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La San Felice

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Neuntes Capitel.
Zwei würdige Genossen

Nehmen wir die unseren Fingern entfallene Feder wieder auf. Wir sind mit unserer Erzählung noch nicht zu Ende und das Schlimmste bleibt uns noch mitzutheilen.

Man erinnert sich, daß in dem Augenblick, wo Nelson dem Cardinal nach dem Besuche aus dem »Donnerer« das Geleite gab und mit ihm eine kalte Verbeugung, das Resultat der zwischen ihnen zu Tage getretenen Meinungsverschiedenheit in Bezug auf den Tractat, wechselte, Emma Lyonna, indem sie die Hand auf Nelsons Schulter legte, gekommen war, um ihm zu sagen, daß Scipio Lamarra, derselbe, welcher dem Cardinal die von der Königin und ihren Töchtern gestickte Fahne überbracht, an Bord sei und ihn bei Sie William Hamilton erwarte.

Ganz wie Nelson vorausgesehen, kam Scipio Lamarra, um sich mit ihm über die Art und Weise zu besprechen, auf welche man sich Caracciolos bemächtigen könnte, der seine Flottille an demselben Tage verlassen, wo die großbritannische Flotte auf der Rhede erschienen war.

Man hat nicht vergessen, daß die Königin ihrer Freundin Emma Lyonna mündlich und dem Cardinal schriftlich befohlen hatte, dem Admiral Caracciolo, der von ihr dem Tode geweiht war, keine Gnade angedeihen zu lassen. In denselben Ausdrücken hatte sie an Scipio Lamarra, einen ihrer eifrigsten und thätigsten Agenten, geschrieben, damit er sich mit Nelson über die Mittel verständige; die man anzuwenden hätte, um sich des Admirals Caracciolo zu bemächtigen, dafern derselbe zu der Zeit, wo Nelson in den Hafen einliefe, bereits die Flucht ergriffen haben sollte.

Nun aber war dies wirklich der Fall, wie man aus der Antwort des Hochbootsmannes des Kanonenbootes gesehen, auf welchem der Admiral sich während des Kampfes am 13. befunden, als Salvato, durch Ruffo von der Gefahr, in welcher der Admiral schwebte, unterrichtet, sich in dem Kriegshafen nach ihm erkundigte .

Aus einem ganz entgegengesetzten Beweggrund hatte der Spion Lamarra dieselben Schritte gethan wie Salvato und war zu demselben Ziele gelangt, das heißt, er hatte erfahren, daß der Admiral Neapel verlassen und bei einem seiner Dienstleute ein Asyl gesucht hatte.

Er kam jetzt, um diese Neuigkeit dem Admiral Nelson mitzutheilen, und ihn zu fragen, ob er wünsche, daß er dem Flüchtling nachspüre.

Nelson forderte ihn nicht blos dazu auf, sondern theilte ihm auch mit daß eine Prämie von viertausend Dukaten dem versprochen sei, welcher den Admiral ausliefern würde.

Von diesem Augenblick an nahm Scipio sich fest vor, der Mann zu sein, der die Prämie oder wenigstens den größeren Theil derselben einstriche.

Als Freund unter den Matrosen erscheinend; hatte er von denselben Alles erfahren, was diese selbst über Caracciolo wußten , nämlich daß der Admiral eine Zufluchtsstätte bei einem seiner Dienstleute gesucht, von dessen Treue er überzeugt sein zu können glaubte.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wohnte dieser Diener nicht in der Stadt, und der Admiral war ein zu schlauer Mann, als daß er sich so dicht in der Nähe der Krallen des Löwen aufgehalten hätte.

Scipio nahm sich daher nicht einmal die Mühe, sich in den beiden Häusern zu erkundigen, welche der Admiral in Neapel, das eine in Santa Lucia beinahe an die Kirche stoßend – und dies war das, welches er bewohnte – das andere in der Toledostraße besaß.

Nein, es war vielmehr wahrscheinlich, daß der Admiral sich auf eines seiner Landgüter zurückgezogen, um das offene Feld vor sich zu haben, wenn er vielleicht der Gefahr noch weiter entfliehen müßte.

Eines dieser Landgüter befand sich in Calvezzano, das heißt am Fuße des Gebirges.

Scipio war ein kluger Kopf und vermuthete sofort, daß dies der Ort sei, nach welchem Caracciolo sich geflüchtet.

Hier hatte er, wie wir gesagt, nicht blos das freie Feld, sondern auch die Gebirge, diesen natürlichen Zufluchtsort des Verbannten, vor sich.

Scipio ließ sich von Nelson freies Geleit geben, legte Bauernkleider an und machte sich auf den Weg, in der Absicht, in Calvezzano als Patriot zu erscheinen, welcher fliehend und vor Hunger und Erschöpfung fast dem Tode nahe, lieber die größte Gefahr riskieren, als sich noch weiterzuschleppen versuchen wollte.

Er trat daher keck in das Landgut ein und verlangte, das Vertrauen der Verzweiflung heuchelnd, von dem Pächter ein Stück Brot und ein wenig Stroh in einer Scheune.

Der vorgebliche Flüchtling spielte seine Rolle so gut, daß der Pächter keinen Verdacht schöpfte, sondern vielmehr unter dem Verwand, sich zu versichern, daß ihn Niemand in das Haus habe hineingehen sehen, ihn sich in einer Art Backstube verstecken ließ, indem er sagte, er wolle um ihrer gemeinschaftlichen Sicherheit willen die Runde um das Gut machen.

In der That kehrte er zehn Minuten später mit beruhigter Miene zurück, ließ den angeblichen Flüchtling aus seinem Versteck herauskommen und an dem Tisch in der Küche Platz nehmen, wo er ihm Brot, Käse und Wein vorsetzte.

Scipio Lamarra warf sich über das Brod her wie ein Halbverhungerten und aß und trank mit solcher Gier, daß der Pächter als mitleidiger Wirth sich aufgefordert fühlte, ihn zur Mäßigung zu ermahnen und ihm zu sagen, daß es ihm an Brod und Wein nicht fehlen solle und daß er deshalb sich mit dem Essen und Trinken Zeit nehmen könne.

Während Lamarra anfing diesen guten Rath zu befolgen, trat ein zweiter Landmann ein, welcher dieselbe Kleidung trug wie der Pächter, aber ein wenig älter zu sein schien. Scipio machte eine Bewegung, um sich zu erheben und hinauszugehen.

»Fürchtet nichts,« sagte der Pächter. »Es ist mein Bruder.«

In der That ergriff der Neueingetretene, nachdem er gegrüßt, wie ein Mann, der zu Hause ist, einen Schemel und setzte sich in einen Winkel des Kamins.

Der falsche Patriot bemerkte, daß der Bruder des Pächters die Seite wählte, wo am meisten Schatten war.

Scipio Lamarra, welcher den Admiral Caracciolo in Palermo gesehen, brauchte nur einen Blick aus den angeblichen Bruder des Pächters zu werfen, um ihn sofort zu erkennen. Es war Francesco Caracciolo

Scipio durchschaute nun das ganze Manöver. Der Pächter hatte nicht gewagt, ihn ohne Erlaubniß seines Herrn aufzunehmen. Unter dem Vorwand nachzusehen, ob Niemand dem Fremden nachschliche, war er hinausgegangen, um Caracciolo um jene Erlaubniß zu bitten, und Caracciolo, welcher neugierig war, Nachrichten von Neapel zu erfahren, war hereingekommen und hatte sich in die Kaminecke gesetzt, denn er fürchtete seinen Gast um desto weniger, als nach dem was ihm gemeldet worden, derselbe ein Geächteter war.

»Ihr kommt von Neapel? fragte er nach einigen Augenblicken mit verstellter Gleichgültigkeit.

»Leider ja,« antwortete Scipio.

»Was geht denn jetzt dort vor?«

Scipio wollte Caracciolo nicht allzu sehr erschrecken, damit dieser nicht etwa ein anderes Asyl aufsuchte.

»Man schifft die Patrioten nach Toulon ein,« sagte er.

»Nun, warum habt Ihr Euch dann nicht auch mit nach Toulon eingeschifft?«

»Weil ich Niemanden in Frankreich kenne, dagegen aber einen Bruder in Corfu habe. Ich will daher versuchen, Manfredonia zu erreichen und mich dort einzuschiffen.«

Dabei blieb die Conversation stehen. Der Flüchtling schien so ermüdet zu sein, daß es grausam gewesen wäre, ihn noch länger am Schlafen zu hindern.

Caracciolo forderte deshalb den Pächter auf, ihn in sein Zimmer zu führen. Scipio nahm mit wiederholten Dankbarkeitsbetheuerungen Abschied von ihm und bat, in seinem Zimmer angelangt, seinen Wirth, ihn vor Tagesanbruch zu wecken, damit er seinen Weg nach Manfredonia weiter fortsetzen könne.

»Es wird mir dies um so leichter sein,« antwortete der Pächter, »als ich selbst vor Tagesanbruch aufstehen muß, um nach Neapel zu gehen.«

Scipio riskierte keine weitere Frage oder sonstige Bemerkung. Er wußte nun Alles, was er wissen wollte, und der Zufall, der sich zuweilen zum Mitschuldigen großer Verbrechen macht, diente ihm besser, als er zu hoffen gewagt.

Am nächsten Morgen um 2 Uhr trat der Pächter in sein Zimmer. Sofort war er auf den Füßen, kleidete sich rasch an und machte sich zum Aufbruch fertig.

Der Pächter gab ihm ein kleines im Voraus zurechtgemachtes Paket, welches ein Brod, ein Stück Schinken und eine Flasche Wein enthielt.

»Mein Bruder hat mich beauftragt, Euch zu fragen, ob Ihr Geld braucht,« setzte der Pächter hinzu.

Scipio schämte sich. Er zog seine Börse, welche einige Goldstücke enthielt, und zeigte sie seinem Wirth. Dann ließ er sich einen Querweg zeigen, nahm Abschied von seinem Wirth, trug ihm Danksagungen an seinen Bruder auf und entfernte sich.

Kaum aber hatte er hundert Schritte zurückgelegt, so schlug er eine andere Richtung ein, machte einen Umgang um den Pachthof herum und erwartete an einer Stelle, wo der Weg zwischen zwei Hügeln hindurchführte, den Pächter, welcher nicht verfehlen konnte, auf seinem Wege nach Neapel hier vorbeizukommen.

In der That bemerkte er eine halbe Stunde später in dem Dunkel, welches sich allmälig zu lichten begann, den Schattenriß eines Mannes, welcher den Weg von Calvezzano nach Neapel verfolgte und in welchem er sofort seinen Pächter erkannte.

Er ging sofort auf ihn zu. Der Pächter erkannte ihn seinerseits und blieb erstaunt stehen.

Es war augenscheinlich, daß er eine solche Begegnung nicht erwartet hatte.

»Ihr seid es?« fragte er.

»Wie Ihr seht, ja,« antwortete Scipio..

»Aber was macht Ihr hier, anstatt auf dem Wege nach Manfredonia zu sein?«

»Ich warte aus Euch.«

»Aber zu welchem Zweck?«

»Um Euch zu sagen, daß Lord Nelson bei Todesstrafe verboten hat, einen Rebellen zu verbergen.«

»Aber inwiefern kann mich das interessieren?« fragte der Pächter.

»Insoferne Ihr den Admiral Caracciolo bei Euch verborgen haltet.«

Der Pächter versuchte zu läugnen.

 

»Ach, schweigt doch,« sagte Scipio, »ich habe ihn erkannt. Es ist der Mann, den Ihr für euren Bruder ausgeben wolltet.«

»Das ist aber wohl nicht Alles, was Ihr mir zu sagen habt?« fragte der Pächter mit einem Lächeln, über dessen Bedeutung man sich nicht irren konnte.

Es war das Lächeln eines Verräthers.

»Es ist gut,« sagte Scipio, »ich sehe schon, daß wir einander verstehen.«

»Wie viel hat man Euch denn versprochen, wenn Ihr den Admiral Caracciolo ausliefert?«

»Viertausend Ducati,« sagte Scipio.

»Würden darunter zweitausend für mich sein?«

»Ihr thut den Mund ein wenig weit auf, Freund.«

»Und dennoch thue ich ihn nur halb auf.«

»Ihr werdet Euch also mit zweitausend Durati begnügen?«

»Ja, wenn man sich nicht allzusehr um das Geld kümmert, welches der Admiral vielleicht in meinem Hause verwahrt hat.

»Wenn man aber nun nicht will, wie Ihr wollt?«

Der Pächter trat rasch einen Schritt zurück und zog gleichzeitig aus jeder seiner beiden Taschen ein Pistol.

»Wenn man nicht so will, wie ich will,« sagte er, »so benachrichtige ich den Admiral, und ehe Ihr in Neapel seid, sind wir so weit, daß Ihr uns niemals einholen würdet.«

»Na, kommt her, Camerad. ich kann ohne Euch nichts thun und will auch ohne Euch nichts thun.«

»Also ist die Sache abgemacht?«

»Meinerseits ja. Wenn Ihr Euch mir anvertrauen wollt, so will ich Euch zu Jemanden führen, mit dem Ihr eure Interessen besprechen könnt und der – dafür bürge ist – sich euren Forderungen gegenüber sehr freigebig zeigen wird.«

»Und wie heißt dieser Mann?«

»Mylord Nelson.«

»O! Ich habe den Admiral Caracciolo sagen hören, Mylord Nelson sei sein größter Feind.«

»Dann hat er sich auch nicht geirrt. Eben deshalb stehe ich Euch aber auch dafür, daß Mylord Nelson an euren Forderungen nicht mäkeln wird.«

»Dann kommt Ihr also im Aufträge des Admirals Nelson?«

»Nein, in noch höherem.«

»Wohlan,« sagte der Pächter, »es ist, wie Ihr gesagt habt. Wir verstehen uns wunderschön; kommt.«

Und die beiden wackeren Männer setzten ihren Weg nach Neapel weiter fort.

Zehntes Capitel.
Horatio Nelson herrscht über Leben und Tod

In Folge der Unterredung, welche der Pächter und Scipio Lamarra mit Mylord Nelson gehabt, hatte Sir William Hamilton an Sir John Acton geschrieben:

»Caracciolo und zwölf jener nichtswürdigen Rebellen werden bald in Mylord Nelsons Händen sein.«

Die »zwölf nichtswürdigen Rebellen« waren, wie wir aus dem Briefe Albanese’s an den Cardinal ersehen, an Bord des ,»Donnerers« geschafft worden.

Es waren Manthonnet, Massa, Bassetti, Domenico Cirillo, Ercole, d’Agnese, Borgo, Piati, Mario Pagano, Conforti, Bassi und Velasco.

Was Caracciolo betraf, so sollte dieser am 29. Morgens ausgeliefert werden.

In der That waren während der Nacht sechs als Bauern verkleidete und bis an die Zähne bewaffnete Matrosen in Granatello ans Land gestiegen und hatten, von Scipio Lamarra geführt, den Weg nach Calvezzano eingeschlagen, wo sie gegen drei Uhr Morgens angelangt waren.

Der Pächter wachte, während Caracciolo, dem er von Neapel die beruhigendsten Nachrichten gebracht, sich niedergelegt hatte und jenem Vertrauen hingab, welches ehrliche Leute unglücklicherweise fast immer gegen Schurken an den Tag legen.

Caracciolo hatte einen Säbel unter seinem Kopfkissen und zwei Pistolen auf einem Nachttisch liegen. Durch den Pächter jedoch von diesen Vorsichtsmaßregeln in Kenntniß gesetzt, hatten die Matrosen, als sie in das Zimmer drangen, sich vor allen Dingen der Waffen bemächtigt.

Als Caracciolo sah, daß er gefangen und daß jeder Widerstand vergeblich war, richtete er den Kopf empor und bot selbst seine Hände den Stricken dar, womit man sich anschickte ihn zu binden.

Gern wäre er dem Tod entflohen, so lange der Tod nicht da war; jetzt aber, wo er ihn dicht hinter sich fühlte, drehte er sich um und bot ihm die Stirn.

Eine Art Korbwagen wartete mit zwei Pferden bespannt vor der Thür. Man trug Caracciolo hinein, die Soldaten setzten sich um ihn herum und Scipio ergriff die Zügel.

Der Verräther hielt sich abseits und kam nicht zum Vorschein.

Er hatte über den Preis seines Verraths unterhandelt, eine Abschlagszahlung erhalten und sollte den Rest nach bewirkter Auslieferung seines Herrn empfangen.

Um sieben Uhr Morgens langte man in Granatello an.

Man schaffte den Gefangenen aus dem Wagen in das Boot. Die sechs Bauern verwandelten sich wieder in Matrosen, griffen zu den Rudern und steuerten nach dem »Donnerer«.

Seit zehn Uhr Morgens stand Nelson auf dem Deck des »Donnerers« mit dem Fernrohr in der Hand und den Blick nach Granatello, das heißt zwischen Torre del Greco und Castellamare, gerichtet.

Er sah ein Boot vom Strand abstoßen, konnte aber bei einer Entfernung von sieben bis acht Meilen nichts deutlich erkennen. Dennoch aber und da es das einzige war, welches die ruhige glatte Fläche des Meeres durchfurchte, wendete sein Auge sich nicht wieder davon ab.

Es dauerte nicht lange, so zeigte das schöne Wesen, welches er am Bord hatte, lächelnd als ob ein Festtag anbräche, einen Kopf über der Luckentreppe, stieg vollends herauf, näherte sich ihm und stützte sich auf einen Arm.

Trotz der trägen Gewohnheiten, in deren Folge Emma Lyonna den Tag oft erst begann, wenn bereits die Hälfte desselben vorüber war, hatte sie sich in der Erwartung der großen Ereignisse, welche geschehen sollten, an diesem Tage ungewöhnlich früh erhoben.

»Nun?« fragte sie den Admiral.

Dieser zeigte schweigend mit dem Finger auf das sich nähernde Boot. Er wagte noch nicht ihr zu versichern, daß es das erwartete sei, schloß aber ans der geraden Linie, welche es, seitdem es vom Strande abgestoßen, in der Richtung zu dem »Donnerer« einhielt, daß es das erwartete sein müsse.

»Wo ist Sir William?« fragte Nelson.

»Und diese Frage thun Sie an mich?« fragte Emma lachend.

Nelson lachte ebenfalls.

»Parkenson,« sagte er dann, sich herumdrehend, zu dem jungen Officier, der ihm am nächsten stand und dem er überhaupt, sei es, weil er überzeugt war, daß dieser ihm am intelligentesten gehorchen würde, seine Befehle vorzugsweise gern ertheilte, »Parkenson, suchen Sie Sir William auf und sagen Sie ihm, ich hätte vollen Grund zu glauben, daß das Boot, welches wir erwarten, in Sicht sei.«

Der junge Mann verneigte sich und ging fort, um den Gesandten aufzusuchen.

Während der wenigen Minuten, welche der junge Lieutenant brauchte, um Sir William zu finden und herbeizuholen, fuhr das Boot fort sich zu nähern und Nelson’s Zweifel schwanden immer mehr. Die wie wir bereits bemerkt, als Bauern verkleideten Matrosen ruderten zu regelmäßig, als daß sie wirkliche Bauern hätten sein können, und übrigens stand mit triumphierender Geberde im Vordertheile des Bootes ein Mann, in welchem Nelson endlich Scipio Lamarra erkannte.

Parkenson fand Sir William Hamilton beschäftigt an den Generalcapitän Acton zu schreiben, und der Gesandte legte seinen kaum begonnenen Brief auf die Seite, um sich in aller Eile zu Nelson und Emma Lyonna auf das Deck zu begeben.

Der unvollendete Brief blieb auf seinem Schreibpulte liegen, und wir geben einen neuen Beweis von der Gewissenhaftigkeit, womit wir bei unseren Nachforschungen zu Werke gegangen sind, indem wir unseren Lesern diesen Anfang des Briefes vorlegen, von welchem wir ihnen später die Fortsetzung mittheilen werden.

Dieser Anfang lautete:

»Am Bord des »Donnerers«, 29. Juni l799.

»Ich habe von Ew. Excellenz drei Briefe erhalten, zwei vom 25. und einen vom 26. datiert, und ich freue mich zu sehen, daß Alles was Lord Nelson und ich gethan, die Billigung Ihrer sicilischen Majestäten erlangt hat. Der Cardinal bleibt hartnäckig dabei, sich von uns getrennt zu halten und will mit der Uebergabe des Fortes San Elmo nichts zu thun haben. Er hat als seinen Stellvertreter den Herzog von Salandra geschickt, damit dieser sich mit Lord Nelson über die Angriffsmittel bespreche. Der Capitän Truebridge wird die englischen Milizen und die russischen Soldaten commandiren; Sie werden sich mit einigen guten Geschützen einfinden und dann wird der Herzog von Salandra das Obercommando übernehmen. Truebridge hat gegen dies es Arrangement keine Einwendungen erhoben.

»Ich schmeichle mir, daß diese wichtige Angelegenheit rasch beendet werden, und das Banner des Königs binnen wenigen Tagen aus San Elmo ebenso flattern wird, wie es schon auf den anderen Castellen weht.«

So weit war Sir William gekommen, als der junge Officier ihn störte.

Er ging, wie wir schon bemerkt, auf das Deck hinauf und schloß sich der Gruppe an, welche Nelson und Emma Lyonna schon bildeten.

Einige Augenblicke später bestand kein Zweifel mehr. Nelson erkannte Scipio Lamarra, und die Zeichen, welche dieser gab, verkündeten daß Caracciolo Gefangener war und daß man ihn brachte.

Was ging wohl in dem Herzen des englischen Admirals vor, als er diese so innig ersehnte Nachricht erhielt? Weder der Historiker noch der Romanschreiber besitzen Scharfblick genug, um die dicke Schichte von Gleichgültigkeit und Unbeweglichkeit zu durchschauen, welche das Antlitz dieses Mannes überkleidete.

Es dauerte nicht lange, so konnte das Auge der drei bei diesem Fange interessierten Personen, indem es auf den Boden des Fahrzeuges blickte, den an Händen und Füßen geknebelten Admiral liegen sehen. Sein quer in das Boot gelegter Körper hatte den beiden in der Mitte sitzenden Ruderern zur Lehne dienen können.

Ohne Zweifel hielt man es nicht für passend um das Schiff herumzurudern, um an der Ehrentreppe anzulegen, oder vielleicht schämte man sich, die Sache bis zum Spott zu treiben.

Sobald die beiden ersten Matrosen mit ihren Haken die Backbordtreppe faßten, sprang jedoch Scipio Lamarra dieselbe hinauf, um der Erste zu sein, welcher Nelson mit lauter Stimme das Gelingen des Unternehmens verkündete.

Mittlerweile lösten die Matrosen die Fesseln an den Füßen des Admirals, damit er an Bord steigen konnte. Die Hände dagegen ließ man ihm so fest auf dem Rücken gebunden, daß als später auch diese Fesseln fielen, sie um die Handgelenke herum die blutige Spur ihrer zahlreichen Ringe zurückließen.

Caracciolo ging vor der feindseligen Gruppe vorüber, deren Freude sein Unglück verhöhnte, und ward in ein Gemach des Zwischendecks geführt, dessen Thür man offen ließ, indem man zugleich zwei Schildwachen davor stellte.

Kaum war Caracciolo an Bord, so eilte Sir William, beseelt von dem Wunsche der Erste zu sein, der dem König und der Königin diese gute Nachricht meldete, wieder in sein Zimmer hinauf, griff wieder zur Feder und fuhr fort zu schreiben:

»Soeben haben wir Caracciolo gesehen – bleich, mit langem Barte, halb todt, mit niedergeschlagenen Augen und geknebelten Händen. Man hat ihn an Bord des »Donnerers« gebracht, wo sich bereits nicht blos die, welche ich Ihnen genannt, sondern auch der Sohn Cassano’s,32 Don Julio, der Priester Pacifico und andere nichtswürdige Verräther befinden. Ich vermuthe, daß man mit den Strafbarsten kurzen und schnellen Prozeß machen wird. Es ist allerdings etwas Entsetzliches, ich aber der ich die Undankbarkeit und die Verbrechen dieser Menschen kenne, fühle nicht den erschütternden Eindruck wie die zahlreichen Personen, welche diesem Schauspiel beigewohnt haben. Uebrigens glaube ich, daß es für uns etwas ganz Vortreffliches ist, in dem Augenblick, wo man den Angriff auf das Fort San Elmo richten wird , die Hauptschuldigen am Bord des »Donnerers« zu haben, da wir auf diese Weise in den Stand gesetzt sind, für jede Kugel, welche die Franzosen auf die Stadt Neapel abfeuern, einen Kopf abschlagen zu lassen.

»Leben Sie wohl 2c.

W. Hamilton.«

»Nachschrift. Kommen Sie, wo möglich, um Alles beizulegen. Ich hoffe, daß wir vor Ankunft der Majestäten einige Angelegenheiten beendet haben, welche sie betrüben könnten. Caracciolo’s Prozeß wird von den Officieren Ihrer sicilischen Majestäten gemacht werden. Wenn er wie dies wahrscheinlich ist, verurtheilt wird, so wird das Urtheil auch sofort vollstreckt werden. Er scheint vor Erschöpfung schon halb todt zu sein. Er verlangte von englischen Officieren gerichtet zu werden.

 

»Da das Schiff, welches Ihnen diesen Brief bringen wird, binnen wenigen Augenblicken nach Palermo unter Segel geht, so kann ich Ihnen nichts weiter sagen.«

Diesmal konnte William Hamilton, ohne Furcht sich zu täuschen, verkünden, daß der Prozeß nicht lange dauern würde.

Wir theilen nachstehend Nelsons Befehle mit. Man wird ihn nach diesen nicht beschuldigen, daß er den Gefangenen habe warten lassen.

»An den Capitän Grafen von Thurn, Commandanten der königlichen Fregatte »Minerva«.

»Francesco Caracciolo, Commodore Seiner sicilischen Majestät, ist gefangengenommen worden und der Rebellion gegen seinen rechtmäßigen Souverän angeklagt, weil er auf die königliche Flagge Feuer gegeben, die auf der unter Ihren Befehlen stehenden Fregatte »Minerva« aufgehißt war.

»Kraft gegenwärtiger Ordre wird Ihnen hiermit befohlen, fünf der ältesten unter Ihrem Commando stehenden Officiere zusammenzurufen, den Vorsitz selbst zu übernehmen und zu untersuchen ob das Verbrechen, dessen der genannte Caracciolo angeklagt ist, bewiesen werden kann. Geht aus dieser Untersuchung der Beweis des Verbrechens hervor, so werden Sie sodann wieder bei mir anfragen, um zu erfahren, welche Strafe der Angeklagte erleiden soll.

»An Bord der »Donnerers«, Meerbusen von Neapel, 29. Juni 1799.

»Horatio Nelson.«

Aus den von uns unterstrichenen wenigen Worten ersieht man, daß es nicht das Kriegsgericht war, welches den Prozeß führte, daß es nicht die von der Strafbarkeit des Angeklagten überzeugten Richter waren, welche die Strafe nach ihrem Gewissen dictiren sollten, nein, es war dies vielmehr Nelson, der weder der Instruction noch dem Verhör beiwohnte, welcher während dieser Zeit vielleicht mit der schönen Emma Lyonna von Liebe plauderte; es war Nelson, der, ohne auch nur Kenntniß von dem Prozeß genommen zu haben, für sich das Recht beanspruchte, das Urtheil zu sprechen und die Strafe zu bestimmen.

Diese Anklage ist eine so schwere, daß auch hier, wie uns dies im Laufe unserer Erzählung schon so oft begegnet ist, der Romanschreiber, damit man ihn nicht beschuldige, zu viel ersonnen zu haben, die Feder dem Historiker übergibt und zu ihm sagt: »Nun bist Du an der Reihe, Bruder; die Phantasie hat nicht das Recht zu erfinden, nur die Geschichte hat das Recht zu sagen, was Du sagen wirst.«

Wir versichern daher, daß man vom Anfang dieses Capitels an kein Wort gelesen hat, und ebenso bis zum Ende desselben keines lesen wird, welches nicht die reinste Wahrheit wäre. Es ist nicht unsere Schuld, wenn diese nackte Wahrheit eben deshalb nur um so schrecklicher ist.

Nelson hatte, ohne sich um das Urtheil der Nachwelt oder auch nur um das der Zeitgenossen zu kümmern, beschlossen, daß Caracciolos Prozeß auf seinem eigenen Schiffe stattfinden soll, denn er fürchtete, wie Clarke und Marc Arthur in ihrer Lebensgeschichte Nelsons sagen, daß, wenn der Prozeß an Bord eines neapolitanischen Schiffes stattfände, die Mannschaft sich empöre, so sehr,« fügen jene Herren selbst hinzu, »so sehr ward Caracciolo in der Marine geliebt.«

Der Prozeß begann daher sofort nach Veröffentlichung des von Nelson ertheilten Befehles.

Nelson fragte nicht danach, daß er in seinem Servilismus gegen die Königin Caroline und gegen den König Ferdinand und vielleicht in seinem von Caracciolo so schwer beleidigten persönlichen Stolz alles Völkerrecht mit Füßen trat, denn es stand ihm nicht die Befugniß zu, einen Angeklagten zu richten, der ihm an Rang gleich, in Bezug auf sociale Stellung aber über ihm stand und der, wenn er strafbar war, sich dafür nur gegen den König beider Sicilien, aber nicht gegen den König von England zu verantworten hatte.

Damit man uns nicht in Bezug aus Caracciolo der Parteilichkeit und hinsichtlich Nelsons der Ungerechtigkeit beschuldige, wollen wir das Protokoll des Kriegsgerichtes rein und einfach dem Buche der Lobredner des englischen Admirals entlehnen.

Dieses Protokoll erscheint uns in seiner Einfachheit weit ergreifender als der von Cuoco erfundene oder von Coletta fabrizierte Roman.

Die unter dem Vorsitze des Grafen v. Thurn das Kriegsgericht bildenden neapolitanischen Officiere versammelten sich sofort in dem Officierszimmer.

Zwei englische Matrosen begaben sich auf Befehl des Grafen v. Thurn in das Gemach, in welches Caracciolo gebracht worden, nahmen ihm die Stricke ab, womit er gefesselt war, und führten ihn vor das Kriegsgericht.

Der Raum, in welchem dieses versammelt war, blieb dem Gebrauche gemäß offen, und Jeder hatte Zutritt.

Caracciolo erkannte in seinen Richtern, abgesehen von dem Grafen von Thurn, lauter Officiere, die unter ihm gedient. Er lächelte und schüttelte den Kopf.

Es war augenscheinlich, daß nicht einer dieser Männer wagen würde ihn freizusprechen.

Es lag in dem, was Sir William gesagt, etwas Wahres. Obschon kaum neunundvierzig Jahre alt, schien Caracciolo doch in Folge seines verwilderten Bartes und Haupthaares deren siebzig zu zählen.

Als er jedoch seinen Richtern gegenüberstand, richtete er sich zur ganzen Höhe seines Wuchses auf und fand die Sicherheit, die Festigkeit und den Blick eines Mannes wieder, welcher gewohnt ist zu befehlen. Sein durch die Wuth verstörtes Gesicht gewann den Ausdruck stolzer Ruhe.

Das Verhör begann. Caracciolo verschmähte es nicht, die an ihn gestellten Fragen zu beantworten, und der Hauptinhalt dieser Antworten war folgender:

»Nicht der Republik habe ich gedient, sondern Neapel; nicht das Königthum habe ich bekämpft, sondern den Mord, die Plünderung, die Brandstiftung. Schon seit langer Zeit diente ich als gemeiner Soldat, als man mich gewissermaßen zwang, das Commando der republikanischen Marine zu übernehmen, ein Commando, welches ich unmöglich ablehnen konnte.«

Hätte Nelson dem Verhör beigewohnt, so hätte er diese Aussage Caracciolo’s bestätigen können, denn es waren noch nicht drei Monate her, als Truebridge, wie man sich erinnert, ihm geschrieben hatte:

»Soeben erfahre ich, daß Caracciolo die Ehre genießt, als gemeiner Soldat mit auf Wache zu ziehen. Gestern hat man ihn an dem Palast Schildwache stehen sehen. Er hatte sich geweigert Dienst zu thun, ab er, wie es scheint, zwingen die Jakobiner alle Welt.

Man fragte ihn hierauf, warum er, da er gezwungen gedient, die zahlreichen Gelegenheiten, die sich ihm zur Flucht dargeboten, nicht benutzt habe.

Er antwortete, Flucht bleibe immer Flucht. Es sei möglich, daß er durch ein falsches Ehrgefühl zurückgehalten worden, er habe sich aber einmal zurückhalten lassen. Wenn dies ein Verbrechen sei, so gestünde er es hiermit.

Dabei blieb das Verhör stehen. Man wollte von Caracciolo ein einfaches Geständniß. Dieses Geständniß hatte er gethan, und obschon er es mit großer Ruhe und Würde gethan, obschon die Art und Weise, auf welche er geantwortet – heißt es in dem Protokoll – »ihn die Sympathie der die italienische Sprache verstehenden englischen Officiere, welche der Sitzung beigewohnt, erworben hatte,« so ward die Sitzung doch beschlossen. Das Verbrechen war bewiesen.

Caracciolo ward wieder in sein Gefängniß zurückgebracht und wieder von zwei Schildwachen bewacht.

Was das Protokoll betraf, so ward es Nelson durch den Grafen von Thurn überbracht.

Nelson las es begierig. Ein Ausdruck wilder Freude zuckte über sein Gesicht Er ergriff eine Feder und schrieb:

»An den Commodore Grafen von Thurn.«

»In Erwägung, daß das aus im Dienste Seiner sicilischen Majestät stehenden Officieren zusammengesetzte Kriegsgericht versammelt gewesen ist, um Francesco Caracciolo wegen des Verbrechens der Rebellion gegen seinen Souverän zu verhören;

»in Erwägung, daß das genannte Kriegsgericht den offenen Beweis dieses Verbrechens erlangt und folglich in dieser Ueberzeugung gegen den genannten Caracciolo ein Urtheil gefällt hat, welches die Todesstrafe zur Folge haben muß:

»wird Ihnen hiermit aufgetragen und befohlen, das genannte Todesurtheil gegen den genannten Caracciolo mittelst des Stranges an der großen Raa der Sr. sicilischen Majestät gehörenden, unter Ihren Befehlen stehenden Fregatte »Minerva« vollziehen zu lassen. Das genannte Todesurtheil wird noch heute fünf Uhr Nachmittags vollzogen und nachdem der Verurtheilte von fünf Uhr bis zu Sonnenuntergang gehangen hat, der Strang durchschnitten und die Leiche in das Meer geworfen werden.

An Bord des »Donnerers« Neapel, am 29. Juni 1799.

»Horatio Nelson.«

In dem Augenblick, wo Nelson diesen Urtheilsspruch fällte, waren zwei Personen in seiner Cajüte.

Ihrem der Königin geleisteten Schwure treu, verhielt Emma sich unempfindlich und sprach kein Wort zu Gunsten des Verurtheilten. Sir William Hamilton dagegen konnte, obschon gegen diesen nicht sonderlich weichherzig, doch, nachdem er das Urtheil, welches Nelson soeben niedergeschrieben, gelesen, nicht umhin zu ihm zu sagen:

32Ein Wort über diesen jungen Mann, der in unserer Geschichte keine Rolle spielt, uns aber im Vorbeigehen einen Begriff von der Verworfenheit gewisser Seelen zu jener Zeit geben kann. Obschon kaum sechzehn Jahre alt , ward er enthauptet und acht Tage nach seiner Hinrichtung gab sein Vater den Richtern des Sohnes ein großes Gastmahl.