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Olympia von Clèves

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Banniére verdrehte zugleich das Auge und den Mund, was ein Zeichen ist, daß man sich zu erinnern sucht Banniére erinnerte sich nicht.

»Wie heißt er?« fragte er.

»Marquis de la Torra.«

»Nein . . . nein.« erwiderte Banniére. »Der Marquis de la Torra? Das ist das erste Mal, daß ich diesen Namen aussprechen höre.«

»Nun, Sie wissen, daß er ein Kapitän ist!«

»Und ein Marquis,« fügte Banniére bei.

»Sie sagen also, das Pferd sei reh?« fuhr der Marquis fort.

»Ich befürchte es sehr.«

Der Marquis nahm eine Glocke und klingelte. Ein Aufwärter erschien

»Gehen Sie in den Stall und melden Sie mir hernach, was das Pferd des Herrn macht.«

Nach fünf Minuten kam der Aufwärter zurück.

»Nun?« fragte der Marquis.

»Es frisst,« antwortete der Aufwärter.

»Sie sehen wohl, ' sagte Banniére.

»Was?« versetzte der Mann mit den grau, blauen Strümpfen.

»Ein Pferd, das reh ist, frisst nicht.«

»Ei! ei!« sprach der Marquis, der sich dem Gefühle seines Gefährten nähern zu wollen schien, »wir haben Pferde, welche, obgleich reh, noch ein paar Tage gehen, wenn sie von Race sind, wie es das Pferd des Herrn ist.«

»Oh! was die Race, betrifft,« rief der kleine Mann mit den grau, blauen Strümpfen, »oh! was das betrifft, es ist von Race, das habe ich sogleich gesehen.«

»Sie gehen, sage ich, einige Tage schnaufend,« fuhr der Marquis de la Torra fort, »dann fallen sie plötzlich.«

»Nun wohl,« versetzte der kleine Mann, »bemühen Sie sich nur an die Stallthür, Herr Marquis, und Sie werden das Pferd des Herrn schnaufen sehen.«

»Dragoner,« sprach der Marquis mit der Gewichtigkeit eines Obern, »was wird man bei Ihrem Regiment sagen, wenn man sieht, in welchen Zustand Sie Ihr Pferd, – ohne Zweifel einer Liebschaft wegen, – versetzt haben? Ich,« fuhr der Marquis, der ganz Kapitän wurde, fort, »ich lasse meine Soldaten peitschen, wenn sie meine Pferde verderben.«

Die Röte stieg Banniére zu Gesicht; er fand die Bemerkung unverschämt, besonders In Gegenwart der hübschen Dame.

»In Frankreich, mein Herr, peitscht man die Reiter nicht,« erwiderte Banniére hochmütig.

»Nein, es ist wahr, man peitscht sie nicht, aber man steckt sie ins Gefängnis,« sagte der Seidenhändler.

»Das Pferd gehört mir und nicht dem Regiment.« sprach Banniére ruhig;«mein Vater hat es mir geschenkt, als ich Dienste nahm. Ich mache also mit meinem Pferde, was ich will.«

»Verzeihen Sie,« erwiderte höflich der Kaufmann. »Ist Ihnen das Pferd von Ihrem Vater geschenkt worden, wie Sie sagen, so gehört es unstreitig Ihnen, und da es Ihnen gehört, so können Sie damit machen, was Sie wollen.«

»Mein Herr, entschuldigen Sie mich,« sprach der Marquis; »da ich Sie in Uniform sah, so hielt ich Sie für einen gewöhnlichen Soldaten, obgleich ich mir, als ich Sie reden hörte, sagte: Das ist ein seltsamer Soldat. Und da ich Sie für einen gewöhnlichen Soldaten hielt, so beunruhigte ich mich, Sie begreifen, aus Herzensgüte, wie ich mich, zum Beispiel, beunruhigen würde, sollten Sie sich ohne Urlaub aus die Landstraßen wagen.«

»Ich verlasse den Dienst, mein Herr; ich habe meinen Abschied.«

«Ah! desto besser!« rief die junge Frau, welche noch nicht gesprochen hatte.

»Nun, Madame!« sagte der Marquis de la Torra, mit einem Ausdruck voll Würde.

»Nun, was?« fragte die junge Frau mit einem viel einfacheren Tone.

»Ich frage Sie, was geht es Sie an, ob der Herr den Dienst verlässt oder nicht verlässt?«

»Nichts, mein Herr.«

»Sie haben aber gesagt: Desto besser.«

»Das ist möglich.«

»Und Sie haben Unrecht gehabt, Marlon; das Handwerk eines Soldaten ist ein herrliches Handwerk.«

Und er schüttelte seine Feder.

»Nun wohl l so herrlich es sein mag, ich verlasse es,« sprach Banniére; »damit will ich sagen, daß ich mich gern meines Pferdes entäußern würde.«

»Wahrhaftig?« versetzte der Kapitän.

»Ich frage, wozu würde es mir nützen sagte Banniére mit dem Tone eines Bürgers, der sich von den Geschäften zurückgezogen. »Ein Schlachtroß taugt nur für einen Militär.«

«Es ist wahr, es ist, bei meiner Treue! wahr,« rief der Marquis de la Torra.

»In der Tat, wenn der Herr den Dienst verlässt. . .« bemerkte der Seidenhändler.

»Und Sie würden sich auch Ihres Rockes entäußern?«

»Oh! des Rockes, der Weste, der Hose und der Stiefel, mit größtem Vergnügen,« erwiderte Banniére. »Doch was würden Sie mit Allem dem tun?« fügte er lachend bei.

»Ei!, ei! ich habe große Lust, diesen Rock als Muster einer Uniform zu nehmen. Ich will es versuchen, die des Regiments ändern zu lassen, und ich bin fest überzeugt, sähe der Oberste Ihren Rock . . .«

»Oh! bei Gott! er ist zu Ihren Diensten, Herr Marquis,« sagte Banniére.

»Um wie viel würden Sie ihn verkaufen?«

»Oh! ich würde ihn nicht verkaufen.«

»Was sagen Sie? Ich verstehe Sie nicht.«

»Ich würde ihn gegen ein bürgerliches Kleid vertauschen. Sie sind groß, ich auch; es ist wahr, Sie sind magerer als ich; doch ich bin gern knapp gekleidet. Sie sehen, daß wir ein Geschäft machen können. Geben Sie mir irgend einen Rock.«

»Irgend einen! In der Tat, Sie sind von einer gefälligen Laune. Irgend einen Rock! Wie ärgerlich ist es, daß mein Gepäck nicht angekommen; ich hätte Ihnen meinen Rock von leinblüthfarbenem Sammet mit rosa Atlaß gefüttert gegeben.

»Nein, mein Herr, das wäre zu viel gewesen.«

»Ah! junger Mann,« sprach der Marquis, indem er sich in die Brust warf, »Wahrhaftig, es müsste einem Manne wie mir gut anstehen, wenn er mit einem Dragoner einen geraden Tausch machen würde! Ich liebe es, zu verbinden, mein Teurer; das kostet mich hunderttausend Thaler jährlich; doch was wollen Sie, man macht sich nicht anders. Und überdies hat Gott die Edelleute hierzu in die Welt gesetzt; hierzu hat er sie reich und zu Kapitänen von Regimentern gemacht.«

»Mein Herr,« murmelte Banniére, indem er sich, unterjocht durch so viel Größe, verbeugte.

«Welch ein herrlicher Mann sind Sie!« rief der Kaufmann, als hätte er ganz entzückt vor Bewunderung nicht an sich halten können.

»Wahrhaftig,« sagte Banniére.

Die junge Frau betrachtete ein an die Scheiben der Glasthür geklebtes schlechtes Bild.

»Leider,« fuhr der Kapitän fort, »leider sind meine Koffer nicht angekommen.«

»Nun?« fragte Banniére.

»Ich habe diese Kleidungsstücke nicht.«

»Aber Sie haben wohl andere,« versetzte Banniére. »Ein Mann wie Sie ist wegen eines Rockes nicht verlegen.«

»Doch, bei meiner Treue; um leichter zu reisen, habe ich Alles zurückgelassen. Ich habe nur eine sammetene Hausjacke und Hosen von Basin.«

«Teufel! es ist ein Nachtgewand, was Sie mir da anbieten,« rief Banniére.

»Ei! bei meiner Treue, ja, mein lieber Herr.«

Banniére schaute den Marquis mit einem gewissen Erstaunen an. Er fragte sich offenbar, wie sich ein so bedeutender Mann ohne ein anderes Kleid, als das, welches er aus dem Leibe trage, aus die Reise begeben könne; seine Augen schweiften auch vom Kapitän zum Kaufmann über.

Der Kaufmann glaubte, diese Augen befragen ihn über den Zustand seiner Garderobe.

«Bei meiner Treue.« sagte er, »ich bin wie der Herr Marquis, nicht aus Zufall, sondern aus Gewohnheit. Ich habe nur meinen Rock: nie wechsele ich damit. Man vergisst die armen Anfänge nicht. Sparsamkeit, mein Herr, Sparsamkeit!«

»Mit dieser Sparsamkeit vergrößert man die Vermögen,« sprach der Kapitän emphatisch. »Hätten Sie übrigens auch zwei Röcke zum Wechseln, so könnte man aus diesen zwei Röcken doch kaum einen für den Herrn machender ist um ein Drittel größer als Sie.«

»Lassen Sie hören,« sagte Banniére, seinen Entschluss fassend, »dieses Nachtgewand ist wohl sehr lächerlich?«

»Wie, lächerlich!« rief der Mann mit der Feder, indem er die Stirne faltete und Banniére schief anschaute. »Verzeihen Sie. ich will sagen, sehr lustig.«

»Lustig! lustig!«

»Allerdings, mein Herr, man ist immer lustig so kostümiert,« sagte Banniére mit einer gewissen Ungeduld.

»Ah! sehr gut, sehr gut, ich höre Ihre Gründe,« sprach der Marquis sich besänftigend.

»Er ist äußerst empfindlich,« flüsterte der Kaufmann Banniére ins Ohr.

Die Sache war Banniére gleichgültig; er wollte sich indessen höflich zeigen.

»Der Herr denkt wohl nicht, ich habe ihm in irgend einer Beziehung unangenehm sein wollen?« sagte er.

»Nein, nein,« erwiderte Madame Marion, »seien Sie doch ruhig.«

»Ich will die Kleider bringen lassen,« sprach der Marquis de la Torra. »Ich sehe, daß es ein gutes Werk ist.«

»Bemühen Sie sich nicht, Herr Marquis,« sagte der Kaufmann; »ich gehe selbst in Ihr Zimmer.«

Und er entfernte sich.

XXXVII.
Wie, ohne so edel zu sein, als Herr van Grammont, Sonniere die Ehre hatte, dieselbe Partie zu machen, wie er

Alle diese Artigkeiten gaben Banniére den höchsten Begriff von der Stellung des Herrn Marquis.

Macht sich ein reicher Kaufmann so zum gefälligen eines Kapitäns, dachte er bei sich, so muss dieser Kapitän ein Millionär sein.

Dann nebenbei, aus Zerstreuung, denn sein Herz und sein Geist liefen immer Olympia nach, logierte er Madame Marion, um dieser eine Höflichkeit im Austausch für ihre Zuvorkommenheiten zu erweisen.

Der Kaufmann ging nur hinauf und kam wieder herab; ohne Zweifel war er vertraut Im Zimmer des Marquis. Er brachte die verlangten Kleidungsstücke.

Die Jacke war allerdings von Sammet, und in diesem Punkte hatte der Marquis de la Torrn nicht gelogen; aber von einem spiegelnden Sammet, dessen Zustand durchaus nicht mehr an irgend eine Frische erinnerte. Es musste ein Schlafrock aus der Zeit von Herrn von Roquelaure, dem Zeitgenossen von Tallemand des Réaur, sein, dessen zu sehr abgenutzten oder durch einen Unfall zerstörten Schöße die Amputation erlitten hatten, wodurch das ursprüngliche Kleid in eine Weste mit Ärmeln verwandelt worden war.

 

Der Marquis sah, daß Banniére den Gegenstand, der ihm geboten wurde, in seinen Einzelheiten untersuchte, und daß das Detail nicht zum Vorteil des Gegenstandes war.

»Nun, probieren Sie.« sagte er, um die Aufmerksamkeit des Liebhabers abzulenken.

Banniére probierte.

Die Sache musste, wie es Banniére vorhergesehen, ein wenig lächerlich sein, denn Madame Marion, so wohlwollend sie gewöhnlich gegen ihn war, konnte sich eines ungeheuern Gelächters nicht erwehren, als sie ihn in diesem Kittel sah.

Es ist nicht zu leugnen, eine Mütze, wie man sie damals trug, eine rote Hose und Stiefel bildeten mit dieser Jacke die possierliche Vermählung. Banniére hielt auch, während er die Jacke anprobierte, seinen Rock am Ärmel fest; endlich war er aber genötigt, ihn fallen zu lassen, und man hörte den zugleich silbernen und matten Ton einer auf der Platte aufstoßenden, wohl gespickten Börse, deren metallisches Geklirr die Dicke des Stoffes dämpfte.

Da schauten sich, wie von einer Feder berührt, der Marquis de la Torra und der Kaufmann mit einer Freudigkeit an, deren Bedeutung Banniére sicherlich begriffen hätte, wären die Unannehmlichkeit, sich in einer so abgetragenen Jacke zu sehen, und die übermäßige Länge der Ärmel dieser Jacke nicht gewesen.

Madame Marion errötete und wandte sich gegen das erwähnte Bild an der Glasthür um, das sie auf's Neue betrachtete.

Zuvor stolz, beeiferte sich der Marquis alsbald, zu gefallen. Die Schwere der Börse, nach dem Geräusche berechnet, das sie beim Fallen machte, bewies ohne Zweifel dem Marquis, daß er es nicht mit einem gewöhnlichem Dragoner zu tun hatte.

Die Sache war in der Tat vollkommen möglich. Bei den Dragonern, einem bevorzugten Corps, nahmen viele junge Leute von guter Herkunft Dienste, und jeder junge Mann von guter Herkunft ist ehrenwert für die Kapitäne, bat er eine so wohl gespickte Börse, wie die von Banniére zu sein schien.

Man ließ Banniére, durch dasselbe Verfahren, als Hose von weißem Basin anprobiren; dann gab man ihm Pantoffeln, so abgenutzt als alles Übrige, mehr als alles Übrige. In dem Augenblick aber, wo man sie ihm übergab, sagte der Kapitän zum Kaufmann:

»Eine Minute, eine Minute, was Teufels! Wie rasch gehen Sie zu Werke, mein Lieber! meine Jacke gut; meine Hose, auch gut; das sind Gegenstände ohne relativen Wert, und ich will diesen jungen Mann wohl verbinden.« Und während er so sprach, schaute der Marquis Banniére väterlich an. »Was aber die Pantoffeln betrifft, nein, nein, nein! Die Pantoffeln kann ich nicht geben: sie sind von Marion gestickt, und ich lege einen großen Wert darauf.«

Bei diesen Worten des Kapitäns warf Marion dem Dragoner einen so seltsamen Blick zu, daß der Dragoner, Olympia einen Moment vergessend, tiefer in die Pantoffeln hineinschlüpfte und mit einem kostbaren Lächeln ausrief:

»Sie hoben mir eine Sekunde gehört, sie haben keinen Wert mehr für Sie, Herr Marquis; ich appelliere an Madame selbst.«

»Es ist nicht möglich, besser zu sprechen.« rief der Seidenhändler. »Nein, Herr Marquis, nein, Frau Marquise, Sie werden nicht die Grausamkeit haben, diesen wackeren Edelmann dadurch zu verletzen, daß Sie ihm seine Pantoffeln wieder von den Füßen ziehen. . . . Halten Sie fest, junger Mann, und Sie werden die Pantoffeln haben,« fügte der Kaufmann leise bei.

Der Marquis verbeugte sich höflich, Marion lächelte anmuthig, und die Pantoffeln blieben das Eigentum von Banniére.

Um sich eine Idee von der Meinung zu machen, die er von sich selbst hatte, musste man Banniére sich mit diesem seltsamen Kostüm bekleidet in dem kleinen zersprungenen Spiegel der Wirthsstube beschauen sehen.

Von allen mehr oder minder seltsamen Kostüm, welche Banniére nach einander angezogen, hatte in der Tat keines seine natürliche Grazie so schlecht bedient.

Er seufzte auch viel.

Der Marquis beurteilte die Sachlage als ein vollendeter Politiker und beeilte sich, ihn durch folgende Worte zu trösten:

»Ja, ich begreife, mein schöner Soldat, Sie finden sich ein, wenig geopfert unter dieser Kleidung; doch glauben Sie mir, die militärische Tracht ist zuweilen lästig. Wir haben sehr viele Offiziere im Canton; Einige von diesen Offizieren sind über die Maßen neugierig. Wenn es Einem von diesen Offizieren einfiele, Ihre Papiere untersuchen zu wollen, und Ihre Papiere wären nicht in Ordnung . . . hm! das gäbe eine schöne Geschichte mit Ihrer Dragoner Uniform! Wahrlich! Sie wären viel ruhiger unter meiner abgetragenen Sammetjacke!«

Das war im Grunde die Ansicht von Banniére.

Die naive Art, wie er in das Garn ging, das heißt, das Stillschweigen, das er bei dieser Bemerkung des Marquis zu beobachten für zuträglich hielt, überzeugt« die zwei Fremden völlig von dem Dienste, den sie diesem aus den Landstraßen umherirrenden Dragoner geleistet hatten.

Sie betrachteten ihn daher fortan als ihr Eigentum, und als mittlerweile die Suppe ausgetragen wurde, ließen sie ihn neben sich zu Tische sitzen.

Neben sich ist nicht ganz genau, denn die Frau Marquise de la Torra wurde auf die linke Seite der von ihr gekickten Pantoffeln gesetzt.

Banniére hatte Hunger. Das Mittagessen war schmackhaft; das gastronomische Quartett widmete die ersten Augenblicke der Würdigung der Gerichte und Weine.

Banniére, der sich Anfangs des Kostüm schämte, mit dem man ihn ausgeputzt hatte, ermannte sich stellenweise und brachte geistreiche Worte vermischt mit Seufzern an.

Die geistreichen Worte waren für Marion; die Seufzer waren für Olympia.

Doch man weiß, Banniére war zu sehr verliebt, um beständig Geist zu haben.

Wenn sich seine Augen aus die Marquise hefteten, ging eine eigentümliche Wirkung in ihm vor: die Erinnerungen an Olympia gemischt mit den Erinnerungen an die Catalane kehrten in Menge in ihm zurück, – Erinnerungen der Liebe, Erinnerungen des Hasses, rosige Wolken, düstere Wolken.

Durch eine seltsame Kombination des Zufalls hatte die Marquise Marion in der Tat die Lippen der Catalane und die Haare von Olympia. Daraus ging hervor, daß durch vieles Anschauen der Marquise der arme Banniére sich mit vergangenen Chimären anschwellte, was die unwürdigste Nahrung für die Geister, welche sich wohl befinden, und um so mehr für die krankhaften Geister ist.

Diese chimärischen Gedanken verhinderten ihn Anfangs, zu bemerken, wie sehr er durch einen Fuß des Tisches beengt war, durch einen hartnäckigen Fuß, der sich immer durch sein Reiben widersetzte, wenn er von seinen Pantoffeln Gebrauch machen wollte. Er beschloss, zwischen seine Füße diesen unglücklichen Fuß zu nehmen, und, sonderbares Erstaunen! er fühlte, daß dieser Fuß, den er, ehe man das Tischtuch gelegt, für viereckig gehalten, rund war, und daß er zwischen seinen Knöcheln entschlüpfte, wie ein Häschen, das aus seinem Lager springt. Ganz erstaunt, bemerkte Banniére an der Röte der Marquise, daß dieser Fuß nichts Anderes war, als der der Marquise Marion.

Banniére war nicht mehr geneigt, geckenhaft zu sein, – das ist ein Fehler, den man verliert, wenn man die Liebe gewinnt, – er wollte lieber, – überdies war dies eher gethan, – glauben, die junge Dame habe es gemacht wie er und einen Fuß von lebendigem Fleisch für einen Fuß von todtem Holze gehalten.

Er beeilte sich daher, sich anmutig gegen Marion unter vielen Entschuldigungen zu verbeugen, und Marion, sagen wir es zu ihrem Lobe, errötete nur um so stärker.

Das Mittagsbrot endigte heiter aus Seiten des Marquis und des Kaufmanns mit den grau, blauen Strümpfen, für welche das, was unter dem Tische vorgegangen war, nichts Zweideutiges gehabt hatte.

Der Fuß von Marion hatte Banniére an den von Olympia erinnert. Bei dieser Erinnerung hatte der arme Wahnsinnige Alles vergessen, was nicht diese Erinnerung selbst war, die Marquise und seine Irrungen, und seine zwei Tischgenossen: er hatte den Wein getrunken und den Wein vergessen; er hatte seinen Dragonerrock verkauft und nicht nur den Rock vergessen, sondern auch die Werbung, die ihm diesen Rock aus den Rücken gebracht. Über dem geröteten Tischtuche, unter den an« gezündeten Wachskerzen, schwebte ein reizendes Phantom, das sich zuweilen in den dunkeln Ecken des Zimmers verlor, dann unversehens wieder erschien und Alles zu einem geheimnisvollen Leben anfachte. Im Feuer, im Wein, in der Liebe, in der Zukunft sah Banniére nur Olympia.

Er wurde seiner Träumerei durch einen schweren Seufzer der Marquise Marion entzogen.

Doch er versank beinahe im Augenblick wieder darein.

Dann durch einen Ausruf des Marquis:

»Gottes Blut! unser junger Mann hat keine Stiefel mehr!«

»Nein,« versetzte der Kaufmann, da er sie gegen Ihre Pantoffeln vertauscht hat.«

»Dann wird er nicht mehr reiten können.«

»Das ist auch wahr,« sagte der Kaufmann.

»Das ist wahr,« sprach Banniére.

»Keine Stiefel mehr, das ist wahr,« bemerkte die Marquise, »doch Mittel, um zu kaufen.«

Und sie schoß an die Adresse von Banniére einen Blick ab, der unter Weges blieb oder, wenn er ankam, nicht mit seiner wahren Bedeutung ausgenommen wurde.

»Oh! dem Herrn Dragoner, davon bin ich fest überzeugt,« sagte der Marquis mit demselben Blicke, der Banniére schon einmal bestimmt hatte, »dem Herrn Dragoner liegt nicht mehr an seinem Pferde, als an seiner Uniform.«

Banniére bebte.

»Er hat sehr Recht.« fügte der Marquis mit einem ausdrucksvollen Tone bei.

»Leider ist das Pferd reh,« sagte der Kaufmann, »ich hätte mich dazu bequemt. Es hat in der Tat Ansehen.«

»Gut!« sprach Banniére, »kaufen Sie es immerhin, und mit ein wenig Sorgfalt werben Sie es wiederherstellen, dafür bürge ich Ihnen.«

»Unmöglich!«

»Warum?«

»Ist es nicht überdies mit dem Zeichen des Regiments oder der Lilie des Königs marquirt?«

»Es ist mit der Lilie des Königs marquirt, wie jedes ausgemusterte Pferd.«

»Ah! Sie gestehen, daß es ein ausgemustertes Pferd ist!«

»Bah!« versetzte Banniére, »was macht die Marque? Man sieht die Marque nicht, wenn man es aus eine gewisse Art equipirt.«

»Wohl! equipiren Sie es so, junger Mann. Für mich, begreifen Sie, ist eine Marque ein Tadel; sprechen wir übrigens nicht mehr von einem rehen Pferde . . . . nein! Nein!«

»Ich wäre indessen hinsichtlich des Preises leicht zu befriedigen gewesen,« sagte Banniére unkluger Weise.

»So wenig theuer Sie es verkaufen mögen, so wird es immer noch zu teuer sein,« erwiderte der Kaufmann.

»Eine Sache, welche zu nichts nützt, ist immer zu teuer,« sprach sentenziös der Marquis.

»Aber, Kapitain!«

»Machen Sie es, wie Sie wollen,« sagte der Marquis, »lassen Sie mich aber schlafen: ich falle vor Schlaf um.«

Und er machte es sich bequem in einem Lehnstuhl beim Kamin, wobei er daraus bedacht war, Banniére und Marion den Rücken zuzuwenden.

Fünf Minuten nachher schnarchte der Herr Marquis de la Torra wie ein Herzog.