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La San Felice

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So war zum Beispiel der König Ferdinand im Augenblick seines Aufbruchs zum römischen Feldzuge persönlich in der Kathedrale erschienen, um den heiligen Januarius um einen Beistand und Schutz zu bitten; der Heilige aber hatte, trotz der inständigen Bitten des Königs, ihm das Flüssigwerden seines Blutes hartnäckig verweigert und eine große Menge Personen hatten dies als die sichere Vorbedeutung einer großen Niederlage betrachtet.



Wenn nun aber der heilige Januarius für die Franzosen etwas that, was er dem König von Neapel verweigert hatte, so mußte er seine Meinung geändert haben und Jakobiner geworden sein.



Um vier Uhr Nachmittags, als Championnet die Ruhe wieder hergestellt sah, stieg er zu Pferde und ließ sich nach dem Grabmal eines andern Schutzpatrons von Neapel führen, für den er eine weit größere Verehrung hegte, als für den heiligen Januarius.



Dieses Grabmal war das des Publius Virgilius Maro, oder wenigstens das, in dessen Trümmern, wie die Archäologen sagen, die Asche des Verfassers der Aeneide geruht hat.



Alle Welt weiß, daß Virgil auf seiner Rückreise von Athen, von wo Augustus ihn zurückholen ließ, in Brundusium starb und daß seine Asche jenes Pausilippo wiedersah, welches er so sehr geliebt und von wo aus er alle jene Orte überschauen konnte, die er in dem sechsten Buch seiner Aeneide unsterblich gemacht.



Championnet stieg an dem von Sannazar errichteten Monument vom Pferde und ging den steilen Abhang hinauf, welcher nach der kleinen Rotunde führt, die man dem Reisenden als das Columbarium zeigt, in welches die Urne mit der Asche des Poeten niedergesetzt ward. In der Mitte des Monuments stand ein wilder Lorbeerbaum, den die Sage als unsterblich bezeichnete.



Championnet brach einen Zweig davon ab, den er in die Schnurschleife eines Hut steckt, erlaubte aber seinen Begleitern nicht mehr als jeder ein Blatt zu nehmen, da mit nicht etwa dem Baume Apollos ein Schaden zugefügt werde und die Verehrung durch ihre Folgen in Profanation ausarte.



Dann, nachdem er eine Weile auf diesen geheiligten Steinen seinen stillen Betrachtungen nachgehangen, verlangte er einen Bleistift, riß ein Blatt aus einem Taschenbuch und entwarf das folgende Decret, welches noch denselben Abend in die Druckerei geschickt und am nächsten Morgen veröffentlicht ward.



»Der Obergeneral Championnet.



»In Erwägung, daß die erste Pflicht einer Republik ist, das Andenken großer Männer zu ehren und dadurch die Bürger zur Nacheiferung anzuspornen, indem man ihnen den Ruhm, welcher den erhabenen Geistern aller Länder und aller Zeiten bis ins Grab folgt, vor Augen führt, »Haben wir beschlossen und verordnen, was folgt:



»1. Dem Dichter Virgil wird an der Stelle, wo ein Grab sich befindet, in der Nähe der Grotte von Pozzuolo, ein Grabmal von Marmor errichtet.



»2. Der Minister des Innern wird eine Preisbewerbung eröffnen, zu welcher alle Entwürfe von Monumenten, welche die Künstler einreichen wollen, zulässig sind. Die Dauer der Preisbewerbung beträgt zwanzig Tage.



»Nach Ablauf dieser Zeit wird eine durch den Minister des Innern ernannte, aus drei Mitgliedern bestehende Commission unter den eingereichten Entwürfen den wählen, welcher ihr der beste zu sein scheint, und die Curie wird das Monument errichten, mit dessen Herstellung der Künstler beauftragt werden wird, für dessen Entwurf man sich entschieden hat.



»Der Minister des Innern ist mit der Ausführung dieser Ordonnanz beauftragt.



»Championnet.«

Es ist merkwürdig, daß die beiden dem Virgil zuerkannten Monumente, das eine in Mantua, das andere in Neapel, von zwei französischen Generalen decretiert worden sind, das zu Mantua von Miollis, das zu Neapel durch Championnet.



Zu dem von Neapel ist aber bis jetzt, also nach fünfundsechzig Jahren, noch nicht der erste Stein gelegt.




Sechstes Capitel.

In welchem der Leser in das Palmbaumhaus zurückkehrt

Die Nothwendigkeit, in welche wir uns versetzt gesehen, den politischen und militärischen Ereignissen, durch welche Neapel in die Gewalt der Franzosen fiel, ununterbrochen zu folgen, hat uns gezwungen, uns von dem romantischen Theile unserer Erzählung zu entfernen, und die passiven Persönlichkeiten, welche diese Ereignisse über sich ergehen ließen, beiseite zu lassen, um uns dagegen mit den activen Personen zu beschäftigen, durch welche diese Ereignisse geleitet worden.



Man erlaube uns daher, nun, wo wir den episodischen Trägern dieser Geschichte die ganze Bedeutung gegeben haben, welche ihnen zukommt, auf die ersten Rollen zurückzukommen, in welchen sich das eigentliche Interesse unseres Drama's concentriert.



Zur Zahl dieser Personen, die man uns vielleicht, obschon mit Unrecht, beschuldigt, vergessen zu haben, gehört die arme Louisa San Felice, die wir gleichwohl keine Secunde lang aus den Augen verloren haben.



Ohnmächtig auf dem Hafendamme in den Armen ihres Milchbruders Michele liegend, während ihr Gatte, seinen Pflichten gegen seinen Fürsten und seinen Versprechungen gegen seinen Freund treu, mit Gefahr eines Lebens sich zu dem Herzog von Calabrien begab und mit Gefahr seines Glückes Luisa in Neapel zurückließ, war diese, nachdem man sie in den Wagen getragen, zum großen Erstaunen Giovanninas wieder in das Palmbaumhaus zurückgebracht worden.



Michele, welcher die wirkliche Ursache des Erstaunens, dem die gerunzelte Stirn und das beinahe drohende Auge Giovanninas einen ganz besonderen Charakter verlieh, nicht kannte, erzählte die Dinge, wie dieselben geschehen waren.



Luisa legte sich, von einem hitzigen Fieber ergriffen, zu Bett. Michele blieb die Nacht im Hause und als an andern Morgen bei Tagesanbruch Luisas Zustand sich nicht gebessert hatte, eilte er, den Doctor Cirillo zu benachrichtigen.



Während dieser Zeit brachte der Briefträger einen an Luisa adressierten Brief.



Giovannina erkannte den Poststempel von Portici. Sie hatte bemerkt, daß jedesmal, wo ein solcher Brief wie der, den sie jetzt in den Händen hielt, eintraf, die Gemüthsbewegung ihrer Herrin beim Empfang desselben eine höchst auffällige war, so wie daß sie sich dann allemal in Salvato's Zimmer zurückzog und einschloß, aus welchem sie später nur mit rothgeweinten Augen wieder herauskam.



Sie errieth daher, daß es ein Brief von Salvato sei, und aufs Gerathewohl und ohne noch zu wissen, ob sie ihn lesen würde oder nicht, behielt sie ihn, indem sie sich zugleich vornahm, sich, wenn nach dem Briefe gefragt würde, dafür, daß sie ihn nicht abgegeben, mit dem Zustand zu entschuldigen, in welchem Luisa sich gegenwärtig befand.



Cirillo kam schleunigst herbei. Er hatte geglaubt, Luisa sei mit abgereist; aus der einfachen Erzählung Micheles aber errieth er Alles.



Man kennt die väterliche Zärtlichkeit, welche der gute Doctor für Luisa hegte. Er bemerkte an der Kranken alle Symptome des Gehirnfiebers und ohne eine Frage an die zu richten, welche die moralische Unruhe, in der sie sich befand, noch hätte steigern müssen, beschäftigte er sich blos mit Bekämpfung des materiellen Uebels.



Zu geschickt, um sich durch eine bekannte Krankheit besiegen zu lassen, sobald diese Krankheit kaum erst ordentlich begonnen, bekämpfte er sie energisch, und nach Verlauf von drei Tagen war Luisa, wenn auch nicht hergestellt, doch wenigstens außer Gefahr.



Am vierten Tage sah sie die Thür sich öffnen und stieß bei dem Anblick der Person, welche eintrat, einen Freudenschrei aus, indem sie ihr zugleich beide Arme entgegenbreitete.



Die Person war ihre Herzensfreundin, die Herzogin Fusco.



Ganz wie San Felice vorhergesagt, war, sobald die Königin abgereist war, die in Ungnade gefallene Herzogin nach Neapel zurückgekommen.



Binnen wenigen Augenblicken sah sie sich nun von dem gegenwärtigen Stand der Dinge in Kenntniß gesetzt.



Seit drei Monaten war Luisa gezwungen gewesen, Alles in ihr Herz zu verschließen. Seit vier Tagen war ihr Herz übervoll und trotz jenes Ausspruches eines großen Moralisten, daß die Männer die Geheimnisse Anderer, die Frauen aber die ihrigen am besten bewahren, hatte Luisa nach Verlauf einer Viertelstunde für ihre Freundin kein Geheimniß mehr.



Wir brauchen nicht erst zu sagen, daß die Verbindungsthür mehr geöffnet ward als je, und daß die Herzogin zu jeder Stunde des Tages und der Nacht das geheiligte Zimmer zu ihrer Verfügung hatte.



An dem Tage, wo Luisa das Bett verließ, empfing sie abermals einen Brief von Portici.



Giovannina sah mit Unruhe sie diesen Brief in Empfang nehmen. Dann wartete sie, bis derselbe gelesen ward.



Wenn darin der vorhergehende erwähnt ward und Luisa denselben verlangte, so wollte Giovannina ihn hervorsuchen. Man fand ihn dann unversehrt und Giovannina konnte sich, wie wir bereits bemerkt, mit dem Zustand von Unruhe und Zerstreutheit entschuldigen, in welchen sie durch die Krankheit ihrer Gebieterin versetzt worden.



Verlangte diese den Brief nicht, so wollte Giovannina ihn jedenfalls behalten und sich dessen zur Ausführung eines schwarzen Anschlages bedienen, welcher in ihr allerdings noch nicht zur Reife gediehen war, aber dessen Keim sich in ihr immer mehr entwickelte.



Die Ereignisse gingen ihren Gang. Man kennt diese Ereignisse, denn wir haben dieselben ausführlich erzählt.



Die der patriotischen Partei angehörende Herzogin Fusco öffnete ihre Salons wieder und empfing darin alle hervorragenden Männer und Frauen dieser Partei.



Zu der Zahl dieser Frauen gehörte Eleonore Fonseca Pimentel, welche wir bald mit der Seele eines Weibes und dem Muth eines Mannes sich in die politischen Ereignisse ihres Landes mischen sehen werden.



Diese politischen Ereignisse hatten für Luisa, welche bis jetzt sich niemals darum gekümmert, eine außerordentliche Bedeutung erlangt.



So gut die Vertrauten der Herzogin von Fusco auch unterrichtet waren, so gab es doch immer einen Punkt, über welchen Luisa noch besser unterrichtet war.

 



Es war dies der Marsch der Franzosen auf Neapel.



In der That wußte sie alle drei oder vier Tage ganz genau, wo die Replublikaner standen.



Auch von dem Chevalier hatte sie zwei Briefe erhalten.



In dem ersten, worin er ihr eine glückliche Ankunft in Palermo meldete, gab er ihr sein Bedauern zu erkennen, daß der stürmische Zustand des Meeres sie verhindert hatte, sich mit ihm einzuschiffen, aber er sagte nicht, daß sie ihm nachfolgen sollte.



Der Brief war zärtlich, ruhig und väterlich wie immer. Wahrscheinlich hatte der Chevalier den letzten von Luisa ausgestoßenen Schrei der Verzweiflung nicht gehört oder nicht hören wollen.



Der zweite Brief enthielt über die Situation des Hofes in Palermo Einzelheiten, die man in dem weitern Verlaufe unserer Erzählung finden wird.



Ebensowenig aber als in dem ersten war darin der Wunsch ausgesprochen, daß Luisa Neapel verlassen solle.



Im Gegentheil gab der Chevalier ihr allerhand Rathschläge über die Art und Weise, auf welche sie sich in den politischen Krisen, welche die Hauptstadt bewegen würden, verhalten solle, und unterrichtete sie zugleich, daß das Bankierhaus Baker von ihm beauftragt sei, ihr die Summen, deren sie bedürfen würde, zur Verfügung zu stellen.



Noch denselben Tag erschien der junge André Baker, welchen Luisa seit dem Tage seines Besuches in Caserta nicht wiedergesehen, mit dem Avisbriefe des Chevalier in der Hand in dem Palmbaumhause.



Luisa empfing ihn mit ihrer gewohnten ernsten Freundlichkeit, dankte ihm für seine Aufmerksamkeit, erklärte ihm aber auch zugleich, daß sie, da sie sehr eingezogen lebe, beschlossen habe, während der Abwesenheit ihres Gemahls keine Besuche anzunehmen. Wenn sie in den Fall käme, Geld zu bedürfen, so würde sie entweder selbst nach der Bank kommen, oder Michele mit einer Quittung schicken.



Dies war eine Verabschiedung in aller Form.



André verstand es und entfernte sich seufzend.



Luisa begleitete ihn bis auf den Perron und sagte zu Giovannina, welche die Thür hinter ihm zu schließen kam:



»Wenn Mr. André Backer jemals wiederkommen und mit mir zu sprechen wünschen sollte, so vergiß nicht, daß ich nicht zu Hause bin.«



Man kennt die Vertraulichkeiten der neapolitanischen Dienstleute mit ihrer Herrschaft.



»Ach, mein Himmel!« antwortete Giovannina. »Wie ist es möglich, daß ein so schöner junger Mann Ihnen mißfallen kann, Signora?«



»Er mißfällt mir nicht, entgegnete Luisa kalt, »aber in Abwesenheit meines Gemahls empfange ich einmal Niemanden.«



Giovannina, an deren Herzen die Eifersucht nagte, stand schon im Begriff zu antworten:



»Signor Salvato ausgenommen.«



Sie bezwang sich jedoch und ein zweifelndes Lächeln war die einzige Antwort, die sie gab.



Der letzte Brief, welchen Luisa von Salvato empfangen, war vom 19. Januar datiert und traf am 20. ein.



Der ganze Tag des 20. verging für Neapel in Angst und Unruhe und für Luisa war diese Angst größer als für jeden Andern. Von Michele hörte sie, welche furchtbaren Vertheidigungsanstalten getroffen wurden, und durch Salvato erfuhr sie, daß der Obergeneral geschworen hatte, die Stadt um jeden Preis zu nehmen.



Salvato bat Luisa inständig, wenn man Neapel bombardierte, sich um ihrer persönlichen Sicherheit willen in die tiefsten Keller ihres Hauses zu flüchten.



Diese Gefahr stand besonders zu befürchten, wenn das Castell San Elmo das gegebene Versprechen nicht hielt, sondern sich gegen die Franzosen und die Patrioten erklärte.



Am 21. Morgens gab sich in Neapel eine große Bewegung kund.



Das Castell San Elmo hatte, wie man sich erinnert, die dreifarbige Fahne aufgepflanzt. Es hielt demnach sein Versprechen und erklärte sich für die Patrioten und für die Franzosen.



Luisa freute sich darüber, obschon weder um der Patrioten noch um der Franzosen willen, denn eine politische Meinung hatte sie niemals gehabt. Es schien ihr aber, als ob diese den Franzosen und den Patrioten gewährte Unterstützung die Gefahr mindere, in welcher ihr Geliebter schwebte, weil derselbe von Herzen Patriot und aus freier Wahl Franzose war.



Denselben Tag erhielt sie einen Besuch von Michele. Als einer der Anführer des Volks und entschlossen, bis zum letzten Blutstropfen für eine Sache zu kämpfen, die er allerdings nicht recht verstand, welcher er aber durch die Umgebung angehörte, in deren Mitte er geboren war, kam er, um für den Fall, daß er fiele, von Luisa Abschied zu nehmen und ihr seine Mutter zu empfehlen.



Luisa weinte sehr, als sie von ihrem Milchbruder Abschied nahm; aber nicht alle ihre Thränen flossen um der Gefahr willen, welche Michele lief, denn eine gute Hälfte galt denen, welche Salvato drohten.



Michele versuchte, halb lachend, halb weinend und seinerseits nicht weitersehend, als Luisa's Worten gingen, diese über sein Schicksal zu beruhigen, indem er sie an die Prophezeiung Nannos erinnerte.



Der albanesischen Wahrsagerin gemäß sollte Michele als Oberst sterben und gehängt werden.



Nun aber war er jetzt erst Capitän und wenn er dem Tode ausgesetzt war, so war es der Tod durch das Eisen oder durch das Feuer, aber nicht durch den Strick.



Allerdings, wenn Namno's Prophezeiung in Bezug auf Michele in Erfüllung ging, so mußte sie auch in Bezug auf Luisa in Erfüllung gehen und wenn Michele gehängt ward, so mußte Luisa auf dem Schaffot sterben.



Die Alternative war keine tröstliche.



In dem Augenblick, wo Michele sich von Luisa entfernte, hielt diese ihn bei der Hand zurück und es entrangen sich ihr die Worte, welche schon lange auf ihren Lippen umherirrten:



»Wenn Du Salvato begegnest – «



»O, Schwesterchen!« rief Michele.



Beide hatten einander vollkommen verstanden.



Eine Stunde nach ihrer Trennung hörte man die ersten Kanonenschüsse.



Die Mehrzahl der Patrioten von Neapel, namentlich die, welche in Folge ihres vorgerückten Alters oder des friedlichen Standes, dem sie angehörten, nicht berufen waren, zu den Waffen zu greifen, hatten sich bei der Herzogin von Fusco versammelt.



Hier trafen von Stunde zu Stunde Nachrichten über den Stand des Kampfes ein.



Luisa aber nahm an diesem Kampfe zu viel Interesse, um diese Nachrichten in dem Salon und mitten unter der bei der Herzogin versammelten Gesellschaft zu erwarten.



Allein, in dem Zimmer Salvatos, auf den Knien vor dem Crucifix liegend, betete sie. Jeder Kanonenschuß erschütterte ihr Herz.



Die Herzogin von Fusco fand sich von Zeit zu Zeit bei ihrer Freundin ein und gab ihr Nachricht von den Fortschritten, welche die Franzosen machten, sprach aber auch gleichzeitig mit einem gewissen Grad von Nationalstolz von der wunderbaren Vertheidigung der Lazzaroni.



Luisa antwortete durch einen Seufzer. Es war ihr als ob jede Kugel das Herz Salvatos bedrohte. Sollte dieser furchtbare Kampf denn ewig dauern?



Während der Ereignisse des 21. und 22. warf Luisa sich angekleidet auf Salvato's Bett.



Mehrmals ward von den Lazzaroni Lärm gemacht. Der Ruf, in welchem der Patriotismus der Herzogin stand, war nicht ohne Gefahr.



Luisa beschäftigte sich nicht mit dem, was den Andern Grund zur Unruhe gab. Sie dachte nur an Salvato.



Am Morgen des dritten Tages hörte das Musketenfeuer auf und man meldete, daß die Franzosen auf allen Punkten siegreich, aber noch nicht Meister der Stadt wären.



Was war in diesem hartnäckigen, blutigen Kampf geschehen? Lebte Salvato noch oder war er todt?



Mit den drei letzten Kanonenschüssen, welche das Castell San Elmo auf die Plünderer des königlichen Palastes abgefeuert, hatte das Getöse des Kampfes völlig aufgehört.



Nun sollte sie entweder Michele oder Salvato, wenn ihnen kein Unglück begegnet war, wiedersehen – Michele ohne Zweifel zuerst, denn dieser konnte zu jeder Stunde des Tages kommen und Luisa aufsuchen, während Salvato, der nicht wußte, daß sie allein war, sicherlich nicht anders als in der Nacht und auf dem verabredeten Wege sich bei ihr einzufinden wagte.



Luisa stellte sich an das Fenster und heftete die Augen auf die Chiaja. Von dieser Seite her mußten ihr die Nachrichten zugehen.



Die Stunden verflossen. Sie erfuhr die vollständige Uebergabe der Stadt.



Sie hörte das Geschrei der Menge, welche Championnet zu dem Grabmal Virgil's begleitete. Sie erfuhr die für den folgenden Tag angekündigte Flüssigwerdung des wunderthätigen Blutes des heiligen Januarius.



Alle diese Dinge gingen an ihrem Verstande vorüber wie Phantome an dem Bette eines Schlafenden.



Alles dies war nicht das, was sie erwartete, wonach sie verlangte, wonach sie hoffte.



Lassen wir Luisa an ihrem Fenster, kehren wir in die Stadt zurück und wohnen wir den Schmerzen einer andern Seele bei, die nicht weniger unruhig war, als die ihrige.



Man weiß, von wen wir sprechen wollen.



Entweder ist uns das geistige und leibliche Porträt, welches wir von Salvato zu entwerfen gesucht, sehr schlecht gelungen, oder unsere Leser wissen, daß, wie sehnlich auch unser junger Soldat Luisa wieder zu sehen wünschte, doch die Pflicht des Soldaten unter allen Umständen über die Wünsche des Liebenden den Sieg davontrug.



Er hatte sich daher von der Armee getrennt, er hatte sich von Neapel entfernt und sich dieser Stadt wieder genähert, ohne eine Klage, ohne eine Bemerkung laut werden zu lassen, obschon er recht wohl wußte, daß bei dem ersten Worte, welches er zu Championnet von dem Magnete geäußert, der ih