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Drittes Kapitel.
Wie Jungfer Camargo in den Besitz des Herrn Decamps kam

Der mündlichen Einladung, welche Decamps an mich gerichtet hatte, ungeachtet, erhielt ich den andern Tag einen gedruckten Brief. Dieser doppelte Aufruf hatte zum Zweck, mir den unumgänglich notwendigen Anzug ins Gedächtnis zurückzurufen, indem die Eingeladenen nur in Schlafröcken und Pantoffeln angenommen werden durften. Ich war pünktlich in der Zeit, auch war ich der Uniform pflichtlich nachgekommen.

Es ist ein merkwürdiger Anblick um das Atelier eines Malers, wenn er, um seinen Gästen Ehre anzutun, seine vier Wände mit dem koketten Gallaschmuck gehängt hat, dessen Einzelheiten ihm aus allen vier Weltteilen zugekommen sind. Man glaubt in die Wohnung eines Künstlers einzutreten und man befindet sich mitten in einem Museum, das mehr als einer Departementshauptstadt Frankreichs Ehre machen würde. Jene Rüstungen, welche das mittelalterliche Europa vertreten, stammen aus verschiedenen Regierungen und verraten durch ihre Form die Epoche ihrer Verfertigung. Diese hier, auf den beiden Seiten der Brust poliert, mit ihrer scharfen und glänzenden Kante und ihrem eingegrabenen Kruzifix, zu dessen Füßen eine betende Mutter Gottes mit der Umschrift ist: Mater Dei, ora pro nobis, ist in Frankreich geschmiedet und dem König Ludwig XI. überreicht worden, der sie an den Wanden seines alten Schlosses Plessis-les-Tours aufhängen ließ. Jene dort, deren Brust gewölbt ist und noch jetzt die Spuren der schweren Hiebe trägt, vor denen sie ihren Herrn geschützt hat, ist in den Turnieren des Kaisers Maximilian so mit Beulen versehen worden und kommt uns von Deutschland zu. Diese andere, die in halb erhabener Arbeit die Heldentaten des Herkules darstellt, ist vielleicht vom König Franz I. getragen worden, und kommt gewiss aus den florentinischen Werkstätten Benvenuto Cellini’s. Dieser kanadische Tomahawk und jenes Scalpiermesser kommen von Amerika: der eine hat französische Köpfe zerschmettert und das andere parfümierte Haare abrasiert. Diese Pfeile und dieser Krik (Dolch) sind indisch, die Eisenspitzen der einen und die Klinge des andern sind tödlich, denn sie sind mit dem Saft der Kräuter Java’s vergiftet worden. Jener gekrümmte, gestromte Säbel wurde in Damaskus geschmiedet. Dieser Yatagan, an dessen Klinge ebenso viele Einschnitte sind, als er Köpfe abgeschnitten hat, ist den sterbenden Händen eines Beduinen entrissen worden. Jene lange Flinte mit Kolben und Spitzmütterchen von Silber ist vielleicht von Isabay aus der Casauba zurückgebracht, der sie vielleicht von Jussuf gegen einen Plan des Seehafens von Algier, oder eine Zeichnung des Kaiserforts eingetauscht hat.

Wenn man nun diese Trophäen, deren jede eine Welt vertritt, Stück für Stück besehen hat, werfe man die Augen auf jene Tische, worauf tausend verschiedenartige Gegenstände in buntem Gemische durch einander liegen, gleichsam selbst verwundert sich hier beisammen zu befinden. Hier sind japanisches Porzellan, ägyptische Figürchen, spanische Messer, türkische Dolche, italienische Stilete, algierische Pantoffeln, cirkassischs Plattmützen, Götzenbilder vom Ganges, Kristalle aus den Alpen. Seht es an: man kann sich einen ganzen Tag dabei verweilen.

Zu den Füßen des Zuschauers sind Felle von Tigern, Löwen, Leoparden aus Asien und Afrika; über seinem Haupt, die Flügel ausgespannt und wie mit Leben begabt, die Seemöwe, die im Augenblick, wo die Woge sich bricht, um zurückzufallen, unter ihrem Gewölbe wie unter einem Schwibbogen durchfliegt; der Seeadler, wenn er einen Fisch auf der Oberfläche des Wassers sieht, seine Flügel zusammenschlägt und sich wie einen Stein auf ihn fallen lässt; das Taucherhuhn, das in dem Augenblick, wo, das Gewehr des Jägers auf dasselbe gerichtet ist, untertaucht und erst in einer Entfernung wieder erscheint, die es außerhalb der Schussweite bringt; endlich der Eisvogel, dieser Alcyon der Alten, auf dessen Gefieder die lebendigsten Farben des Aqua-Marin und des Lapislazuli funkeln.

Aber was an einem großen Gesellschaftsabend bei einem Maler besonders merkwürdig ist, die Aufmerksamkeit eines Liebhabers zu fesseln, ist die fremdartige Sammlung schön gestopfter Pfeifen, welche erwarten, wie Prometheus, dass man für sie das Feuer des Himmels entwende. Denn Sie müssen wissen. Nichts ist phantastischer und grillenhafter als der Geist der Raucher. Der eine zieht die einfache irdene Pfeife vor, welcher unsere alten Brummbärte den ausdrucksvollen Namen Schnabelbrand gegeben haben; diese wird ganz einfach mit Tabak aus der Regie, Corporaltaback genannt, gefüllt. Der andere kann seinen zarten Lippen nur die Bernsteinspitze des arabischen Tschibuks nahe bringen, und dieß stopft sich mit dem schwarzen Tabak von Algier oder dem grünen von Tunis. Jener, ernst wie ein Häuptling Coopers, zieht kunstmäßig aus der Friedenspfeife den Qualm von Maryland; dieser, sinnlich wie ein Nabob, windet wie eine Schlange die geschmeidige Röhre seiner indischen Hucca um den Arm, welche den Dampf des Latakie nur erkaltet und mit Rosen und Benzoe parfümiert zu seinem Munde gelangen lässt. Es gibt welche, die in ihrer Gewohnheit die Meerschaumpfeife des deutschen Studenten und die kraftvolle, schmal zerschnittene belgische Zigarre, der türkischen von Lamartine besungenen Wasserpfeife Marguille, und dem Tabak von Sinai, dessen Wert steigt oder fällt, je nachdem er auf dem Berg oder in der Ebene gewonnen wurde, vorziehen. Wieder Andere endlich verrenken sich, aus Originalität oder Laune, den Hals, um in perpendikulärer, Stellung den Gurguri der Neger festzuhalten, während ein dienstfertiger Freund, auf einen Stuhl gestiegen, mit großem Zusatz von glühenden Kohlen und Anstrengung der Lungenflügel das fette Kraut von Madagascar zuerst zu trocknen und dann anzuzünden versucht.

Als ich bei dem Amphitryon eintrat, waren alle Wahlen getroffen, und alle Plätze besetzt; aber Jeder drückte sich bei meinem Anblick an den Andern, und durch eine Bewegung, die durch ihre Präzision einer Compagnie Nationalgarde Ehre gemacht hätte, machten sich alle Röhren, von Holz oder Erde, von Horn oder Elfenbein, von wohlriechendem Weichsel oder Bernstein von den verliebten Lippen, die sie drückten, los, und streckten sich mir entgegen. Ich gab mit der Hand ein Zeichen des Dankes, zog aus meiner Tasche Süßholzpapier, und fing an, zwischen meinen Fingern die andalusische Cigaritto mit all’ der Geduld und Geschicklichkeit eines alten Spaniers zu rollen.

Fünf Minuten später schwammen wir in einem Dampfe, der ein Schiff von zwanzig Pferdekraft hätte in Gang bringen können.

Soviel dieser Rauch es erlaubte, unterschied man außer den Eingeladenen die gewöhnlichen Genossen des Hauses, mit denen der Leser schon Bekanntschaft gemacht hat. Gazelle hatte diesen Abend sich einer seltsamen Lieblings-Beschäftigung überlassen: dies war, längs des Marmorkamins herum zusteigen, um sich an der Lampe zu erwärmen, und mit heftiger Gier betrieb sie diese unglaubliche Uebung. Tom diente Alexander Decamps zur Stütze, ungefähr wie das Missen eines Diwans; von Zeit zu Zeit richtete er seinen gutmütigen Kopf traurig unter dem Arm seines Herrn auf, und prustete heftig, um den Rauch, der ihm in die Nasenlöcher kam, zurückzutreiben, dann legte er sich wieder mit starkem Seufzen nieder. Jakob I. saß auf einem Taburet an der Seite seines alten Freundes Fau, der seine Erziehung mittelst tüchtiger Reitpeitschenhiebe bis zu dem Punkt der Vervollkommnung gebracht hatte, wohin sie gelangt war, und für den er die größte Erkenntlichkeit und besonders den blindesten Gehorsam hatte. Endlich war mitten im Kreise und in ihrem Deckelglas Jungfer Camargo, deren gymnastische und gastronomische Übungen ganz besonders die Wonne des Abends bilden sollten.

Da, wo wir angelangt sind, ist es von Wichtigkeit, einen Blick rückwärts zu werfen und unsern Lesern mitzuteilen, durch welchen unerhörten Zusammenfluss von Umständen Jungfer Camargo, die in der Ebene von Saint-Denis geboren war, sich mit Tom zusammen befand, der aus Kanada herstammte, mit Jakob, der das Licht der Welt an den Küsten Angola’s erblickt hatte, und mit Gazelle, die in den Sümpfen Hollands aufgefangen worden war.

Man weiß, wie bewegt die Viertel von Saint-Martin und Saint-Denis sind, wenn der Monat September wieder zur Jagd einladet. Man begegnet dann Nichts als Bürgern, die vom Kanal heimkehren, wo sie ihr Glück vor der Hand im Schwalben schießen versucht haben; Jeder schleppt einen Hund an der Leine mit sich und trägt eine Flinte auf der Schulter, süß verhoffend, in diesem Jahre weniger in die Luft zu schießen, als im vorigen, auch halten sie alle Bekannten an, um ihnen zu sagen: »Sind Sie ein Liebhaber von Wachteln, oder Rebhühnern?« – Ja. – Gut, ich werde Ihnen den dritten oder vierten des nächsten Monats welche zusenden. – Danke. – Ei, ich habe fünf Schwalben in acht Schüssen getroffen. – Sehr gut. – Nicht schlecht geschossen, nicht wahr? – Vortrefflich. – Gott befohlen! Guten Abend.

Gegen das Ende des Monats August ein tausend achthundert und neunundzwanzig nun, trat einer jener Jäger in das große Thor des Hauses Numero 109. in der Vorstadt Saint-Denis, fragte den Pförtner, ob Decamps zu Hause sei, und stieg auf dessen bejahende Antwort, seinen Hund Stufe für Stufe nachziehend, und an jeder Ecke der Wand den Lauf seiner Flinte anstoßend, die fünf Stockwerke hinauf, die in die Werkstätte unseres berühmten Malers führen.

Er fand hier nur seinen Bruder Alexander.

Alexander ist einer jener geistreichen und originellen Menschen, welche man schon, wenn man sie im Vorübergehen anblickt, für Künstler erkennt, zu Allem geschickt, wären sie nicht allzu träge, um sich je mit einer Sache ernstlich zu befassen; mit einem Instinkt für das Schöne und Wahre begabt, der ihr ganzes Wesen durchdringt, dass sie überall das Schöne und Wahre erkennen, wo sie es treffen, es überall erkennen, wo sie ihm begegnen, ohne sich darum zu bekümmern, ob das Werk, das ihren Enthusiasmus erregt, von einer Kotterie anerkannt oder mit einem Namen bezeichnet ist. Übrigens gutmütig in der ganzen Bedeutung des Worts, immer bereit, die Taschen für seine Freunde auszuleeren, und wie alle, von einer Idee, die es wert ist, eingenommene Leute, leicht hinzureißen, nicht aus Charakterschwäche, sondern aus Ekel am Streiten und aus Furcht der Ermüdung.

 

Mit dieser Geistesbeschaffenheit ließ sich Alexander leicht von dem Neu ankommenden überreden, dass er großes Vergnügen finden würde, wenn er mit ihm die Jagd in der Ebene von Saint-Denis eröffne, wo es, wie man sagte, dieses Jahr Wachteln in ganzen Kitten, Rebhühner in ganzen Flügen und Hasen Herdenweise gäbe.

In Folge dieser Unterredung bestellte Alexander eine Jagdjacke bei Chevreuil, eine Flinte bei Lepage und Kamaschen bei Boivin: Alles zusammen kostete ihn 660 Franken, ohne die Erlaubnis, Waffen zu haben, die ihm von der Polizei-Präfektur auf das Vorzeigen eines Zeugnisses guter Sitten und Lebenswandels, welches ihm der Commissär des Viertels ohne Widerrede ausstellte, erteilt wurde.

Den einunddreißigsten August bemerkte Alexander, dass ihm nur noch ein Ding fehle, um ein vollendeter Jäger zu sein: nämlich ein Hund. Er eilte sogleich zu dem Mann, der zu dem Gemälde der gelehrten Hunde mit seiner Koppel zum Modell gedient hatte, und fragte denselben, ob er habe, was er brauche.

Der Mann erwiderte, er habe zu diesem Behuf Tiere von wundervollem Instinkt, und von seinem Zimmer in den Hundestall gehend, an den es ebenen Fußes anstieß, entfernte er mit einem Griffe der Hand den dreieckigen Hut und den Rock, welche eine Art von schwarz und weißem Feuerstahl27 zierten, trat unverweilt mit ihm ein und stellte ihn Alexander als einen Hund der reinsten Race vor. Dieser machte geltend, dass dieser Hund reiner Race gerade spitzige Ohren habe, was gegen alle angenommene Regeln sei; hierauf erwiderte aber der Mann, Love sei ein Engländer, und es gehöre vornehmlich zum guten Ton bei den englischen Hunden, die Ohren so zu tragen. Da, genau genommen, die Sache wahr sein konnte, so stellte sich Alexander mit dieser Erklärung zufrieden und nahm Love mit nach Haus.

Den andern Tag, fünf Uhr Morgens, kam unser Jäger, Alexander aufzuwecken, der wie ein Seliger schlief, schalt ihn heftig wegen seiner Faulheit, und warf ihm eine Verzögerung vor, der man zu verdanken habe, wenn man bei der Ankunft die ganze Ebene schon leer geschossen finde.

In der Tat, je näher man der Barriere kam, je schneller und lauter erfolgte das Krachen. Unsere Jäger verdoppelten ihre Schritte, ließen die Douane hinter sich und lenkten in das erste Sträßchen ein, das in die Ebene führte, gerieten in ein Kohlbeet und fielen in ein wahres Vorpostengefecht.

Man muß die Ebene von Saint-Denis an einem Tage der Jagderöffnung gesehen haben, um sich einen Begriff von dem unsinnigen Schauspiel zu machen, den sie darbietet. Nicht eine Lerche, nicht ein Sperling fliegt Vorüber, ohne dass er von tausend Flintenschüssen begrüßt würde. Fällt er, so öffnen sich dreißig Waidtaschen, dreißig Jäger streiten, dreißig Hunde beißen sich, setzt er seinen Flug fort, so sind alle Augen nach ihm gerichtet; sitzt er nieder, so lauft ihm Jedermann nach, steht er wieder auf, so schießt Jedermann. Hie und da kommen auch wohl einige Lot Blei, die für Tiere bestimmt sind, in die Leute; darauf muss man nicht sehen; überdies gibt es ein altes Sprichwort, das die Pariser Jäger im Munde führen; es lautet: das Blei sei der Freund des Menschen. Unter diesem Titel habe ich selbst drei Freunde, die mir ein vierter in den Schenkel einquartiert hat.

Der Geruch des Pulvers, das Donnern der Flintenschüsse brachte seine gewohnte Wirkung hervor. Kaum hatte unser Jäger das eine gerochen und das andere gehört, als er sich in das Gewirr stürzte und unverzüglich teilzunehmen begann, an dem höllischen Sabbat, der ihn in seinem Anziehungskreis verwickelt hatte.

Alexander, weniger dem Eindruck hingegeben, als er, ging mit gemäßigtem Schritte vorwärts, gewissenhaft von Love gefolgt, dessen Nase die Fersen seines Herrn nicht verließ. Nun weiß aber jeder, dass das Handwerk eines Jagdhundes ist, die Ebene zu durchstreifen und nicht zu sehen, ob keine Nägel an unsern Stiefeln fehlen: diese Betrachtung kam Alexander ganz natürlicherweise nach Verlauf einer halben Stunde. Demzufolge machte er Love ein Zeichen mit der Hand und sagte zu ihm: Such!

Love erhob sich sogleich auf seine Hinterfüße und fing an zu tanzen.

– »Schau! sagte Alexander, den Kolben seiner Flinte auf den Boden setzend und seinen Hund anblickend, es scheint, dass Love außer seiner allgemeinen Erziehung auch noch andere vergnügliche Kenntnisse besitzt. Ich glaube, dass ich da einen vorzüglichen Kauf gemacht habe.«

Da er indes Love zum Jagen und nicht zum Tanzen gekauft, so benutzte er den Augenblick, wo er auf seine vier Pfoten zurückgefallen war, um ihm ein zweites ausdrucksvolleres Zeichen zu geben und ihm mit stärkerer Stimme zu sagen: Such!

Love legte sich ganz ausgestreckt nieder, schloss die Augen und machte den Toten.

Alexander nahm sein Glas und blickte Love an.

Das verständige Tier war vollkommen unbeweglich; nicht ein Haar seines Körpers rührte sich; man hätte geglaubt, er sei seit vierundzwanzig Stunden todt.

– »Recht hübsch, versetzte Alexander; allein mein lieber Freund, es ist hier nicht der Augenblick, uns solchen Späßen zu überlassen; wir sind gekommen, um zu jagen; jagen wir. Vorwärts, mein Tier, vorwärts.«

Love rührte sich nicht.

– »Warte, warte, sagte Alexander, einen Pfahl vom Boden aufhebend, der zum Anbinden von Erbsen gedient hatte; und auf Love mit der Absicht zugehend, ihm damit den Rücken zu kitzeln: Warte!«

Kaum hatte Love den Strick in den Händen seines Herrn gesehen, als er sich wieder auf die Füße gestellt hatte und allen Bewegungen desselben mit einer merkwürdigen Intelligenz gefolgt war. Alexander, der es bemerkt hatte, schob daher die Züchtigung auf, und indem er dachte, er werde ihm dieses mal endlich gehorchen, streckte er den Stock vor Love aus und sagte ihm zum dritten male: Such!

Love nahm seinen Anlauf und sprang über den Pfahl.

Love konnte drei Dinge bewundernswürdig: tanzen auf seinen Hinterfüßen, den Toten machen und über den Stock springen.

Alexander, der für den Augenblick dieses letztere Talent eben sowenig als die beiden andern schätzte, zerschlug den Pfahl auf dem Rücken Love’s, der heulend gegen unsern Jäger hin, davonlief.

Wie nun Love ankam, schoss unser Jäger, und durch den allergrößten Zufall fiel eine unglückliche Lerche, die sich unter dem Schuss befunden hatte, in das Maul Love’s. Love dankte der Vorsehung, die ihm einen solchen Segen erteilte; und ohne sich darum zu bekümmern, ob sie gebraten sei oder nicht, machte er nur ein Maulvoll daraus.

Unser Jäger stürzte sich auf den unglücklichen Hund mit den schrecklichsten Flüchen, packte ihn an der Gurgel und drückte sie ihm mit solcher Kraft, dass er ihn zwang, das Maul aufzumachen, so wenig er auch Lust dazu hatte. Der Jäger streckte wie ein Rasender die Hand bis an die Kehle hinein und zog drei Federn aus dem Schwanz der Lerche hervor. Was den Leib betrifft, so war nicht mehr daran zu denken.

Der Eigentümer der Lerche suchte in seiner Tasche nach einem Messer, den Bauch Love’s aufzuschlitzen, um durch dieses Mittel wieder in den Besitz seines Wilds zu gelangen; aber unglücklicherweise für ihn und glücklicherweise für Love, hatte er es den vorigen Abend seiner Frau geliehen, um zum Voraus die Bratspießhölzer zu schneiden, an welche seine Rebhühner gesteckt werden sollten, und seine Frau hatte vergessen, es ihm zurückzugeben. Demzufolge genötigt, zu weniger strengen Bestrafungsmitteln zu greifen, gab er Love einen Fußtritt, womit man ein, Hofthor hätte einstoßen können, legte sorgfältig die drei geretteten Federn in seine Waidtasche, und rief Alexander aus allen Kräften zu: Sie können ruhig sein, mein lieber Freund; zukünftig werde ich nie mehr mit Ihnen auf die Jagd gehen. Ihr Taugenichts von Love hat mir so eben eine prächtige Wachtel verschlungen! Ah! komm nur wieder, Kerl!. . .

Love hütete sich wieder zu kommen. Er lief im Gegenteil, was er nur laufen konnte, auf seinen Herrn zu, was wohl erwogen beweist, dass er Pfahl hiebe noch lieber hatte als Fußtritte.

Indes hatte die Lerche Love Appetit gemacht, und da er von Zeit zu Zeit Individuen in die Höhe steigen sah, die der nämlichen Gattung anzugehören schienen, so kam es ihn an, nach allen Richtungen hin zu laufen, ohne Zweifel in der Hoffnung, am Ende einen zweiten, dem ersten ähnlichen, guten Fund zu machen.

Alexander folgte ihm mit großer Mühe und ärgerte sich dabei: denn Love spürte auf eine Manier, die der von andern Hunden angenommenen ganz entgegengesezt war, das heißt die Nase in der Luft und den Schwanz senkend. Dieses zeigte, dass er ein besseres Gesicht als Geruch hatte; allein dieses Vertauschen physischer Fähigkeiten konnte sein Herr nicht dulden, vor dem er immer hundert Schritte herlief und das Wild auf zwei Flintenschüsse in die Höhe trieb und es mit seinem Bellen bis in die entferntesten Schlupfwinkel jagte.

So ging es den ganzen Tag fort.

Gegen fünf Uhr Abends hatte Alexander ungefähr fünfzehn und Love fünfzig Meilen gemacht: der Eine war ermattet vom Schreien, der Andere vom Bellen: was den Jäger betrifft, so hatte dieser sein Tagwerk erfüllt, und hatte sich von beiden getrennt, um Wasserschnepfen in den Sümpfen von Pantin zu schießen.

Plötzlich blieb Love stille stehen, und zwar so anhaltend, so unbeweglich, dass man geglaubt hätte, er sei wie der Hund des Cephalus in Stein verwandelt. Bei diesem für ihn so neuen Anblick vergaß Alexander seine Müdigkeit, lief wie ein Schelm, immer befürchtend, Love möchte weiter gehen, ehe er auf Schussweite angekommen wäre. Allein es war keine Gefahr: Love blieb mit seinen vier Füßen wie angewurzelt.

Alexander traf zu ihm, untersuchte die Richtung seiner Augen, sah, dass sie auf ein Büschel Gras starrten, unter diesem Grasbüschel war etwas Gräuliches. Er glaubte, es sei ein junges, von seiner Gesellschaft verlorenes, Rebhuhn; und mehr seiner Mütze als seiner Flinte vertrauend, legte er die Flinte auf den Boden, nahm die Mütze in die Hand, und schlich sachte wie ein Kind, das einen Schmetterling erhaschen will, herzu, deckte die Mütze auf den unbekannten Gegenstand, fuhr schnell mit der Hand darunter, und zog einen Frosch hervor.

– Ein anderer hätte den Frosch dreißig Schritte weit von sich geworfen: Alexander dachte im Gegenteil, dass, weil die Vorsehung ihm dieses interessante Tier auf eine so wunderbare Weise zuschicke, sie auf dasselbe verborgene Absichten habe, und es zu großen Dingen bestimme.

Demzufolge legte er es sorgfältig in seine Waidtasche, trug es gewissenhaft nach Hause, versetzte es gleich nach seiner Heimkehr in ein Glas, aus dem wir den Abend vorher die letzten Kirschen gegessen hatten, und schüttete ihm Alles, was noch an Wasser in der Wasserflasche war, über den Kopf.

Diese Sorgfalt für einen Frosch hätte außerordentlich erscheinen können, von Seiten eines Mannes, der sich denselben auf eine weniger verwickelte Weise, als es bei Alexander der Fall war, verschafft hätte; allein Alexander wußte, was ihn dieser Frosch koste, und behandelte ihn darnach.

27Gestreifter Hund.