiftet … doch hierzu ist er unfähig, und Seine Majestät kann auch von dieser Seite sicher sein,« dachte Chicot.

Er kehrte in den Louvre zurück und erblickte Heinrich, der fluchend in einem Waffensaale auf- und abging. Er hatte drei Eilboten an Quélus abgeschickt, doch da diese Leute nicht begriffen, warum Seine Majestät in Unruhe war, so machten sie ganz einfach einen Halt bei Herrn von Birague dem Sohne, wo jeder Mann mit der Livree des Königs stets ein volles Glas, einen angeschnittenen Schinken und eingemachte Früchte fand.

Es war dies die Methode der Birague, um in Gunst zu bleiben.

Chicot erschien an der Türe des Cabinets, Heinrich gab einen gewaltigen Ausruf von sich.

»Oh! teurer Freund,« sagte er, »weißt Du, was aus ihnen geworden ist?«

»Aus wem? Aus Deinen Mignons?«

»Ach ja! aus meinen armen Freunden.«

»Sie müssen in diesem Augenblick sehr tief liegen,« versetzte Chicot.

»Sollte man sie mir getötet haben!« rief Heinrich, sich mit drohenden Augen erhebend, »sollten sie des Todes sein?«

»Des Todes, ja, ich befürchte es.«

»Du weißt es und lachst darüber, Heide!«

»Warte doch, mein Sohn, des Todes, ja, doch todestrunken.«

»Ah! Narr … wie wehe hast Du mir getan … Doch warum verleumdest Du diese Edelleute?«

»Ich verherrliche sie im Gegenteil.«

»Du spottest beständig … sprich im Ernste, wenn ich Dich darum bitte; weißt Du, dass sie mit den Angevins weggegangen sind?«

»Bei Gott, ob ich es weiß!«

»Nun, was war die Folge davon?«

»Die Folge davon war das, was ich Dir gesagt habe; sie sind todestrunken oder beinahe so.«.

»Doch Bussy, Bussy!«

»Bussy macht sie betrunken, das ist ein sehr gefährlicher Mann.«

»Chicot, ich bitte Dich.«

»Ja wohl! Bussy gibt Deinen Freunden ein Mahl: findest Du das gut?«

»Bussy gibt ihnen ein Mahl? Oh! das ist unmöglich, sie sind geschworene Feinde.«

»Ganz richtig; wären sie Freunde, so würden sie nicht das Bedürfnis fühlen, sich mit einander zu betrinken. Höre, hast Du gute Beine?«

»Was willst Du damit sagen.«

»Würdest Du wohl bis an den Fluß gehen?«

»Ich ginge bis an das Ende der Welt, um dergleichen zu sehen.«

»Wohl! so gehe nur bis zum Hotel Bussy, und Du wirst dieses Wunder erschauen.«

»Du begleitest mich?«

»Ich danke, ich komme eben davon her.«

»Aber, Chicot …«

»Oh! nein, nein, Du begreifst, dass ich, der ich bereits gesehen habe, nicht mich erst zu überzeugen brauche; meine Beine sind um drei Zoll kürzer geworden, so viel haben sie sich in den Bauch zurück gearbeitet. Wenn ich noch bis dorthin ginge, so würden sie beim Knie anfangen. Gehe, mein Sohn, gehe.«

Der König schleuderte ihm einen zornigen Blick zu.

»Du bist sehr gut, dass Du Dir Galle dieser Leute wegen machst,« sagte Chicot. »Sie lachen, schmausen und treiben Opposition gegen Deine Regierung. Erwidre alle diese Dinge als Philosoph; lachen sie, so lass uns auch lachen; speisen sie, so lass uns irgend etwas Gutes und Warmes auftragen. Machen sie Opposition, so lass uns nach dem Abendbrot zu Bette gehen.«

Der König konnte sich des Lächelns nicht erwehren.

»Du kannst Dir schmeicheln, ein wahrer Weiser zu sein,« sprach Chicot. »Es hat in Frankreich langhaarige Könige, einen kühnen König, einen großen König, träge Könige gegeben; ich bin überzeugt, man wird Dich Heinrich den Geduldigen nennen …. Ah! mein Sohn, es ist eine schöne Tugend, – wenn man keine andere hat!«

»Verraten!« sagte der König zu sich selbst, »verraten … diese Menschen haben nicht einmal die Sitten von Edelleuten.«

»Oh! Du bist unruhig über Deine Freunde!« rief Chicot, den König nach dem Saale schiebend, in welchem man das Abendbrot aufgetragen hatte, »Du beklagst sie, als ob sie tot wären, und wenn man Dir sagt, dass sie nicht tot sind, so weinst Du und beunruhigst Dich abermals … Heinrich, Du krächzt doch immer und ewig.«

»Ihr macht mich ungeduldig, Chicot.«

»Sprich, wäre es Dir lieber, wenn Jeder von ihnen sieben bis acht große Stiche im Leibe hätte? … Sei doch konsequent.«

»Es wäre mir lieber, wenn ich Freunde hätte, auf die ich zählen könnte,« sprach Heinrich mit düsterem Tone.

»O ihr Götter! zähle auf mich, ich bin da, mein Sohn, nur füttere mich … Ich will Fasan und Trüffeln,« fügte er, dem König seinen Teller reichend, bei.

Heinrich und sein einziger Freund legten sich frühzeitig zu Bette, der König seufzend über sein leeres Herz, Chicot atemlos über seinen vollen Magen.

Am andern Morgen fanden sich die Herren von Quélus, Schomberg, Maugiron und Épernon bei dem kleinen Lever des Königs ein; der Huissier hatte die Gewohnheit, zu öffnen, und öffnete auch heute bei Erscheinung der Edelleute.

Chicot schlief noch; der König hatte nicht schlafen können. Er sprang wütend aus dem Bette und riß die wohlriechenden Verbände und Zurüstungen ab, welche seine Wangen und seine Hände bedeckten, und rief:

»Hinaus! hinaus! hinaus!«

Ganz erstaunt erklärte der Huissier den jungen Leuten, der König entlasse sie. Sie schauten sich mit gleichem Erstaunen an.

»Aber, Sire,« stammelte Quélus, »wir wollten Eurer Majestät sagen …«

»Nicht wahr, dass Ihr nicht mehr betrunken seid?« brüllte der König.

Chicot öffnete ein Auge.

»Verzeiht, Sire,« sprach Quélus mit großem Ernst, »Eure Majestät begeht einen Irrtum …«

»Ich habe doch keinen Anjou-Wein getrunken!«

»Ah! sehr gut, sehr gut! … Ich begreife … ja …. Nun! …«

»Nun! was?«

»Eure Majestät bleibe mit uns allein, und wir werden sprechen, wenn es Euch beliebt.«

»Ich hasse die Trunkenbolde und die Verräter.«

»Sire!« riefen einstimmig die drei Edelleute.

»Geduld, meine Herren,« sprach Quélus sie zurückhaltend, »Seine Majestät hat schlecht geschlafen und wird schlimme Träume gehabt haben. Ein Wort gewährt unserem hochverehrten Fürsten ein besseres Erwachen.«

Diese freche Entschuldigung, durch einen Untertanen seinem König geboten, machte ihren Eindruck auf Heinrich. Er erriet, dass Leute, welche so kühn waren, solche Dinge zu sagen, nur Ehrenhaftes getan haben konnten.

»Sprecht!« sagte der König, »doch seid kurz.«

»Das ist möglich, Sire, aber es ist schwierig.«

»Ja, … man dreht sich lange um gewisse Anschuldigungen.«

»Nein, Sire, man geht gerade aus,« erwiderte Quélus, Chicot und den Huissier anschauend, als wollte er Heinrich seine Bitte um eine Privataudienz wiederholen.

Der König machte eine Gebärde; der Huissier ging hinaus.

Chicot öffnete das andere Auge und sagte:

»Merkt nicht auf mich, ich schlafe wie ein Ochse.«

Und seine beiden Augen wieder schließend, fing er an mit voller Lunge zu schnarchen.

Siebzehntes Kapitel
Worin Chicot erwacht

Als man sah, dass Chicot so gewissenhaft schlief, so bekümmerte sich Niemand um ihn. Überdies hatte man ziemlich die Gewohnheit angenommen, Chicot als ein Meuble im Schlafzimmer des Königs zu betrachten.

»Eure Majestät weiß nur die Hälfte der Dinge,« sagte Quélus sich verbeugend, »und ich wage zu behaupten, die minder interessante Hälfte. Sicherlich, Niemand hat die Absicht, es zu leugnen, sicherlich haben wir bei Herrn von Bussy gespeist, und ich muss sogar zur Ehre seines Kochs sagen, sehr gut gespeist.«

»Besonders war da ein gewisser Wein von Österreich oder Ungarn, der mir ganz köstlich vorkam!« sprach Schomberg.

 

»Oh! der gemeine Deutsche,« unterbrach ihn der König, »er liebt den Wein, ich habe es immer vermutet.«

»Ich wusste es gewiss, denn ich sah ihn mehr als zwanzigmal betrunken,« sagte Chicot.

Schomberg wandte sich nach ihm um.

»Merke nicht auf mich, mein Sohn,« rief Chicot.

Schomberg kehrte zum König zurück und sprach:

»Meiner Treue, Sire, ich verberge weder meine Freundschaft, noch meinen Hass; es ist etwas Gutes, um einen guten Wein.«

»Nennen wir eine Sache nicht gut, welche uns den Herrn vergessen lässt,« sprach der König mit frommem Tone.

Schomberg war im Begriff, zu antworten, denn er wollte ohne Zweifel nicht so schnell eine so schöne Sache aufgeben, als Quélus ihm ein Zeichen machte.

»Es ist richtig, fahre fort,« murmelte Schomberg.

«Ich sagte also, Sire,« fuhr Quélus fort, »ich sagte, dass wir während des Mahles, und besonders vor demselben die ernsthaftesten und wichtigsten Unterredungen, hauptsächlich die Interessen Eurer Majestät betreffend, hatten.«

»Ihr macht einen sehr langen Eingang, und das ist ein schlimmes Zeichen,« sprach Heinrich.

»Alle Teufel! was für ein Schwätzer ist dieser Valois,« rief Chicot.

»Oh! oh! Meister Gascogner,« sagte Heinrich mit hochmütiger Miene, »wenn Ihr nicht schlaft, so entfernt Euch von hier.«

»Bei Gott! ich schlafe nicht, denn Du hinderst mich am Schlafen,« versetzte Chicot, »Deine Zunge klappert wie die Ratschen am Charfreitag.«

Als Quélus sah, dass man in dieser königlichen Wohnung einen Gegenstand nicht mit Ernst behandeln konnte, so ernst er auch sein mochte, dergestalt hatte die Gewohnheit Jedermann leichtfertig gemacht, so zuckte er die Achseln und stand ärgerlich auf.

»Sire,« sprach Épernon, sich auf den Hüften wiegend, »es handelt sich um sehr wichtige Gegenstände.«

»Um wichtige Gegenstände?« wiederholte der König.

»Allerdings, wenn das Leben von acht braven Edelleuten Eurer Majestät einer Beachtung wert zu sein scheint.«

»Was wollt Ihr damit sagen?« rief der König.

»Ich will damit sagen, der König möge die Gnade haben, mich anzuhören.«

»Ich höre, mein Sohn, ich höre,« sprach Heinrich, seine Hand auf die Schulter von Quélus legend.

»Nun wohl, ich sagte Euch, Sire, wir hätten sehr ernsthaft mit einander gesprochen; erfahrt nunmehr das Resultat unserer Unterredung: das Königtum ist bedroht, geschwächt.«

»Das heißt, alle Welt scheint gegen uns zu konspirieren,« rief Heinrich.

»Es gleicht,« fuhr Quélus fort, »es gleicht jenen seltsamen Göttern, welche, ähnlich den Göttern von Tiber und Caligula, in das Alter versanken, ohne sterben zu können, und fortwährend in ihrer Unsterblichkeit auf dem Wege tödlicher Schwächen einhergingen. Zu diesem Punkte gelangt, bleiben diese Götter in ihrer zunehmenden Altersschwäche nur stehen, wenn eine schöne Ergebenheit irgend eines Anhängers sie wieder verjüngt und wiedererweckt. Neugeboren durch den Einguss eines jungen, glühenden, edlen Blutes, fangen sie wieder an zu leben und werden abermals stark und mächtig. Wohl, Sire, Euer Königtum ist diesen Göttern ähnlich; es kann nur noch durch Opfer leben.«

»Er spricht goldene Worte,« sagte Chicot, »Quélus, mein Sohn, predige in den Straßen von Paris, und ich wette einen Ochsen gegen ein Ei, dass Du Lincestre, Cahier, Cotton, und sogar den Blitz der Beredsamkeit, den man Gorenflot nennt, verdunkelst.«

Heinrich antwortete nicht; es ging offenbar eine große Veränderung in seinem Geiste vor; er hatte Anfangs die Mignons durch hochmütige Blicke angegriffen und zurückgewiesen, dann erfasste ihn allmählich das Gefühl der Wahrheit; er wurde nachdenkend, düster, unruhig.

»Immer zu, Ihr seht, dass ich höre, Quélus,« sprach er nach einiger Zeit.

»Sire,« fuhr dieser fort, »Ihr seid ein sehr großer König, doch Ihr habt keine Horizonte mehr vor Euch; der Adel hat Euch Schranken gesetzt, über welche hinaus Ihr nichts mehr seht, wenn nicht die bereits wachsenden Schranken, welche Euch das Volk ebenfalls setzt. Wohl, Sire, Ihr, der Ihr ein mutiger seid, sprecht, was macht man im Kriege, wenn sich ein Bataillon als bedrohliche Mauer dreißig Schritte von einem andern Bataillon aufgestellt hat? Die Feigen schauen rückwärts und entfliehen, wenn sie den Raum frei sehen; die Tapferenen senken den Kopf und stürzen vorwärts.«

»Wohl, es sei, vorwärts!« rief der König, »beim Tode Gottes! bin ich nicht der erste Edelmann meines Reiches? Hat man schönere Schlachten gelenkt, als die meiner Jugend, frage ich Euch? Und hat das Jahrhundert, dessen Ende wir nahe sind, viele Namen, welche mächtiger klingen, als Montcontcour und Jarnac? Vorwärts, meine Herren, und ich werde als der Erste marschieren, das ist meine Gewohnheit im Kampfe.«

»Ja, Sire,« riefen die jungen Leute, durch diese kriegerische Kundgebung des Königs elektrisiert, »ja, Sire, vorwärts!«

Chicot setzte sich auf.

»Friede dort, Ihr Leute,« sagte er, »lasst meinen Redner fortfahren. Immer zu, Quélus, mein Sohn, Du hast bereits schöne und gute Dinge gesagt, und es bleibt Dir noch viel zu sagen übrig; fahre fort, mein Freund, fahre fort.«

»Ja, Chicot, Du hast auch Recht, wie es oft bei Dir der Fall ist. Ja, ich werde fortfahren und Seiner Majestät sagen, dass der Augenblick für das Königtum gekommen ist, eines von den Opfern zu bewilligen, von denen wir so eben gesprochen haben. Gegen alle diese Wälle, welche unmerklich Eure Majestät einschließen, werden vier Männer marschieren, sicher, durch Euch, Sire, ermutigt und durch die Nachwelt verherrlicht zu werden.«

»Was sagst Du, Quélus?« fragte der König, die Augen glänzend von einer durch Besorgnis gemilderten Freude, »wer sind diese vier Männer?«

»Ich und diese Herren,« sprach der junge Mann mit dem Gefühle des Stolzes, das jeden Menschen erhebt, der sein Leben für einen Grundsatz oder für eine Leidenschast einsetzt, »ich und diese Herren, wir weihen uns Euch, Sire.«

»Wozu?«

»Zu Eurem Heile.«

»Gegen wen?«

»Gegen Eure Feinde.«

»Hass von jungen Leuten!« rief Heinrich.

»Oh! das ist der Ausdruck des gewöhnlichen Vorurteils, Sire, und die Zärtlichkeit Eurer Majestät für uns ist so edel, dass sie sich herbei lässt, unter diesem trivialen Mantel sich zu verbergen; doch wir erkennen sie; sprecht als König und nicht als Bürger der Rue Saint-Denis. Stellt Euch nicht, als glaubtet Ihr, Maugiron hasse Antraguet, Schomberg werde durch Livarot beengt, Épernon sei auf Bussy eifersüchtig, und Quélus grolle Ribeirac. Ei! nein, sie sind Alle jung, schön und gut; Freunde und Feinde, Alle könnten sich wie Brüder lieben. Doch es ist nicht eine Rivalität von Menschen gegen Menschen, was uns das Schwert in die Hand gibt, es ist der Krieg von Frankreich gegen Anjou, der Krieg des Volksrechtes gegen das göttliche Recht; wir treten als Streiter für das Königtum auf den Kampfplatz, auf welchem die Streiter der Ligue erscheinen, und sprechen zu Euch: Segnet uns, Herr, lächelt denen zu, welche für Euch sterben werden. Euer Segen wird ihnen vielleicht den Sieg verleihen, Euer Lächeln wird ihnen sterben helfen.«

Beinahe erstickt durch die Tränen, öffnete Heinrich Quélus und den Andern seine Arme. Er versammelte sie an seinem Herzen, und es war kein Schauspiel ohne Interesse, kein Gemälde ohne Ausdruck, diese Szene, wo der männliche Mut sich mit den Bewegungen einer riefen Zärtlichkeit verband, welche treue Ergebenheit in dieser Stunde heiligte.

Ernst und verdüstert, die Hand über seiner Stirne, schaute Chicot aus der Tiefe des Alkoven hervor, und dieses gewöhnlich durch die Gleichgültigkeit erkaltete oder durch das Lachen des Spottes zusammengezogene Gesicht war nicht das am Mindesten edle, am Blindesten beredte von den sechsen.

»Ah! meine Braven!« sprach endlich der König, »das ist eine schöne Ergebenheit, das ist ein schöner Vorsatz, und ich fühle mich heute stolz, nicht weil ich über Frankreich regiere, sondern dass ich Euer Freund bin. Da ich aber meine Interessen besser kenne, als irgend Jemand, so werde ich ein Opfer nicht annehmen, dessen Erfolg, in der Hoffnung glorreich, wenn Ihr scheitertet, mich in die Hände meiner Feinde liefern würde. Glaubt mir, um Anjou zu bekriegen, genügt Frankreich. Ich kenne meinen Bruder, die Guisen und die Ligue; oft in meinem Leben habe ich wildere, unbotmäßigere Pferde gezähmt.«

»Aber, Sire, Soldaten urteilen nicht so,« rief Maugiron, »sie können die schlimme Chance bei Prüfung einer Frage dieser Art nicht in Betracht ziehen, bei einer Ehrenfrage, bei einer Gewissensfrage, die der Mensch in seiner Überzeugung verfolgt, ohne sich darum zu bekümmern, was das scharfe Urteil nach strenger Abwägung darüber sagen dürfte.«

»Verzeiht, Maugiron,« erwiderte der König, »ein Soldat kann blindlings vorwärts gehen, doch der Feldherr überlegt.«

»Überlegt also, Sire, und lasst uns handeln, uns, die wir nur Soldaten sind,« sprach Schomberg, »überdies kenne ich die schlimme Chance nicht, ich, der ich stets Glück gehabt habe.«

»Freund, Freund,« unterbrach ihn der König mit traurigem Tone, »ich kann nicht so viel von mir sagen; es ist wahr, Du bist erst zwanzig Jahre alt.«

»Sire,« sprach Quélus, »die verbindlichen Worte Eurer Majestät verdoppeln nur unsern Eifer. An welchem Tage sollen wir das Schwert mit den Herren von Bussy, Livarot, Antraguet und Ribeirac kreuzen?«

»Nie; ich verbiete es Euch durchaus, nie!«

»Habt die Gnade, Sire, entschuldigt,« versetzte Quélus, »dieses Zusammentreffen ist gestern vor dem Mittagsmahl verabredet worden; wir haben gegenseitig unser Wort gegeben und können es nicht zurücknehmen.«

»Entschuldigt mich, mein Herr,« antwortete Heinrich, »der König entbindet von jedem Eide und von jedem Worte, indem er spricht: Ich will, oder ich will nicht, denn der König ist die Allmacht. Lasst diesen Herren zu wissen tun, ich habe Euch mit meinem ganzen Zorn bedroht, wenn Ihr handgemein werdet, und damit Ihr selbst nicht daran zweifelt, schwöre ich Euch, dass ich Euch verbanne, wenn …«

»Haltet ein, Sire!« rief Quélus, »denn wenn Ihr uns unseres Wortes entbinden könnt, so kann Gott allein Euch des Eurigen entbinden. Schwört also nicht: haben wir aus einer solchen Veranlassung Euren Zorn verdient und dieser Zorn verdolmetscht sich durch die Verbannung, so gehen wir mit Freuden in die Verbannung, denn sobald wir nicht mehr auf dem Grundgebiete Eurer Majestät sind, können wir unser Wort halten und in fremdem Lande mit unsern Gegnern zusammentreffen.«

»Wenn sich diese Herren Euch nur auf die Entfernung eines Büchsenschusses nähern,« rief der König, »so lasse ich alle Vier in die Bastille werfen.«

»Sire,« sprach Quélus, »an dem Tage, wo Eure Majestät so verführe, würden wir barfuß und den Strick Euch um dem Hals vor Meister Laurent Testu, dem Gouverneur, erscheinen und uns mit diesen Edelleuten einsperren.«

»Gottes Tod! ich werde ihnen den Kopf abschlagen lassen! Ich bin hoffentlich der König.«

»Wenn unseren Feinden dergleichen begegnete, Sire, so würden wir uns am Fuße ihres Schafotts den Hals abschneiden.«

Heinrich schwieg lange und sprach endlich, seine schwarzen Augen zum Himmel aufschlagend:

»Bei meiner Ehre! das ist ein guter und braver Adel …Wenn Gott eine durch solche Leute verteidigte Sache nicht segnen würde! …«

»Sei nicht gottlos, blasphemire nicht!« sprach feierlich Chicot, von seinem Bette herabsteigend und auf den König zu schreitend. »Ja, es sind edle Herzen. Mein Gott! tue, was er will, hörst Du, mein Herr? Vorwärts, bestimme diesen jungen Leuten einen Tag. Das ist Deine Aufgabe, und nicht, dem Allmächtigen seine Pflicht vorzuschreiben.«

»Oh! mein Gott! mein Gott!« murmelte Heinrich.

»Sire, wir flehen Euch an,« sprachen die vier jungen Männer, den Kopf senkend und das Knie beugend.

»Wohl! es sei. In der Tat, Gott ist gerecht, er verleiht uns den Sieg; übrigens werden wir ihn auf geistlichem und vernünftigem Wege vorzubereiten wissen. Teure Freunde, erinnert Euch, dass Jarnac mit aller Pünktlichkeit seine Andacht verrichtete, ehe er la Chataigneraie bekämpfte; der Letztere war eine gewaltige Klinge, aber er vergaß sich bei Schmäusen, bei Festgelagen, er besuchte die Frauen … eine abscheuliche Sünde. Kurz, er versuchte Gott, der vielleicht seiner Jugend, seiner Schönheit, seiner Stärke zulächelte und ihm das Leben retten wollte. Jarnac hieb ihm durch die Kniebeuge. Hört mich, wir werden die große Andacht verrichten; wenn ich Zeit hätte, ließe ich Eure Schwerter nach Rom bringen und vom heiligen Vater weihen. Doch wir haben den Reliquienkasten der heiligen Genoveva, der so viel wert ist, als die besten Reliquien. Wir wollen mit einander fasten, uns geißeln, den großen Tag des Fronleichnamsfestes heiligen, und an dem darauf folgenden Tage …«

»Oh! Sire, Dank, Dank,« riefen die jungen Leute, »das ist in acht Tagen.«

 

Und sie stürzten sich auf die Hände des Königs, der sie insgesamt noch einmal umarmte und dann Tränen vergießend in sein Betzimmer zurückkehrte.

»Unser Fehdebrief ist abgefasst,« sprach Quélus, »wir dürfen nur noch Tag und Stunde einfügen. Schreibe, Maugiron, auf diesem Tische, mit der Feder des Königs; schreibe den Tag nach dem Fronleichnamsfeste!«

»Es ist geschehen,« antwortete Maugiron, »wer ist der Herold, der diesen Brief überbringen wird?«

»Ich werde es sein, wenn es Euch beliebt,« sprach Chicot hinzutretend, »nur will ich Euch einen Rat geben, meine Kleinen. Seine Majestät spricht vom Fasten, von Geißelungen und von Reliquienkasten … Das ist vortrefflich als ein Gelübde nach einem Siege; aber vor dem Kampfe ziehe ich die Wirksamkeit einer guten Nahrung, eines edlen Weines, eines einsamen, ruhigen Schlafes von acht Stunden bei Tag oder bei Nacht vor. Nichts gibt dem Faustgelenke die Geschmeidigkeit und den Nerv, wie eine Station von drei Stunden bei Tische, wenigstens ohne Trunkenheit. Was das Kapitel der Liebe betrifft, billige ich die Ansicht des Königs, das verweichlicht zu sehr, und Ihr würdet wohl daran tun, in diesem Punkte Enthaltsamkeit zu üben.«

»Bravo, Chicot!« riefen gleichzeitig die jungen Leute.

»Gott befohlen, meine kleinen Löwen,« erwidert Chicot, »ich gehe in das Hotel Bussy.«

Er machte drei Schritte, kehrte wieder um.

»Doch hört, verlasst den König nicht während des schönen Fronleichnamstags; gehe Keiner von Euch auf das Land; bleibt im Louvre wie eine Hand voll Paladine. Das ist abgemacht, nicht wahr? Ja; dann besorge ich Euren Auftrag.«

Und seinen Brief in der Hand, öffnete Chicot den Winkelmesser seiner langen Beine und verschwand.